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Full text of "Natur und Museum"

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49.  Bericht 

der 


Senckenbepgischen  Natupforschenden  GäWaft 


Frankfurt  am  Main 


Heft  1  und  2 

mit  7  Porträts, 

2  Tafeln  und 

1  Abbildung 


Ausgegeben 
August  1919 


Inhalt:  Seite 

Aus  der  Schausammlung 

Die  Okapigruppe 1 

Ein  Höhlenprofil  aus  der  Diluvialzeit 3 

Verteilung  der  Ämter  in  den  Jahren  1918  und  1919 9 

Universität  Prankfurt  a.  M 13 

Verzeichnis  der  Mitglieder 14 

Kassenbericht  über  die  Jahre  1917  und  1918 37 

Eückblick  auf  die  Jahre  1917  und  1918  (Mitteilungen  der  Verwaltung)     ...  41 
Museumsbericht  über  die  Jahre  1917  und  1918: 

Zoologische  Sammlung 48 

Botanische  Sammlung 55 

Geologisch-palaeontologische  Sammlung 55 

Mineralogisch-petrographische  Sammlung            59 

Lehrtätigkeit  vom  April  1917  bis  .März  1919: 

Vorlesungen,  praktische  Übungen  und  Exkursionen 64 

Wissenschaftliche  Sitzungen 72 

Nekrologe : 

Wilhelm  Kobelt 114 

Richard  Gonder 124 

Friedr.  W.  Winter 126 

Ludwig  Nick 132 

Heinrich  Rehn 136 

J.  J.  Rein 139 

Ludwig  Edinger 143 

Vermischte  Aufsätze : 

Der  Amselgesang  und  seine  Beziehung  zu  unsrer  Musik       .       .               .  152 


Nachdruck  nur  mit  Qaellenaugabe  gestattet,  Übersetznngsrecht  vorbehalten 


Prankfurt  am  Main 

Selbstverlag  der  Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft 
1919 


Preis  des  Jahrgangs  M.  12.—.    Preis  des  Doppelheftes  M.  8.—. 


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49.  BERICHT 

der 

SENCKENBERGISCHEN 
NAT  LIREORSCHENDEN  GESELLSCHAFT 

in 

FRANKFURT  AM  MAIN 


Frankfurt  am  Mai« 

Selbstverlag  der  Senekenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft 
1919 


Nachdruck  nur  mit  Quellehangabe  gestattet 
Übersetzungsrecht  vorbehalten 


—   Ill   ~ 

(Der  49.  Bericht  besteht  nur  aus  dem  Doppelheft  1  und  2) 


Inhaltsverzeichnis 


Aus   der   S  c  h  a  u  s  a  m  m  1  u  n  g  :  Seitf 

Die    Okapigruppe  (mit  1  Tafet  und  1  Abbildung)  von  z.  S.    .  1 
Ein  H  ö  h  1  e  n  p  r  o  f  i  1  aus  der  D  i  1  u  v  i  a  1  z  e  i  t  (mit  1  Tafel)  von 

F.  D  r  e  V  e  r  m  a  n  n 3 

Verteilung   der  Ämter  in  den  Jahren  1918  und  1919 9 

Universität  Frankfurt  a.  M 13 

Verzeich  nisderMitglieder 14 

Kassenbericht  über  die  Jahre  1917  und  1918 37 

Rückblick   auf   die   Jahre    1917   und  1918  (Mitteilungen  der  Ver- 
waltung)        41 

Museumsbericht   über  die   Jahre    1917   und   1918 47 

Zoologische  Sammlung 48 

Botanische  Sammlung 55 

Geologisch-palaeontologische  Sammlung 55 

Mineralogisch-petrographische  Sammlung 59 

Lehrtätigkeit  vom   April    1917   bis   März    1919      .....  64 
Vorlesungen,  praktische  Übungen  und  Exkursionen 

Zoologie 64 

Botanik 66 

Palaeontologie  und  Geologie 66 

Mineralogie • 68 

Wissenschaftliche   Sitzungen: 

P.  Krusch:   Der  Anteil   der  deutschen  Erzlagerstätten  an 

dem  Kampf  Deutschlands  um  seine  Existenz      ...  72 
H.    Schürhoff:     Die    Verwertung    der    Brennesseln     als 

Gespinstfasern 73 

P.  Kukuk:     Die    deutschen    Kohlenvorkommen    und    ihre 

Bedeutung  im  Weltkriege 73 

C.  v.  N  0  0  r  d  e  n  :  Erfahrungen  aus  der  Ernährung  im  Kriege  74 

A.  Backhaus:    Fett-  und  Eiweißversorgung  im  Kriege    .  76 
K.  Weule:    Der  Weltkrieg   und   die   farbigen    Hilfsvölker, 

ein    ethnographisch-politischer    Rund-    und    Ausblick  77 

0.  L  0  0  s :  Weichteil-  und  Knochenplastik  nach  Kriegswunden  79 

A.  V.  G  w  i  n  n  e  r :    Die  rumänischen  Erdölfelder 80 

Buschkiel:    Die  Bedeutung  der  Fischerei  im  Kriege   .     .  82 
A.  S  i  e  b  e  r  t :  Kriegswirtschaftliche  Betätigung  des  Palmen- 
gartens      83 

Most:    Die   Abrichtung   und  Verwendung   des  Hundes    im 

Kriege 84 


381.S7 


—     IV     — 

Seite 

W.  Kolle:    Über  die  Bedeutung  der   Erreger  von  Wund- 
infektionen, insbesondere  von  Tetanus  und  Gasbrand, 

im  Kriege 85 

O.  Stiehl:  Anthropologische  und  ethnographische  Studien 

aus  deutschen  Kriegsgefangenenlagern 86 

R.  Hesse:    Tierflug  und  Menschenflug .  87 

P.  Gisevius:  Über  den  Landhunger  und  das  Problem  der 

verfügbaren  Landfläche  in  und  nach  dem  Kriege  .     .  87 
W.  Salomon:  Praktische  Anwendung  der  Geologie  in  den 

Kriegsjahren    ....          88 

A.  V.  G  winner:    Die  Bagdadbahn 89 

A.  V.  Weinberg:    Der   Nutzen   der   industriellen    Kriegs- 
wirtschaft für  die  Zukunft 90 

H.  Schnegg:  Die  Pilze  und  ihre  volkswirtschaftliche  Be- 
deutung     90 

W.  Stahlberg:   Helgolands  Bedeutung  im  Weltkrieg  .     .  91 

0.  Steche:    Tier-  und  Menschenstaat     ...         ....  92 

H.  Fresenius:  Über  die  Bedeutung  des  Stickstoffs  für  den 

Krieg  und  für  das  Durchhalten  in  der  Heimat  ...  94 

W.  Eitel:    Wasser  und  Eis 94 

H.  E.  Boeke:    Die  Eisenerze 96 

M.  Neisser:  Die  Malaria  im  Kiiege  und  nach  dem  Kriege  96 
J.  Ziehen:    Naturwissenschaft  und  Volksbildung  ....  98 
W.  V.  0  e  1 1  i  n  g  e  n  :  Die  baltischen  Ostseeprovinzen  in  Ver- 
gangenheit und  Zukunft 100 

A.  Be  the:    Die  Wärmeregulation  des  Menschen     ....  102 
A.  V.  Weinberg:    Bedeutung   der  Cellulose  für  Industrie 

und  Ernährung    ....              103 

.  M.  Fl e seh:    Anfang  des  Lebens .103 

Th.  Ziehen:  Wesen  und  Bedeutung  der  Massensuggestion  105 

0.  zur  Strassen:    Der  Seeigel  und  sein  Haushalt   .     .     .  107 

M.  Möbius:    Über  die  Farben  der  Blumen 108 

E.  Teichmann:  Die  Blausäure  als  Mittel  zur  Bekämpfung 

schädlicher  Insekten 109 

A.  Be  the:    Ewalds  neue  Theorie  des  Hörens 110 

H.  Braus:    Über  die  Gesetzlichkeit  der  Körperform  .     .  112 
Nachrufe: 

Wilhelm    Kobelt,    mit  BMms  (Carsor  F.  Boeffffrr)   ....  114 

Richard   Gonder,   mit  Bildmn  (If.  Fii^J 124 

F rie dr.  W.  Winter,  mit  Bildnis  (^^.  .l/ff/v\-; 126 

Ludwig  Nick,   mit  Bildnis  (0.  ^ur  Strassen) 132 

Heinrich   Rehn,   mit  Bildnis  f'i?.  i^/vV/Ä^/-.^; 136 

J.  J.  Rein,   mit  Bildnis  (Johanna  Ziegler) 139 

Ludwig   Edinger,   mit  Bildnis  (K.  dnldsiein) 148 

\' ermischte    Aufsätze: 

Cornel  Schmitt  und  Hans  Stadler:  Der  Amselgesang  und 

seine  Beziehung  zu  unsrer  Musik  (mit  Notenerläuterung)   .  152 


Aus  der  Schausammlung 


Die  OkapigTuppe 

Mit  1  Tafel  und  1  Abbildung 

Unser  Museum  besaß  seit  1912  das  beste  Okapi  der  Welt: 
ein  tadellos  erhaltenes  ausgewachsenes  Weibchen,  das  von  H. 
Schubotz  auf  Herzog  Adolf  Friedrichs  zweiter  Afrika- 
reise erbeutet  worden  war.  Wir  hattem  es,  in  sorgsamer  Verwen- 
dung aller  bis  dahin  erreichbaren  Bilder  und  Angaben  und  nach 
besonderem,  im  Jahresbericht  von  1912  auseinandergesetzten  Er- 
wägungen, auf  eine  neuartige,  ansprechende  und  sicherlich  der 
Wirklichkeit  nahekommende  Weise  aufgestellt*). 

Allein  das  vielbewunderte  ^tück  vermochte  seit  einiger  Zeit 
uns  selbst  nicht  mehr  zu  befriedigen.  Vor  allen  Dingen  war  zu- 
verlässig bekannt  geworden,  daß  das  Okapi  ein  Paßgänger 
ist,  was  man  bis  dahin,  auf  Grund  seiner  Giraffenähnlichkeit 
und  seiner  Schenkelbüdung,  höchstens  vermuten  konnte.  Un- 
serem Weibchen  aber  war  in  dubio  die  Haltung  eines  in  der 
gewöhnlichen  Schrittstellung  nachlässig  nach  Futter  suchenden 
Tieres  gegeben  worden.  Es  schien  nunmehr  dringend  erwünscht, 
die  wichtige  und  für  das  Gesamtbild  des  Tieres  bedeutungsvolle 
Eigentümlichkeit  des  Paßganges  zur  Darstellung  zu  bringen. 
Sodann  gefiel  uns  unser  Okapi  in  künstlerischer  Hinsicht  nicht 
mehr  so  gut  wie  ehedem.  Inzwischen  waren  aus  der  Werkstatt 
des  Museums  zahlreiche  neue  Stücke  in  immer  größerer  Schön- 
heit und  Vollendung  hervorgegangen.  Die  hatten  uns  anspruchs- 
voller gemacht.  So  fanden  wir  jetzt,  daß  die  Stellung  der  Vorder- 
beine ungeschickt,  das  Muskelspiel  der  Schultern  etwas  gezwun- 
gen, der  lange  Hals  zu  steif  und  zu  gerade  sei. 


*)  „Das  Aussehen  des  Okapi".  Mit  einer  Farbentafel  und  2  Abbildungen. 
43.  Bericht  der  S.  N.  G.  1912  S.  287-292. 


—     2      - 

Überhaupt  dieser  Hals!  Die  von  der  Schulter  aus  leicht 
gesenkte  Haltung,  für  die  wir  uns  seinerzeit  aus  Schönheits- 
gründen entschieden  hatten,  war  selbstverständlich  beizubehal- 
ten, um  so  mehr,  als  sie  nach  neueren  Berichten  in  der  Tat  die 
dem  Okapi  natürlichste  ist.  Al>er  auch  in  dieser  Stellung  wirkt 
der  lange  Hals  des  sonst  so  schmucken  Tieres  nicht  eben  schön: 
es  bleibt  —  wenigstens  im  Schranke  des  Museums  —  zuviel 
Luft  darunter.  Ja,  wenn  es  möglich  wäre,  den  häßlichen  leeren 
Raum  zwischen  Hals  und  Untergrund  auf  irgendeine  Weise  ge- 


fällig auszufüllen!  Etwa  durch  einen  Busch  oder  —  am  alier- 
schönsten  —  durch  ein  O  k  a  p  i  k  a  1  b  ,  das  sich  vertraulich  an 
die  Mutter  drängte,  während  Jene  den  Hals  und  das  feine  Haupt 
liebkosend  über  ihr  Junges  senken  würde.  — 

Nun  hatte  uns  Schubotz  unter  anderem  Okapimaterial 
auch  die  Haut  eines  ganz  jungen,  vielleicht  ein  paar  Wochen 
alten  OkapikälbcJiens  mitgebracht.  Das  muß  im  Leben  ein  rei- 
zendes Geschöpf  gewesen  sein:  an  Hals  und  Eumpf  braunschwarz 
gefärbt  und  seidig  glänzend,  an  Beinen  und  Schenkeln  aber 
schon  ebenso  verzwickt  in  schwarz  und  weiß  gebändert  und 
geströmt,  wie  die  Alten,  —  ein  Okapi  in  Taschenformat.  Und 
der  Gredanke^  das  Tierchen  aufzustellen,  war  um  so  verlocken- 


der,  als  die  von  Fraipont  veröffentlichte  Photographie*)  und 
gute  Beschreibung  eines  ebenso  jungen  oder  gar  noch  jüngeren 
Okapikälbchens,  das  eine  Zeitlang  in  Angu  lebendig  gehalten  wor- 
den war,  als  Kichtsclinur  dienen  konnte.  Das  hätten  wir  auch 
schon  lange  getan,  w^enn  nicht  der  Umstand  gewesen  wäre,  daß 
unser  hübsches  Fellchen  zwar  gut  erhalten,  aber  leider  nicht 
vollständig  war.  Außer  den  Klauen,  deren  Ergänzung  nicht 
schwierig  schien,  fehlte  ihm  etliches  am  Vorderende,  sogar,  um 
ganz  offen  zu  sein,  ziemlich  viel.  Jetzt  aber  überwand  der 
dringende  Wunsch,  unser  altes  Weibchen,  dessen  Umarbeitung 
aus  den  genannten  Gründen  beschlossene  Sache  war,  zu  einer 
wirklich  schönen,  anmutig  und  gleichmäßig  den  Raum  erfüllen- 
den Gruppe  zu  ergänzen,  alle  Bedenklichkeit.  Was  am  Felle 
unseres  Okapijungen  fehlte,  wm^de  durch  Anleihe  bei  einem 
richtigen  Kälbchen  von  passender  Größe  gedeckt.  Und  für  die 
schwierige  Aufgal)e,  die  so  ergänzten,  ziemlich  bunten  Teile 
naturgetreu  zu  färben,  erwuchs  uns  in  Herrn  Dr.  Wagner 
von  den  Höchster  Farbwerken,  wohl  dem  erfahrensten  Kenner 
der  chemischei:^  Haarfärbung,  der  richtige  Helfer.  Neben  dem 
künstlerischen  Geschick  des  mit  der  Neuaufstellung  betrauten 
Präparators,  Herrn  R  u  p  r  e  c  h  t ,  halien  wir  es  der  eifrigen,  ver- 
ständnisvollen und  vorsichtigen  Mitarbeit  Herrn  Dr.  Wagners 
zu  danken,  wenn  die  Verwirklichung  der  uns  vorschwebenden 
Idee  gelungen  ist.  z.  S. 

Ein  Höhlenprofil  ans  der  Dilnvialzeit 

Mit  1  Tafel 

Im  Quersaal,  der  hinter  dem  LiclitJiof  liegt  und  hoffentlich 
noch  in  diesem  Jahre  wieder  der  Allgemeinheit  zugänglich  ge- 
macht werden  kann,  wird  unter  anderem  auch  eine  kleine  Ab- 
teilung mit  dem  wichtigsten  Beweismaterial  aus  der  Vorgeschichte 
des  Menschen  ausgestellt  werden.  Da  sollen  Gipsabgüsse  der  be- 
rühmtesten Schädel-  und  Knochenfunde,  Stein waffen  von  den 
einfachsten  rohen  Stücken  der  ältesten  jMenschen  bis  zu  den 
kunstvollsten  Arbeiten  unserer  Vorfahren  vorhanden  sein,  und 
als  JNIittelpunkt  dieser  kleinen  Abteilung  soll  das  hier  abgebil- 
dete Profil  dem  aufmerksamen  Besucher  einiges  aus  der  Eiszeit 
erzählen. 


*)  Fraipont  „Okapia".  Annales  du  Musee  du  Congo.   Zoologie  Serie  II. 
Contributions  ä  la  faune  du  Congo.  Tome  I.  Brüssel,  1907.  S.  96.  Fig.  77. 


Dieses  Pi'ofil  ist  kein  Phantasiestück  und  ist  auch  nicht  zu- 
sammengestellt worden,  um  die  Ansichten  irgend  eines  Gelehr- 
ten zu  erläutern,  sondern  es  ist  der  Natur  entnommen  und  hinter 
der  Glasscheibe  genau  so  wiederaufgebaut,  wie  es  in  der  Sirgen- 
steinhöhle ausgegraben  wurde.  Deutsche  Forscher  sind  seit  Jah- 
ren bemüht,  die  Höhlen  unserer  Heimat  nach  Zeugnissen  ihrer 
früheren  Bewohner  zu  durchsuchen;  sie  graben  den  Lehm,  der 
den  Boden  oft  in  meterdicfcen  Lagen  bedeckt,  langsam  und  vor- 
sichtig Schicht  für  Schicht  ab,  studieren  die  Einschlüsse  auf  das 
Genaueste,  und  vor  ihrem  geistigen  Auge  entsteht  dann  allmäh- 
lich eine  Reihe  von  Bildern  aus  der  Geschichte  des  unterirdi- 
schen Hohlraums.  Solche  Bilder  •  reihen  sich  aneinander,  ver- 
einigen sicli  mit  denen  anderer  fernen  Gegenden,  und  Scliiitt 
für  Schritt  entsteht,  wie  ein  Mosaik  aus  zahllosen  Steinchen, 
eine  Zusammenstellung  von  Tatsachen  aus  längst  vergangenen 
Zeiten,  in  denen  es  noch  keine  Schrift  gab,  die  uns  solche 
Kunde  aufzeichnen  konnte.  Da  hauste  der  ungefüge  Höhlenbär 
in  den  Klüften  und  wurde  vom  Menschen  gejagt,  erschlagen 
und  verzehrt,  oder  eine  Nomadenfamilie  schlug«  ihr  Heim  hier 
auf,  wo  sie  gegen  die  Unbilden  der  Witterung  geschützt  war, 
und  kroch  um  die  wärmende  Feuerstatt  zusammen,  oder  es 
hausten  Eulen  darin,  die  nachts  auf  Raub  ausflogen  —  alle  aber 
hinterließen  ihre  Spuren  in  dem  Lehm  auf  dem  Boden  der  Höhle, 
wohin  er  an  den  Füßen  getragen  wurde  und  wo  er  sich  auch 
aus  der  Zersetzung  des  Kalkgesteines  ständig  von  neuem  an- 
häufte. So  ist  auch  die  S  i  r  g  e  n  s  t  e  i  n  h  ö  h  1  e  im  schwäbischen 
Oberamt  Münsingen  ausgegraben  worden,  und  der  Erforscher 
Prof.  R.  R.  Schmidt  aus  Tübingen,  hat  sich  bereit  finden  las- 
sen, für  unser  Museum  ein  genaues  Profil  der  Höhle  mit  allen 
Einschlüssen  wieder  aufzubauen,  wie  er  selbst  es  an  Ort  und 
Stelle  gewonnen  hatte.  Die  nicht  unbeträchtlichen  Kosten  für 
die  wertvolle  Zusammenstellung  übernalunen  in  dankenswerter 
Freigebigkeit  die  Brüder  E.  und  L.  Sachs  in  Paris,  zwei  Frank- 
furter, die  ilire  Vaterstadt  in  der  Ferne  nicht  vergessen  haben. 

Der  Beschauer  sieht  unten  in  der  tiefsten  Schicht  (a,  1)  einen 
gelbbraunen  lehmigen  Sand  mit  lichten  Bändern  vor  sich,  der 
nichts  enthält,  der  also  auch  stumm  ist  und  nichts  aus  der  Ge- 
schichte der  Höhle  erzählt.  Vielleicht  war  ilir  Eingang  noch  ge- 
schlossen, und  in  tiefer  Dunkelheit  fielen  rastlos  klatschende 
Tropfen    des    Sickerwassers   herab,    die   den    Lehm    mitbrachten 


und  anj  Boden  ablag-erten.  Darüber  aber  wird  es  bunter.  Auf 
den  ersten  Blick  fallen  dunkel  gefärbte  Lagen  auf,  die 
hier  und  da,  seitlich  sich  rasch  verdünnend,  regellos  in  der 
Masse  (b-e,  2-8)  zerstreut  sind.  Untersucht  man  sie  näher,  so 
sieht  man  Aschenteile  darin,  untermischt  mit  zerschlagenen  Tier- 
knochen, mit  Feuersteinsplittern,  die  alle  Gebrauchsspuren  tragen, 
und  man  gewinnt  das  Bild  einer  Feuerstätte,  wo  erlegtes  Wild 
von  unseren  Vorfahren  verzelu't  wm^de.  Da  kauerten  die  in  Felle 
gewickelten,  wild  aussehenden  Gestalten  um  die  wärmende  Flam- 
me, schnitten  mit  scharfen  Feuersteinsplittern  vom  Rentier-  oder 
Wildpferdbraten  Stücke  ab  und  verschlangen  sie.  Sie  schlugen 
alle  Knochen  auf,  denn  das  köstliche  Mark  war  ein  Leckerbissen 
ersten  Ranges.  Die  Knochenscherben  fielen  mit  zerbrochenen 
und  wertlosen  Feuersteinstücken  in  die  Asche  des  offenen  Feuers 
und  blieben  achtlos  liegen,  da,  wo  sie  heute  noch  liegen;  denn 
über  die  Feuerstätte  von  heute  trampelten  morgen  vielleicht  die 
Füße  einer  neuen  Horde  hinweg,  zertraten  sie,  bedeckten  sie 
mit  Schmutz  und  Lehm  und  zündeten  an  einer  anderen  Stelle 
ein  neues  Feuer  an.  So  entstanden  übereinander  eine  ganze 
Reihe  von  Feuerstätten,  und  Jaln'hunderte  oder  Jahrtausende 
lang  mag  die  Höhle  immer  wieder  wandernden  Nomaden  als 
Zuflucht  gedient  haben,  häufig  mag  in  stürmischer  Regennacht 
der  Feuerschein  ins  Dunkle  der  nassen  Felseneinöde  geleuchtet 
haben.  In  den  langen  Zwischenpausen  war  die  Höhle  leer;  Raub- 
tiere stöberten  wohl  in  der  kalten  Asche  herum  und  zogen  ohne 
Beute  ab,  Fledermäuse  oder  Eulen  nisteten  darin,  bis  wieder 
neuer  Besuch  kam  und  eine  Zeit  lang  darin  wohnte.  Das  ging 
durch  die  ganze  Zeit  so,  in  der  die  gelblich-graubraunen  Höhlen- 
lehmschichten  sich  allmählich  ablagerten,  und  es  ist  an  und  für 
sich  schon  interessant  genug,  einmal  ein  Bild  aus  diesen  Zeiten 
auszustellen,  wie  es  hier  geschehen  ist.  Aber  unser  Profil  sagt 
noch  weit  meliiM 

Wenn  man  nämlich  die  Fe  uer  s  te  in  w  af  f  en  und  Werk- 
zeuge untersucht,  die  im  Höhlenboden  vergraben  lagen,  so  er- 
kennt man  ganz  deutlich  eine  Reihe  von  Kulturepochen  darin. 
Unsere  Vorfaliren  blieben  nicht  starr  bei  der  einmal  gelungenen 
Form  einer  Waffe,  sondern  sie  bildeten  neue  Typen,  je  mehr  sie 
in  der  Kenntnis  des  spröden  IMaterials  und  seiner  Verwendungs- 
fähigkeit vorwärts  kamen.  Aus  solchen  verschiedenartigen  Waf- 
fen und  Werkzeugen  kann  man  eine  ganze  Kulturgeschichte  des 


Urmenschen  zusammenstellen,  die  deutlich  zeigt,  wie  aus  roh  zu- 
gehauenen, schweren  Faustkeilen  allmählich  außerordentlich  fein 
retuschierte  Lanzen-  und  Pfeilspitzen  entstanden.  Eine  solche 
Ent Wickelungsreihe  hat  man  in  der  Tat  in  mühevoller  Arbeit 
fertiggestellt,  und  wenn  man  nun  noch  einmal  die  Sirgenstein- 
fuiide  von  unten  nach  oben  zusammenstellt  und  betrachtet,  so 
sieht  man  mit  Erstaunen,  daß  nicht  weniger  als  sieben,  ja  acht 
solcher  Kulturstufen  übei-e inander  im  Höhlenboden  vergraben 
liegen,  alle  deutlich  und  sicher  belegt  durch  zahlreiche  Funde 
von  bearbeiteten  Feuersbeinen  (2-8).  Das  ist  die  reichste  Kul-' 
turenfolge  unter  allen  bisher  erforschten  deutschen  Höhlen. 

Betrachtet  man  die  Tierwelt  der  S  c  h  i  c  h  t  e  n  (b-e),  so 
sind  zwei  Gruppen  zu  unterscheiden.  Die  Reste  der  größeren 
Tiere,  der  Beutetiere  des  Menschen,  wie  Höhlenbär,  Mammut, 
wollhaariges  Nashorn,  Wildpferd,  Rentier  und  andere,  gehen  von 
der  untersten  bis  zur  obersten  gelbbraunen  Schicht  gleichmäßig 
verteil!  durch  alle  Stufen  hindurch  und  sagen  uns  also,  daß  im 
wesentlichen  gleichartige  Bedingungen  während  der  ganzen  Zeit 
geherrscht  haben.  Es  war  ein  kaltes  Klima  damals,  denn  Rentier 
und  Mammut  sind  Kält;etiere,  die  in  den  verhältnismäßig  ge- 
schützten Albtälern  Schutz  und  Nahrung  fanden,  als  das  Eis 
noch  ganz  Norddeutschland  und  einen  großen  Teil  des  Alpen- 
vorlandes überdeckte,  und  dies  kalte  Klima  hielt,  ohne  wesent- 
liche Unterbrechung  durch  eine  wärmere  Zeit,  während  der  Ab- 
lagerung des  Höhlenlehms  an.  Die  kleineren  Tiere  aber,  die  darin 
liegen,  gehen  nun  doch  nicht  durch  das  ganze  Profil,  sondern 
sind  auf  zwei  dünne  Lag-en  beschränkt,  in  denen  sie  sich  zu 
Tausenden  und  Abertausenden  finden.  Einmal  tief  unten  (c)  und 
einmal  nahe  der  oberen  Grenze  (e)  sind  solche  Lagen  vorhanden 
und  in  der  Erläutermig  der  Abbildung  auch  gekennzeichnet. 
Sie  enthalten  vor  allem  kleine  Nagetiere,  darunter  massenhaft 
den  Lemming,  den  Schneehasen,  den  Pfeifliasen,  daneben  Schnee- 
hühner in  ungeheurer  ]\Ienge,  kurz  lauter  Tiere,  die  heute  in  den 
grinnnig  kalten  sibirischen  Moossteppen,  den  Tundren,  leben. 
Man  sieht  sofort:  der  Mensch  hat  diese  Tierchen  nicht  gejagt, 
keine  Feuerstätte  enthält  ihre  zarten  Knöchelchen;  sondern  sie 
liegen  wirr  durcheinander  im  gelben  Ijchm  lagenweise  einge- 
streut. Da  haben  Eulen  und  andere  Raubvögel  ihre  Spuren  hin- 
terlassen! Noch  heute  sehen  wir  unter  den  Nistplätzen  der  Eulen 
massenhaft    umherliegende    Kotballen   und    Gewölle,,  die   voUge- 


stopft  sind  von  den  unverdaulichen  kleinen  Knochen  der  jetzigen 
Nager  —  und  genau  so  hat  damals  die  Schneeeule  dem  Lemming 
bei  uns  nachgestellt,  wie  sie  es  heute  in  den  Tundren  noch  liebt. 
Diese  beiden  Nagetierschichten  zeigen  uns  also  nicht  nur  Zeiten 
an,  in  denen  der  Mensch  die  Höhle  nicht  bewohnte,  —  vielleicht 
war  es  ihm  gar  zu  unwirtlich  in  der  Gegend  —  sondern  beweisen 
auch,  daß  es  noch  kälter  in  Süddeutschland  wurde,  daß  also  die 
ungeheuren  Eismassen  noch  weiter  vorrückten,  die  Pflanzenwelt 
verdrängten  und  damit  den  größeren  Tieren  die  Existenzmög- 
lichkeit raubten,  die  die  kleineren  und  anspruchsloseren  Nager 
und  Schneehühner  noch  fanden. 

So  sagt  uns  also,  unser  Profil,  daß  alle  die  Kulturstufen  des 
Menschen  einer  Eiszeit  angehören,  daß  aber  innerhalb  der- 
selben zwei  'Kältevorstöße  sich  deutlich  unterscheiden  lassen, 
und  so  macht  es  uns  auf  eine  der  wichtigsten  Eigentümlich- 
keiten der  Diluvialzeit  aufmerksam,  daß  nämlich  das  Eis  nicht 
Jalu'hunderte  und  Jahrtausende  lang  als  starrer  Mantel  auf  dem 
toten  Lande  lag,  sondern  daß  es  zurückwich  und  vorrückte,  und 
daß  damit  auch  Pflanzen-  und  Tierwelt  heranrückten  und  wieder 
verschwanden.  Die  große  Bedeutung  klimatischer  Unterschiede 
in  der  Vorzeit  kann  wohl  kaum  in  einem  einzigen  Profil  klarer 
beleuchtet  Werden. 

Nach  oben  schließen  unsere  Schichten  mit  einer  dunkel  ge- 
färbten Humuslage  (f)  ab,  welche  die  Tiere  des  heutigen  Waldes 
enthält  und  außerdem  Reste  aus  den  jüngeren  vorgeschichtlichen 
Metallzeiten  einschließt.  Den  Hölilenboden  bedeckt  dürres  Laub, 
untermischt  mit  Schneckenschalen,  die  den  gleichen  Arten  an- 
gehören, die  heute  noch  im  Walde  leben.  Eine  große  Lücke 
liegt  zwischen  Höhlenlehm  und  Humusschicht;  auch  diese  Lücke 
mahnt  den  Erforscher  der  Erdschichten  zur  Vorsicht  und  sagt 
ihm,  daß  er  andere  Gregenden  aufsuchen  muß,  um  sie  zu  über- 
brücken. Und  endlich  fülu't  sie  ihn  hinüber  zur  Gegenwart,  zeigt 
ihm,  daß  der  Hochwald  wieder  in  unsere  Gegenden  Einzug  ge- 
halten hatte  und  daß  die  Kraft  der  Eiszeit  endlich  gebrochen 
war.  So  mögen  sich  allmählich  die  Bedingungen  der  Gegenwart 
ausgebildet  haben,  in  denen  die  weißen  sclu^offen  Albfelsen  aus 
dem  dunklen  Grün  der  Buchenwälder  hervorleuchten,  die  in 
ihrem  Inneren  so  manches  Dokument  aus  der  Vorzeit  des  Men- 
schengeschlechtes einschließen. 

F.  Drevermann 


—     8     — 
Erkläriiiift-  der  Tnfol 

f  |Hunuis-Abhif;eriing   mit   Überresten   der   heutigen   Haus-   und   Waldtiere. 

e  Oberer  lehmiger  Höhlenschutt  mit  Resten  von  Rentier,  Wildpferd,  Mammut, 
C  Wollhaar-Nashorn,  Eistuchs,  Schneehühnern  u.  a.  Die  Nagetierschicht 
enthält  unten  hochnordische,  oben  Steppentiere. 

d  Mittlerer  Höhlenlehm  und  Schutt  mit  vielen  Resten  des  Wildpferdes.  Außer- 
dem Ren,  Bison,  Höhlenbär,  Mammut,  wollhaariges  Nashorn. 

c  Einlagerung  mit  hochnordischen  kleinen  Nagetieren,  Schneehuhn,  Eisfuchs, 
Schneehase  u.  a. 

b  Unterer  Höhlenlehm,  durch  Herdfeuer  geschwärzt.  Vorherrschen  des  Höhlen- 
bären. Außerdem  Mammut,  Wollhaar-Nashorn,  Wildferd,  Ren  u.  a. 

a   Fossilfreie  Ablagerung. 

9  Gefäßreste  aus  den  vorgeschichtlichen  Metallzeiten.  (La  Tene,  Bronze- 
zeit). 

8   Kulturstufe  von  la  Madeleine.    Kleine  Feuersteinwerkzeuge. 

7  Kulturstufe  von  Solutre.  Vereinzelte  Feuersteingeräte,  auf  beiden 
Flächen  bearbeitet. 

6  Spät-Kulturstufe  von  Aurignac.  Feuersteingeräte  von  kleinerem 
Typus  mit  vernachlässigter  Randbearbeitung. 

5  Hoch -Kulturstufe  von  Aurignac.  Feuersteingeräte  von  sorgfältiger 
Randbearbeitung  und  Form. 

4  Früh-Kulturstufe  von  Aurignac.  Werkzeuge  aus  groben  Absplissen, 
Ränder  ausgekerbt  und  schlecht  retuschiert.  Erste  rohgeschliffene 
Knochengeräte. 

3  Spät-Kulturstufe  von  le  Moustier.  Zugeschlagene  Schaber,  große 
Feuersteinklingen,  zu  Geräten  benutzte  Knochen. 

2  Früh-Kulturstufe  von  le  Moustier.  Primitive  grobe  Feuersteinab- 
splisse. 

1    Keine  Spuren  menschlicher  Besiedelung. 


Schnitt  durch  die  diluvialen  Schichten  der  Sirgenstein-Höhle,  Schwaben. 
Geschenk  der  Herren  E.  und  L.  Sachs,  Paris  1913. 


Verteilung  der  Ämter  im  Jahre  1918 


Direktion : 


Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  A.  Knoblauch, 

I.  Direktor 
Dr.  jur.  A.  Lotichius. 

IL  Direktor 
Dr.  phil.  O.  Low  Beer. 

I.  Schriftführer 


Privatdozent  Dr.  med.  E.  Goldschiuid. 

II.  Schriftführer 
AV.  Melber,  Kassier 
A.  V.  Metzler,  Kassier 
Justizrat  Dr.  H.  Günther. 
Konsulent 


Verwaltung : 

Die  Verwaltung  besteht  satzungsgemäß  aus  den  arbeitenden  Mitgliedern, 
deren  Namen  im  Mitgliederverzeichnis  mit  *  versehen  sind. 

Sektionäre: 

Vergleichende  Anatomie  und  Skelette tti*       nr  c.      n    • 

*  l  Frau  M.  Soudheim 

Säugetiere Dr.  A.  Lotichius 

Vögel Kom.-Rat  R.  de  Neufville 

Amphibien Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr. 

A.  Knoblauch 

Fische A.  H.  AVeiult 

Insekten:    Lepidopteren E.Müller 

I  Geh.  Reg.- Rat  Prof.  Dr 
Botanik M.  Möbius 

I  M.  Dürer 

Paläontologie Dr.  R.  Richter 

Geologie Dr.  E.  Naumann 

Mineralogie Prof.  Dr.  AV.  Schauf 

Lehrkörper : 

Zoologie Geh.  Reg.- Rat  Prof.  Dr. 

O.  zur  Strassen 
Botanik Geh.  Reg.- Rat  Prof.   Dr. 

M.  3Iöbius 
Paläontologie  und  Geologie Prof.  Dr.  F.  Drevermann 

Mineralogie !  P^^^-  ^r-  H.  E.  Boeke 

I  Prof.  Dr.  AV.  Schauf 


—     10     — 

Schriftleitung  der  Abhandlungen: 

Prof.  Dr.  P.  Sack,  Vorsitzender  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  M.  Möbius 

Prof.  Dr.  F.  Dreverinann  Prof.  Dr.  W.  Schauf 

W.  Melber  Prof.  Dr.  O.  Steche 

Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  O.  zur  Strassen 


Schriftleitung  des  Berichts: 

Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  A.  Knoblauch,      Dr.  A.  Lotichius 
Vorsitzender  Dr.  ().  [jÖw  Beer 

Prof.  Dr.  P.  Sack 


Museum : 

Direktor Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr. 

O.  zur  Strassen 

Paläontologiseh-geologische  Abteilung Prof.  Dr.  F.  Drevermann 

j  Dr.  F.  Brauns 

Assistenten  für  Zoologie ,....)  Dr.  F.  Haas 

I  Dr.  R.  Sternfeld 

I  August  Koch 

„  ..         ^  Christian  Kopp 

Präparatoren '  „  *  ^ 

^  -  Georg  Ruprecht 

l  Christian  Strunz 

Techniker Rudolf  3Ioll 

Vorsteherin  der  Geschäftsstelle Frl.  Maria  Pixis 


Hausmeister Friedrich  Braun 


Senckenbergische  Bibliothek: 

Die  Bibliothek  der  Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft  ist 
mit  den  Bibliotheken  der  Dr.  Senckenbergischen  Stiftung,  des  Physikalischen 
Vereins,  des  Vereins  für  Geographie  und  Statistik  und  des  Ärztlichen  Vereins 
zur  „Senckenbergischen  Bibliothek"  vereinigt. 

Direktor Dr.  W.  Rauschenberger 

Bibliothekar Dr.  AV.  AVeinreich 


11    — 


Verteilung  der  Ämter  im  Jahre  1919 


Direktion : 

Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  A.  Knoblauch.       Privatdozent  Dr.  med.  E.  Goldschinid 
I.  Direktor  IL  Schriftführer 


Dr.  jur.  A.  Lotichins. 

IL  Direktor 
Dr.  phil.  O.  Low  Beer, 

I.  Schriftführer 


W,  3Ielber,  Kassier 

Moritz  von  Metzler.  Kassier 

Justizrat  Dr.  H.  Günther.  Konsulent 


Verwaltuiiia:: 

Die  Verwaltung  besteht  satzungsgeniäß  aus  den  arbeitenden  Mitgliedern, 
deren  Namen  im  Mitgliederverzeichnis  mit  einem  *  versehen  sind. 


Sektioiiäre: 

Vergleichende  Anatomie  und  Skelette      .     .     .     .  t^'        ,,\.      ,,    . 

*  I  Frau  3L  Sondheini 

Säugetiere              Dr.  A.  Lotichiu.s 

Vögel Kom.-Rat  R.  de  Neufville 

Amphibien Geh.  Med.-Rat  Prol  Dr. 

A.  Knoblauch 

Fische A.  H.  Wendt 

Botanik Geh.  Reg.- Rat  Prof.  Dr. 

M.  Mobius 

Paläontologie Dr.  R.  Richter 

Geologie Dr.  E.  Naumann 

Mineralogie Prof.  Dr.  AV.  Schaut' 


Lehrkörper: 

Zoologie Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr. 

O.  zur  Strassen 
Botanik     .     .' Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr. 

M.  3Iöbius 

Paläontologie  und  Geologie Prof.  Dr.  F.  Drevermann 

Mineralogie Prof.  Dr.  W.  Sohauf 


12 


Schriftleitiiiii;"  dor  AbhaiulluiiÄOii: 


Prof.  Dr.  F.  Sack,  Vorsitzender 
Prof.  Dr.  F.  Drevermaiin 
W.  Melber 


Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  31.  .Möbiu.^ 

Prof.  Dr.  W.  Schauf 

Prof.  Dr.  ().  Steche 

Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  (>. zur  Stras.s 


Schriftloitun^"  des  Berichts  und  der  „Senckenbergiana": 


Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  A.  Knoblauch. 
Vorsitzender 


Dr.  R.  Richter 
Prof.  Dr.  F.  Sack 


3Iuseum: 

Direktor Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr. 

O.  zur  Stras.sen 
Leiter  der  Paläontologisch-geologischen  Abteilung      Prof.  Dr.  F.  Dreverniann 
Kustos  der  entomologischen  Abteilung     ....       Prof.  Dr.  A.  Seitz 

I  Dr.  B.  Geinitz 
Dr.  F.  Haas 
Assistenten  für  Zoologie Dr.  H.  Lehmaim 

I  Dr.  R.  Sternfeld 
Vol.-Assistent  für  Zoologie  Dr.  R.  Mertens 

Augn.st  Koch 

Präparatoren I  C^^'i^tian  Kopp 

I  Georg  Ruprecht 
I  Christian  Strunz 

Techniker Rudolf  3Ioll 

Vorsteherin  der  Geschäftsstelle Frl.  3Iaria  Fixis 

Hausmeister Friedrich  Braun 


Seiickeiibergische  Bibliothek : 

Die  Bibliothek  der  Senekenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft  ist 
mit  den  Bibliotheken  der  Dr.  Senekenbergischen  Stiftung,  des  Physikalischen 
Vereins,  des  Vereins  für  Geographie  und  Statistik  und  des  Ärztlichen  Vereins 
zur  „Senekenbergischen  Bibliothek"  vereinigt. 

Direktor Dr.  W.   Rauschenberger 

Bibliothekar Dr.  A\'.  Wcinrcich 


13     — 


Universität  Frankfurt  a.  M. 

Vertreter  im  Großen  Rat  der  Universität: 

Dr.  A.  Jassoy  j   Geh.  Reg.-Rat  Dr.  A.  v.  Weinberg' 

(*vom  Grossen  Rat  in  das  Kuratorium  der  Universität  gewählt). 


Lehrkörper : 

Zoologie  und  vergleichende  Anatomie      .  Prof.  ord.  Dr.  O.  zur  Strassen 

Botanik Prof.  ord.  Dr.  31.  3Iöbius 

Geologie  und  Paläontologie Prof.  ord.  Dr.  F.  Drevermann 

Mineralogie  und  Petrographie unbesetzt 

Zoologisches  Institnt : 

Direktor Prof.  Dr.  O.  zur  Strassen 

Privatdozent :    Prof.  Dr.  O.  Steche 

I.  Assistent Dr.  (t.  AVülker 

II.  Assistent Dr.  E.  Degner 


Geologisch-paläontologisches  Institnt : 

Direktor Prof.  Dr.  F.  Drevermann 

Assistent Privatdozent  Dr.  A.  Born 


Mineralogisches  Institut: 

Direktor unbesetzt 

1.  Assistent Dr.  H.  Schneiderhöhn 

2.  Assistent Privatdozent  Dr.  W.  Eitel 


Botanisches  Institut 

und  Botanischer  Garten  der  Dr.  Senckenbergischen  Stiftung: 

Direktor Prof.  Dr.  M.  3Iöbius 

Privatdozent Prof.  Dr.  W.  Brandt 

Assistent Dr.  F.  Xeeff 


-     14 


Verzeichnis  der  Mitglieder 

I.  Ewige  Mitglieder 

An  Stelle  der  Errichtung  eines  Jahresbeitrages  haben  manche 
Mitglieder  vorgezogen,  der  Gesellschaft  ein  Kapital  zu  schenken, 
dessen  Zinsen  dem  Jahresbeitrag  mindestens  gleich- 
kommen, mit  der  Bestimmung,  daß  dieses  Kapital  verzinslich 
angelegt  werden  müsse  und  nur  die  Zinsen  für  die  Zwecke  der 
Gesellschaft  zur  Verwendung  kommen  dürfen. 

Solche  Mitglieder  entrichten  demnach  auch  über  den  Tod 
hinaus  einen  Jahresbeitrag  und  werden  nach  einem  alten  Sprach- 
gebrauch als  „ewige  Mitglieder"  der  Gesellschaft  bezeichnet. 
Vielfach  wird  diese  altehrwürdige  Einrichtung,  die  der  Ge- 
sellschaft einen  dauernden  .Mitgliederstamm  sichert  und 
daher  für  sie  von  hohem  Werte  ist,  von  den  Angehörigen  ver- 
storbener Mitglieder  benützt,  um  das  Andenken  an  ihre  Toten 
bleibend  in  dem  Senckenbergischen  Museum  wach  zu  hal- 
ten, zumal  die  Namen  sämtlicher  „ewigen  Mitglieder''  nicht  nur 
den  jedesmaligen  Jahresbericht  zieren,  sondern  auch  auf  Mar- 
mor tafeln  in  dem  Treppenhause  des  Museums  mit  goldenen 
Buchstaben  eingegraben  sind. 

Simon  Moritz  v.  Bethmann     1827  Alexander  v.  Bethmann     1846 

Greorg  Heinr.  Schwendel     1828  Heinrich  v.  Bethmann     1846 

Joh.  FricMlr.  Ant.  Helm     1829  Dr.  jur.  Rat  Fr.  Schlosser     1847 

(ireors  Ludwig'  (lontard     1830  Stephan  v.  Guaita     1847 

Frau  Susanna  Pilisahetha  Bethmann-       H.  L.  Döbel  in  Batavia     1847 

Hohveg     1H31  G.  H.  Hauck-Steeg     1848 

Heinrich  3Iylius  sen.     1844 
Georg  Melchior  Mylins     1844 
Baron  Amschel  3Iayer  v.  Rothschild 

1845 
.Ich.  Georg  Schmidhorn     1845 
Johann  Daniel  Sonchav     1845 


Dr.  .1.  J.  K.  Buch     1851 
G.  V.  St.  George     1853 
J.  A.  (Jrunelius     1853 
P.  F.  ("hr.  Kroger     1854 
Alexander  Gontard     1854 
M.  Frhr.  v.  Bethmann     1854 


Anmerkung:  Nach  dem  Mitgliederbestand  vom  31.  Dezember  1918.  Die 
arbeitenden  Mitglieder  sind  mit  *  bezeichnet. 


15 


Dr.  Eduard  Rüppell     1857 

Dr.  Th.  A.  Jak.  Em.  Müller     1858 

Julius  Nestle     1860 

Eduard  Finger     1860 

Dr.  jur.  Eduard  Souchay     1862 

J.  N.  Gräffendeicli     1864 

E.  F.  K.  Büttner     1865 

K.  F.  Krepp     1866 

Jonas  Mylius     1866 

Konstantin  Fellner     1867 

Dr.  Hermann  v.  Meyer     1869 

AV.  U.  Soemmerring     1871 

J.  G.  H.  Petsch     1871 

Bernhard  Dondorf     1872 

Friedrich  Karl  Rücker     1874 

Dr.  Friedrich  Hessenberg     1875 

Ferdinand  Laurin     1876 

Jakob  Bernhard  Rikoff     1878 

Joh.  Heinr.  Roth     1878 

J.  Ph.  Nikol.  Manskopf     1878 

Jean  Noe  du  Fay     1878 

Gg.  Friedr.  Metzler     1878 

Frau  Louise  Wilhelmine  Emilie  Gräfin 

Böse,    geb.    Gräfin    von    Reichen- 

bach-Lessonitz     1880 
Karl  August  Graf  Böse     1880 
Gust.  Ad.  de  Neufville     1881 
Adolf  Metzler     1883 
Joh.  Friedr.  Koch     1883 
Joh.  AVilh.  Roose     1884 
Adolf  Soemmerring     1886 
Jacques  Reiss     1887 
Dr.  Albert  von  Reinach     1889 
AVilhelm  Metzler     1890 
Albert  von  Metzler     1891 
L.  S.  Moritz  Frhr.  v.  Bethmann     1891 
Viktor  3Ioessinger     1891 
Dr.  Ph.  Jak.  Cretzschmar     1891 
Theodor  Erckel     1891 
Georg  Albert  Keyl     1891 
Michael  Hey     1892 
Dr.  Otto  Ponflck     1892 
Prof.  Dr.  Gg.  H.  v.  3Ieyer     1892 
Fritz  Neumüller     1893 
Th.  K.  Soemmerring     1894 
Dr.  med.  P.  H.  Pfefferkorn     1896 
Baron  L.  A.  v.  Löwenstein     1896 
Louis  Bernus     1896 


Frau  Ad.  v.  Brüning     1896 
Friedr.  Jaennicke     1896 
Dr.  phil.  W.  Jaennicke     1896 
P.  A.  Kesselmeyer     1897 
Chr.  G.  Ludw.  Vogt     1897 
Anton  L.  A.  Hahn     1897 
Moritz  L.  A.  Hahn     1897 
Julius  Lejeune     1897 
•Frl.  Elisabeth  Schultz     1898 
Karl  Ebenau     1898 
Max  von  Guaita     1899 
Dr.  h.  c.  Walther  vom  Rath    1899 
Prof.  D.  Dr.  Moritz  Schmidt     1899 
Karl  von  Grunelius     1900 
Dr.  jur.  Friedrich  Hoerle     1900 
Alfred  von  Neufville     1900 
Wilh.  K.  Frhr.  v.  Rothschild     1901 
Marcus  M.  Goldschmidt     1902 
Paul  Siegm.  Hertzog     1902 
Prof.  Dr.  Julius  Ziegler     1902 
*Moritz  von  Metzler     1903 
Georg  Speyer     1903 
Arthur  von  Gwinner     1903 
Isaak  Blum     1903 
Eugen  Grumbach-Mallebrein     1903 
*Kom.-Rat  Robert  de  Neufville     1903 
Dr.  phil.  Eugen  Lucius     1904 
Carlo  von  Erlanger     1904 
Oskar  Dyckerhoif    1904 
Rudolf  Sulzbach     1904 
Johann  Karl  Majer     1904 
Prof.  Dr.  Eugen  Askenasy     1904 
D.  F.  Heynemaun     1904 
Frau  Amalie  Kobelt     1904 
Prof.  Dr.  Wilhelm  Kobelt     1904 
P.  Hermann  v.  Mumm     1904 
Philipp  Holzmann     1904 
Prof.  Dr.  Achill  Andreae     1905 
Frau  Luise  Volkert     1905 
Karl  Hoff     1905 
Sir  Julius  Wernher  Bart.     1905 
Edgar  Speyer     1905 
J.  A.  Weiller     1905 
Karl  Schaub     1905 
W.  de  Neufville     1905 
Arthur  Sondheimer     1905 
Dr.  med.  E.  Kirberger     1906 
Dr.  jur.  W.  Schöller     1906 


—     16 


Beiied.  M.  G<»ldscliini(lt     1906 
A.  Wittekiiid     190(5 
Alexander  Mauok     1906 
Dr.  med.  J.  (iiitteiii»lHii     1906 
Gustav  Stelhvag     1907 
Christian  Knaxier     1907 
Jean  .loh.  Val.  Andreae     1907 
Hans  Bode     1907 
Karl  von  3[etzler     1907 
»loritz  Ad.  Ellissen     1907 
Adolf  von  (ilrnneliiis     1907 
Stadtrat  Conrad  Binding     1908 
Line.  M.  Oppenheimer     1908 
W.  Seefried     1908 
Ch.  L.  Hallgarten     1908 
Gustav  Sehiller     1908 
Frau  Rosette  Merton     1908 
Karl  E.  Klotz     1908 
Julius  von  Arand     1908 
Georg  Frhr.  von  Holzhausen     1908 
Dr.  med.  J.  H.  Bockenheimer     1908 
J.  Creizenaoh     1908 
*A.  H.  Wendt     1908 
Paul  Reiss     1909 
Hermann  Kahn     1909 
Henry  Seligman     1909 
Wilhelm  Jakob  Rohnier     1909 
Deutsche  (toM-  und  Silber -Scheide- 
Anstalt     1909 
Heinrich  Lotichius     1909 
Frau  Marie  3Ieister     1909 
Dr.  med.  Heinricli  Hoffmann     1909 
San.-Rat  Dr.  Karl  Kaufnmnn     1909 
Fritz  Hauck     1909 
Eduard  Oehler     1909 
Frau  Sara  Bender     1909 
August  Bender     1909 
Eugene  Hoerle     1909 
Theodor  Alexander     1909 
Leopohl  Sonnemann     1909 
Moritz  Ferd.  Hauck     1909 
Frau  Elise  Andreae-Lemme     1910 
Frau  Franziska  Speyer     1910 
Adolf  Keller     1910 
Paul  Bamberg     1910 
Wilhelm  B.  Bonn     1910 
Dr.  med.  Philipp  vcnt  Fabricius    1911 
Jakob  Langeloth     1911 


Frau  Anna  Canne     1911 
i   *Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  Karl  Herx- 
j       heinier     1911 
!   Richard  Nestle     1911 

Wilhelm  Nestle     1911 

Dr.  })hil.  Philipp  Fresenius     1911 

Dr.  jur.  Salomon   Fuld     1911 

Dr.  phil.  Ludwig  Belli     1911 

Frau  Anna  Weise,  geb.  Belli      1911 

Frau  Caroline  Pfeiffer-Belli     1911 

Dr.  med.  Ernst  Blumenthal     1912 

Frau  Anna  Koch,  gb.v.  St.  George  1912 

Karl  Bittelnmnn     1912 

Eduard  Jungmann     1912 

Exzellenz,  Wirkl.  Geh.  Rat  Friedrich 
Ludwig  von  Gans     1912 

Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  Ludwig 
Edinger     1912 

*Alexander  Askenasy     1912 

Hermann  Wolf     1912 

Wilhelm  Holz     1912 
j   Adolf  Gans     1913 

Dr.  phil.  Gustav  von  Brüning     1913 
j   Hans  Holtzinger-Tenever     1913 
!    Dr.  med.  Carl  Gerlach     1913 
j    Heinrich  Flinsch     1913 
I    Heinrich  Niederhofheim     1913 

Dr.  phil.  3Iax  Nassauer     1913 

Fanny  (ioldschmid,  geb.  Hahn     1913 

Albrecht  AVeis     1914 

*Geh.  San.-Rat  Dr.  Robert  Fridberg 
1914 

*Geh.Med.-RatProf.  Dr.  August  Knob- 
lauch    1914 

Dr.  phil.  Adolf  Roque.s     1915 

*Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  phil.  O.  L.  zur 
Strassen     1915 

Hector  Roessler     1916 

Berharnd  Trier     1916 

Alhard  Andreae     1916 

Ernst  Ladenburg     1916 

*Otto  Hauck     1916 

Geh.  San.-Rat  Arnold  Libbertz    1916 

Kom.-Rat  Leo   Ellinger     1916 

Ferdinand  Hirsch     1916 

*Hermann  Andreae       1916 

(ieorg  Hertzog     1917 

Dr.  Wilhelm  3Ierton     1917 


17 


Eduard  Parrot     1917 

Dr.  phil.  h.  c.  Friedrich  Wilheliu 

Winter     1917 
Wilhelm  von  den  Velden     1917 
Bernhard  Schuster     1917 
*Dr.  jur.  Alfred  Lotichius     1917 
Alfred  Hoff     1917 
Fräulein  Julie  von  Heyden     1917 
Prof.  Dr.  phil.  h.  c.  Lukas  von  Heyden 

1917 
Prof.  Dr.  phil.  Fritz  Römer     1917 
*Frau  Maria  Sondheim,  geb.  Koss- 

mann     1917 
Dr.  phil.  Franz  Graf  von  3Iatnschka 

1917 
August  Ladenburg     1917 
3Iartin  Miinzesheimer     1917 
*Geh.  San.-Rat  Dr.  Ernst  Roediger 

1917 
Konsul  Karl  Kotzenberg     1917 
Alfred  Kossmann     1917 
*Kom.-Rat  Eduard  Beit  von  Speyer 

1917 
Geh.  Kom.-Rat  Ludo  Mayer     1917 
William  W\  Drory     1917 
Dr.  phil.  W.  L.  D.  Drory     1917 
*Dr.  phil.  August  Jassoy     1917 


Frau  Ida  Jassoy     1917 

*Heinrich  Alten     1917 

Frau  Luise  Alten     1917 

Karl  Roger     1917 

Justizrat  Dr.  Joe  Oppenheimer    1917 

Karl  Hamburg     1917 

*San.-Rat  Dr.  Rudolf  von  Wild     1917 

*W alter  3Ielber     1917 

Geh.  Reg.-Rat  Dr.  Adolf  Varrentrapp 

1917 
Kom.-Rat  Karl  von  Neufville     1917 
AVolfgang  Reinert     1917 
Philipp  Herz-Mills     1917 
Ludwig  Schiff    1917 
Dr.  phil.  Georg  C.  Du  Bois     1917 
Rütger  von  Brüning     1917 
Julius  Aurnhammer     1917 
Frau  Johanna  Aurnhammer     1917 
Frau  Alharda  Andreae,  geb.  Freiin 

V.  d.  Borch     1917 
Justizrat  Dr.  Alexander  Dietz      1917 
Geh.  Bergrat  Dr.  H.  Loretz     1917 
Dr.  phil.  Eugen  AVolf     1917 
Frau  Alice  EUissen     1918 
Dr.  jur.   F.   von   Bassermann-.Jordan 

1918" 


II.  Beitragende  Mitglieder 


Abel,  August,  Dipl.-Ing.     1912 

Abelmann,  Arthur     1917 

Abraham,  S.,  San.  Rat  Dr.     1904 

Abt,  Jean    1908 

Adler,  Arthur,  Dr.  jur.    1905 

Adler,  Franz,  Dr.  phil.     1904 

Adler,  L.,  Dr.  Privat-Dezent    1916 

Albersheim,  M.,  Dr.     1913 

Albert,  August     1905 

Albert,  K.,  Dr.  phil.,  Amöneburg  1909 

Alexander,  Franz,  Dr.  med.     1904 

Almeroth,  Hans    1905 

Alt,  Friedrich,  Verlag    1894 


Altheimer,  Max    1910 

Ambrosius,  Karl     1912 

Amschel,  Frl.  Emy     1905 

Andreae,  Albert     1891 

Andreae,  Frau  Alfred     1912 

Andreae,  Arthur    1882 

Andreae,  Carlo,  Dr.  jur.     1910 

Andreae,  Heinrich     1912 

Andreae,  J.  M.     1891 

Andreae,  Konrad,  ßankdirektor    1906 

Andreae,  Richard     1891 

Andreae,  Rudolf    1910 

Andreae,  Viktor    1899 


Anmerkung.  Es  wird  höflichst  gebeten,  Veränderungen  der  Wohnung, 
des  Titels  und  etwaige  Versehen  der  Geschäftsstelle  der  Senckenbergischen 
Naturforschenden  Gesellschaft,  Viktoria-Allee  7,  mitzuteilen. 


18 


Andreae-Hahn,  Karl     1911 

Andreas,  Gottfried     1908 

Ankel,  Wulf     1918 

Antz,  Georg,  Zahnarzt  1908 

Antz,  Stephan     1910 

Armbrüster,  Gebr.     1905 

Aschaffenburg,  Otto     1917 

Askenasy,  Robert,  Dr.  jur.     1910 

Auerbach,  E.,  Justizrat  Dr.     1911 

Auerbach,  L.,  San.-Rat  Dr.     1886 

Auerbach,  M.,  Amtsger.-Rat'Dr.    1905 

♦Auerbach,  S.,  Geh.  San.-Rat  Dr.  1895 

Autenrieth,  Karl  F.     1912 

Avellis,  Frau  Laura    1917 

Bacher,  Karl     1904 

Dr.  Bachfeld  &  Co.     1913 

Baer,  Jos.  Moritz,  Stadtrat     1873 

Baer,  Karl     1910 

Baer,  M.  H.,  Justizrat  Dr.     1891 

Baer,  Simon  Leop.     1860 

Baer,  Theodor,  San.-Rat  Dr.     1902 

Baerwald,  A.,  San.-Rat  Dr.     1901 

Baerwald,  E.,  Dr.  jur.     1910 

Baerwald,  Frau  Emma    1912 

Baerwind,  Franz,   Geh.  San.-Rat  Dr. 

1901 
Bahlsen,  Emil,  Prof.  Dr.     1914 
Bamberger,  Frau  Charlotte     1913 
Bamberger,  Simon,  Kom.-Rat     1914 
Bames,  Albert    1914 
Bangel,  Rudolf    1904 
Banzhaf,  Georg,  Griesheim     1917 
Bäppler,  Otto,  Architekt    1911 
♦Bardorff,  Karl,  San.-Rat  Dr.     1864 
Barndt,  Wilhelm     1902 
de  Bary,  August,  Dr.  med.     1903 
de  Bary-Jeanrenaud,  S.  H.     1891 
de  Bary-Osterrieth,  Job.  Heinr.     1909 
de  Bary-Sabarly,  Karl  1910 
Bauer,  Moritz,  Dr.  phil.  et  med.   1910 
Bauer,  Rudolf    1911 
Bauer- Weber,  Friedrich,Ober-lng.  1907 
Baumstark,  R.,  Dr.  med.,  Bad  Homburg 

1907 
Baumstark,  Frau  Dr.,   Bad  Homburg 

1911 
Baunach,  Robert     1900 
Bechhold,  J.  H.,  Prof.  Dr.  phil.     1885 


Becker,  Daniel     1917 

Becker,  H.,  Prof.  Dr.  phil.     1903 

Beer,  Frau  Berta     1908 

Beer,  Gustav     1917 

Beer,  Ludwig     1913 

Behrends-Schmidt,K.,  Gen.-Kons.  1896 

*Beit-  V.  Speyer,  Ed.,  Kom.-Rat,  Gen.- 

Konsul     1897 
Benda,  Louis,  Dr.  phil.     1913 
Bender,  Georg,  Inspektor     1909 
Benkard,  Georg,  Dr.  jur.     1912 
Benzinger,  Otto  1914 
Berg,  Alexander,  Justizrat  Dr.     1900 
Berg,  Heinrich     1910 
Bergmann,  Elias     1912 
Berlizheimer,  Sigmund,  Dr.  med.    1904 
Berner,  Frau  Lina     1913 
V.   Beroldingen,    Frau    Gräfin    Marie 

Elisabeth     1918 
Bertling,  Bruno     1915 
Bessels,  Ludwig    1917 
Bessunger,  Karl     1909 
Besthoff,  Jakob     1913 
Besthorn,  H.  J.  Karl     1913 
*Bethe,A.,Geh.Reg.-RatProf.Dr.  1915 
*v.  Bethmann,  Frhr.  S.  Moritz     1905 
Bibliothek,  Kgl.,  Berlin     1882 
Bieberbach,  L.,  Prof.  Dr.     1918 
Binding,  Karl     1897 
Binding,  Theodor    1908 
Bing,  Albert     1905 
Binger,  Frau  Frances,  Neuyork    1913 
Bischheini,  Frau  Auguste     1907 
Bittel-Böhm,  Theodor     1905 
Blanckenburg,  Max     1911 
Bleicher,  H.,  Stadtrat  Prof.  Dr.     1903 
Block,  Alfred,  Buchschlag    1913 
*Blum,  Ferd.,  Prof.  Dr.  med.     1893 
Blum,  Frau  Lea     1903 
Blumenthal,  Adolf    1883 
Blumenthal  Albert     1918^ 
Blumenthal,  E.  PL,  Gen.-Direktor  1910 
Bluntschli,  H.,  Prof.  Dr.     1915 
Bodewig,  Heinrich,  Dr.  jur.  '  1911 
Boehnke,  K.  E.,  Stabsarzt  Prof.  Dr.  191 1 
Boettiger,  E.,  Dr.,  Offenbach     1910 
Böhm,  Henry,  Dr.  med.     1904 
Böhme,  John     1904 


19 


Bohnert,  Carl     1917 

Boll,  Jakob,  Rektor    1914 

Boller,  Wilhelm,  Prof.  Dr.  phil.     1903 

Bolognese-Molnar,  Frau  B.     1910 

Bolongaro-Crevenna,  B.,  Direktor  1917 

Bonn,  Sally     1891 

Bopp,  Frau  W.     1912 

Borchardt,  Heinrich     1904 

Borgnis,  Alfred  Franz     1891 

Borgnis,  Karl     1900 

Böttcher,  Karl,  Dr.     1917 

Brach,  Frau  Natalie     1907 

Brammertz,  Wilhelm,  Dr.    1913 

Brasching,  P.,  Oberlehrer,  Fulda  1912 

Braun,  Franz,  Dr.  phil.     1904 

Braun,  Hugo,  Dr.  med.     1915 

Braun,  Leonhard,  Dr.  phil.     1904 

Breitenstein,  W.,  Ing.,  Algier     1908 

Brendel,  Wilhelm     1906 

Brentano-Brentano,  Josef     1906 

Briel,  Heinrich    1906 

Brill,  Wilhelm,  Dr.  med.    1913 

Brodnitz,  Siegfried,  San.-Rat  Dr.    1897 

Bröll,  Adolf    1913 

Brück,  Richard,  Justizrat  Dr.     1906 

Brückmann,  Karl     1903 

Bucher,  Franz     1906 

Bücheier,  Anton,  San.-Rat  Dr.     1897 

Buchka,  Ernst    1911 

Buchka,  Otto,  Justizrat  Dr.     1917 

Bugde,  S.,  Dr.  jur.     1905 

Büding,  Friedrich,  Dr.  jur.     1913 

Buhlert,  Fritz,  Ingenieur     1910 

Bullnheimer,  Fritz,  Dr.  phil.     1904 

Bülow,  Friedrich     1917 

Burchard,  K.,  Bergass.,  Clausthal  1908 

Burchard,  Kurt,  Geh.  Just.-Rat  Prof. 

Dr.     1904 
Burger,  Alexander,  Redakteur     1918 
Burgheim,  Gustav,  Justizrat  Dr.  1905 
Burghold,  Julius,  Justizrat  Dr.     1913 
Busch,  August,  Direktor  Dr.     1917 
V.  Büsing-Orville,  Frhr.  Adolf,  Schloß 

Zinneberg     1903 
Büttel,  Wilhelm     1878 
Butz-Oehler,  Frau  Viktoria    1910 
Caan,  Albert,  Dr.  med.     1912 
Gaben,  Hermann,  Dipl.-Ing.    1913 


Cahen-Brach,  E.,  San.-Rat  Dr.    1897 

Cahn,  Albert    1905 

Cahn,  Gustav,  Dipl.-Ing.     1917 

Cahn,  Heinrich    1878 

Cahn,  Frau  Margarete     1916 

Cahn,  Paul     1903 

Cahn,  S.,  Konsul     1908 

Canne,  Ernst,  Dr.  med.     1897 

Cante,  Cornelius    1906 

Cassian,  Heinrich    1908 

Cayard,  Carl    1907 

Cayard,  Frau  Louise     1909 

Challand,  Frl.  M.     1910 

Christ,  Fritz     1905 

Clauss,  Gottlob,  Architekt     1912 

Cnyrim,  Frau  Hanny     1909 

Cnyrim,  Ernst    1904 

Cochlovius,  F.,  Dipl.-Ing.  Buchschlag 

1912 
Cohen,  Frau  Ida    1911 
Cohn,  Franz,  Prof.  Dr.  med.     1914 
Cooper,  Will.  M.,  Di.     1912 
*Creizenach,  Ernst    1906 
Cretschmar,  C,  Senatspräsident  Geh. 

Oberjustizmt  Dr.     1916 
Cullniann,  R.,  Landger.-Rat  a.  D.  1905 
Cuno,  Fritz,  San.-Rat  Dr.     1910 
Cuno,  H.,  Direktor     1914 
Cunz,  Wilhelm,  Direktor     1917 
Dahl,  Wilhelm     1918 
Dahlem,  H.  V.,  Aschaffenburg    1911 
Damann,  Gottfried     1913 
Daube,  Adolf    1910 
Daube,  Kurt,  Geh.  San.-Rat  Dr.     1906 
Deguisne,  K.,  Prof.  Dr.  phil.     1908 
Delkeskarap,R.,  Dr.  ing.,  München  1904 
Delliehausen,  Theodor,     1904 
Demmer,  Theodor,  San.-Rat  Dr.     1897 
Dencker,  Hans,  Dr.  med.     1913 
Dessauer,Priedr.,Dr.phil. Direktor  1913 
Deubel,  Hans     1911 
Deutsch,  Adolf,  San.-Rat  Dr.    1904 
Deutsch,  Otto  N.     1915 
Diener,  Max     1912 
Diener,  Richard,     1905 
Diesterft^eg,  Moritz  (E.  Herbst)     1883 
Dieterichs,  Fr.,  Apotheker    1912 
Dietze,  Karl     1870 


20 


Dingler,  H.,  Prof.  Dr.,  Aschaffenburg 

1910 
Ditmar,  Karl  Theodor    1891 
Ditter,  Karl,  Bornemouth     1903 
Doctor,  Ferdinand,  1892 
Dondorf,  Karl     1878 
Dondorf,  Otto     1905 
Donner,  Karl  Philipp     1873 
Dreher,  Albert    1910 
Drescher,  Otto,  Reg.-Rat  1910 
*Drevermann,  F.,  Prof.  Dr.     1916 
Dreyfus,  G.  L.,  Prof.  Dr.  med.     1915 
Dreyfus,  Willi     1910 
Dreyfuß,  Fritz     1910 
Dreyfuß,  Max     1912 
Duden,  G.,  Generaloberarzt  Dr.     1912 
Duden,  P.,  Prof.  Dr.  phil.  Höchst  1906 
Dumcke,  Paul,  Gen.-Direktor     1909 
Ebeling,  Hugo,  San.-Rat  Dr.     1897 
Ebenau,  Fr.,  Geh.  San.-Rat  Dr.     1899 
Eberstadt,  Albert     1906 
Eberstadt,  Fritz,  Dr.  med.     1910 
Ebrard,  Fr.,  Geh.  Konsistorialrat  Prof. 

Dr.     1917 
Eckhardt,  Karl,  Bankdirektor    1904 
Ederheimer,  Adolf,  Justizrat  Dr.   1913 
Egger,  Edmund,  Prof.  Dr.,  Mainz  1911 
Ehrlich,  Frl.  Rosa    1911 
Eichengrün,  Ernst,  Direktor    1908 
Eickemeyer,  Carl     1917 
Eiermann,  Arnold,  San.-Rat  Dr.     1897 
Eisenmann,  Frl.  Hanna     1913 
Eitel,  Wilhelm,  Privatdozent  Dr.    1914 
Elkan,  B.,  Neuyork     1913 
Ellinger,  A.,Geh.Med.-Rat  Prof.Dr.  1915 
Ellinger,  Ph.,  Dr.,  Heidelberg    1907 
Ellinger,  Frau  Alice    1907 
Embden,  Gustav,  Prof.  Dr.  med.   1907 
Emden,  Heinrich     1918 
Emden,  Moritz     1915 
Emmerich,  Friedrich  H.     1907 
Emmerich,  Heinrich     1911 
Emmerich,  Otto     1905 
Enders,  Frau  M.  Otto     1891 
Engel,  Fritz     1913 
Engelhard,  Karl  Phil.     1873 
Engelhardt,  Leopold,  Dr.  med.,  Buch- 
schlag   1913 


Engler,  Eduard,  Konsul     1913 
Epstein,  Jak.  Herrn.     1906 
Epstein,  Jos.,  Prof.  Dr.  phil.     1890 
Epstein,  Wilhelm,  Dr.  phil.     1907 
Erfurt,  Frl.  A.,  Wiesbaden     1915 
Erlanger,  Frau  Anna    1912 
Erlanger,  Frau  Luise,  Berlin     1911 
Eschelbach,  Jean     1904 
Ettlinger,  Albert,  San.-Rat  Dr.     1904 
Euler,  Rudolf,  Direktor    1904 
Eurich,  Heinrich,  Dr.  phil.     1909 
Eysen,  Anton     1912 
Fade,  Louis,  Direktor     1906 
Fahr,  Frl.  Aenny,  Darmstadt     1912 
Feiler,  Erich,  Prof.  Dr.     1918 
Feis,  Oswald,  San.-Rat  Dr.     1903 
Feist,  Fr.,  Prof.  Dr.  phil.,  Kiel    1887 
Feist-Belmont,  Frau  Auguste     1914 
Fellner,  Johann  Christian     1905 
Fellner,  Otto,  Justizrat  Dr.    1903 
Fester,  August,  Bankdirektor    1897  . 
Fester,  Emil  A.     1918 
Fester,  Hans,  Dr.  jur.     1910 
Finck,  August,  Direktor     1912 
Finck,  Karl     1910 

*Fischer,  Bernh.,  Prof.  Dr.  med.    1908 
Fischer,  Karl     1902 
Fischer,  Ludwig     1902 
Fischer,  Philipp  J.     1913 
V.  Fischer-Treuenfeld,  A.,  Kiel     1911 
Flaecher,  F.,  Hr.  phil..  Höchst    1908 
Flauaus,  Robert     1913 
Fleck,  Frau  Dr.  Anna     1910 
Fleck,  Otto,  Forstmeister    1903 
Fleisch,  Karl     1891 
Flörsheim,  Albert     1891 
Flersheim,  Ernst     1912 
Flörsheim,  Frau  Fanny     1918 
Flersheim,  Martin     1898 
*Flesch,  Max,  Prof.  Dr.  med.     1889 
Flinsch,  Richard    1917 
Flinsch,  W.,  Kom.-Rat    1869 
Flock,  Heinrich     1911 
Flörsheim,  Frau  Anna     1904 
Flotho,  Walter,  Oberleutnant    1918 
j   V.  Flotow,  Frhr.  Theodor     1907 
de  la  Fontaine,  E.,  Geh.  Reg.-Rat  1907 
Forchheimer,  Arthur     1908- 


21 


Forchheimer,  Karl     1913 
Forst,  Karl,  Dr.  phil.     1905 
Franck,  E.,  Oberapotheker     1915 
*Franck,  Ernst,  Direktor     1899 
Frank,  Franz,  Dr.  phil.     1906 
Frank,  Heinrich,  Apotheker     1891 
Frank,  Karl,  Dr.  med.     1910 
Frank,  Karl,  Dr.  jur.     1913 
Franze,  Gustav,  Stadtrat     1913 
Fresenius,  A.,  San. -Rat  Dr.,  Jugenheim 

1893 
Fresenius,  Ferdinand,  Dr.  phil.,  Cron- 

berg    1912 
*Freund,  Mart.,  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr. 

phil.     1896 
Freyeisen,  Willy     1900 
Freyhan,  Frau  Hedwig    1914 
*Fridberg,  R.,  Geh.  San.-Rat  Dr.    1873 
Friedmann,  Heinrich     1910 
Friedrich,  Oskar,  Dipl.-Ing.     1913 
Fries,  G.  W.     1917 
Fries,  Heinrich,  Oberursel     1910 
Fries  Sohn,  J.  S.     1889 
Fries,  Wilhelm,  Dr.  phil.     1907 
Fries-Dondorf,  Frau  Anna    1911 
V.  Frisching,  Moritz     1911 
Fritsch,  C,  Dr.     1917 
Fritzmann,  Ernst,  Dr.  phil. 
Frohnknecht,  0.,  Neuyork 
Fromberg,  Leopold    1904 
Fuld,  Adolf,  Justizrat  Dr. 
Fulda,  Anton     1911 
Fulda,  Heinrich,  Dr.  med.     1907 
Fulda,  Faul,  Stadtrat     1897 
Fünfgeld,  Ernst    1909 
*Gäbler,  Bruno,  Geh.  Justizrat     1900 
Galewski,  H.,  Baurat     1912 
Gans,  L.,  Geh.  Kom.-Rat  Dr.  phil.   1891 
V.  Gans,  Ludwig  W.,  Kestenhöh'  Tau- 
nus 1907 
Geelvink,  F.,  San.-Rat  Dr.     1908 
Geiger,  B.,  Geh.  Justizrat  Dr.     1878 
Geisow,  Hans,  Dr.  phil.,  Mainkur  1904 
Geist,  George,    Dr.  med.  dent.     1905 
Geiß,  Willi     1912 

Gelhaar,  Erich,  San.-Rat  Dr.     1910 
Gerth,  H.,  Prof,  Dr.  phil..  Bonn     1905 
Getz.  Moritz     1904 


1905 
1913 


1907 


Gieseke,  Adolf,  Dr.,  Höchst     1912 

Gins,  Karl     1906 

Glimpf,  Friedrich     1912 

Glöckler,  Alexander,  Ingenieur     1909 

Glogau,  Emil  August,  Zahnarzt    1904 

Gloger,  F.,  Dipl.-Ing.,  Call  (Eifel)  1908 

Gneist,  Karl,  Oberst    1913 

Göbel,  Karl     1910 

Goering,  V.,  Direktor     1898 

Goeschen,  Frau  Klara    1910 

V.  Goldammer,  F.,  Hauptmann  a.  D., 

1903 
*Goldschmid,  Edgar,  Privatdozent  Dr. 

med.     1908 
Goldschmid,  J.  E.     1901 
Goldschmidt,  Anton     1910 
Goldschmidt,  Julius     1905 
Goldschmidt,  Julius    1912 
Goldschmidt,  Frau  Luise     1910 
Goldschmidt,  M.  S.     1905 
Goldschmidt,R.,Prof.Dr.,München  1901 
Goldschmidt,  Saly  Heinrich     1912 
V.  Goldschmidt-Rothschild,  Frhr.  Max, 

Generalkonsul     1891 
*v.  Goldschmidt-Rothschild,  R.  '   1907 
Goldstein,  K.,  Prof.  Dr.     1915 
Goll,  Karl,  Offenbach     1^10 
Gombel,  Wilhelm     1904 
*Göppert,  E.,  Prof.  Dr.     1915 
Gosewisch,  Frl.  A.     1915 
Gottschalk,  Joseph,  San.-Rat  Dr.  1903 
Graebe,K.,Geh.Reg.-Rat  Prof.  Dr.  1907 
Gramberg,  A.,  Prof.  Dr.     1918 
Gramm,  Friedrich  Wilhelm     1912 
Grandhomme,  Fr.,  Dr.  med.     1903 
Graubner,  Karl,  Höchst    1905 
Greb,  Frau  Louis     1914 
Greiff,  Jakob,  Rektor    1880 
Grieser,  Ernst    1904 
Groedel,  Franz,  Dr.  med.     1912 
Grosch,  K.,  Dr.  med.,  Offenbach    "1904 
Groß,  Frl.  Berta     1911 
Groß,  Otto,  San.-Rat  Dr.     1909 
Großmann,  August,  Hofheim     1912 
Großmann,  Emil,  Dr.  med.     1906 
Gruber,     Georg,     Privatdozent     Dr.. 

Mainz     1917 
Grumbach,  Adalbert,  Mannheim    1912 


22     — 


V.  Grunelius,  Frl.  Anna    1912 

V.  Grunelius,  Eduard    1869 

V.  Grunelius,  Fred,  Major     1914 

V.  Grunelius,  Max    1903 

Grünewald,  August,  Dr.  med.     1897 

♦Guide,  Johann,  Dr.  phil.     1898 

Gumbel,  Karl,  Dr.  jur.     1910 

Günther,  Alfred,  Architekt     1913 

♦Günther,  Hermann,  Justizrat  Dr.  1912 

Günther,  Oskar    1907 

Günthert,  Hans     1917 

Günzburg,  Alfred,  San.-Rat  Dr.     1897 

Gurke,  Oskar    1912 

Gutenstein,  Frau  Clementine     1911 

Guttenplan,  Frau  Lily     1907 

Gymnasium  nebst  Realschule,  Höchst 

1913 
Haack,  Karl  Philipp     1905 
♦Haag,  Ferdinand     1891 
Haas,  Carl  Jakob     1917 
Haas-Simon,  Julius     1917     ■ 
Häberlin,  J.,  Justizrat  Dr.  jur.  et  phil. 

h.  c.     1871 
Haeffner,  Adolf,  Kom.-Rat     1904 
Hagenbach,  R.,  Dr.     1910 
Hahn,  Julius     1906 
Hahn-Opificius,FrauM.,Dr.med.  1907 
Hallgarten,  Fritz,  Dr.  phil.     1893 
Hammel,  Leo     1914 
Hanau,  Ludwig,  San.-Rat  Dr.       1910 
Happel,  Fritz     1906 
Harris,  Charles  L.     1913 
Hartmann,  Georg     1912 
Hartmann,  Johann  Georg     1905 
Hartmann,  Karl     1905 
Hartmann-Bender,  Georg    1906 
Hartmann-Kempf,  Rob.,  Dr.  phil.    1906 
Hassel,  Georg,  Justizrat  Dr.     1910 
Hauck,  Georg    1898 
Hauck,  Max     1905 
Haus,  Rudolf,  Dr.  med.     1907 
Häuser,  Adolf,  Geh.  Reg.-Rat     1909 
Hausmann,  Franz,  Dr.  med.     1904 
Hausmann,  Friedrich,  Prof.     1907 
Hausmann,  Frau  Johanna     1917 
Hausmann,  Julius,  Dr.  phil.     1906 
Heichelheim,  Hugo     1913 
Heichelheim,  Sigmund,  Dr.  med.     1904 


Heidingsfelder,  Ludwig     1912 

Heiding-sfelder,  Otto     1913 

Heil,  Albrecht  Fr.,  Crumbach     1914 

Heilbrunn,  Ludwig,  Justizrat  Dr.  1906 

Heilmann,  Heinrich     1906 

Heinemann,  Louis     1914 

Heinz-Jung,  Frau  Emmy     1907 

Heister,  Ch.  L.     1898 

Helgers,  E.,  Dr.  phil.     1910 

Hellmann,  Albert,  Dr.  med.     1912 

Henrich,  K.  F.,  Geh.  Kom.-Rat     1873 

Henrich,  Ludwig    1900 

Henrich,  Rudolf    1905 

Heraus,  C.  W.,  G.m.b.H.,  Hanau    1910 

Herborn,  Jakob    1912 

♦Hergenhahn, Eugen, San.-Rat  Dr.  1897 

Hermann,  Karl,  Architekt     1911 

Herms,  Frau  Olga     1915 

Hertlein,  Hans,  Dr.  phil..  Höchst    1910 

Hertzog,  Frau  Anna    1908 

Herxheimer,  Friiu  Fanny     1900 

Herxheimer,  G.,  Prof.  Dr.  med.,  Wies- 
baden    1901 
I   Herxheimer,  Hans,  Dr.  med.     1912 

Herz,  Harald  G.,  Direktor    1914 

Herz,  Richard,  Dr.     1917 

Herzberg,  Karl     1897 
;    Herzfeld,  Lehmann     1913 

Herzheim,  D.     1915 

Herzog,  Ulrich,  Dr.  med.     1908 

Hesdörffer,  Julius,  San.-Rat  Dr.    1903 

Hesse  jr.,  Hubert,  Bad  Homburg    1910 

V.  Hessen,  Landgraf  Alexander  Friedr.. 
Kgl.  Hoheit     1911 

V.  Hessen,  Frau  Prinzessin  Friedrich 
Karl,  Kgl.  Hoheit    1917 

V.  Hessen,  Prinz  Friedrich  Karl,  Hoheit 
1907 

Hessenberg,  Hans  Carl     1913 

Heß,  Arnold,  Dr.  phil..  Höchst      1908 

Heß,  Frl.  Luise     1917 

Heuer,  Frl.  Anna,  Cronberg     1909 

Heuer,  Ferdinand     1909 

V.  Heyden,  Alfred,  Direktor  Dr.    1917 

V.  Heyder,  Georg    1891 

Heyman,  Ernst    1911 

Hirsch,  Frau  Ferdinand     1916 

Hirsch,  Frau  Lina     1907 


23 


Hirsch,  Paul     1914 

Hirsch,  Raphael,   San.-Rat  Dr.     1907 

V.  Hirsch,  Robert     1910 

Hirsch-Tabor,  Ü.,  Dr.  med.     1910 

Hirschfeld,  Ernst    1917 

Hirschfeld,  Otto  H.     1897 

Hirschhorn,  Frau  Ottilie     1913 

Hobrecht,  Frl.  Annemarie     1907 

Hobrecht,  Frl.Elly     1912 

Hochegger,  P.,  Oberingenieur    1917 

Hochschild,   Bertold,    Neuyork     1913 

Hochschild,  Philipp,  Dr.     1907 

Hochschild,  Salomon     1906 

Hock,  Fritz,  Architekt    1907 

Hoene,  R.,  Oberlandesgerichtsrat  1912 

Hoerle,  Frl.  Cecile     1907 

Hoerle,  Julius     1907 

Hof,  Willy,  Direktor     1917 

Hoff,  Adolf     1910 

Hoff,  Alfred,  Konsul     1903 

Hoffmann,  Benno     1913 

Hoffmann,   Georg  F.,    Stadtrat    1914 

Hoffmann,  Hans,  Dr.  phil.     1912 

Hoffmann,  Karl  C,  Mexiko     1911 

Hoffmann,  M.,  Dr.,  Mainkur    1910 

Hoffmann,  Paul,  Königstein     1908 

Hofmann,  Otto     1905 

Hofmann,  Richard     1910 

Hohenemser,  Frau  Mathilde     1908 

Hohenemser,  Moritz  W.     1905 

Hohenemser,  Robert,  Dr.  jur.     1905 

Hohenemser,  Willy,  Dr.  phil.     1912 

Holl,  Joseph  &  Co.     1905 

Holz.  August     1909 

Holz,  Emil,  Reg.-Baumeister    1913 

Holz,  Otto    1910 

Holz,  Richard  A.  F.     1913 

Holzmann,  Eduard,   Reg.-Baumeister 

1905 
Holzmann,  H.,  Reg.-Baumeister    1913 
Holzmann,  Frau  Marie     1913 
Homberger,  Ernst,  Dr.  med.     1904 
Homburger,  A.,  Prof.  Dr..  Heidelberg 

1899 
Homburger,  Michael     1897 
Homm,  Nikolaus     1906 
Homolka,  Benno,  Dr.     1912 
Horkheimer,  Anton,  Stadtrat  a.  D.  1906 


Horkheimer,  Fritz     1892 

Horstmann,  Frau  Elise     1903 

V.  Hoven,  Franz,  Baurat     1897 

♦Hübner,  Emil,  San.-Rat  Dr.     1895 

Hübner,  Hermann     1912 

Hunke,  L.,  Dr.  phil.     1912 

Hupertz,  Frau  Mathilde     1905 

Hüther,  Max     1917 

Hüttenbach,  Frau  Lina     1909 

Hüttenbach,  Otto     1910 

Jacobi,  Heinrich,  Dipl.-Ing.     1911 

Jacobi,  Heinrich,  Baurat,  Bad  Homburg 
1917 

Jakobi-Borle,  Frau  Sophie    1909 

*Jaquet,  Hermann     1891 

Jäger,  Hermann,  Geh.  Schulrat,  Butz- 
bach    1918 

Jaeger-Manskopf,  Fritz     1897 

Jaffe,  Frau  Emilie     1910 

Jaffe,  Gustav,  Justizrat    1905 

Jaffe,  Theophil,  Geh. San.-Rat  Dr.  1905 

Jensen,  Heinrich,  Apotheker     1910 

Illig,  Hans,  Direktor    1906 

Jonas,  Job.  Ad.     1915 

Jordan-de  Rouville,  Frau  L.  M.     1903 

Joseph,  Ludwig,  Dr.  jur.     1910 

Josephthal,  Karl     1908 

Jourdan,  Karl     1910 

Isaac,  S.,  Dr.  med.     1918 

Istel,  Alfred,  Gerichtsassessor    1910 

Istel,  Frau  Charlotte,  Paris     1908 

Jucho,  Fritz,  Dr.  jur.     1910 

Jung,  Frau  Emilie    1907 

Jung,  R.,  Prof.  Dr.  phil.     1910 

Jungmann.  Wilhelm     1912 

Junior,  Karl    1903 

Jureit,  J.  C,  Kom.-Rat    1892 

Jureit,  Willi     1910 

Kahler,  August,  Hanau     1912 

Kahler,  Johannes     1913 

Kahn,  Frau  Emilie     1906 

Kahn,  Robert,  Dr.  phil.,  Bern     1910 

Kahn,  Rudolf    1910 

Kahn,  Walter    1918 

Kahn-Freund,  Richard     1910 

Kalb,  Leonhard     1917 

Kalberlah,  Fritz,  Dr.  med.     1907 

*Kallmorgen,  Wilh.,  San.-Rat  Dr.  1897 


24     — 


Käßbacher,  Max    1909 

Katzenellenbogen,  A.,  Justizr.  Dr.  1905 

Katzenstein,  Edgar     1906 

Kaufmann,  Gustav     1910 

Kaufmann,  Saly     1917 

Kayser,  Heinrich,  San.-Rat  Dr.     1908 

Kayser,  Hermann,  Direktor     1913 

Kayser,  Karl     1906 

Kaysser,  Frau  Georgine     1909 

Kaysser,  Heinrich  •  1911 

Kaysser,  Frl.  Maria     1914 

Keiler,  Otto     1885 

Kellner.  Frl.  Marie     1910 

Kellner-Minoprio,   Frau   Carry      1913 

Kemmerzell,  Alfred     1913 

Kerteß,  A.,  Mainkur     1918 

Kesselheim,  Julius.  Direktor     1917 

Kessler,  Hugo     1906 

Keyl,  Friedrich,  Dr.  phil.     1912 

Kickerraann,  A.,  Oberingenieur    1917 

Kilb,  Jean,  Skobeleff    1909 

Kindervatter,  Gottfried     1906 

Kirchberg,  Paul,  Dr.  med.     1912 

Kirchheim,  Frau  Henriette     1878 

Kissner,  Heinrich     1904 

Klein,  \V.  A.     1910 

Kleinkurt,  Hermann     1918 

Kleinschmidt,  Emil     1912 

Kleinschmidt,  Gottfried     1917 

Kleinschnitz,  Franz     1909 

Kleyer,  Heinr.,  Kom.-Rat  Dr.  ing.  h.  c. 

1908 
Kliewer,  Joh.,  Gewerberat     1907 
Klimsch,  Eugen     1906 
Klingebeil,  A.     1917 
Klingelhöffer,  W.,  Dr.  med.,  Offenburg 

1918 
Klinghardt,  Franz,  Dr.     1908 
Klotz,  Karl  Eberhard     1891 
Knabenschuh,  Paul     1913 
Knauer,  Gebrüder     1906 
♦Knoblauch,  A.,  Geh.  Med.-Rat   Prof. 

Dr.     1891 
Knoblauch,  Alex,  stud.  agr.     1917 
Knoblauch,  Frau  Johanna     1908 
Knoblauch,  Paul,  Dr.  med.     1905 
Kober,  Friedrich     1914 
Koch,  Louis     1908 


1908 


1918 


Koch,  Ludwig,  Offenbach     1913 
Koch,  Richard,  Dr.  med.     1913 
Kohn,  Friedrich,  Direktor     1918 
Kohn,  Julius,  San.-Rat  Dr.     1904 
Kohnstamm,  Frau  Dr.  O..  Königstein 

1907 
*Kolle,  W.,    Geh.  Med.-Rat   Prof.   Di-. 

1917 
Kölle,  Gotthold,  Dr.  phil.  Direkt.    1912 
Kölle,  Karl,  Direktor  Dr.     1905 
König,  Ernst,  Dr.  phil.,  Sindlingen  1908 
König,  Karl,  Geh.  San.-Rat  Dr.     1904 
Königswerther,  Frl.  M.     1914 
Kopp,  Heinrich,  Ingenieur     1917 
Korff,  Gustav  jun.,  Hanau     1912 
Körner,  Erich,  Prof.     1907 
Köster,  E.  W.,  Direktor     1908 
Koßmann,  Heinrieh,  Wiesbaden 
Kowarzik,  Frau  Pauline     1911 
Krämer,  August,  Studienrat  Dr. 
Kraemer,  Friedrich  J.     1914 
Kraemer-Wüst,  Julius     1908 
Kramer,  Robert,  San.-Rat  Dr.     1897 
Kratzenberg,  Adolf,  Ing.     1913 
Kraus,  Paul     1917 
Krebs,  Wilhelm     1918 
Krekel,  E.,  Forstm.,  Hofheim  i.  T.    1904 
Krekels,  Oskar,  San.-Rat  Dr.     1912 
Kretschmer,  F.  G.     1917 
Krogh,  Axel,  Dr.     1917 
Kruck,  Georg     1917 
Küchler,  Eduard     1886 
Küchler,  Fr.  Karl     1900 
Kugler,  Adolf    1882 
Kuhlmann.  Ludwig     1905 
Kühne,  Konrad,  Oberst  a.  D. 
Künkele,  H.     1903 
Kuno,  A.,  Rektor     1917 
Kutz,  Arthur,  Dr.  med.     1904 
Laakmann,  Otto     1913 
Labes.  Philipp,  Justizrat  Dr. 
*Lachmann,B.,  Geh.  San.-Rat  Dr.  1885 
Laibach,  Friedrich,  Dr.  phil.     1911 
Lambinet,  Frau  Justizrat,  Mainz    1913 
Lampe,  Ed.,  Geh.  San.-Rat  Dr.     1897 
Lampe,  Willy     1900 
Landauer,  Max,  Cronberg     1907 
Landsberg,  August     1913 


1910 


1905 


25 


Landsberg,  Heinrich,   Direktor     1913 
Landsberg,  L.,  Dr.  med.     1914 
Langenbach,  Ernst,  Konsul     1912 
Lapp,  Wilhelm,  San.-Rat  Dr.     1904 
V.  Laue,  M.,  Prof.  Dr.,  Würzburg    1915 
Lauer,  Ludwig,  Oberursel     1918 
Lausberg,  Georg     1910 
Lausberg,  Karl  Ferdinand    1912 
Lauterbach,  Ludwig    1903 
Lehmann,  Leo     1903 
Lehranstalt  für  Zollbeamte  d.  Provinz 

Hessen-Nassau,     1907 
Lehrs,  Philipp,  Dr.  phil.,  Dresden  1913 
Leiffmann,  L.,  Bankdirektor     1917 
Leisewitz,  Gilbert     1903 
Leitz,  Ernst,  Optische  Werke,  Wetzlar 

1908 
Lejeune,  Adolf,  Dr.  med.     1900 
Lejeune,  Ernst     1905 
Leser,W.,Oberlandesger.-Rat  Dr.  1907 
Leuchs-Mack,  Frau  Bertha    1905 
Levi,  Ernst,  Amtsgeriehtsrat  Dr.   1912 
Levi-Reis,  Adolf    1907 
*Levy,  Max,  Studienrat  Dr.  phil.    1893 
Levi,  Max    1910 
Lewangowski,  Frl.  Maria     1917 
Leykauff,  Jean     1910 
Liebknecht,  Otto,  Dr.  phil.     1914 
Liebmann,  Jakob,  Justizrat  Dr.    1897 
Liebmann,  Louis,  Dr.  phil.     1888 
Liebrecht,  Arthur,  Dr.  phil.     1910 
Liefmann,  Emil,  Dr.  med.     1912 
Liefmann,  Frau  Marie    1912 
*Liesegang,  Raphael  Ed.,  Dr.  phil.  h.  c. 

1910 
Ließ,  Frl.  Martha,  Höchst     1917 
Lilienfeld,  Sidney,  Dr.  med.     1907 
Lindheimer,  Albert  L.     1917 
Lindheimer,  L.,  Justizrat  Dr.     1905 
Lindheimer-Stiebel,  W.,  Amtsrat, 

Schwalbach     1911 
Lindley,  Max     1904 
Lindner,  Bernhard     1910 
Lingemann,  Staatsanwalt     1918 
Linke,  Franz,  Prof.  Dr.  phil.     1909 
Lipstein,  Alfred,  Dr.  med.     1908 
Lismann,  Karl,  Dr.  phil.     1902 
Loeb,  Adam,  Dr.  med.     1913 


Loeb,  C.  M.,  Neuyork     1913 
Loeb,  J.,  Neuyork     1913 
Loeser,  Rudolf,  Dr.,  Dillingen     1912 
Loewenthal,  R.,  Dr.  phil.     1913 
Lorentz,  Guido,  Dr.  phil.,  Höchst     1907 
Lorentz,  Richard,  Prof.  Dr.  phil.     1910 
*Loretz,  Wilh.,  Geh.  San.-Rat  Dr.    1877 
Lossen,  Kurt  Dr.  med.     1910 
*Lotichius,  Alfred,  Dr.  jur.     1908 
Lotichius,  August     1911 
Lotichius,  Otto     1911 
Low,  Siegfried    1908 
Low  Beer,  Frau  Hedwig     1912 
*Löw  Beer,  Oskar,  Dr.  phil.     1910 
Löwe,  Hermann     1908 
Löwenstein,  Simon    1907 
zu  Löwenstein-Wertheim-Freuden- 
berg, Prinz  Alfred,  Durchlaucht  1918 
zu  Löwenstein  -Wertheim  -  Rosenberg, 
Prinz  Johannes,  Durchlaucht,  Schloß 
Fischhorn  bei  Brück     1907 
Löwenthal,  Paul  H.,  Konsul     1917 
Lucius,  Frau  Maximiliane     1909 
Ludloff,  K.,  Prof.  Dr.     1915 
Ludowici,  August     1916 
Ludwig,  Wilhelm     1911 
Lüscher,  Karl     1905 
Lust,  Heinrich  Friedrich     1905 
Lutz,  Georg    1912 
Lyzeum,  Stadt.,  Höchst    1912 
Mack,  Frau  Helene     1911 
Maier,  Frau  Cecilie     1910 
Maier,  Herm.  Heinr.,  Direktor     1900 
Majer,  Alexander     1889 
Majer,  Hermann     1910 
Manskopf,  Nicolas     1903 
Marburg,  Gustav     1911 
Marten,  Justizrat  Dr.,  Lemgo     1918 
Marum,  Arthur,  Dr.  med.     1910 
Marx,  Alfred,  V.,  Dr.  med.     1912 
Marx,  Eduard,  Stadtrat     1907 
Marx,  Frau  E.     1917 
*Marx,  Ernst,  Prof.  Dr.  med.     1900 
Marx,  Karl,  San.-Rat  Dr.     1897 
V.  Marx,  Heinrich,  Falkenhof    1908 
V.  Marx,  Frau  Mathilde     1897 
Mastbaum,  Josef,  Hofheim  i.  T.    1911 
Mastbaum,  Rudolf  Raphael     1917 


26 


Maurer,  Karl     1917 

May,  Adam     1908 

May,  Franz  L.,  Dr.  phil.     1891 

May,  Martin     1866 

May  jun.,  Martin     1908 

May-Geisow,  Heinrich     1913 

May-Jacquet,  Rob.,  Mammolshain  1891 

Mayer,  Frl.  J.,  Bonn     1897 

Mayer,  Julius     1912 

Mayer,  Martin,  Justizrat  Dr.     1908 

Mayer,  W.  Erwin,  Dr.     1913 

V.  Mayer,Freih.  A.,Geli.Kom.-Rat  1903 

V.  Mayer,  Eduard     1891 

V.  Mayer,  Freiherr  Hugo     1897 

Mayer-Alapin,  Siegfried    1913 

Mayer-Dinkel,  Leonhard    1906 

Mayer-Ehrhardt,  Faul,  Dr.  jur.     1913 

Mayerfeld,  Anton     1910 

V.  Meister,  Herbert,  Dr.  phil.     1900 

Meixner,  Fritz     1911 

Melber,  Friedrieh,  Konsul     1903 

*Melber,  Walter    1901 

Melber,  Walter  W.,  Dr.  phil.     1917 

Merton,  Alfred,  Direktor    1905 

*Merton,H.,  Dr.  phil,  Heidelberg  1901 

Merz,  Reinhold,  Dr.,  Oberursel     1913 

Merz  &  Co.,  Chem.-Fabrik     1917 

Merzbach,  Fritz     1911 

Merzbach,  H.  Felix     1911 

Merzbach,  Wilhelm,  Offenbach     1913 

*v.  Mettenheim,  H..  Prof.  Dr.  med.  1898 

Mettenheimer,  B.,  Dr.  jur.,  Königstein 

1902 
Mettenheimer,  Theodor    1911 
Metzger,  L.,  Dr.  med.     1901 
Metzger,  Frau  Ida     1914 
V.  Metzler,  Hugo     1892 
Meyer,  Franz     1911 
Meyer.  Karl,  Dr.,  Höchst     1912 
Meyer,  Max,  Dr.  med.,  Köppem    1914 
Meyer,?.,  Ober-Reg.-Rat  Dr.  jur.  1903 
Meyer,  Richard,  Dr.  jur.     1909 
*v.  Meyer,  Edward,  San.-Rat  Dr.    1893 
Michel,  Rudolf,  Direktor  Dr.  phil.   1913 
*Möbius,M.,Geh.Reg.-Rat  Prof. Dr.  1894 
v.Moellendorff,  Frau  Betty,  Buchschlag 

1912 
Moessinger,  W.     1891 


Montanus,  Georg    1913 

Morian,  Fr.,  Verleger,  Darmstadt   1914 

Mouson,  August     1909 

Müller,  Adolf    1907 

Müller,  Frau  Anna     1909 

*Müller,  Karl,  Berginspektor    1903 

Müller,  Max,  Fabrikdirektor     1909 

Müller,  0.  Viktor,  Dr.  med.     1907 

Müller,  Paul     1878 

Müller-Beek,  George,  Gen.-Kons.  1912 

Müller-May,  Frl.,  Geschwister     1915 

Müller  Sohn,  A.     1891 

Mumm  v.Schwarzenstein,Frau  A.  1913 

Mumm  v.Schwarzenstein,  A.     1869 

Mumm  v.Schwarzenstein,  Fr.     1905 

Nassauer,  Frau  Paula     1909 

Nassauer,  Siegfried    1910 

Nathan,  S.     1891 

Naumanns  Druckerei,  C.     1913 

*Naumann,  Edmund,  Dr.  phil.     1900 

Nebel,  August,  San.-Rat  Dr.     1896 

Nebel,  Karl,  Prof.     1910 

Neisser,  Frau  Emma    1901 

*Neisser,  Max,  Geh.  Med. -Rat  Prof.  Dr 

1900 
Nestle,  Hermann     1900 
Netzel,  H.  L.    1910 
Netzer,  Michael     1917 
Neuberger,  Julius,  San.-Rat  Dr.     1903 
Neuberger,  Walter,  Dr.  phil.     1918 
Neubronner,  J.,  Dr.  phil.,  Cronberg  1907 
Neubürger,  Fritz.  Dr.  phil.     1914 
de  Neufville,  Eduard     1900 
*de  Neufville,  Robert,  Kom.-Rat    1891 
de  Neufville,  Rud.,  Stadtrat  Dr.     1900 
V.  Neufville,  Adolf    1896 
V.  Neufville,  G.  Adolf    1896 
V.  Neufville,  Kurt     1905 
Neukirch,  Carl,  Dr.  jur.     1913 
Neumann,  Adolf    1913 
Neumann,  Bernhard     1917 
Neumann,   Paul,  Justizrat   Dr.     1905 
Neumann,  Th.,  Prof.  Dr.  phil.     1906 
Neumeier,  Sigmund    1913 
Neumond,  Adolf    1913 
Neustadt,  Adolf     1903 
Niederhofheim,  Heinr.  A.,  Direkt.   1891 
Niederhofheim,  R.,  Dr.     1913 


Nies,  L.  W.     1904 

Noll,  Johannes     1910 

v.Noorden,  K.,  Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr. 

1917 
Obernzenner,  Julius     1905 
Ochs,  Richard,  Direktor     1905 
Odendall,  L.,  Dr.  phil.     1912 
Oehler.  Eduard    1918 
Oehler,  Rudolf,  San. -Rat  Dr.  1900 
Oehmichen,  Hans,  Dipl.-Berg-Ing.  1906 
Oelsner,  Hermann,  Justizrat  Dr.    1906 
0hl,  Philipp     1906 

Oppenheim,  Eduard,  Bankdirekt.  1905 
Oppenheim,  Gustav,  Dr.  med.     1910 
Oppenheim,  Moritz     1887 
Oppenheim,  Paul,  Dr.  phil.     1907 
Oppenheimer,  Eugen,  Dr.     1917 
Oppenheimer,  Frau  L,,  Offenbach  1909 
Oppenheimer,  Max,  Dr.  phil.     1911 
Oppenheimer,  Maximilian     1912 
Oppenheimer,  0.,  San.-Rat  Dr.     1892 
Oppenheimer,  Oskar  F.     1905 
Oppenheimer,  S.,  Dr.  med.     1910 
Oppermann,  E.,  Dr.  phil..  Höchst   1907 
d'Orville,  Eduard     1905 
Osterrieth-du  Fay,  Robert    1897 
Ostreich.  Frau  Anna,  Utrecht     1901 
Oswald,  H.,  Geh.  Justizrat  Dr.     1873 
Otto,  Alexander    1918 
Pabst,  Gotthard     1904 
Pachten,  Ferd.,  Justizrat  Dr.     1900 
Paehler,  Franz,  Direktor  Dr.  phil.  1906 
V.  Panhuys,  Henry,  Generalkonsul  1907 
Panzer,  F.,  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  1912 
Paradies,  Frau  A.     1916 
Pariser,  Frl.  Käte     1916 
Passavant,  Rudy     1905 
V.  "Passavant,  G.  Herm.,  Konsul     1903 
V.  Passavant-Gontard,  R.,  Geh.  Kom- 

merzienrat     1891 
Pauli,  Heinrich,  Dr.  phil.     1914 
Peipers,  August     1905 
Peters,  Gustav,  Dr.     1918 
Peters,  Hans     1904 
Petersen,  Ernst,  San.-Rat  Dr.     1903 
Petrbok,  Jar.,  Kojetitz  (Böhmen)   1918 
Petsch-Manskopf.  Eduard  1912 
Pfaff,  Frau  Maria     1906 


Pfeiffer,  Riehard,  Dr.  med.     1912 
Pfeiffer,  Willy,  Dr.  med.     1917 
Philantropin,  Realschule  und  höhere 

Mädchenschule     1912 
Philippe,  Ernst     1914 
Philippi,  Frl.  Helene     1912 
Picard,  Lucien     1905 
Pinner,  Oskar,  Geh.  San.-Rat  Dr.  1903 
Pixis,  Rudolf,  Prof.  Dr.,  Schweinfurt 

1917 
Plieninger,  Th.,Gen.-Direktor  Dr.  1897 
Pohlmann,  Frau  Emmy     1913 
Polacowits,  Frau  Minna     1918 
Ponfick,  Wilhelm,  Dr.  med.     1905 
Popp,  Georg,  Dr.  phil.     1891 
Poppelbaum,  Hartwig    1905 
Posen,  Eduard,  Dr.  phil.     1905 
Posen,  Sidney     1898 
*Priemel,  Kurt,  Dr.,  Direktor  des  Zoo- 
logischen Gartens     1907 
Prior,  Karl     1918 
*Prior,  Paul,  Dipl.-Ing.     1902 
Proctor,  Charles,  Direktor     1913 
Prösler,  Frau  Julie    1914 
Pustau,  W.,  Reg.-  u.  Baurat    1913 
*Quincke,  H.,  Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr. 

1908 
Quincke,  H.,  Senatspräsident     1903 
Raecke,  Frau  Emmy    1907 
Ransohoff,  Moritz,  San.-Rat  Dr.     1907 
Rapp,  Gustav    1913 
Rasor,  August    1910 
Rath,  Julius,  Dr.,  Offenbach     1911 
Ratzel,  August,  Prof.     1912 
Rau,  Henri,  Konsul,  Mexiko     1910 
Rauch,  Fritz,  San.-Rat  Dr.  med.     1910 
Rauschenberger,  W.,  Direktor  Dr.  1913 
Ravenstein,  Simon     1873 
Regensburger,  Eugen    1913 
Rehn,  L.,  Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.    1893 
Reichard,  A.,  Dr.  phil.,  Hamburg    1901 
Reichenbach,  Frau  Jenny     1914 
Reichenberger,    Frau   Else,   Neuyork 

1912 
Reil,  Frl.  Frigga     1915 
Rein,  Frl.  Ella    1908 
v.  Reinach,  Frau  Antonie     1905 
Reinemann,  Paul     1910 


28 


Reinert,  Frau  Martlui    1909 

Reis,  Ernst     1910 

Reiß,  A..  Dr.  jiir.     1906 

Reiß,  Ed.,  Prof.  Dr.  med.,Tübingen   1903 

Reiß,  Emil,  Dr.  med.     1907 

Reiß,  Frl.  Sophie    1907 

Rennau,  Otto     1901 

Reutlinger,  Jakob     1891 

Reymann,  Georg,  Dr.  med.     1913 

Rhein.  Naturf.  Gesellschaft,  Mainz  1912 

Rheinstein,  Richard,  Dr.  jur.     1913 

Richter, Ernst,  Oberapotheker  Dr.  1910 

Richter,  Johannes     1898 

♦Richter,  Rudolf,  Dr.  phil.     1908 

Richters,  Carl,  Dr.  phil.     1914 

Rieleling,  C,  Apotheker     1917 

Riese,  Frau  Karl     1897 

Riese,  Otto,  Geh.  Baurat  Dr.     1900 

Riesser,  Eduard    1891 

Riesser,  Otto,  Dr.  phil.  et  med.     1917 

Ritsert,  Eduard,  Dr.  phil.     1897 

Ritter,  Wilhelm     1910 

Ritz,  Hans,  Dr.  med.     1913 

Roebig,  Wilhelm,  Bad  Homburg  1918 

Roediger,  Frl.  Anna     1908 

Roediger,  Paul,  Justizrat  Dr.     1891 

Rohmer,  Frau  Helene     1914 

Rolfes,  Frau  Julie     1908 

Römer,  Frau  Prof,  Dr.,  Hanau     1912 

Römheld,  Frau  Resi     1912 

Ronnefeldt,  Adolf    1905 

Ronnefeldt,  Friedrich  1905 

Roos,  Heinrich     1899 

Roos,  M.,  Neuyork     1913 

Roques-Mettenheimer,  E.  Konsul  1897 

Rösel,  R  ,  Fabrikdirektor  Dr.  phil.  1910 

Rosenbaum,  E.,  Geh.  San.-Rat  Dr.  1891 

Rosenbaum,  Emil,  Sanitätsrat  Dr.  1910 

Rosenbusch,  Eduard     1907 

Rosengart,  Job.,  San.-Rat  Dr.     1899 

Rosenhaupt.  Heinrich,  Dr.  med.    1907 

Rosenlecher,  J.,  Dr.,  Höchst     1!>17 

Rosenthal,  Alfred     191.". 

Rosenthal,  Frau  Anna     1913 

Rosenthal,  Max     1910 

Rosenthal,  Paul     1910 

Rosenthal,  R.,  Justizrat  Dr.     1897 

Rößler,  Frl.  Charlotte     1907 


Rößler,  Friedrich,  Dr.  phil.     1900 
Rößler,  Heinrich,  Prof.  Dr.  phil.     1884 
Rößler,  Hektor,  Dr.  jur.     1910 
Roth,  Karl,  Geh.  Med.-Rat  Dr.     1903 
Roth,  Ludwig,  Dr.,  Buchschlag     1917 
Rothbarth,  Philipp,  Dr.  jur.     1915 
Rother.  August     1903 
Rothschild,  D.,  Dr.  med.     1904 
Rothschild,  Henry     1918 
Rothschild,  Otto,  Dr.  med.     1904 
V.  Rothschild,   Freifr.  Mathilde     1912 
Rover,  August     1909 
Rover,  Fritz     1917 
Rückrich,  Fritz     1913 
Rühle,  Karl,  Rektor     1908 
Ruland,  Karl,  Offenbach     1908 
RuHmann,  Theodor    1912 
Rumpf,  Georg,  Dr.  phil.     1913 
Rumpf,  Gustav  Andreas,  Dr.  phil., 

Auerbach  i.  H.     1905 
*Ruppel,  Sigwart,  Prof.     1908 
Ruppel,  W.,  Prof.  Dr.,  Höchst     1903 
Säbel,  Frl.  E.,  Oberlehrerin     1915 
Sabersky,  Ernst,  Fabrikdirektor     1914 
Sachs,  Hans,  Prof.  Dr.  med.     1903 
Sachs,  J.  S.,  Dr.  phil.    1913 
Sachs-Hellmann,  Moritz     1909 
*Sack,  Pius,  Prof.  Dr.  phil.     1901 
Sahlender,  Peter,  Direktor    1917 
Salin,  Alfred    1913 
Salomon,  Beruh.,  Prof.  Generaldir.  1900 
Salomon,  Kurt     1918 
V.  Salomon,  F.,  Krim.-Pol.-Insp.     1913 
Salvendi,  Frau  Leni     1911 
von  Sande,  Karl,  Oberursel     1910 
Sander,  Arnold,  Dr.  phil.     1913 
Sandhagen,  Frau  Marie     1911 
*Sattler,  Wilh.,  Stadt-Bau-Insp.     1892 
Sauerwein,  H.,  Gartenarchitekt     1913 
Schaedel,  Albert,  Dr.  phil.     1917 
Schaeffer,  Gustav,  Windhuk     1914 
Schaeffer,  Walter,  Dr.  Stabsapotheker 

1918 
*Schaeffer-Stuckert,   Fritz,   Prof.   Dr. 

1892 
Schaffnit,  K.,  Dr.  phil.     1903 
Schanzenbach  &  Co.,  G.  m.  b.  H.     1913 
Scharff,  Frau  Carrie     1917 


29 


1900 
1881 
1904 
1910 


1910 


1905 
1916 


Scharff,  Charles  A.     1897 
Scharff,  Friedrich     1912 
Scharff,  Julius,  Bankdirektor 
*Schauf,  Wilh.,  Prof.  Dr.  phil. 
Schaumann,  Gustav,  Stadtrat 
Schaffen,  Hermann,  Dr.  med. 
Scheib,  Adolf    1905 
Schellens,  Walter,  Dr.     1912 
Scheller,  Karl    1897 
Schenck,  Rudolf,  Dr.  phil. 
Sehepeler,  Hermann,     1891 
Schepeler,  Remi     1909 
Scherlenzky,  Karl  August 
Schermuly,  Ph.,  Ober-Ing. 
Schernitz',  H.     1912 
Schey  von  Koromla,  Frhr.  Philipp  1910 
Schiechel,  Max,  Dipl.-Ing.     1909 
Schiefer,  Karl    1912 
Schiele,  Frl.  Anna    1910 
Schiele,  Frl.  Anna    1913 
Schiele,  Ludwig,  Direktor     1910 
Schiermann-Steinbrenk,  Fritz     1903 
Schiff,  Philipp    1910 
Schild,  Frau  Anna    1916 
Schilling,  Eugen     1918 
Schlesinger,  Hugo     1910 
Schlesinger,  Julius     1917 
Schlesinger,  Simon  F.     1912 
Schlesinger,  Theodor   Heinrich     1907 
Schleußner,  Friedr.,  Direktor    1900 
Schleußner,  Karl,  Dr.  phil.     1898 
Schlieper,  Gustav,  Direktor  Berlin,  1910 
Schloßmacher  jun.,  Karl,  Dr.     1906 
Schloßstein,  H.,  Amtsgerichtsrat    1913 
Schlund,  Georg    1891 
Sehmick,    Rudolf,    Geh.    Oberbaurat, 

München     1900 
Schmidt,  Albrecht,  Professor    1912 
Schmidt,  Frau  Anna     1904 
Schmidt,  J.  J.,  Geh.  San.-Rat  Dr^  1907 
Schmidt,  W.,   Dr.,  Fechenheim  *  1911 
Schmidt-Diehler,  Frau  Elisabeth  1918 
Schmidt-Günther,  G.  H.     1910 
Schmidt-Knatz,  Fr.,  Dr.  jur.     1913 
Schmidt-de  Neufville,  Willy,  Dr.  med. 

1907 
Schmidt-Polex,  Anton     1897 
Schmidt-Polex,  K.,  Justizrat  Dr.    1897 


Schmidt-Scharff,  Wolfgang,  Justizrat 

Dr.     1918 
Schmidtgen,  Otto,  Dr.,  Mainz     1912 
Schmitt,  Wilhelm     1910 
*Schnaudigel,  Otto,  Prof.  Dr.  med.   1900 
Schnee,  A.,  Dr.  med.     1917 
Schneider,  Gustav  M.     1906 
Scholderer,  Adolf,  Direktor     1917 
Scholl,  Franz,  Dr.  phil.,  Höchst    1908 
Scholz,  Bernhard,  Dr.  med.     1904 
Schöndube,  Hermann     1912 
Schoenflies,  A.,  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr. 

1917 
Schopflocher,  Fritz     1913 
Schott,  Frau  Emma    1897 
Schott,  Frl.  Johanna    1912 
Schott,  Theod.,  Prof.  Dr.  med.     1903 
Schrader,  Hans,  Prof.  Dr.     1918 
Schramm,  Karl,  Dr.,  Mainkur     1913 
Schreiber,  Chr.,  Ober-Telegr.- Direkt. 

1912 
Schreiber,  Gustav,  Dipl.-Ing.,   Gries- 
heim    1918 
Schrepfer,  Frl.  Margarete     1918 
Schrey,  Max    1905 
Schubert,  Bruno  1917 
Schuenemann,  Theodor    1908 
Schüler,  Max     1908 
Schultze,  Herrn.,  Dr.,  Griesheim    1912 
Schnitze,  Otto,  Prof.  Dr.  med.  et  phil. 

1913 
Schulze-Hein,  Frau  Dr.  Ida    1891 
Schumacher,  Peter,  Dr.  phil.     1905 
Schürenberg,  Gustav,  Dr.  med.     1910 
Schuster,  Paul,  Dr.  med.     1908 
Schuster-Rabl,  F.  W.     1905 
Schwarte,  Karl,  Fabrikant    1909 
Schwartze,  Erich,  Prof.  Dr.  phil.    1907 
Schwarz,  Arthur     1917 
Schwarz,  Ernst,  Dr.  phil.     1908 
Schwarz,  Frau  Ernestine     1907 
Schw^arz,  Georg,  Direktor     1910 
Schwarzschild,  Ferd.,  Dr.  jur.     1913 
Schwarzschild-Ochs,  David    1891 
Schweizer,  Ludwig    1914 
Schwenkenbecher.  A..  Prof.  Dr.  med. 

1910 
Schwinn,  Georg    1910 
Scriba,  Eugen,  San.-Rat  Dr.     1897 


30 


Scriba,  L.,  Höchst.   1890 
Seckel,  Heinrich     1910 
Seckel,  Hugo,  Dr.jur.     1909 
Seckel,  Frau  Marie     1916 
Seeger,  Willy    1904 
Seidler,  August,  Hanau     1906 
*Seitz,  A.,  Prof.  Dr.,  Darmstadt     1893 
Seitz,  Heinrich     1905 
Seligman,  M.,  Amtsger.-Rat  Dr.    1905 
Seligmann,  Rudolf    1908 
Seligmann,  Siegfried    1914 
Sendler,  Frau  Dr.  Luise     1909 
Seuffert,  Theod.,  San.-Rat  Dr.     1900 
Sexauer,  Otto     1910 
*Siebert,  A.,  Landesökonomie-Rat  1897 
Siebrecht,  Hch.,  Bankdirektor    1910 
Siegel,  Ernst,  Dr.  med.     1900 
Sieger,  Fr.,  Justizrat  Dr.     1913 
Siesmayer,Ph.,Gartenbaudirektor  1897 
Simon,  Aug.  Th.,  Kirn  a.  N.     1917 
Simon,  Emil     1910 
Simon,  Friedr.,  Prof.  Dr.  phil.     1908 
Simon,  Fritz,  Landrichter  Dr.     1917 
Simon,  Kurt,  Dr.  jur.     1913 
Simon,  W.,  Prof.  Dr.     1917 
Simon-Wolfskehl,  Frau  A.     1910 
Simonis,  Eduard,  Konsul     1907 
Simrock,  Karl,  Dr.  med.     1907 
Singer,  Fritz,  Dr.  phil.,  Offenbach  1908 
Sioli,  Emil,Geh.  Med.-Rat  Prof.Dr.  1893 
Sippel,  A.,  Geh.  San.-Rat  Prof.  Dr.  1896 
Sittig,  Edmund,  Prof.     1900 
Soder,Friedrich,Reg.-Baumeister,Nied 

1918 
Solm,  Richard,  San.-Rat  Dr.     1903 
Sommer,  Julius,  Direktor     1906 
Sommer,  Theodor     1918 
Sommerlad,  Friedrich     1904 
Sondheim,  Moriz     1897 
Sondheimer,  Albert,  Dr.  phil.     1913 
Sondheimer,  Frau  Emma    1910 
Sondheimer,  Rieh.  N.     1912 
Sonnemann,  Wilhelm     1910 
Sonntag,  Frau  Emilie     1911 
Specketer.  H.,  Dr.,  Griesheim     1917 
Spieß,  G.,  Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.   1897 
Spieß,  Frau  Klothilde     1910 
Spieß,  Otto    1912 


Stadler,  H.,  Dr.,  Lohr     1917 
Stamm,  Frau  Hedwig     1913 
Stavenhagen,  Julius     1909 
*Steche,Otto,Prof.Dr.med.etphil.  1915 
V.  Steiger,  Alexander    1915 
V.  Steiger,  Baron  Louis     1905 
V.  Steiger,  Frau  Baronin     1912 
V.  Stein,  Frau  Baronin  Adelheid, 

Pröbstin     1916 
Steinbrenck,  Adolf,  Dr.  phil.     1913 
Steinthal,  J.  M.,  Dr.  jur.     1913 
Stelz,  Ludwig,  Prof.     1914 
Stempel,  David     1917 
Stern,  Adolf    1906 
Stern,  Frau  Johanna     1901 
Stern,  Mayer     1905 
Stern,  Otto     1914 
*Stern,  Paul,  Dr.  jur.     1905 
Stern,  Richard,  San.-Rat  Dr.     1893 
Stern,  Frl.  Therese     1918 
Stern,  Willy     1901 
Stern-Roth,  Karl,  Offenbach     1913 
Sternberg,  Frau  Toni     1905 
Sternfeld,  T.,  Neuyork  •  1913 
Stettheimer,  Eugen     1906 
Stiebel,  Gustav,  Dr.  med.     1912 
Stiebel,  Karl  Friedrich     1903 
Stilling,  Erwin,  Dr.  med.     1913 
Stock,  Friedrich     1913 
Strasburger,  J.,  Prof.  Dr.  med.     1913 
Strauß,  A.,  Zahnarzt     1917 
Strauß,  Eduard,  Dr.  phil.     1906 
Strauß,  Ernst     1898 
Strauß,  Friedrich,  Frau  Dr.     1917 
Strauß,  Jul.  Jakob     1910 
Strauß,  Leo,  Bad  Homburg     1918 
Strauß,  Max     1917 
Strauß,  Saly  M.     1914 
Strauß,  Zadok,  San.-Rat  Dr.     1913 
Strauß-Ellinger,  Frau  Emma     1908 
Strauü-Hochschild,  Frau  M.     1910 
Stroeger,  Frau  Emilie     1913 
Stroh,  Louis     1913 
Stroof,  Ignaz,  Dr.  ing.  h.  c.     1903 
Strotkötter,  Paul  J.  F.,  Oberapotheker 

1918 
Strubell,  Bruno     1917 
V.  Studnitz,  Generalmajor     1917 


31 


Sulzbach,  Emil     1878 
Sulzbach,  Karl,  Dr.jur.     1891 
Sussmann,  O.,  Dr.,  Neuyork    1913 
Szamatölski,  Dagobert,  Hofrat     1905 
Szamatölski,  Richard    1913 
*Teichmann,  Ernst,  Dr.  phil.     1903 
Tellus,  Aktiengesellschaft    für  Berg- 
bau und  Hüttenindustrie     1907 
Teves,  Alfred    1917 
Textor,  Karl  W.     1908 
Theis,  C.  Fr.,  Dr.,  Höchst    1910 
Theobald,  Frau  Anna    1917 
Theobald,  Jakob,     1910 
Tiedemann,  Heinrich     1917 
Thierry,  Alexander     1914 
Thoma,  Phil.     1893 
Thoms,  Heinrich,  Dr.  Kreistierarzt  1904 
Tillmans,  J.,  Prof.  Dr.     1915 
Traugott,  M.,  Dr.  med.     1916 
Trautmann,    K.,    Regier.-Baumeister, 

Kigoma     1914 
Trebst,  Paul     1913 
Trefousse,  Louis     1917 
Treupel,  Gustav,  Prof.  Dr.  med.     1903 
Trier,  Frau  Berta    1908 
Trier,  Franz,  Rittmeister     1911 
Trier,  Julius     1908 
Trommsdorf,  Wilhelm     1912 
Turk,  Frl.  Berta     1909 
Ueberfeld,  Jac.  Ivon     1912 
Uhlfelder,  H.,  Magistratsbaurat    1913 
Ulimann,  A.,  Frau  Direktor    1917 
Ullmann,  Karl,  Dr.  phil.     1906 
Ullmann,  Max     1918 
Uth,  Franz,  Justizrat,  Dr.,  Hanau  1907 
Velde,  August,  Prof.  Dr.     1908 
Velde,  Frl.  Julie,  Oberlehrerin      1902 
Versluys,  J.,  Prof.,  Dr.,  Gießen    1910 
Vogelsang,  Max,  Direktor     1913 
Vogler,  Karl,  Prof.  Dr.  phil.     1903 
Vogler,  Frau  K.     1912 
*Vohsen,  Karl,  San.-Rat  Dr.     1886 
Voigt,  A.,  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  1918 
Voigt,  Alfred,  Direktor     1911 
Voigt,  Georg,  Oberbürgermeister    1913 
Voigt,  Max,  Dr.  med.     1918 
Voigt,  W.,  Prof.  Dr.  phil,  Bonn     1908 
Vossen,  Fritz     1909 


Voß,  Otto,  Prof.  Dr.  med.     1907 
*Wachsmuth,  R.,  Geh.  Reg.-Rat  Prof. 

Dr.     1907 
Wagner,  Gottfried    1905 
Wagner,Richard,  Landgerichtsrat  1912 
*Wahl,  Gustav,  Prof.  Dr.  phil.,   Ham- 
burg   1906 
Walcker,  Frl.  Elisabeth     1912 
Waldeck,  Siegfried    1911 
Walthard,  Max,  Prof.  Dr.  med.     1908 
Warmbrunn,  D.,  Dr.     1917 
V.  Wartensleben,  Frau  Gräfin  Gabriele, 

Dr.  phil.     1902 
Wasserzug,  Detmar,  Dr.     1910 
Watts,  Frau  N.,  London     1914 
Weber,  Bernhard     1911 
Weber,  Eduard,  Direktor    1907 
Weber,  Heinrich,  San.-Rat  Dr..    1897 
Weber,  0.  H.,  Dr.,  Griesheim     1910 
Weber-Schalck,  Frau  Thea     1910 
Weidlich,  Richard,  Dr.jur.  et  rer.  nat.. 

Höchst     1913 
Weidmann,  Hans,  Direktor     1905 
Weigel,  Martin     1913 
Weil,  Herma:nn     1917 
'  Weill,  David    1910 
Weill,  N.  E„  Dr.     1918 
Weiller,  Emil     1906 
Weiller,  Lionell     1905 
*v.  Weinberg,  A.,  Geh.  Regierungsrat 

Dr.  phil.     1897 
V.  Weinberg,  Karl,  Gen.-Konsul     1897 
Weinrich,  Philipp     1908 
Weinschenk,  Alfred    1903 
Weinsperger,  Friedrich     1906 
Weintraud,  W.,  Prof.  Dr.  med.,  Wies- 
baden    1909 
:    Weis,  Julius,  Montigny     1897 
i   Weisbrod,  Aug.,  Druckerei     1891 

Weismüller,  Franz     1913 
!  Weiss,  Oskar     1913 
Weller,  Albert,  Direktor  Dr.  phil.  1891 
Wendt,  Bruno,  Dr.jur.     1909 
Wense,  Wilhelm,  Dr.,  Griesheim  1911 
Wenz,  Wilhelm,  Dr.  phil.     1913 
Wernecke,  Paul,  Baurat     1908 
Werner,  Felix     1902 
I   Werner,G.,Med.-Rat,KreisarztDr.  1913 


—     32 

Werner,  Julius     1914 
Wertheim,  Julius  1909 
Wertheim,  Karl,  Justizrat     1904 
Wertheim,  Max     1907 
Wertheimber,  Julius     1891 
Wertheimber-de  Bary,  Ernst     1897 
Wertheimer,  Josef    1915 
Wertheimer,  Otto,  Dr.  phil.     1905 
Wetterhahn,  Frl.  Geschwister    1913 
Wey  dt-Varrentrapp,  Ph.,  Direktor  1913 
Whittaker,  Frl.  Josephine     1918 
Wiederhold,  K.,  Dr.  phil.,  Mainkur  1904 
Wiegert,  W.,  Dr.  med.  vet.     1910 
Wiesengrund,  Oskar  A.     1918 
*v.  Wild,  Rudolf,  San.-Rat  Dr.      1896 
Wilhelmi,  Adolf    1905 
Wilhelmi,  Max     1918 
Wilhelmi-Winkel,  Gustav    1907 
Will,  Fritz     1917 

Willemer,  Karl,  San.-Rat  Dr.    1905  J] 
Winkler,  Hermann,  Generaldirektor, 

Wien     1909 
Winterhalter,  Frau  Dr.  med.  E.  H.,  Hof- 
heim    1903 
Winterwerb,  Rud.,  Justizrat  Dr.  1900 


Wirth,  Richard,  Dr.  phil.     1905 
Witebsky,  Michael,  Dr.  med.     1907 
Witt,  Felix  H.,  Dr.  ing.     1914 
Wohlfarth,  Ernst,  San.-Rat  Dr.     1912 
Wolfensperger,  Th.,  Bankdirektor  1917 
Wolff,  Ferdinand     1913 
Wolff,  K.,  Geh.  San.-Rat  Dr.,  Griesheim 

1910 
Wolff,  Ludwig,  San.-Rat  Dr.     1904 
Wolfskehl,    Ed.,    Regier.- Baumeister, 

Darmstadt     1907 
Wollstätterjun.,  Karl     1907 
Wormser,  S.  H.,  Bankdirektor    1905 
Wronker,  Hermann     1905 
Wucherer,  Karl  A.,  Architekt     1913 
Wunderlich,  Frl.  Luise     1918 
Wüst,  Georg     1908 
Wüst,  Hermann     1908 
Zanger,  Josef    1916 
Zeiß-Bender,  Louis,  Konsul     1907 
Zerban,  Eugen     1908 
Zichner,  Frau  Loli     1918 
Ziegler,  Frau  Johanna    1917 
Ziegler,  Karl     1905 
Ziervogel,  Ewald,  Ober-Ing.     1913 


III.  Außerordentliche  Ehreiimitgliedei 

Ebrard,  Friedrich,  Geh.  Konsistorialrat  Prof.  Dr.     1911 

Hagen,  Bernhard,  Hofrat  Prof.  Dr.  phil.  h.  c.  et  med. 

von  Meister,  Wilhelm,  Wirkl.  Geh.  Ober-Reg.-Rat  Dr. 

*Reichenbach,  Heinrich,  Prof.  Dr.     1915 

*Roediger,  Ernst.  Geh.  Sanitätsrat  Dr.     1917 

Schiff,  Jakob  H.,  New- York    1907 

Schmidt,  Friedrich,  Staatsminister,  Berlin     1917 

von  Trott  zu  Solz,  Oberpräsident  und  Staatsminister 

Ziehen,  Julius,  Stadtrat  Prof.  Dr.     1908 


1911 

Wiesbaden     1917 


Cassel    1917 


IV.  Korrespondierende  Ehrenmitglieder 

Adolf  Friedrich  Herzog  zu  Mecklenburg    1912 

Bütschli,  Otto,  Geh.  Hofrat  Prof.  Dr.,  Heidelberg    1917 

Ferdinand  J,  Zar  der  Bulgaren     1917 

Fresenius,  Heinrich,  Geh.  Reg.-Rat  Dr.,  Wiesbaden     1917 

Gasser,  Emil,  Geh.  Medizinalrat  Prof.  Dr.,  Marburg    1917 

V.  Gwinner,  Arthur,  Berlin     1913 

Schweiidener,  Simon,  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.,  Berlin     1917 


-     33       - 

V.  Korrespondierende  Mitglieder 

Abel,  Othenio,  Prof.  Dr.,  Wien     1917 

Ahlborn,  Fr.,  Prof.  Dr.,  Hamburg     1909 

Albert  L,  Prince  de  Monaco,  Altesse  Serenissime,  Monaco    1904 

Bail,  Karl  Adolf  Emmo  Theodor,  Geh.  Studienrat  Prof.  Dr.,  Danzig     1892 

Barrois,  Charles,  Prof.  Dr.,  Lille     1907 

Beccari,  Eduard,  Prof.  Dr.,  Florenz     1892 

Becker,  Georg,  Direktor,  Wiesbaden     1900 

V.  Bedriaga,  Jacques,  Dr.,  Florenz     1886 

Beyschlag,  Fr.,  Geh.  Bergrat  Prof.  Dr.,  Geol.  Landesanstalt,  Berlin     1902 

Bolau,  Heinrich,  Dr.,  Hamburg     1895 

Boulenger,  G.  A.,  F.  R.  S.,  Brit.  Museum  (N.  H.),  Dep.  of  Zool.,  London     1883 

Brandes,  Gustav,  Prof.  Dr.,    Dresden     1917 

Branca,  Wilhelm,  Geh.  Bergrat  Prof.  Dr.,  Berlin     1917 

Brauns,  Reinhard,  Geh.  Bergrat  Prof.  Dr.,  Bonn     1917 

Breuer,  H.,  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.,  Wiesbaden    1887 

Brigham,  W.  F.,  Bernice  Pauhi  Bishop  Museum,  Honolulu     1910 

Bucking,  H.,  Prof.  Dr.,  Geol.  Landesanstalt,  Straßburg    1896 

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Eulefeld,  A.,  Forstrat,  Lauterbach     1910 

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Geisenheyner,  Ludwig,  Oberlehrer  Dr.,  Kreuznach    1911 
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König,  Alexander  F.,  Geh.  Rat  Prof.  Dr.,  Bonn     1893 

Körner,  Otto,  Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.,  Ohrenklinik  Rostock     1886 

Kossei,  A.,  Geh.  Hofrat  Prof.  Dr.,  Physiol.  Institut,  Heidelberg    1899 

Kossniat,  Franz,  Prof.  Dr.,  Geol.  Institut,  Leipzig     1918 

Kükenthal,  Willy,  Prof.  Dr.,  Zool.  Institut,  Berlin     1895 

Lakowitz,  K.,  Prof.  Dr.,  Danzig     1917 

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Liversidge,  A.,  Prof.  Dr.,  Fieldhaed     1876 

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Lucanus,  C,  San.-Rat  Dr.,  Hanau    1908 

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de  Man,  J.  G.,  Dr.,  lerseke  (Holland)     1902 

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v.  Mehely,  Lajos,  Dr.,  Nationalmuseum,  Budapest     1896 

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Molisch,  Hans,  Prof.  Dr.,  Wien     1917 

Möller,  A.,  Oberforstmeister  Prof.  Dr.,  Forstakademie,  Eberswalde     1896 

Montelius,  G.  O.A.,  Prof.  Dr.,  Statens  Hist.  Museum,  Stockholm     1900 

di  Monterosata,  Marchese,  Tommaso  Allery,  Palermo     1906 

Nansen,  Fridtjof,  Prof.  Dr.,  Lysaker  bei  Kristiania     1892 

Nies,  August,  Prof.  Dr.,  Mainz     1908 

Nissl,  Franz,  Prof.  Dr.,  Psychiatr.  Klinik,  Heidelberg     1901 

Notzny,  Albert,  Bergwerksdirektor,  Heinitzgrube,  Beuthen     1902 

Oestreich,  Karl,  Prof.  Dr.,  Utrecht     1902 


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Pfeffer,  W.,  Geh.  Rat  Prof.  Dr.,  Bot.  Institut,  Leipzig    1907 
Pfitzner,  R.,  Pastor,  Darmstadt     1912 
Philipp,  Hans,  Prof.  Dr.,  Greifswald     1917 
Preiss,  Paul,  Geometer,  Ludwigshafen     1902 

Ranke,  J.,  Geh.  Hofrat  Prof.  Dr.,  Anthropol.  Institut,  München     1883 
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Retowski,  Otto,  Staatsrat,  Eremitage,  St.  Petersburg    1882 
Retzius,  Magnus  Gustav,  Prof.  Dr.,  Stockholm     1882 
Rinne,  Fritz,  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.,  Mineral.-Inst.,  Leipzig     1917 
Roux,  Wilhelm,  Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.,  Anat.  Institut,  Halle  a.  S.     1889 
Russ,  Ludwig,  Dr.,  Jassy     1882 
Rüst,  David,  San.-Rat  Dr.,  Hannover    1897 
Rzehak,  Anton,  Prof.  Dr.,  Brunn     1888 

Salomon,  Wilhelm,  Geh.  Hofrat  Prof.  Dr.,  Geolog.-Inst.,  Heidelberg    1917 
Sarasin,  Fritz,  Dr.,  Naturhist.  Museum,  Basel     1898 
Sarasin,  Paul,  Dr.,  Basel    1898 

Scharff,  Robert,  Ph.  D.,  B.  Sc,  Nat.  Museum  of  Science  and  Art,  Dublin     1896 
Schenck,  H.,  Geh.  Hofrat  Prof.  Dr.,  Bot.  Garten,  Darmstadt     1899 
Schillings,  C.  G.,  Prof.,  Berlin     1901 
Schinz,  Hans,  Prof.  Dr.,  Botan.  Garten  Zürich     1887 
Schlosser,  Max,  Prof.  Dr.,  Paläont.  Sammlung,  München     1903 
Schmeisser,  K.,  Geh.  ßergrat,  Oberbergamts-Direktor,  Breslau     1902 
Schmiedeknecht,  Otto,  Prof.  Dr.,  Blankenburg     1898 
Schneider,  Jakob,  Sparre,  Museum,  Tromsö     1902 
V.  Schröter,  Guido,  Wiesbaden     1903 
Schultze-Jena,  Leonhard  S.,  Prof.  Dr.,  Marburg    1908 
Schulze,  F.  E.,  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.,  Zool.  Institut,  Berlin     1892 
Schweinfurth,  Georg  August,  Prof.  Dr.,  Berlin     1873 
Spengel,  J.  W.,  Geh.  Hofrat  Prof.  Dr.,  Zool.  Institut,  Gießen     1902 
Speyer,  James,  Neuyork     1911 

Steindachner,  F.,  Geh.  Hofrat  Dr.,  K.  K.  Nat.  Hofmuseum,  Wien     1901 
Steinmann,  G.,  Geh.  Bergrat  Prof.  Dr.,  Geol.-pal.  Institut,  Bonn     1907 
Stirling,  James,  Government  Geologist  of  Viktoria,  Melbourne    1899 
Strahl,  H.,  Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.,  Anat.  Institut,  Gießen    1899 
Stratz,  Carl  Heinrich,  Dr.,  Haag  (Holland)     1887 
Stromer  v.  Reichenbach.  Ernst,  Freiherr,  Prof.  Dr.,  München     1908 
Strubell,  Adolf  Wilhelm,  Prof.  Dr.,  Bonn     1891 
Torley,  Karl,  Dr.,  Iserlohn     1910 

Treboul,  E.,  President  de  la  Soc  nat.  des  sciences  nat.  et  math.,  Cherbourg  1902 
Urich,  Fr.  W.,  Government  Entomologist,  Port  of  Spain  (Trinidad)     1894 
Verbeek,  Rogier  Diederik  Marius,  Dr.,  Haag  (Holland)     1893 
Verworn,  Max,  Prof.  Dr.,  Physiol.  Institut,  Bonn     1893 
Vigener,  Anton,  Apotheker,  Wiesbaden     1904 


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Voeltzkow,  Alfred,  Prof.  Dr.,  Berlin     1897 

de  Vries,  Hugo,  Prof.  Dr.,  Bot.  Institut,  Lunteren  (Holland)     1903 

V.  Waldeyer-Hartz,  H.  W.  G.,  Geh.  Ober-Med.-Rat  Prof.  Dr.,  Berlin     1892 

Weber,  Max  C.  W.,  Prof.  Dr.,  Zool.  Museum,  Amsterdam     1903 

V.  Wettstein,  Richard,  Prof.  Dr.,  Wien     1901 

W'illstätter,  Richard,  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.,  München     1911 

Wittich,  E.,  Dr.,  Mexiko     1912 

Witzel,  Louis,  Comuna  Prundu  Judetul  Jefov   (Rumänien)     1906 

Wolterstorff,  W".,  Dr.,  Naturhist.  Museum,  Magdeburg     1904 

Zinndorf,  Jakob,   Offenbach     1900 


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ächtnis  Georg  Hert; 
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riehen  für  Berlepsch-1 
riehen  gegen  Kriegsai 

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/"ortrag  an  Unkosten- 
„     G  ehalte- K( 
.,     Lehrmittel 
„     Naturalien 
„     Drucksach 
„     Beiträge-K 
„          „     Zinsen-Koi 

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41 


Rückblick  auf  die  Jahre  1917  und  1918 

Mitteiliiiigeii  der  Verwaltung 

Wiederum  sind  zwei  Jalii^e  seit  der  letzten  Berichterstattung- 
vergangen,  zwei  harte  Kriegsjahre,  die  jedoch  der  GTesellschaft 
trotz  ganz  besonders  schmerzlicher  und  schwerer  Verluste,  auch 
viel  Segensreiches  gebracht  haben. 

Über  die  ernst  und  würdig  verlaufene  Jahrhundertfeier  am 
22.  November  1917  und  über  die  aus  diesem  Anlaß  der  Gesell- 
schaft gewidmeten  reichen  Stiftungen  und  Schenkungen  ist  im 
48.  Bericht  ausführlich  berichtet  worden.  Nicht  ohne  Einfluß  ist 
die  Jahrhundertfeier  auf  die  Mitgliederzahl  gewesen,  die  im  Jahre 
1917  von  1334  auf  1355  angestiegen  ist,  obwohl  27  beitragende 
Mitglieder  verstorben  und  38  ausgetreten  und  verzogen  sind. 
Erfreulicherweise  haben  sich  im  Jahre  1917  26  beitragende  Mit- 
glieder entschlossen,  zu  den  ewigen  Mitgliedern  überzutreten;  zu 
außerordentlichen  Ehrenmitgliedern  wurden  2  beitragende  Mit- 
glieder ernannt.  Neueingetreten  sind  in  1917  107  beitragende 
Mitglieder,  während  in  1918  nur  58  Neueintritte  zu  verzeichnen 
sind.  Ausgetreten,  verzogen  und  gestorben  sind  in  1918  67,  zu 
den  ewigen  übergetreten  sind  3  Mitglieder,  so  daß  die  Zahl  der 
beitragenden  Mitglieder  am  31.  Dezember  1918  1343  betrug. 

Schwere  Opfer  an  ungemein  tüchtigen  und  lieben  Menschen 
hat  der  Krieg  auch  in  1917  und  1918  gefordert.  Vor  allem  hat 
er  uns  die  Direktionsmitglieder  Dr.  Kichard  Gonder  und 
Dr.  Friedrich  W.  Winter,  sowie  den  Museumsassistenten 
Dr.  Ludwig  Nick  entrissen,  und  noch  in  den  allerletzten 
Tagen  des  Feldzuges  ist  der  langjährige  Konsulent  der  Gesell- 
schaft Justizrat  Dr.  Fritz  Berg  auf  dem  westlichen  Kriegs- 
schauplatz gefallen.  Schmerzlich  sind  auch  die  Lücken  unter  den 
außerordentlichen  Ehi'enmitgliedern,  den  arbeitenden  und  ewigen 
Mitgliedern.   Die  Gesellschaft  betrauert   den   Tod  ihrer  Verwal- 


42       ~ 

tungsmitglieder:  Prof.  Dr.  H.  E.  Boeke,  Geh.  Med.-Kat  Prof. 
Dr.  L.  E  dinger,  Geh.  Bergrat  Dr.  H.  Loretz  und  Eduard 
Müller,  ilirer  außerordentlichen  Ehrenmitglieder:  Freifrau 
Caroline  v.  E r  1  a n g e r -  Niederingelheim,  Stadtrat  A.  v. 
Met  zier,  Geh.  Justizrat  A.  v.  Harnier,  Geh.  San. -Rat  Dr. 
H.  Rehn  und  L.  H.  Reiss.  Von  den  ewigen  Mitgliedern  schied 
aus  dem  Leben  Wilhelm  von  den  V  e  1  d  e  n.  Unter  den  korre- 
spondierenden Mitgliedern  hat  der  Tod  manchen  hervorragenden 
Gelehrten  abgerufen:  Exzellenz  E.  v.  Be  bring -Marburg,  G^h. 
Reg.-Rat  Prof.  Dr.  A.  Brauer- Berlin,  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr. 
E.  B u c h n e r  -  Würzburg,  Hofrat  Prof.  H.  Engelhar  dt  -  Dres- 
den, Prof.  Dr.  W.  Gebhar  dt -Halle,  Prof.  Dr.  F.  H  ornstein - 
Cassel,  Geh.  Hofrat  Prof.  Dr.  G.  K 1  e  b  s  -  Heidelberg,  Geh.  Stu- 
dienrat Prof.  Dr.  K.  L  a  m  p  e  r  t  -  Stuttgart,  Prof.  Dr.  H.  S  i  m  - 
r  0 1  h  -  Leipzig,  Dr.  0.  Thilo -Riga  und  Geh.  Hofrat  Prof.  Dr. 
J.  Wiesner- Wien.  Es  ist  ferner  gestorben  das  korrespon- 
dierende Ehrenmitglied  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  J.  J.  Rein- 
Bonn.  Und  auch  aus  der  Reihe  unserer  beitragenden  Mitglieder 
hat  uns  der  Tod  manchen  langjährigen  treuen  Freund  entrissen. 

Die  Zahl  der  ewigen  Mitglieder  ist  in  den  Jahren  1917  und 
1918  von  203  auf  249  angestiegen.  Im  Jubiläumsjahr  wurden  44 
ewige  Mitglieder  eingetragen;  die  Namen  sind  bereits  im  48. 
Bericht  erwähnt.  1918  wurden  eingetragen:  Frau  Alice  El- 
lis sen  und  Dr.  jur.  F.  v.  Ba  sser  m  ann  -  J  or  d  an  -  Deides- 
heim.  Viele  der  ewigen  Mitglieder  haben  sich  bereit  erklärt, 
trotz  der  Erwerbung  der  ewigen  Mitgliedschaft  ihren  Jahres- 
beitrag weiter  zu  entrichten;  das  gleiche  haben  auch  einige 
außerordentliche    Elu^enmitglieder   getan. 

Außer  den  im  48.  Bericht  aufgezählten  Elirungen  anläßlich 
der  Jahrhundertfeier  ist  die  korrespondierende  Ehrenmitglied- 
schaft verliehen  worden  an 

Geh.    Reg.  -  Rat    Prof.    Dr.    Heinrich     Fresenius- 
Wiesbaden. 

Zu   ar])eitenden   Mitgliedern   wurden   ernannt: 
Prof.  Dr.  Sieg  wart   R  up  pel   und 
M  ()  li  t  z   V.  M  et  zier. 

Zur  ]\Iitarl)eiterin  wurde  ernannt: 
Fräulein    Julie    v.   H  e  y  d  e  n. 

Die  zur  Erinnerung  an  die  Jahrhundertfeier  von  Prof.  Fritz 
Klinisch    in   Charlottenburg  entworfene  und  von  der  Aktien- 


—     43 

gesellscliaft  vormals  G.  Gladenbeck  u.  Sohn,  Bildgießerei  in 
Friedrichshagen,  gegossene  Denkmünze  wurde  an  25  Herren 
und  2  Damen  verliehen.  Die  Namen  sind  im  48.  Bericht  ver- 
öffentlicht. Ein  Exemplar  der  Denkmünze  ist  der  hiesigen  Stadt- 
bibliothek überwiesen  worden. 

Der  Volontärassistent  der  Säugetier-Abteilung  Dr.  Ernst 
S'chwarz  hat  mit  Ablauf  des  Jahres  1917  seine  Tätigkeit  am 
Museum  eingestellt. 

Dr.  F.  Haas  ist  nach  wie  vor  in  Spanien.  Das  bei  einer 
im  Auftrage  des  Zoologischen  Museums  in  Barcelona  von  ihm 
unternommenen  Expedition  nach  Südspanien  gesammelte  Ma- 
terial wird  unserem  Museum  zugute  kommen. 

Der  Ende  1916  zur  Aushilfe  bei  den  Präparatoren  einge- 
stellte Kriegsbeschädigte  Friedrich  G öjtz  ist  1917  wieder 
ausgetreten;  er  wurde  später  durch  Jakob  Stein,  ebenfalls 
kriegsbeschädigt,  ersetzt. 

Ende  1918  wurde  eine  Vereinbarung  mit  Prof.  Dr.  A.  S  e  i  t  z 
in  Darmstadt  getroffen,  wonach  dieser  sich  bereit  erklärt  hat, 
die  Kustodenstelle  in  der  entomologischen  Abteilung  unseres 
Museums  vom  1.  Januar  1919  ab  anzunehmen  und  zugleich  seine 
bedeutende  Schmetterlingssammlung  der  Gesellschaft  als  Eigen- 
tum zu  überweisen. 

Ende  des  Jalires  1918  ist  Christian  Kopp  als  Präpara- 
tor in  der  zoologischen  Abteilung  angestellt  worden,  nachdem 
er  bereits  melirere  Jalu^e  als  Lelii'ling  und  zuletzt  als  Gehilfe 
am  Museum  tätig  gewesen  ist. 

Für  die  Anstellung  "einer  weiteren  Hilfe  im  Präparations- 
raum hat  ein  Freund  der  Gesellschaft  einen  größeren  Beitrag 
gestiftet. 

Der  Laboratoriumsgeliilfe  A.  Krämer  wurde  zum  31.  Ok- 
tober 1918  entlassen. 

Im  Dezember  1918  starb  Karl  W  i  1  m  e  s  ,  der  seit  dem 
•Jahi*e  1910  als  Schreiner  am  Museum  tätig  gewesen  ist. 

In  Anbetracht  der  schwierigen  Zeitverhältnisse  hat  die  Ver- 
waltung ihren  Beamten  und  Angestellten  außer  einer  einmaligen 
Kriegsbeiliilfe  eine  laufende  Teuerungszulage  bewilligt,  die  neuer- 
dings noch  bedeutend  erhöht  worden  ist. 

Die  während  des  Krieges  im  Militärdienst  tätig  gewesenen 
Beamten  und  Angestellten  sind  nach  Abscliluß  des  Waffenstill- 
standes  Ende   des   Jahres   1918  zui^ückgekelu-t,   ebenso  ein   Teil 


_     44     — 

unserer  freiwilligen  Hilfskräfte,  die  wälireiid  des  Krieges  durch 
soziale  oder  Pflegedienste  in  Anspruch  genommen  waren. 

Die  ordentliche  Generalversammlung  über  das  Rechnungsjahr 
1910  fand  am  23.  Mai  1917  statt.  Sie  genehmigte  dem  Antrag  der 
Revisionskommission  entsprechend  die  Rechnungsablage  für  1916 
und  erteilte  dem  I.  Kassierer  W.  M  e  1  b  e  r  Entlastung.  Der  Vor- 
anschlag für  1917,  der  sich  in  Einnahmen  und  Ausgaben  mit 
M.  125  762.31  ausgleicht,  wurde  genehmigt.  Nach  dem  Dienstalter 
schieden  aus  der  Revisionskommission  aus  Philipp  Passa- 
vant und  Freiherr  S.  M.  v.  Beth  mann,  an  deren  Stelle 
Moritz  V.  M  e  t  z  1  e  r  und  Dr.  jur.  Paul  Stern  gewählt 
wurden.  Für  1917  gehörten  der  Kommission  ferner  an:  Dr.  R. 
N  i  e  d  e  r  h  0  f  h  e  i  m.  als  Vorsitzender,  E  d  u  a  r  d  d  '  0  r  v  i  1 1  e  , 
Heinrich  de  B  a  r  y  -  0  s  t  e  r  r  i e  t  h  und  Justizrat  Dr.  Otto 
P'  e  1 1  n  e  r. 

Am  6.  November  1918  fand  die  ordentliche  Generalversamm- 
lung über  das  Rechnungsjahr  1917  statt,  die  nach  Genehmigung 
der  Rechnungsablage  dem  Kassierer  W.  Melber  Entlastung 
erteilte  und  den  Voranschlag  für  1918,  der  sich  bei  Einsetzung 
einer  Fehlsumme  von  M.  2228.86  in  Einnahmen  und  Ausgaben 
mit  M.  127  649.21  ausgleicht,  genehmigte.  Für  die  aus  der  Revi- 
sionskommission ausgeschiedenen  Mitglieder  Dr.  R.  Nieder- 
h  0  f  h  e  i  m  und  Eduard  d  '  0  r  v  i  1 1  e  wurden  Herman  n 
Nestle  und  Kurt  v.  NeufviUe  gewählt.  Anstelle  des  ver- 
storbenen Kassierers  Stadtrat  A.  v.  Metzler  wurde  Moritz 
V.  Metzler  einstimmig  gewählt.  Der  Kommission  gehörten  für 
1918  ferner  an:  Justizrat  Dr.  Otto  Fellner  als  Vorsitzender, 
Heinrich  de  B a  r  y  -  O  s  t  e r  r  i e  t  h  und  Dr.  jur.  Paul  Stern. 

Im  Andenken  an  die  genußreichen  Stunden,  die  ihr  verstor- 
bener Gatte  in  der  Gesellschaft  verbringen  konnte,  hat  Frau 
Sarah    Bleibtreu   M.  100.—  geschenkt. 

In  dankenswerter  Weise  hat  das  am  21.  Juni  1917  verstor- 
bene beitragende  Mitglied  Georg  Hertzog  der  Gesellschaft- 
ein Vermächtnis  von  M.  40  000.—  hinterlassen,  das  zur  Abtragimg 
der  Schulden  dienen  soll,  die  dm^ch  den  Erweiterungsbau  un- 
seres Museums  entstanden  sind.  Ein  anderes  Mitglied,  Eduard 
Parrot,  vermachte  der  Gesellschaft  letztwillig  2000  Mark. 

Der  Frankfurter  Kunstverein  schenkte  1000  Mark  für  die 
spätere  Prägung  der  demnächst  fertiggestellten,  zur  Jahrhundert- 
feier gestifteten  Cretzschmar-Medaille. 


—     45     — 

Für  den  im  Frühjahr  1917  fälligen  Rückkauf  von  Darlehens- 
scheinen stellte  die  MetaUgesellschaft  3  Anteilscheine  und  Kom- 
merzienrat  Haeffner  1  Anteilschein  geschenkweise  zur  Ver- 
fügung. Über  die  aus  Anlaß  der  Jahrhundertfeier  geschenkten 
Darlehensscheine  und  über  die  Jubiläumsstiftung  der  Mitglieder 
gibt  der  bereits  erschienene  48.  Bericht  Auskunft.  Im  Frühjahr 
1918  fand  eine  Verlosung  von  Anteilscheinen  statt,  bei  der  die 
Nummern  129,  277  und  295  gezogen  wurden. 

Besonders  erfreulich  sind  auch  die  Geschenke  an  Bildern 
für  das  Sitzungszimmer  der  Gesellschaft  und  an  Medaillen,  die 
die  Gesellschaft  während  der  letzten  zwei  Jalire,  in  erster  Linie 
aus  Anlaß  der  Jahrhundertfeier,  erhalten  hat  und  die  bereits 
alle  im  48.  Bericht  erwähnt  sind. 

Die  Verleihung  der  verschiedenen  fälligen  Preise  und  Sti- 
.pendien  ist  bis  nach  dem  Kriege  zurückgestellt  worden.  Ebenso 
fiel  in  den  Jakren  1917  und  1918,  wie  in  den  vorhergehenden 
Kriegsjaliren,  die  übliche  Jahresfeier  aus;  dagegen  wurden  wie- 
derum regelmäßige  Vorlesungen  und  wissenschaftliche  Sitzungen 
abgehalten,  die  allerdings  wegen  der  Verkehrsschwierigkeiten 
und  der  für  auswärtige  Eedner  manchmal  damit  verbundenen 
Unmöglichkeit  zu  reisen,  hin  und  wieder  ausfallen  mußten. 

Unserem  korrespondierenden  Ehrenmitglied  Geheimrat  Prof.* 
Dr.  0.  Bütschli-  Heidelberg  wurde  anläßlich  seines  70.  Ge- 
burtstages am  5.  Mai  1918  die  Denkmünze  der  Jahrhundertfeier 
verliehen. 

Am  IG.  Juni  1918  waren  25  Jahre  verflossen,  seit  Geh.  Reg.-' 
Rat  Prof.  Dr.  M.  Möbius  als  arbeitendes  Mitglied  in  die  Ge- 
sellschaft eingetreten  ist,  die  botanische  Sammlung  des  Museums 
verwaltet  und  im  Auftrage  der  Administration  der  Dr.  Sencken- 
bergischen  Stiftung  die  botanischen  Vorlesungen  und  Kurse  ab- 
hält. Die  Gesellschaft  hat  ihm  aus  diesem  Anlaß  die  Jubiläums- 
medaille in  Silber,  das  erste  Exemplar,  das  in  Silber  überhaupt 
vergeben  worden  ist,  verliehen. 

Dem  außerordentlichen  Ehrenmitglied  Prof.  Dr.  H.  Rei- 
chenbach, dem  alle  der  Gesellschaft  zur  Verfügung  stehenden 
Elirungen  bereits  erwiesen  worden  sind,  wurde  am  23.  Juli  1918 
zu  seinem  70.  Geburtstage  eine  Glückwunschadresse  überreicht. 
Von  einer  größeren  Feier,  wie  sie  die  Gesellschaft  ihrem  hoch- 
verehrten Jubilar  zu  Ehren  so  gerne  veranstaltet  hätte,  mußte 
in  Anbetracht  der  ernsten  Zeiten  abgesehen  werden. 


-     46     — 

Landesökoiiomierat  A.  Siebert  wurde  aus  Anlaß  seiner 
40jährigen  Tätigkeit  am  Palniengarten  am  10.  Oktober  1918  ein 
Glückwunschschreiben  überreicht  und  die  eiserne  Medaille  der 
Jahrhundertfeier  verliehen. 

Vor  der  ersten  wissenschaftlichen  Sitzung  am  26.  Oktober 
1918  wurde  in  einer  Gedächtnisrede  des  150.  Geburtstages  Si- 
m  0  n  i\i  0  r  i  t  z  v.  B  e  t  h  m  a  n  n  s ,  des  Mitstifters  der  Gesell- 
schaft, gedacht,  und  am  Geburtstage  selbst  (31.  Oktober  1918) 
auf  seiner  Grabstätte  auf  dem  Peterskij'chhof  ein  Lorbeerkranz 
njfcdergelegt. 

Der  Betrieb  des  Zoologischen  Instituts  der  Universität  fand 
weiter  im  Senckenbergischen  Museum  statt;  wälirend  der  Kälte- 
periode im  Winter  1917/18  war  auch  das  Mineralogische  Institut 
im  Museum  aufgenommen  worden. 

Ende  1917  sind  der  II.  Direktor  Prof.  Dr.  P.  Sack  und, 
der  II,  Scliriftfühi^er  H.  Jacquet  aus  der  Direktion  ausgeschie- 
den; an  ilire  Stelle  sind  für  die  Jahre  1918  und  1919  Dr.  jm\ 
A.  L  0 1  i  c  h  i  u  s  und  Privatdozent  Dr.  med.  E.  G  o  1  d  s  c  h  m  i  d  ge- 
treten. Mit  Ablauf  des  Jalu'es  1918  hatten  satzungsgemäß  aus  der 
Direktion  auszuscheiden  der  I.  Direktor  Dr.  A.  J  a  s  s  o  y  —  bisher 
vertreten  durch  Geh.  Med. -Rat  Prof.  Dr.  A.  Knoblauch  — 
'und  der  I.  Schriftführer  Dr.  O.  L  ö  w  B  e  e  r.  Für  die  beiden  fol- 
genden Jahre  1919  und  1920  wurden  Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr. 
A.  Knoblauch  als  I.  Direktor  und  Dr.  0.  L  ö  w^  Beer,  dessen 
Wiederwahl  nach  den  Satzungen  zulässig  war,  als  I.  Schriftführer 
gewählt. 


47 


Museumsbericht 

In  den  beiden  letzten  Kriegsjahren  (1917  und  1918)  war  die 
Arbeitsmögiiclikeit  am  Museum  naturgemäi5  stark  behindert.  Wa- 
ren doch  seit  Ende  1916  fast  alle  eingestellten  und  ein  großer 
Teil  der  freiwilligen  Mitarbeiter  zum  Heeresdienst  einberufen. 
Unsere  freiwilligen  Helferinnen  waren  wie  in  den  vorhergehen- 
den Kriegsjahi^en  durch  soziale  oder  Pflegedienste  in  Anspruch 
genommen;  sie  sind  zum  Teil  bereits  Ende  1918  in  ilire  alte 
Tätigkeit  zurückgekelirt,  so  daß  nunmehr  die  leider  jahrelang 
unterbrochene  Arbeit  in  allen  Abteilungen  wieder  aufgenommen 
werden  kann. 

Der  Museumsbesuch  stand  dem  in  den  Vorjalu^en  etwas  nach. 
Die  Zählung  ergab  für  1917  24  566  und  für  1918  26  670  Besucher. 
Soldaten  und  Verwundete  hatten  nach  wie  vor  zu  allen  Besuchs- 
stunden freien  Eintritt  und  machten  von  dieser  Vergünstigung 
fleißig  Gebrauch;  doch  konnten  Führungen  infolge  der  Abwesen- 
heit sämtlicher  wissenschaftlicher  Beamten  leider  nicht  mehr 
veranstaltet  werden.  —  In  beiden  Jahren  war  das  INIuseum  je 
drei  Wochen  lang  geschlossen. 

Größere  bauliche  Veränderungen  haben  nicht  stattgefunden. 
Auf  Anordnung  der  Metall-Mobilmachungsstelle  mußte  ein  großer 
Teil  des  Dachkupfers  abgeliefert  werden.  Durch  Geschosse  der 
Fliegerabwehrgeschütze  entstanden  melufach  leichte  Beschädi- 
gungen, die  ausgebessert  werden  konnten.  Die  Bücksicht  auf 
Fliegergefahr  hat  es  auch  notwendig  gemacht,  besonders  kost- 
bare Stücke  der  Schausammlung  in  größere  Sicherheit  zu  brin- 
gen. Vor  allem  wurde  der  im  Lichthof  stehende  riesige  Diplo- 
docus  aus  diesem  Grunde  abgebaut.  Er  wird  später  in  freier 
Montierung  wieder  aufgestellt  werden.  Die  Überführung  der 
Skelett-  und  der  Fellsammlung  in  ilu^e  neuen  Eäumlichkeiten  ist 
beendet.  Die  bisher  dort  befindliche  Molluskensammlung  hat  in 


48     —        . 

dem  Xebensaal,  der  durch  Ijberfülirung  der  geologischen  Samm- 
lungen in  den  Neubau  frei  geworden  war,  Platz  gefunden.  In 
dem  ahen  Skelettsaal  sollen  später  die  niederen  Wirbeltiere,  die 
in  der  Schausammlung  aus  räumlichen  Gründen  bisher  nur 
mangelhaft  vertreten  sind,  aufgestellt  werden.  Im  Sommer  1918 
hat  in  unserem  ISIuseum  zum  ersten  Male  eine  Blausäure-Ver- 
gasung der  Vogelsammlung  mid  der  wissenschaftlichen  Säugetier- 
Sammlung  in  zwei  Stockwerken  zwecks  Vertilgung  von  Motten 
und  Anthrenus  durch  die  Gold-  und  Silberscheideanstalt  statt- 
gefunden. 

Die  Zentralheizung  war  wegen  des  Kohlenmangels  fast  gänz- 
lich außer  Betrieb  gesetzt.  Die  dauernd  benutzten  Räumlichkeiten 
wurden  mit  neu  gesetzten  Öfen  geheizt,  wofür  als  Reserve  meh- 
rere Hundert  Zentner  Buchenholz  beschafft  wurden. 

A.  Zoologische  Sammlung 

Der  Zuwachs  in  den  einzelnen  Al^teilungen  kann  sich  natür- 
lich im  allgemeinen  mit  dem  früherer  Jahre  nicht  messen,  ist 
aber  dennoch  nicht  unbeträchtlich.  Vor  allem  ist  hier  der  Er- 
werb der  prachtvollen  Vogelsammlung  Carlo  v.  Erlangers 
zu  nennen.  Es  handelt  sich  um  12  589  Bälge  und  1140  Gelege, 
die  V.  Erlanger  teils  in  Nordafrika,  teils  in  der  Nähe  seines 
Wohnsitzes  Niederingelheim  selbst  gesammelt  hat.  Die  Samm- 
lung enthält  sämtliche  von  v.  Erlanger  beschriebenen  Typen 
sowie  zahlreiche  prächtige  Serien  seltener  Arten  und  dürfte 
daher  für  zoogeographische  Untersuchungen  besonders  wertvoll 
sein.  Alles  ist  in  tadellosen  Scliränken  untergebracht. 

Der  Ankauf  der  schönen  Sammlung  von  Meereskonchylien 
des  Prof.  Bolgiano  in  München  wird  es  ermöglichen,  eine 
empfindliche  Lücke  der  Schausammlung  auszufüllen.  Es  handelt 
sich  durchweg  um  ganz  hervorragende  Stücke,  die  zu  diesem 
Zwecke  besonders  geeignet  sind. 

Im  Bialo wieser  Urwalde  war  Dr.  Nick  als  wissenschaft- 
licher Hilfsarbeiter  bei  der  Militär-Forstverwaltung  weiterhin 
tätig,  bis  im  September  1917  der  Tod  den  Schaffensfreudigen 
mitten  aus  der  Arbeit  abrief.  Chr.  Kopp,  der  ihm  als  Prä- 
parator zur  Seite  gestanden  hatte,  verblieb  weiterhin  dort,  und 
in  den  letzten  Monaten  des  Krieges  war  auch  Dr.  Sternfeld 
als  wissenschaftlicher  Hilfsarbeiter  nach  Bialowies  versetzt.  Die 


49 

reichen  Sanimlungen,  die  zum  großen  Teil  der  unerniüd liehen 
Tätigkeit  von  Dr.  Nick  und  Präparator  Chr.  Kopp  zu  ver- 
danken sind,  haben  glücklicherweise  abtransportiert  werden  kön- 
nen. Es  befinden  sich  dabei  etwa  ein  Dutzend  Wisentfelle  und 
-Skelette,  mehr  als  900  sorgfältig  präparierte  Vogelbälge,  schät- 
zungsweise an  50  000  Insekten  und  vieles  andere  wertvolle  Ma- 
terial. Die  Verteilung  an  die  verschiedenen  Museen,  die  dar- 
auf Anspruch  haben,  wird  hoffentlich  in  nächster  Zeit  erfolgen 
können. 

Aus  dem  Felde  sind  auch  weiterhin  zahlreiche  Sendungen 
von  Freunden  und  Beamten  des  Museums  eingegangen,  wodurch 
die  einzelnen  Abteilungen  manclien  wertvollen  Zuwachs  erhal- 
ten haben. 

Aus  dem  Nachlaß  unseres  arbeitenden  Mitgliedes  Fried - 
ricli  Bas  tier  wurde  ein  Kasten  mit  Feinmechanik-Instru- 
menten dem  Museum  überwiesen. 

Allen  denen,  die  zur  Vermehrung  der  Sammlungen  beige- 
tragen haben,  sei  an  dieser  Stelle  unser  herzlichster  Dank  aus- 
gesprochen. Es  sind  dies  u.  a. : 

Frau  Dr.  C.  Beck -Aachen,  Stadtrat  C.  Binding,  Prof. 
A.  V.  B  ö  h  m  -  Salzburg,  Prof.  A.Brauer-  Berlin,  Dr.  F.  B  r  a  u  n  s, 
San. -Rat  Dr.  A.  B  ü  c  h  e  1  e  r,  Leutnant  d.  R.  C  o  m  b  e  c  h  e  r,  Fisch- 
handlung M.  E  i  s  e  m  a  n  n  ,  Ersatz-Bespannungs- Abteilung  Fuß- 
Art.  Heg.  Nr.  3-Mainz,  Frau  Helene  du  Fay,  H.  Flocard- 
Charleville,  Dr.  E.  G  o  1  d  s  c  h  m  i  d  ,  R.  v.  G  o  1  d  s  c  hm  i  d  t  - 11  o  t  h  - 
Schild,  Landsturmmann  C.  Gapp,  Lehrer  H.  Grupe,  A.  v. 
G  w  inner-  Berlin,  Unteroffizier  R.  Haas,  Geh.  Baurat  0. 
Hahn,  Oberarzt  Dr.  Haus,  Geh.  Med. -Rat  H.  Hecker  -  Straß- 
Ijurg  i.  E.,  Leutnant  d.  R.  H  e  r  x  h  e  i  m  e  r,  Fräulein  J.  v.  H  e  y  - 
den,  Unteroffizier  H  u  f  e  I  d  ,  J  u  n  g  m  a  n  n  -  Eppstein,  Leutnant 
H.  Kaysser,  O.  K  lebsatte  1,  Kom.-Rat  Dr.  H.  K  ley  er, 
Geh.  Med.-Rat  A.  Knoblauch,  Dr.  L  i  n  d  e  m  a  n  n  -  Lissa,  Dr. 
A.  Lotichius,  Dr.  O.  Low  Beer,  Hauptmann  Lud  icke, 
Geh.  Reg.-Rat  M.  Möbius,  R.  Moll,  Frau  Lili  Morgen- 
stern, Vizefeldwebel  Julius  Müller,  Leutnant  Müller, 
Dr.  M.  Nassauer,  Kom.-Rat  R.  de  Neufville,  L.  Oben- 
a  u  e  r  -  Darmstadt,  Kanonier  E.  Geh  m  e  ,  Frau  M.  0hl,  Palnien- 
garten-Gesellschaft,  Leutnant  Panzer,  Dipl.-Ing.  P.  Prior, 
Kanonier  Reif  Schneider ,  Dr.  R.  u.  Frau  E.  Richter, 
Fräulein  0.  R  ö  d  e  r  s  t  e  i  n  -  Hofheim  i.  T.,  Geh.  San.-Rat  E.  R  o  e  - 


—     50     — 

dig-er,  Frau  M.  Koemmich,  Dr.  A.  Scliädel,  Unteroffizier 
Schmidt,  Frau  E.  S  c  h  m  i  d  t  -  P  o  1  e  x  ,  Prof.  O.  S  c  h  n  a  u  d  i- 
g  e  1 ,  Feldpostsekretär  W.  Schneider,  Julius  Schott-  Xeu- 
hof,  Kanonier  H.  Schreiber,  Unteroffizier  S  c  h  r  e  i  t  m  ü  1 1  e  r  , 
A.  Seid  ler- Hanau,  Landesökonomierat  A.  Siebert,  K.  W. 
S  0  n  a  r  d  -  Xeu-Isenburg,  Exz.  v.  S  t  e  i  n  m  e  i  s  t  e  r ,  Dr.  R.Stern- 
f  e  1  d ,  Karl  S  t  o  1 1 ,  Geh.  Reg.-Rat  O.  z  u  r  Strassen,  Frau  Th. 
Trier,  Vizefeldwebel  E.Vogel,  Leutant  V  o  ß  -  Höchst,  I'liter- 
offizier  W  e  s  e  n  e  r ,  ]Major  .J.  W  i  d  ni  a  n  n  .  Baurat  A .  Vr  o  r  - 
g  i  t  z  k  y  -  Blankenburg. 

Fräulein  A.  Hobrecht  hat  ihre  Tätigkeit  in  der  Haus- 
bücherei wieder  aufgenommen  und  mit  der  Neuordnung  des  ge- 
samten Bestandes  begonnen.  Die  während  der  letzten  Jahre  ein- 
gegangenen Bücher  und  Sonderabdrucke  u.a.  von: 

Administration  der  Senckenbergischen  Stiftung,  Geh.  Studien- 
r.at  Bail- Danzig,  Bibliothek  der  Wirtschafts-  und  Sozialwissen- 
scliaftl.  Seminai'e,  Zahnarzt  J.  Böhme,  A.  v.  G  w  i  n  n  e  r  -  Ber- 
lin, Geh.  Baurat  O.  Hahn,  FrauW.  v.  Hey  den,  geb.v.  M  an- 
der st  jerna,  Prof.  Th.  Krumbach-Rovigno,  Dr.  G.  de 
^Fan  -  Jerseke,  G^h.  Reg.-Rat  M.  Möbius,  Prof.  Th.  Nau- 
mann' Kom.-Rat  R.  de  Neufville,  Dr.  R.  und  Frau  E. 
Richter,  Frau  E.  S  c  h  m  i  d  t  -  P  o  1  e  x ,  Prof.  E.  S  t  r  o  m  e  r  - 
München,  Zentrale  für  Frankfurter  Familienforschung  (Genea- 
logische Vereinigung)  wurden  bei  dieser  Gelegenheit  eingereiht. 

1.  Wirbeltiere 

1.  Säugetiere.  Xeuaufstellungen  von  Bedeutung  für  die 
Schausammlung  haben  in  den  letzten  Jahren  nicht  stattgefunden. 
Jedoch  ergab  sich  eine  Reihe  von  Erwerbungen  größerer  Stücke, 
zumeist  aus  dem  hiesigen  Zoologischen  Garten,  die  später  wich- 
tige Lücken  in  der  Schausammlung  schließen  werden.  Dazu  ge- 
hört vor  allem  ein  männlicher  Kudu,  ein  Vi^isentbulle,  von  dem 
jedoch  nui-  der  Kopf  verwendbar  ist  und  im  Lichthof  aufgestellt 
werden  soll,  ein  Eisbär,  ■  eine  Zibethyäne  (Proteles)  aus  dem 
Zoologischen  Garten  zu  Köln  und  ein  weiblicher  See-Elefant  aus 
Hagenbecks  Tierpark  in  Stellingen.  Außerdem  sind  noch 
zwei  Narwalskelette  zu  nennen.  Das  afrikanische  Nashorn,  das 
seinerzeit  von  R.  v.  G  o  1  d  s  c  h  m  i  d  t  -  R  o  t  h  s  c  h  i  1  d  dem  Zoo- 
logischen  Garten  mit  der   Bestimmung  geschenkt   war,   daß  es 


-       51 

nach  dem  Tode  an  das  Museum  fallen  solle,  ist  eingegangen, 
abei-  leider  zur  Aufstellung  nicht  geeignet.  Die  Sammlung  von 
Eennpferden  wurde  vermehrt  diu^ch  das  Skelett  der  Vollblut- 
stute „Fabella"  (von  Spearmint  aus  der  Fabula),  ein  wertvolles 
Geschenk  der  Herren  A.  und  C.v.  Weinberg.  Die  unter  Lei- 
tung Dr.  Nicks  in  Bialowies  .zusammengebrachte  Sammlung 
enthält  51  Nummern  von  Säugetieren,  darunter  zwei  Felle  und 
Skelette,  sowie  vier  weitere  fast  vollständige  Skelette  vom  Wisent 
neben  Vertretern  des  übrigen  dort  vorkommenden  Großwildes 
und  einer  Eeihe  von  Kleinsäugern,  teilweise  in  Serien,  die  wert- 
volles Vergleichsmaterial  bilden. 

2.  Vögel.  Die  Ordnung  der  alten  Sammlung  wurde  durch 
H.  Jacquet  fortgesetzt  und  vollendet.  Leider  muß  immer  noch 
ein  Teil  der  großen  Bälge  in  Kisten  und  Pappkästen  unterge- 
bracht werden,  da  es  an  Schränken  fehlt. 

Die  Berlepsch-Sammlung  ist  jetzt  vollständig  durchgesehen 
und  die  Paläarkten  systematisch  geordnet.  Auch  die  Erlanger- 
sche  Sammlung  ist  nunmehr  in  großen  Schränken  wohlgeordnet 
untergebracht.  Sie  bildet  eine  überaus  wertvolle  Ergänzung  un- 
sere} reichen  ornithologischen  Schätze.  Die  Bälge  der  Ausbeute 
Herzog  Adolf  Friedrichs  zu  ]\1  e  c  k  1  e  n  b  u  r  g  vom  Kongo 
und  aus  Kamerun  sind  sämtlich  gestreckt  worden  und  wurden 
in  die  Sammlung  eingereiht.  P.  C  a  h  n  stellte  seine  Arbeitskraft 
und  sein  reiches  Wissen  der  Abteilung  nach  wie  vor  zur  Ver- 
fügung. Die  Arbeit  von  Frau  Dr.  Low  Beer  an  der  Kolibri- 
Sammlung  mußte  leider  unterbrochen  werden  und  hat  erst  neuer- 
dings wieder  aufgenommen  werden  können. 

Alle  Sammlungen  wurden  von  auswärts,  namentlich  von 
München,  stark  in  Anspruch  genommen.  Eine  Reihe  von  Leih- 
gaben sind  dorthin  gesandt  worden. 

In  der  Schausammlmig  wurde  ein  prachtvoller  Argusfasan 
neu  aufgestellt.  Ferner  zwei  Tragopane,  die  durch  Vermittlung 
von  Geh.  Reg. -Rat  zur  Strassen  von  H.  Flocard  -  Charle- 
ville  dem  Museum  überwiesen  wurden,  sowie  ein  japanischer 
Kranich,  eine  Rotschnabelkitta  und  ein  Brauner  Pelikan,  die 
aus  dem   Zoologischen  Garten  stammen. 

3.  Reptilien  und  A  m  p  h  i  b  i  e  n.  Die  Eingänge  waren 
auch  weiterhin  nicht  besonders  stark.  Sie  beschränkten  sich  in 
der  Hauptsache  auf  kleinere  Sendungen  aus  dem  Felde,  wofür 
insbesondere  Herrn  A.  Se  i  d  le  r  -  Hanau  zu  danken  ist.  Vom  Assi- 


stenten  der  Abteilung-  konnte  einiges  Material  in  Mazedonien 
gesammelt  werden.  Die  Bearbeitung  der  Reptilien  und  Amphi- 
bien de]'  Hanseatischen  Südsee- Expedition  ist  zum  Abschluß  ge- 
bracht worden.  Sie  ergab  neben  der  Bescln^eibung  einer  neuen 
Echse  und  von  drei  neuen  Batrachier-Arten  wichtige  Aufschlüsse 
füi-  die  tiergeographische  Gliederung  Polynesiens. 

In  'der  Schausammlung  wurde  die  im  Zoologischen  Garten 
eingegangene  Galapagos  -  Schildkröte  {Testudo  ephipjnum  Gün- 
ther) aufgestellt.  Sie  bildet  eine  wertvolle  Bereicherung  der  schö- 
nen Sammlung  riesiger  Landschildkröten.  Daneben  gelangten 
neuerdings  ein  weiteres,  besonders  schönes  und  großes  Exem- 
plar der  Brückenechse  {Sphenodon  punctatum  Gray)  sowie  eine 
Anzahl  Giftschlangen  zur  Aufstellung. 

4.  In  der  F  i  s  c  h  -  A  b  t  e  i  1  u  n  g  gab  es  wenig  Neues.  A .  H. 
W  e  n  d  t ,  dessen  eifriger  Tätigkeit  die  Abteilung  so  viel  ver- 
dankt, hat  erst  eben  beginnen  können,  die  durch  den  Krieg  zer- 
rissenen Fäden  wieder  anzuknüpfen.  Sonst  lagen  nur  kleinere 
Eingänge  aus  dem  Zoologischen  Garten  vor. 

II.  Wirbelloso  Tiere 

Für  die  M  o  1 1  u  s  k  e  n  -  A  b  t  e  i  1  u  n  g  ist  zunächst  der  An- 
kauf der  Sammlung  Prof.  C  a  r  1  B  o  1  g  i  a  n  o  s  in  München  zu  er- 
wähnen. Es  handelt  sich  dabei  hauptsächlich  um  marine  Schnek- 
ken  und  Muscheln,  die  in  erster  Linie  dazu  dienen  sollen,  die 
Schausammlung  zu  bereichern.  Das  Fehlen  genauer  Fundorts- 
angaben ist  unter  diesen  Umständen  weniger  von  Bedeutung. 
Es  handelt  sich  vorwiegend  um  ausgesucht  schöne  und  große 
Stücke  von  all  den  Formen,  die  ihrer  Schönheit,  Seltenheit  oder 
auffälligen  Bildung  halber  für  Schausammlungszwecke  besonders 
geeignet  sind.  Namentlich  die  Gattungen  Cypraea,  Oliva,  Murex 
und  insbesondere  Conus  sind  in  herrlichen,  großen  Serien  ver- 
treten. Die  Sammlung  ist  von  Prof.  Bolgiano  selbst  zusammen- 
gestellt und  von  seinem  Sohne  dem  Museum  angeboten  worden. 

Das  von  D.  Geyer  in  Bialowies  gesammelte  reichhaltige 
Material,  eine  erwünschte  Ergänzung  zu  dem  bereits  von  Dr. 
Nick  gesammelten,  ist  eingetroffen  und  bleibt  vorläufig  liegen, 
bis  Dr.  Haas  von  seinem  unfreiwilligen  Aufenthalt  in  Spanien 
zurückgekehrt  sein  wh^d.  Das  Gleiche  gilt  von  der  Schnecken- 
sammlung aus  dem  Nachlaß  des  cand.  phil.  Hashagen  in 
Bremen. 


^     53     — 

Insekten.  Die  während  der  Bericlitszeit  ausgeführten  Ar- 
beiten in  der  Insektenabteilung  stellen  sich  im  wesentlichen  als 
Vorarbeiten  zu  einer  Vereinheitlichung  der  gesamten  Insekten- 
Kollektionen  dar.  Es  gilt,  die  früher  selbständig  behandelten 
und  nach  unterschiedlichen  Prinzipien  geordneten  und  unter- 
gebrachten Abteilungen,  die  den  einzelnen  Insekten-Ordnungen 
entsprechen,  auf  eine  gemeinschaftliche  Basis  zu  stellen.  So 
wurde  die  Zahl  der  nach  den  neuesten  Erfahrungen  konstruier- 
ten Kasten  wesentlich  vermeinet  und  mit  der  Einreihung  der  Be- 
stände in  eine  fortlaufende  Insektensammlung  fortgefahren. 

Von  Hymenopteren  wui'den  die  Äpidae  neugeordnet  und 
dabei  die  große,  von  unserem  verstorbeaien  Mitglied  A.  Weis 
dem  Museum  überwiesene  Hautflügler-Sammlung  eingereiht.  Die 
ScoUidae  und  einige  Wespengruppen  wurden  hier  angeschlossen 
und  nocl  die  Abteilung  der  Ichneumoniden  in  Angriff  genommen. 

Die  Neuordnung  und  Dm^chbestimmimg  der  Lepidopteren 
war  bis  zu  den  (exotischen)  Lycaeniden  durchgeführt,  und  die 
Nachtfalter  waren  bis  zu  dem  Lymantreiidae  durchgearbeitet, 
als  die  weitere  Behandlung  def  Schmetterlingssammlung  eine 
jähe  Unterbrechung  durch  den  unerwarteten  Tod  des  Sektionärs 
für  diese  Insektenordnung,  Eduard  Müller,  erfuhr.  Näheres 
über  diesen  beklagenswerten  Verlust  imd  Einzelheiten  über  die 
letzte  Zeit  der  Tätigkeit  AI  ü  1 1  e  r  s  für  unser  Museum  werden 
an  anderer  Stelle  dieses  Berichts  mitgeteilt  werden. 

Unter  den  Greschenken,  die  für  die  Insektensanmilung  wäh- 
rend des  Krieges  1918  eingingen,  ist  eine  Anzahl  ausländischer 
Schmetterlinge  zu  erwähnen,  die  H.  Wer  the  im  dem  Museum 
überließ.  Aus  dem  Jahre  1917  ist  aber  eine  große  und  reiche 
Sammlung  exotischer  Falter  nachzutragen,  die  Dr.  Max  Nas- 
sauer gestiftet  hat.  Es  ist  die  selii^  gut  erhaltene,  zwei  große 
Schränke  fast  ganz  füllende  Sammlung  des  Postsekretärs  Carl 
S  c  h  e  f  f  e  r  -  Niederrad,  die  sich  durch  außergewöhnliche  Sauber- 
keit und  sorgfältige  Präparation  der  zum  Teil  recht  seltenen 
Exemplare  auszeichnet.  Die  Sammlung  bildet  eine  willkommene 
Ergänzung  der  früher  schon  vom  gleichen  Spender  dem  Museum 
überwiesenen  Sammlung  von  Raupen  und  Kleinschmetterlingen 
(vergl.  47.  Bericht  S.  44).  Geh.  San. -Hat  Dr.  Roediger  überwies 
gleichfalls  eine  Anzahl  Schmetterlinge,  sowie  mehrere  für  die 
Präparation  nötige  Utensilien.  Weitere  Bereicherung  erfuhr  die 
Lepidopteren-Sammlung  durch  Tausch  einiger   Falter  mit    J  o  - 


-     54     — 

sepli  Wert  li  e  im  und  flui'c]!  Ankäufe  ostasiatischer  und  afri- 
kanischer Schmetterlinge. 

Dipteren.  Prof.  Sack  bearbeitete  die  g-esamte  von  iliiii  und 
von  Dr.  Nick  zusanunengebi-achte  Dipteren-Ausbeute  aus  Bia- 
lovvies  und  beendete  die  einheitliche  Ordnung  der  sogenannten 
kleinen  Museiden  nach  dem  Dipterenkatalog  von  K  e  r  t  e  s  z. 

Zu  einem  gewissen  Stillstand  waren  die  Arbeiten  in  der 
Gruppe  der  Koleopteren  gekommen,  durcli  das  1915  erfolgte  Hin- 
scheiden des  langjährigen  Sektionärs  für  diese  Abteilung,  L  u- 
k  a  s  von  H  e  y  d  e  n ,  dessen  nicht  hoch  -genug  anzuschlagenden 
Verdienste  für  unser  Museum  wir  im  46.  Bericht  gedacht  hatten. 
Es  ist  al^er,  nachdem  die  Bestände  des  Museums  an  Käfern  heute 
eine  beträchtliche  Höhe  erreicht  haben,  jetzt  damit  begonnen 
worden,  diese  übersichtlich  anzuordnen  und  durchzuarbeiten;  eine 
Tätigkeit,  für  die  die  beschränkten  räumlichen  Verhältnisse  des 
Museums  in  früherer  Zeit  ein  ernstes  Hindernis  darstellten. 

Die  Orthopteren  sind  bereits  zum  Teil  in  die  neue  wissen- 
schaftliche Sammlung  übergeführt  worden  und  stellen  in  ihrer 
neuen  Anordnung  eine  recht  ansehnliche  Kollektion  dar,  die 
indes  noch  in  mehrfacher  Hinsicht  der  Vervollständigung  bzw. 
der  Erneuerung  bedarf.  Bekanntlich  sind  manche  Orthopteren- 
gruppen  die  empfindlichsten  und  hinfälligsten  Insekten,  und  eine 
zeitweise  Auffrischung  bildet  daher  ein  Desiderium  allei-  ältereji 
Museen. 

Was  den  liest  der  Insekten  betrifft,  der  nicht  den  hier  auf- 
geführten Gruppen  angehört,  so  haben  deren  Bestände  nm-  un- 
wesentliche Veränderungen  erfahi-en.  Die  Abwesenheit  aller 
wehrfähigen  Männer  und  die  in  jeder  Hinsicht  erschwerten  Ver- 
hältnisse in  der  Heintat  haben  eine  wesentliche  Förderung  der 
Entomologie  über  die  angefülnten  Grenzen  hinaus  nicht  zuge- 
lassen. Um  so  eifriger  werden  die  sein  zahlreichen  Arbeiten  be- 
trieben, welche  die  Neugestaltimg  der  gesamten  Museumssamm- 
lung  in  der  Zukunft  zuwege  bringen  sollen.  Vor  allem  wird 
gegenwärtig  an  der  Zusannnenlegung  der  zahlreichen,  noch  nic-lit 
eingereihten  Austeuten  und  Spezialkollektionen  gearbeitet,  inid 
die  Umgestaltung  der  gesamten  Bestände  in  ein  einheitliches 
System  dürfte,  da  das  gesamte  liessort  der  Entomologie  nun- 
mehr einer  einheitlichen  Leitung  untersteht,  rasche  Fortschritte 
machen.  Es  bleibt  zu  wünschen,  daß  die  zur  Zeit  geradezu  un- 
ei'schwinglichen   Preise   für   Unterkunftsbehälter   wie   Schränke, 


Glaskasten  usw.  bald  einen  Rückgang  erfahren  und  daß  der 
sonst  erprobte  Gemeinsinn  und  die  Hilfsfreudigkeit  der  Bürger- 
schaft auch  der  entomologischen  Abteilung  den  Aufstieg  zu  grö- 
ßerer Leistungsfähigkeit  ermöglichen. 

III.  Vergleichende  Anatomie 

Erfreulicherweise  hat  Frau  M.  Sondheim  auch  im  Kriege 
trotz  übernommener  sozialer  Arbeit  noch  regelmäßig  Zeit  ge- 
funden, die  —  meist  aus  dem  Zoologischen  Garten  —  eingelie- 
ferten Tiere  anatomisch  zu  verwerten.  Und  es  war  keine  geringe 
Aufgabe,  da  neben  vielen  kleinen  Vögeln  und  Säugern  mehrere 
große  (Elefant,  Wisent,  Nashorn  und  See-Elefant)  reichliches 
Material  lieferten.  Von  diesen  Tieren  wurden  die  Gehirne  kon- 
serviert, vom  Elefanten  melirere  instruktive  Präparate,  unter 
anderem  z.  B,  vom  Gehörgang,  sowie  verschiedene  Nerven-  und 
Schnittpräparate  angefertigt.  Bei  der  Herstellung  dieser  Prä- 
parate, wie  auch  einiger  für  die  Lehrsammlung  des  Zoologischen 
Instituts,   hat   sich   wiederum    E.    Cnyxim    verdient   gemacht. 

Besonders  wertvoll  und  willkommen  waren  auch  häufig  die 
frischen  Tierkadaver  als  Demonstrationsmaterial  für  die  Stu- 
dierenden des  Zoologischen  Instituts. 

B.  Botanische  Samnilung' 

Die  botanische  Sammlung  der  Gesellschaft  befindet  sich  seit 
1914  in  den  Räumen  des  Botanischen  Instituts  der  Dr.  Sencken- 
bergischen  Stiftung  im  Bibliotheksgebäude  (Viktoria-Allee  9).  Die 
Schausammlung  konnte  bisher  wegen  Mangels  an  Personal  dem 
Publikum  noch  nicht  geöffnet,  kann  aber  von  denen,  die  sich 
besonders  dafür  interessieren  und  beim  Direktor  melden,  be- 
sichtigt werden. 

C.  Paläontologisch-geologische  Sammlnng 

Auch  dieser  Sammlungsbericht  kann  nur  kurz  ausfallen. 
Denn  es  ist  ganz  unmöglich,  in  den  wenigen  Wochen,  die  seit 
Kriegsende  verflossen  sind,  sich  auch  nur  einen  flüchtigen  Über- 
blick darüber  zu  verschaffen,  was  während  der  letzten  zwei 
Jahre  eingegangen  ist  und  was  zuerst  geschehen  muß.  Zu  den 
starken  Anforderungen,  die  Kriegshilfe  und  Verwundetenfürsorge 
an  die  freiwilligen  Hilfskräfte  stellten,  gesellte  sich  die  Kohlen- 
not, die  ein  Arbeiten  im  Museum  zeitweise  unmöglich  machte. 
So  blieb  fast  alles  liegen.  Über  hundert  verschiedene  Sendungen 


allein  aus  dem  Felde  sind  notiert,  von  denen  bis  heute  etwa 
zehn  ausgepackt  sind.  Dazu  kommt  die  Schwierigkeit,  sich  in 
die  bei  Kriegsausbruch  oder  beim  Einrücken  abgebrochene  Tä- 
tigkeil wieder  einzuleben,  so  daß  ein  ziemlicher  Berg  von  Arbeit 
vor  dem  Leiter,  den  Sektionären  und  den  Mitarbeitern  liegt. 

Aber  auf  der  anderen  Seite  geht  es  auch  erfreulich  vorwärts. 
Unsere  Mitarbeiter  melden  sich  wieder  und  helfen  mit  dem  glei- 
chen selbstlosen  Eifer  wie  früher;  die  Damen  :\I.  Kaysser,  C. 
Proesler,  A.  Schiele  und  E.  Walcker  stehen  bereits 
wieder  auf  ihren  Plätzen,  und  neue  Kräfte  sind  in  Aussicht. 
Dr.  W  e  n  z  hat  seine  Arbeiten  wieder  aufgenommen,  und  der 
kurze  Bericht  der  paläozoischen  Abteilung  zeigt  die  fleißige 
Tätigkeit  des  Sektionärs  Dr.  R.  Richter  und  seiner  Gattin. 
Herr  Konsul  R  o  1  f  e  s  und  Frau  Assessor  T  o  m  f  o  r  d  e  sind  mit 
Bildern  für  die  Schausammlung  beschäftigt.  So  kann  trotz  aller 
Überlastung  die  Hoffnung  ausgesprochen  werden,  daß  in  Jahres- 
frist die  Abteilung  wieder  blüht  und  ihre  alte  Kraft  auch  unter 
den  neuen  Bedingungen  bewährt. 

Der  Leiter  muß  wieder  um  Entschuldigung  bitten,  wenn  so 
mancher  freundliche  Geber,  so  manche  freiwillige  Mitarbeit  nicht 
genannt  wird,  und  kann  nur  die  Hoffnung  aussprechen,  daß 
ihrer  aller  im  nächsten  Bericht  gedacht  werden  kann. 

Eine  kleinere  Anzahl  wissenschaftlicher  Arbeiten  ging  trotz 
aller  Schwierigkeiten  materieller  und  seelischer  Art  in  der  Zwi- 
schenzeit aus  der  Museumsabteilimg  und  dem  Universitäts-Insti- 
tut hervor.  Es  sind: 

A.  Born  „Zur  Geologie  der  spanischen  Kalisalzlagerstät- 
ten". Zeitschr.  für  praktische  Geologie,  1917. 

K.  Fischer  und  W.  Wenz  „Mollusken  aus  den  Sables 
de  Cuise  der  Umgegend  von  Soissons".  Nachrichtsblatt  der  D. 
Malakozoolog.  Gesellschaft  50,  1918. 

R.  u.  E.  R  i  c  li  t  e  r  „Bemerkungen  über  das  Schnauzenschild 
(scutum  rostrale)  bei  Homalonoten".  Zentralbl.  f.  Mineralogie. 
1917. 

,.Die  Lieliadiden  des  Eifler  Devons".  Neues  Jahrbuch  für 
Mineralogie  Bd.  1,  1917. 

,,ljber  die  Einteilung  der  Familie  Acidaspidae  und  über 
einige  ihrer  devonischen  Vertreter".   Zentralbl.  f.  Mineral.,  1917. 

,.Voi'   unseren  Trilobiten  IL'.  47.  Bericht  der  S.  N.  G. 

W.  Wenz   „Die  Molluskenfauna  der  Schleichsande  und  Cy- 


—     57     — 

renenmergel  in  der  Baugrube  des  Frankfurter  Osthafens".  Nach- 
richtsblatt  der   D.  Malakozoolog-.  Ges.,  1917. 

„Das  jüngere  Tertiär  des  Mainzerbeckens  und  seiner  Nacli- 
bargebiete".  Notizblatt  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Darmstadt, 
1916. 

„Die  Thalfing-erschichten  der  schwäbischen  Eugulosakalke 
und  ihre  Beziehungen  zu  anderen  Tertiärablagerungen".  Jahres- 
berichte des  Oberrheinischen  Geologischen  Vereins,   1918. 

„Cypraea  moneta  L.  in  jungdiluvialen  Ablagerungen  bei 
Frankfurt  am  Main".  Nachrichtsblatt  der  D.  ]\lalakozoologischen 
Ges.,  1918. 

„Zur  Altersfrage  der  böhmischen  Süßwasserkalke".  Jahres- 
berichte des  Nassauischen  Vereins  für  Naturkunde  in  Wies- 
baden, 1917. 

Für  die  Handbücherei  wurden  eine  Eeihe  wichtiger  Arbei- 
ten gekauft.  Sehi'  zahlreiche  Lehr-  und  Handbücher,  sowie  ganze 
Zeitschriftenreihen  erwarb  das  Universitäts-Institut  und  stellte 
sie  allen  Mitarbeitern  ebenso  zur  Verfügung  wie  den  Studieren- 
den. Das  gleiche  gilt  für  die  umfangreiche  Bücherei  und  Karten- 
sammlung des  Leiters,  die  ihren  Platz  in  der  Handbücherei  fand. 
Es  sind  als  Anfang  über  8000  Arbeiten  vorhanden  (ohne  die 
Zeitschriften),  die  alphabetisch  aufgestellt  sind,  während  der 
Zettelkatalog,  an  dessen  Herstellung  Frl.  M.  K  a  y  s  s  e  r  das 
größte  Verdienst  hat,  sinngemäß  geordnet  werden  soll.  Erfreu- 
licherweise haben  Dr.  Born,  Dr.  E  i  c  h  t  e  r  und  Dr.  W  e  n  z 
sich  bereit  erklärt,  auch  ihre  Büchereien  den  Mitarbeitern  zu- 
gänglich zu  machen. 

Die  Präparation  des  Flacodus  ist  vollendet;  er  wird  nach 
abgesclilossener  wissenschaftlicher  Bearbeitung  aufgestellt  wer- 
den und  das  erste  Skelett  aus  dem  deutschen  Muschelkalk  dar- 
stellen, das,  vollständig  vom  Gestein  befreit,  wie  ein  rezentes 
Skelett  montiert  werden  kann.  Die  Arbeit  war  ein  Wagnis  und 
konnte  nur  im  Vertrauen  auf  die  ausgezeichneten  Leistmigen 
des  Präparators  C  h  r.  Strunz  unternommen  werden.  Daß  sie 
gelang,  ist  sein  Verdienst.  Ein  späterer  Bericht  wird  Einzel- 
heiten über  die  schwierige  Arbeit  bringen.  Auch  die  Trachodon- 
Mumie  ist  vom  Gestein  befreit  und  wartet  auf  normale  Zeiten 
mit  erschwinglichen  Preisen  für  Metall-  und  Holzteile,  die  zur 
Montierung  nötig  sind.  Gewissermaßen  als  eine  Folge  des  Krie- 
ges   ist    eine   gewaltige    Arbeit    in   Angriff   genommen    worden. 


—     58     — 

deren  Fertigstelluuig-  luxli  nicht  abzusehen  ist  und  sicherlich 
Jahre  dauern  wird.  Als  der  Diplodocus  sich  mit  den  übrigen 
Schätzen  des  Lichthofes  vor  den  feindlichen  Fliegerangriffen  in 
schützende  Keller  zurückzog,  mußte  er  zerlegt  werden,  und  da 
war-  es  natürlich,  daß  beim  Wiederauftauchen  der  Plan  erörtert 
und  sofort  in  Angriff  genommen  wurde,  das  Riesenskelett  aus 
seiner  Gipshülle  zu  erlösen  und  frei  aufzustellen.  Die  Arbeit  ist 
sehr  schwierig,  aber  sie  wird  hoffentlich  gelingen  und  dann  das 
prachtvolle  Stück  in  neuer  Gestalt  erstehen  lassen.  Die  Mon- 
tierung des  Peloneustes,  die  19 U  begonnen  und  mit  Kriegsbeginn 
abgebrochen  wurde,  ist  in  vollem  Gange  und  wird  bald  vollen- 
det sein. 

Die  zahlreichen  Geschenke,  die  zur  Bereicherung  der  Samm- 
lung in  der  Zwischenzeit  iDeitrugen,  können  heute  noch  nicht 
aufgezälilt  werden.  Zeit  und  Arbeitskräfte  sind  zu  beschränkt, 
um  eine  Sendung  aus  dem  Felde  nach  der  anderen  vornehmen 
zu  können,  und  so  mögen  sie  alle  bis  zum  nächsten  Bericht 
warten,  wo  dann  eine  vollständige  Aufzählung  all  derer  gegeben 
werden  soll,  die  trotz  Gefahr  und  Not  des  Senckenbergs  gedach- 
ten und  von  denen  so  mancher  nicht  wiederkehrt.  So  viel  steht 
heute  schon  fest:  im  Westen  sind  prächtige  Materialien  ge- 
sammelt worden,  die  ein  vollständiges  Profil  durch  das  soge- 
nannte Pariser  Becken  von  seinen  ßandgebirgen  an  ergeben, 
mit  sehr  reichen  Funden,  die  zum  Teil  bereits  in  wissenschaft- 
licher Bearbeitung  sind.  Majiches  wertvolle  Stück  aus  den 
Schützengräben  und  Unterständen  wird  nach  und  nach  in  der 
Schausannnlung  auftauchen  und  ein  Zeugnis  für  deutsche  Arbeit 
ablegen. 

Aus  der  Heimat  sind  folgende  Schenkungen  zu  erwähnen: 
von  ■  unserem  dui'cli  seine  Güte  oftmals  bewährten  Gönner  A. 
V.  G  w  i  n  n  e  r  unter  anderem  prachtvolle  Jura-  und  Tertiär- 
fische, wie  ein  Schädel  von  Rhinoceros  antiquitatis  aus  Sibirien 
mit  dem  zugehörigen  langen  Horn,  das  dort  im  gefrorenen  Bo- 
den ausnahmsweise  erhalten  gel^lieben  ist.  Ferner  von  Dr.  G. 
D  a  h  m  e  r  -  Höchst  sehr  erwünschte  Gipsabgüsse  von  Harzer  Tri- 
lolnten  und  Zweischalern,  von  Dr.  St  ei  nhausen  Fossilien 
aus  dem  Hunsrück.  Angekauft  und  eingetauscht  wurde  haupt- 
sächlich devonisches  Material  aus  der  Eifel  und  Schlesien  zur 
Unterstützung  der  Arbeiten  des  Sektionärs  Dr.  Ei  cht  er. 

Umfangreiche  Aufsannnlungen,   die  dieser  mit   seiner   Frau 


—     59 

während  längerer  Urlaubswoclien  in  der  Eifel  vornehmen  konnte, 
wurden  eingereiht  und  mit  den  devonischen  Sammlungsbestän- 
den sannnlungstechnisch  und  wissenschaftlich  von  ihnen  durch- 
gearbeitet. Das  monographische  Studium  der  Devontrilobiten, 
wozu  ein  in  diesem  Umfange  noch  nie  vereinigtes  Material  von 
den  in  Betracht  konunenden  Sammlungen  des  In-  und  Aus- 
landes dem  Museum  anvertraut  wurde,  ist  wieder  aufgenonmien 
worden. 

I).  Miiieralo^'isch-petrogTaphiscIie  Samiiiluii^' 

Das  Jahr  1917  war  trotz  der  schweren  Zeit  für  die  iVfine- 
raliensammlung  überaus  segensreich..  Die  Männer,  deren  wohl- 
wollender Gesinnutig  wir  diese  hocherfreuliche  Tatsache  ver- 
danken, sind  die  Herren  A  r  t  h  u  r  v.  G  w  i  n  n  e  r  ,  W  i  1 1  y  Hof 
und  0  s  k  a  r  L  ö  w  B  e  e  r. 

A.  V.  G  winner  schenkte  22  große  Schaustufen  und  Kri- 
stallgruppen, unter  denen  hier  einige  besonders  hervorgehoben 
sein  mögen: 

S  t  r  e  n  g  i  t  und  P  h  o  s  p  h  o  s  i  d  e  r  i  t  von  dem  neuen  Fund- 
ort Kreuzberg  bei  Pleystein  in  der  Oberpfalz,  dessen  Mineralien 
Jetzt  im  Münchener  Mineralogischen  Institut  bearbeitet  w^erden. 
Der  Strengit  ist  das  dem  Skorodit,  dem  rhombischen  wasser- 
haltigen Eisenoxydarseniat,  entsprechende  und  diesem  isomorphe 
Phosphat,  meist  mit  |111)  |  120|  |  100]  =  P  .  oo  P2  •  ooPöo.  Er 
wurde  zuerst  1877  von  A.  Nies  beschrieben,  der  ihn  im  Braun- 
eisenlager vom  Dünsberg  bei  Gießen  in  der  Grube  Eleonore  fand ; 
auch  traf  ihn  Streng  in  der  Grube  Eotläufchen  bei  Wald- 
girmes  zwischen  Wetzlar  und  Gießen,  G.  A.  König  in  Rock- 
l)ridge  Co.,  Virginia,  Franz  Ritte  r  bei  Bremthal  im  Taunus 
und  neuerdings  R.  Koechlin  in  der  gewaltigen  Magneteisen- 
Apatitmasse  des  Kiirunavaara  in  N. -Schweden.  Meist  bildet  er 
nur  kleine  kugelige,  kristalline  Aggregate;  die  Kreuzberger  Kri- 
stalle gehören  wohl  zu  den  hervorragendsten  bis  jetzt  bekann- 
ten. Der  ihm  nahe  stehende  Phosphosiderit  wurde  zuerst  von 
W.  Brüh  n  s  und  K.  B  u  s  z  bei  Eiserfeld  (Siegen)  gefunden 
und  beschrieben. 

Von  Leopoldshall  (Staßfurt)  ist  eine  kostbare  Gruppe  von 
S  y  1 V  i  n  -  Kristallen  zu  nennen,  Würfel  mit  Oktaeder,  einige  In- 
dividuen bis  5  cm  dick,  auf  körnigem  Steinsalz  und  von  kleinen 
Salzwürfeln  begleitet.  Von  ebendaher  kommt  eine  höchst  inter- 
essante Gesellschaft  von    Bit  ters  alz  -  Kristallen   (auch   Epso- 


—     60     — 

mit,  Reichardtit  genannt),  ebenso  auf  köiiiigem  Steinsalz  mit 
aufsitzenden  Würfelchen  wie  der  öylviii;  z.T.  umwachsen  die 
Epsomitkristalle  die  Salzwürfel.  Jene  sind  nach  c  gestreckt,  bis 
25  mm  lang  und  10  mm  dick,  z.  T.  iiocli  glänzend  und  durch- 
sichtig, meist  aber  oberflächlich  mit  dünner  Verwitterungskruste 
umhüllt.  In  allen  Kristallen  treten  beide  Sphenoide  auf,  meist 
das  eine  vorherrschend,  ferner  [llOj  ]100]  ]010[  [lOlj  jOllj;  für  wei- 
tere Formen  sei  auf  Mi  Ichs  Arljeit  „Über  Epsomitkristalle 
von  Staßfurt-Leopoldshall"  in  Groth,  Z.  Kr.  20,  221  ff.  ver- 
wiesen. Mile  h  hatte  die  Kristalle  von  H  i  n  t  z  e  zur  Unter- 
suchung erhalten,  dem  sie  von  J  o  h.  B  r  u  n  n  e  r  in  Magdeburg- 
zugescliickt  Avaren,  A.  v.  G winner  hat  unsere  Stufe  bei  Ku- 
sche in  München  gekauft.  Nach  einer  beiliegenden  Postkarte 
von  H  i  n  t  z  e  an  B  r  u  n  n  e  r  ist  zu  vermuten,  daß  unsere  Stufe 
M  i  1  c  h  s  Originalstück  ist.  Bittersalz  findet  sich  in  der  Natur 
außer  in  Staßfurt  selten  in  guten  Kristallen  (im  Gips  des  Dep. 
de  l'Herault  und  in  Salzseen  im  Gouv.  Orenburg),  sonst  meist 
nur  in  Krusten  oder  haarförmigen  Effloreszenzen. 

Schon  in  früheren  Jahren  hatten  wir  unserem  treuen  Gönner 
hervori^agende  Tür  maline  zu  verdanken,  jetzt  wieder  einen 
mächtigen  Kristallstock  von  Pala,  etwa  12  -cm  lang,  9  cm  breit, 
trigon.  Prisma  und  Basis  dominierend,  2  Hauptkristalle  mit  vie- 
len kleinen  in  meist  paralleler  Stellung,  rot  mit  grünen  Enden. 
Ferner  seien  genannt :  3  blaue  Fluorit  -Würfel,  bis  13  cm  Kan- 
tenlänge, in  Zwillingsstellung  nach  dem  Okta-eder,  auf  einer 
Fläche  Eisenspat  und  Blende  aufgewachsen;  Dioptas  in  Quar- 
zit  von  Gudab  (Otavi);  graue  Mikrokline  vom  Pikes  Peak 
mit  guter  Gitterung:  P,  M,  T,  x,  z,  y;  Vesuvian  vom  Vesuv; 
große  Schaustufe  von  Fluorit  mit  Quarzüberwachsung  von 
Durham  (Cumberland)  und  A  m  e  t  h  y  s  t  in  angeschliffener  Quarz- 
geode  von  Uruguay  (32.46.23  cm). 

Oskar  Low  Beer  schenkte  3000  Mark  und  sclioß  7000 
]\Jark  zum  Ankauf  der  von  dem  verstorbenen  Prof.  F.  Hörn- 
st e  i  n  in  Cassel  gesammelten  Basalteinschlüsse  vom 
Bühl  beim  Dorf  Weimar  in  der  Nähe  von  Cassel  vor.  Wenn 
sicli  auch  in  der  Literatur  einige  Angaben  über  das  Auftreten 
von  gediegenem  Eisen  in  Basalten  und  anderen  Eruptiv- 
gesteinen finden,  so  ist  doch  der  Bühl  durch  das  massenhafte 
Vorkommen  von  metallischem  Eisen  in  einem  irdischen  Gestein 
für  Eui'opa  ein  Unikum  und  kann  überhaupt  nur  mit  der  gTÖn- 


~     61     ^ 

ländischen  Insel  Disko  und  anderen  Orten  Grönlands  ver- 
glichen werden  (Nordenskiöld,  Wohl  er,  Steenstrup, 
Seh  want  ke  u.  a.).  Auch  die- Vergesellschaftung  von  Eisen 
mit  Magnetkies  und  Graphit  erinnert  an  Grönland  und  an  die 
Meteoreisen;  aber  die  Analyse  des  Bühleisens  ergibt  nach  Ditt- 
rich  kein  Nickel  und  auch  nur  Spuren  von  Kohlenstoff.  Das 
Eisen  umschließt  auch  andere,  ihm  ähnliche  Körnchen,  mitunter 
ziemlich  viele,  die  aus  Kupfervitriol  kein  Cu  ausscheiden.  Es 
ist  jetzt  noch  nicht  angängig,  über  die  Bühlsachen  nähere  Mit- 
teilungen zu  machen;  hier  sei  nur  erwähnt,  daß  die  Einschlüsse 
vorwiegend  aus  Eisen,  Magnetkies,  körnigem  und  „schlackigem" 
Magnetit,  Pyrit,  Zinkblende  (!),  Quarz,  Silikaten  (namentlich 
Sillimanit),  Graphit  bestehen,  wozu  noch  Brockfen  kommen,  die 
zweifellos  vom  durchbrochenen  Nebengestein  losgerissen  sind; 
vielleicht  ist  auch  noch  ein  Teil  der  erstgenannten  Massen  hier- 
her zu  rechnen.  Die  Eiseneinschlüsse,  nußgroß  und  kleiner, 
anderseits  bis  zum  Gewicht  von  mehreren  Kilogrammen,  betra- 
gen allein  über  500  Exemplare,  darunter  etwa  150  angeschliffene 
und  polierte  Stücke;  wohl  ebenso  zahlreich  sind  die  Magnetkiese. 
Die  Sammlung,  die  Prof.  Hornstein  im  Lauf  vieler  Jahre 
(1904,  wo  er  das  erste  Eisen  fand,  bis  1916)  in  unermüdlichem 
Eifer  zustande  brachte,  gewinnt  noch  dadurch  an  Bedeutung, 
daß  die  Brüche  jetzt  ersoffen  sind.  Es  ist  wohl  kaum  daran  zu 
zweifeln,  daß  die  angelegte  Summe  zum  größten  Teil  durch 
Verkauf  von  Dubletten  gedeckt  werden  kann,  auch  wenn  man 
nicht  die  enormen  Preise  der  Händler  zugrunde  legt.  Weiterhin 
liegen  eine  Menge  von  Photogrammen,  Negativen  und  Diaposi- 
tiven der  Bühlbrüche  und  ihrer  Einschlüsse  vor,  auch  etwa  300 
bei  Fueß  und  Voigt  &  Hoc  hge  sang  hergestellte  Dünn-, 
schliffe  von  Eruptivgesteinen,  namentlich  Basalten,  einschließ - 
licli  20  Nummern  von  Bülileinsclilüssen.  Sehr  willkommen  sind 
5  Analysen,  die  Dittrich  in  Heidelberg  ausgefülirt  hat:  Bühl- 
basalt, Magnetkies,  -Eisen,  Zinkblende,  Magnetit;  ihnen  lagen 
Analysenberechnungen  und  kleine  Publikationen  von  Horn- 
stein   über  den  Bühl  und  seine  Einschlüsse  bei. 

Willy  Hof  schenkte  der  Sektion  1000  Mark  zur  beliebi- 
gen Verwendung. 

Auch  an  dieser  Stelle  ergreift  der  Sektionär  mit  Freude 
die  Gelegenheit,  den  drei  genannten  hochherzigen  Männern  für 
ihre  kostbaren  Zuwendungen  den  innigsten  Dank  der  Sencken- 


—     62     — 

V)ergischen  Gresellschaft  zum  Ausdruck  zu  bringen. 

P.  Prior  verdanken  wir  eine  Pseudomorpliose  von  Ma- 
ladiir  nach  Kupfer  von  Bi-aubach  und  eine  Gangstufe  mit 
Kiiigelerzstruktur  von  Laurenburg  a.  d.  Lahn:  Blende,  Spat  eisen, 
Bleiglanz. 

Gekauft  wurde  für  die  kristallographische  Schausannnlung 
eine  Serie  von  Kristallen,  ferner  Sill>er  auf  Kupferschiefer  (Eis- 
leben). Silberskelette  (Tarapaca),  Pinguit  (Stenn  bei  Zwickau), 
Ti-oegerit,  Silberglanz  mit  ,,Akanthit"  (Frei1>erg),  Arseniosidei^it 
(Mareche),  Laumontit  (Nagyag),  Pyrit  mit  Blende  und  Magnet- 
kies (Freiberg),  Rheinsand  von  Philippsburg. 

Wie  immer  hat  auch  in  diesem  Jahr  Bei^ginspektor  K.  M  al- 
ler einen  großen  Teil  seiner  Zeit  der  Mineraliensammlung  ge- 
widmet und  u.  a.  deii  Katalog  für  die  Schausammlung  fertig 
gestellt.    Herzlichen  Dank  dem  treuen  Mitarbeiter! 

In  1918  ist  wiederum  in  erster  Linie  der  zahlreiclien  Zu- 
wendungen .V  )•  t  h  u  r  V.  G  w  i  n  n  e  r  s  zu  gedenken,  im  ganzen 
160  Gesteinshandstücke  und  Mineralstufen,  z.  T.  große  Pracht- 
stücke für  die  Schausammlung.  Es  seien  hervorgehoben:  120 
Gesteinsarten  (Eruptive,  Sedimente,  kristalline  Schiefer),  eine 
Serie,  die  in  7  Stufen  den  Verlauf  der  Granitverwitterung  demon- 
striert, schöne  Comptonite  mit  den  3  Pinakoiden  von  Kaaden, 
Linurit  und  Kupferlasur  von  Tsumeb,  große  blaue  Fluoritwürfel 
von  ('uiiil)ei'land,  Vivianit  in  einer  Muschel  von  Kertsch  (Krim), 
Kupfer  in  Blechform  vom  Lake  superior,  Silber  auf  Kupfer- 
schiefer von  Eisle]>eii,  weiße  Silberskelette  vom  Lake  superior, 
große  Phlogopitplatte  mit  unter  60°  sich  schneidenden  Eisen- 
glanzleisten,  sternförmigen  Gruppen  und  verwaschenen  Flecken 
(Calcutta?),  große  Schaustufe  mit  einer  Menge  von  klaren,  durch- 
schnittlicli  etwa  3  cm  langen  Calcitprismen  mit  vorherrschenden 
— 1/2  K  .  H  3  von  Frizington,  von  ebendaher  eine  prächtige  Stufe 
mit  dunkeln,  lebhaft  glänzenden  Kristallen  vom  Serro  da  Mar 
vorwiegend  00  P  •  oP  •  '2  Pö^  =  |110]  ]00l!  -1102),  Amethystdruse 
mit  dunkelen,  leibhaft  glänzenden  Kristallen  vom  Serro  da  Mar 
(Bras.),  angeblich  mit  Platin  (?)  imprägnierte  Grauwacke  von 
Wenden  (Kr.  Olpe),  sein-  schöne  polierte  Schalenblende  mit  Pyrit 
von  Altenberg  (Aachen),  ein.  anderes  Stück  von  der  Grube  Esch- 
bruch bei  Moresnet  mit  Pyrit  und  Bleiglanz,  großer  braunroter 
Korund  (Zwilling  nach  R)  von  Madagaskar,  polierte  Pudding- 
steinplatte  (Flintkonglomerat),    Fahlerz   mit   Quarz   auf  Liparit, 


—     63     - 

beide  Tetraeder  mit  Pyramidentetraeder,  ganz  wie  die  Kapinker 
aussehend,  aber  als  Fundort  „Botes"  angegeben,  großer  Vesu- 
vian  aus  einem  Sommablock  (Prismenzone  und  Basis),  Dumor- 
tierit  (Kalifornien),  Kupferindig  (Covellin)  von  Bor  (Serbien), 
Delvauxit  von  „Vinik",  Böhmen,  bei  Zeplarovich  nicht  ge- 
nannt, er  erwähnt  „Winaf". 

Von  M.  von  der  Porten  in  Berlin  erhielten  wir  durch 
V.  G  w  i  n  n  e  r  s  Vermittlung  eine  Serie  von  Erzen,  darunter  ein 
vorwiegend  aus  Mottramit  (wasserhaltigem  Bleikupfervanadinat) 
bestehendes  Vanadinerz  von  Tsumeb,  sowie  Fluorit  von  Bad  Lie- 
benstein, von  Betriebsschlosser  K.  M  a  r  x  auf  Veranlassung  des 
Lehrers  B.  Cronberger,  hier:  11  Erzproben  von  Altan  Tepe, 
N.-Dobrudsclia  (Kupferkies,  Pyrit,  Magnetit,  Brauneisen  u.  a. 
mit  Quarz  in  Schiefer),  von  Berginspektor  K.  AlüUer  Anhydrit 
von  Wieliczka,  blumenkohlähnliche  Aggregate,  z.  T.  in  klaren 
Steinsalzkristallen  eingewachsen.  Wir  danken  den  alten  und 
neuen  Freunden  der  Senckenbergischen  Naturforschenden  Ge- 
sellschaft herzlich  für  ihre  gütigen  Zuwendungen. 

Schließlich  kann  noch  die  erfreuliche  IMitteilung  gemacht 
werden,  daß  ein  Teil  der  Bühleinschlüsse  im  Mineralogischen 
Institut  der  hiesigen  Universität  unter  Leitung  von  Prof.  B  o  e  k  e 
und  Dr.  Eitel  mikroskopisch  und  metallographisch  untersucht 
wurde  und  daß  diese  Untersuchimg  zu  wertvollen  Ergebnissen 
geführt  hat,  wie  aus  beifolgender  Notiz  Dr.  E  it  eis   hervorgeht. 

„Die  Untersuchung  der  Einschlüsse  von  gediegenem  Eisen, 
jNIagneteisenstein  und  Magnetkies  in  dem  Basalt  des  Bühls  bei 
Cassel  hat  einige  sehr  interessante  Ergebnisse  gezeitigt,  die 
in  einer  bald  erscheinenden  Arbeit  des  Herrn  W.  Ir  me r -Wies- 
baden zusammengefaßt  sind.  Insbesondere  ergab  die  mikrosko- 
pische Untersuchung  der  knollenförmigen  Einschlüsse  der  ge- 
nannten Mineralien,  daß  starke  pyro-  und  kontaktmetamorphe 
Veränderungen  der  mit  dem  Basalt  aus  der  Tiefe  gerissenen 
Gesteinspartien  stattgefunden  haben,  und  daß  das  gediegene 
Eisen  genetisch  mit  den  Erzen  aufs  innigste  zusammenhängt. 
Durch  die  metallographische  Untersuchung  der  Eisen -Einschlüsse 
konnte  fernerhin  festgestellt  werden,  daß  ein  geringer  Kohlen- 
stoffgehalt in  ihm  enthalten  ist,  der  zu  hochinteressanten  per- 
litischen  Strukturen  in  dem  Metalle  fülirt,  von  so  eigenartiger 
Beschaffenheit,  wie  man  diese  bis  jetzt  wohl  an  Kunstprodukten 
des    Eisen- Kohlenstoffs vstems   kaum   beobachtet    haben    dürfte." 


64 


Lehrtätigkeit  vom  April  1917  bis  März  1919 


1.  Zoologie 

Somiiierhalbjalir  1917:  Prof.  Steche  begann  die  Betrach- 
tung der  Vertebraten  mit  einer  ausfülirlichen  Darlegung  des 
Baues  und  der  Entwicklung  von  Ämphioxus.  Daran  schloß  sich 
die  Übersicht  über  Cyclostomen  und  Fische.  Von  ihnen  wurden 
die  Selachier,  die  niederen  Knochenfische  und  von  den  Teleo- 
stiern  die  ersten  großen  Gruppen  bis  zu  den  aalartigen  be- 
sprochen. 

Winterhalbjahr  1917/18:  Die  Fortsetzung  der  Betrachtung 
des  Tierreiches  führte  zunächst  zum  Abschluß  der  systemati- 
schen Übersicht  über  die  Knochenfische.  Bei  der  außerordent- 
lichen Formenfülle  dieser  Gruppe  konnte  natürlich  nur  eine 
kleine  Auswahl  vorgeführt  werden;  immerhin  wurden  neben  den 
wichtigen  Nutzfischen  auch  die  biologisch  bemerkenswertesten 
Formen,  so  die  Tiefseefische  mit  ihi'en  Leuchtorganen,  die  Fische 
der  Korallenriffe  mit  ilii-en  bizarren  Formen  und  Farben,  die 
fliegenden  Fische,  die  Umgestaltung  der  Plattfische  u.  a.  genauer 
besprochen.  Der  nächste  Teil  des  Semesters  gab  die  Übersicht 
über  die  Amphibien.  Hier  wurden  vor  allem  die  heimischen 
Formen  berücksichtigt  und  auch  die  zur  Klärung  vererbungs- 
theoretischer Fragen  bei  ihnen  angestellten  Versuche  (  K  a  m  - 
merers  Zuchten  von  Salamandern  und  Alytes)  dargestellt. 
Besondere  Berücksichtigung  fanden  die  eigentümlichen  Brut- 
pflegeeinrichtungen  vieler  Formen. 

Zum  Schluß  wurde  die  Regeneration  der  Ileptilien  in  ihren 
Grundzügen  erörtert  und  noch  die  Besprechung  der  Brücken- 
echse als  des  ursprünglichsten  heute  lebenden  Typus  durchge- 
führt. 


6Ö     - 

Soninierhalbjalir  1918:  Die  Vorlesungen  fülnten  in  unniirt el- 
bare  m  Anschluß  an  das  Winterhalbjahr  die  Betrachtung-  der 
Eeptilien  zu  Ende.  Den  breiteren  Raum  nahm  die  formenreiche 
Gruppe  der  Eidechsen  ein.  Hier  gaben  die  sehr  mannigfachen 
Anpassungen  an  verschiedene  Lebensbedingungen  Gelegenheit 
zu  allgemein-biologischen  Betrachtungen;  besonders  betont  wurde 
die  Annäherung  an  den  Schlangentypus  in  verschiedenen  Parallel- 
reilien  in  den  systematischen  Untergruppen.  Bei  den  Schlangen 
wurden  neben  der  Verschiedenheit  des  Verhaltens  der  giftlosen 
und  giftigen  Schlangen  als  Wirkung  ihrer  verschiedenen  Art, 
sich  der  Beute  zu  bemächtigen,  auch  die  interessante  Mimikry 
zwischen  Colubriden  und  Elapiden,  für  die  auf  Grund  von  Dr. 
Sternfelds  Untersuchungen  reiches  Material  vorlag,  vorge- 
führt. Für  Krokodile  und  Schildkröten  reichte  die  Zeit  nur  zu 
einer  sehr  gedrängten  Übersicht. 

Winterhalbjahr  1918/19:  Da  die  Vögel  bereits  früher  von 
Geh.  Reg. -Rat  zur  Strassen  behandelt  und  die  Säugetiere  im 
Sommer  in  einer  speziellen  Universitätsvorlesung  besprochen  wa- 
ren, wurde  die  Durchführung  des  Programms,  eine  Übersicht 
über   das   gesamte    Tierreich   zu   haben,   zunächst   unterbrochen. 

Statt  dessen  wurde  ein  biologisches  Einzelproblem  behan- 
delt: die  Ernährung  der  Tiere.  Ausgehend  von  der  Grundfrage, 
wie  weit  die  Anpassung  an  eine  besondere  Funktion  den  gan- 
zen Organismus  beeinflußt,  wurde  zunächst  an  den  großen 
herdenbildenden  Säugetieren  die  Beziehung  zwischen  Pflanzen- 
nahrung und  Körperbau,  physiologischen  und  psychologischen 
Leistungen  dargelegt.  Die  Gültigkeit  der  hier  abgeleiteten  Sätze 
wurde  auch  für  die  flanzenfressenden  Wirbellosen  in  weitem 
Umfange  nachgewiesen.  An  diese  Gruppe  schlössen  sich  die 
Kleinzeugfresser,  die  Plaiiktonvertilger  und  die  Schlamm-  und 
Detritusfresser  an.  Die  zweite  Reihe  l>egann  in  scharfem  Gegen- 
satz dazu  mit  den  Raubsäugetieren  und  untersuchte  neben  deren 
Grundtypus  die  Spezialfälle  der  im  Hinterhalt  lauernden  Räuber, 
der  Fallensteller,  der  Gifttiere  und  ähnlichen.  Die  Betrachtung 
der  Aasfresser  mit  ihren  oft  sehr  eigenartigen  Anpassungen 
(Totengräber)  führte  zu  den  Kotfressern  (Pillendreher  und  an- 
dere Käfer)  und  endlich  zu  den  Kleintierfressern,  wo  sich  durch 
Berührung  mit  dem  Endpunkt  der  ersten  Reihe  der  Kreis  der 
Besprechung  schloß.  Der  Hauptwert  wurde  während  der  ganzen 


GG        - 

Vorlesuiiü-  darauf  gelegt,  die  gesetzmäßigen  Übereinstiniinuiigeii 
der  einzelnen  biologischen  Typen  ganz  unabhängig  von  ilu'er 
systematischen   Stellung  klarzulegen. 

Sämtliche  Vorlesungen  wiu-den,  da  Geh.  Keg.-Kat  z  u  r  S  t  r  a  s- 
s  e  n    im  Felde  stand,  von  Prof.  Steche    abgehalten. 

II.  Hotaiiik 

Geh.  Reg. -Rat  Mob  i  u  s  hielt  folgende  Voi'lesungeii  und 
Kurse  ab: 

Sommerlialbjahr  1917:  1.  Entwicklunggeschichte  der  Pflan- 
zen  (üntogenie).    2.  ]\likroskopisches  Praktikum. 

Winterhalbjahr  1917/18:  Allgemeine  Pflanzengeographie. 
Sonnnerhalbjahr  1918:  1.  Über  die  Entstehung  der  Arten  mit  be- 
sonderer B'erücksichtigung  der  botanischen  Forschung.  2.  Alikro- 
skopisches  Praktikum  für  Anfänger. 

Winterhalbjahr  1918/19:  Phylogenie  des  Pflanzenreichs  (I. 
Teil  Algen  und  Pilze). 

Außerdem  veranstaltete  Privatdozent  Dr.  W.  Brandt  im 
Sommerhalbjahr   1918   Botanische   Exkursionen. 

III.  Paläontologie  und  Geologie 

Sonnnerhalbjahr  1917:  Dr.  Wenz  sprach  über  „Geologie 
von  Südwestdeutschland.".  Besonderer  Wert  wurde  auf  eine  klare 
Hervorhebung  der  einzelnen  großen  Entwicklungsphasen  des  Ge- 
bietes gelegt,  die  seinen  Aufbau  verständlich  machen.  Eingehen- 
der wurden  die  in  der  nächsten  Umgebung  auftretenden  Forma- 
tionen behandelt  mit  Ausnahme  des  Tertiärs,  das  in  der  Winter- 
vorlesung bereits  behandelt  worden  war.  Der  Vortrag  wurde 
durch  ein  reiches  Anschauungsmaterial  an  Wandtafeln,  Projek- 
tionen und  Belegstücken  der  Sammlung  des  Äluseums  unter- 
stützt. Trotz  mannigfacher  Schwierigkeiten  konnten  im  Anschluß 
au  die  Vorlesungen  eine  Reihe  von  Exkursionen  in  die  nähere 
und  weitere  Umgebung  Frankfurts  unternonnnen  werden,  an 
denen  durchschnittlich  etwa  15  Hörer  teilnahmen. 

Winterhalbjahr  1917/18:  Dr.  Wenz  sprach  über  „die  geo- 
logischen Kräfte  der  Erdrinde".  Ausgehend  von  den  älteren 
und  neueren  Hypothesen  der   Kosmogonie  und  ihrer  kritischen 


(i7        - 

Würdigung  Aviirden  die  Forseliuiigsniethodeii  und  -ergebnisse  der 
modernen  Seismologie  behandelt,  dit  in  Verbindung  mit  den 
Scliweremessungen  und  der  Bestinnnung  der  Tiefentemperatur 
die  Grundlagen  zu  unserer  Kenntnis  vom  Bau  und  der  Zusammen- 
setzung des  Erdinnern  bilden.  Ausführlichere  Besprechung  fan- 
den die  Entstehung  und  Auswertung  der  Erdbebendiagraanme 
sowie  Lage  und  Verhalten  der  wichtigsten  Erdbebenherde  und 
Schüttergebiete   an    Hand   eines   reichen    Anschauungsmaterials. 

Im  Ansclikiß  daran  gelangten  die  allgemeinen  Fragen  des 
Mechanismus  der  Gebirgsbildung,  an  einzelnen  ausgewählten 
Beispielen  erläutert,  zur  Darstellung,  die  die  Grundlage  zur  Ein- 
führung in  den  speziellen  Teil  bildete,  der  sich  mit  den  einzel- 
nen Phasen  der  Gebirgsbildung  beschäftigen  sollte,  infolge  Ein- 
berufung des  Dozenten  zum  Heeresdienst  aber  nicht  mehr  be- 
handelt werden  konnte. 

Sommerhalbjahr  1918:  Prof.  Steuer  behandelte  im  ersten 
Teile  des  Semesters  die  Entstehung  von  Kalksteinen  unter  Alit- 
wirkung  von  pflanzlichen  und  tierischen  Organismen.  Der  Vor- 
tragende ging  von  den  Untersuchungen  aus,  die  in  allerneuester 
Zeit  über  Herkunft,  Erlialtung  und  Bearbeitung  des  zu  der 
Jupitersäule  des  S  a  m  u  s  und  S  e  v  e  r  u  s  in  JMainz  von  den 
Römern  verwendeten  jSIaterials  ausgeführt  worden  sind.  Er  be- 
sprach ferner  anknüpfend  an  die  neuesten  Funde  von  Litho- 
thanmienkalken  im  Mainzerbecken  bei  Alzey  und  an  die  pracht- 
vollen Algenkalke  von  Weisenau  1)ei  ]Nrainz  und  Oppenheim- 
Nierstein,  deren  Bildung  sowie  diejenige  der  Oolithe  des  fran- 
zösischen oberen  Jura,  vermutlich  unter  der  IMitwirkung  von 
Cyanophyceen  gegenüber  der  anorganischen  Entstehung  von 
ähnlichen  Gesteinen,  wie  z.  B.   der   Erl)sensteine  von   Karlsbad. 

Der  zweite  Teil  der  Vorlesung  wurde  einer  Besprechung 
der  Verbreitung  und  Entwicklung  des  Silurs  in  Deutschland  ge- 
widmet. Auch  hier  konnte  von  den  neuesten  Untersuchungen 
ausgegangen  werden,  indem  die  bergbaulichen  Aufschlüsse  bei 
Gießen,'  die  zur  Entdeckung  wohlentwickelten,  fossilführenden 
Silurs  am  Taunusrande  führten,  behandelt  wurden.  Zum  Ver-. 
gleich  wurde  dann  die  Ausbildung  der  gleichen  Formation  im 
Kellerwalde,  in  Thüringen  und  im  Harz,  sowie  die  englische 
und  böhmische  Entwicklung  herangezogen. 

Die  beabsichtigten  Exkursionen  mußten  leider  infolge  der 
durch  den  Krieg  hervorgerufenen  Schwierigkeiten  unter])]eiben. 


-        GS 

Wintersemester  1918/19:  Für  das  Winterseinester  war  von 
Prof.  Steuer  als  Gegenstand  der  Vorträge  hauptsächlich  die 
Entstehung  der  mineralischen  Brennstoffe  und  die  Geologie  der 
deutschen  Stein-  und  Braunkohlenlager  gewählt  worden,  eine 
kurze  Behandlung  der  Kalisalze  und  Erzlagerstätten  sollte  sich 
anschließen.  Leider  wurde  die  zur  Verfügung  stehende  Zeit 
durch  die  eintretenden  politischen  und  Verkehrsverhältnisse 
stark  beschränkt,  so  daß  nur  auf  die  Entstehung  der  Brennstoffe 
und  die  Geologie  der  deutsehen  Steinkohlenbecken  näher  ein- 
gegangen werden  konnte. 

Nach  einer  allgemeinen  Einleitung  über  die  deutschen  Bo- 
denschätze wurde  eingehend  die  Entstehung  von  Faulschlamm- 
bildungen, Humus,  Harzen,  Braun-  und  Steinkohlen,  sowie  der 
mineralischen  Öle  besprochen.  Es  wurden  die  verschiedenen  Zer- 
setzungsprozesse bis  zur  Kohlenbildung  verfolgt.  Daran  knüpfte 
sich  die  Betrachtung  der  chemischen  Zusammensetzung,  sowie 
die  Einteilung,  Bewertimg  und  technische  Verwendung  der  ver- 
schiedenen Kohlensorten.  Dann  folgte  die  Schilderung  der  Ent- 
stehung von  Moor-  und  Torflagern  und  ihrer  Verbreitung,  fer- 
ner der  Bedingungen,  unter  denen  sich  die  Vegetation  der  Stein- 
kohlenzeit entwickelte,  weiter  der  Ansichten  über  autochthone 
und  allochthone  Bildmig  der  Kohlen.  Ein  weiteres  Kapitel 
brachte  eine  Übersicht  über  die  Flora  der  Steinkohlenzeit  und 
über  den  Werdegang  der  Pflanzenwelt  in  der  Erdgeschichte  über- 
liaupt.  Nach  einem  Überblick  über  die  gebirgsbildenden  Vor- 
gängewährend der  mittleren  Carbonzeit  und  den  Einfluß  dieses 
Hochgebirges  auf  Klima,  Niederschläge,  Üppigkeit  des  Pflanzen- 
wuchses, Moor-  und  Kolilenbildung  ging  der  Vorträgende  dann 
auf  die  eingehendere  geologische  Behandlung  der  einzelnen 
Kohlenbecken  über.  Den  Schluß  machten  wirtschaftliche  An- 
galien über  die  Gewinnung  vor  dem  Kriege  im  Vergleich  zu 
anderen  Ländern. 

TV.  Miiier.aloj2:ie 

Sommerlialbjahr  1917 :  Li  Vertretung  Prof.  Dr.  H.  E.  B  o  e  k  e  s 
sprach  Dr.  W.  Eitel  über  „Die  äußere  Form  und  innere  Struk- 
tui-  der  Kristalle"  im  Hörsaal  des  Mineralogischen  Instituts  der 
Universität.  Es  wurden  eingehend  die  Grundgesetze  der  kristallo- 
graphischen  Formenlehre  besprochen,  sodann  die  Symmetrie- 
elemente der  Kristalle  erläutert  und  aus  diesen  die  einfachsten 


69      - 

kristallographiscli  niögiichen  Gestalten  systematisch  abgeleitet. 
Durch  Hinweis  auf  mineralogisch  oder  chemisch  interessante 
Beispiele  für  spezielle  Kristallformen  wurde  versucht,  der  außer- 
oidentlichen  ^Mannigfaltigkeit  der  kristallographischen  Erschei- 
nungen gerecht  zu  werden.  Im  Gegensatz  zu  dem  ersten  Teile 
der  Vorlesung,  der  sich  nach  dem  Dargelegten  lediglich  mit  der 
Architektonik  der  Welt  der  Kristalle  iDCSchäftigte,  wurde  im 
zweiten  Abschnitt  der  mannigfaltigen  Anschauungen  gedacht, 
welche  die  spekulative  Vernunft  zur  Erklärung  des  inneren  Ge- 
füges  der  anisotropen  iVIaterie  ersonnen  hat.  Die  Schilderung 
des  Werdegangs  des  Gedankens  vom  Raumgitter  stellte  die  Er- 
folge und  Schwierigkeiten  derartiger  Vorstellungen  ins  Licht; 
endlich  wurden  die  neuesten  glänzenden  Resultate  der  physi- 
kalischen Untersuchung  des  Feinbaues  der  Kristalle  sowie  die 
Methoden  und  Ziele  einer  im  Entstehen  begriffenen  „Kristall- 
Stereochemie"  erörtert. —  Die  von  Dr.  W.  Eitel  im  Auftrage  des 
Universitäts  -  Instituts  veranstalteten  petrographischen  Studien- 
fahrten in  die  Umgebung  Frankfurts  erfreuten  sich  eines  sehr 
regen  Interesses  von  Seiten  der  ]Mitglieder  der  Senckenbergi- 
schen  Gesellschaft.  Es  wurden  einige  der  wichtigsten  und  lehr- 
reichsten Aufschlüsse  im  Gebiete  des  kristallinen  Odenwaldes, 
die  Gegend  von  Dietzenbach  und  Steinheim,  sowie  der  Tauiius 
Ijesucht. 

Whiterhalbjahr  1917  18:  In  Vertretung  Prof.  Dr.  H.  E.  B  oe - 
k  e  s  sprach  Dr.  W.  Eitel  im  kleinen  Hörsaal  des  Äluseums 
über-  den  „Vulkanismus".  Die  Erscheinungsformen  der  vulkani- 
schen Kräfte  wurden  zunächst  in  ihrer  Bedeutung  für  das  mensch- 
liche Leben  besprochen,  wo}>ei  es  dem  Vortragenden  vor  allem 
darauf  ankam,  die  geschichtliche  Entwicklung  der  Wissenschaft 
vom  Vulkanismus  zu  beleuchten.  Alsdann  wa.ren  Betrachtungen 
über  den  Schauplatz  der  vulkanischen  Kraftentfaltung  Gegen- 
stand eingehender  Erörterungen;  besondere  Beachtung  verdien- 
ten hierbei  naturgemäß  die  Formen  der  verschiedenen  Vulkan- 
typen. Einen  weiteren  Abschnitt  bildeten  die  speziellen  Erschei- 
nungen, welche  die  einzelnen  aufeinanderfolgenden  Phasen  der 
vulkanischen  Tätigkeit  kennzeichnen.  Das  INIagma  in  seinen 
pliysikalischen  und  chemischen  Eigenschaften,  insbesondere  seine 
Kristallisation  und  Entgasung,  beanspruchte  besonderes  Inter- 
esse, weil  auf  diesem  Gebiete  die  vulkanologische  Wissenschaft 


—     70     — 

(lurch  Aiiwendiiii.y-  pliysikoclieiiiisclier  Methoden  in  der  Neuzeit 
einig-e  sehi  wichtige  Erfolge  erzielt  hat.  Die  niamiigfaltigen 
Gasi-eaktionen  sowie  die  pneuniatol\i:ischen  und  pegniatitischen 
Bildungen,  ciKllich  die  vulkanischen  Nachwirkungen  und  die 
Erscheinungen  der  Kontaktnietamorphose  vervollständigten  den 
Überblick  übei-  das  umfangreiche  Gebiet  des  tellurischen  Vulka- 
iiisnuis.  Ein  Schlußwort  iXlmr  den  kosmischen,  speziell  den  luna- 
KMi  Vulkanismus  beleln-te  uns,  daß  dieser  eine  allgemeine  Er- 
scheinung von  großartigster  Bedeutung  im  gesamten  Weltall 
darstellt.  —  Zahlreiche  Demonstrationen  duix'h  Lichtbildervor- 
fühi-ungen,  Projektionen  im  Polarisationsmikroskop  und  an  Hand- 
stücken  aus  der  Sammlung  des  Älineralogischen  Institutes  sowie 
der  Gesellschaft  erläuterten  die  mit  lebhaftem  Interesse  verfolg- 
ten Ausführungen. 

jektionen  in;  Polarisationsmikrosk'Op  und  an  Handstücken  aus 
der  Samndung  des  ]\Iineralogischen  Institutes  sowie  der  Gesell- 
schaft erläuterten  die  mit  lel)haftem  Interesse  verfolgten  Aus- 
füliiamgen. 

Soinnicilialbjahr  1918:  In  Vei^tretung  von  Prof.  Dr.  Boeke 
hielt  D]-  W.  Eitel  eine  Vorlesung  im  Hörsaal  des  ]\fineralogi- 
schen  Institus  ül)er:  ,,Das  Polarisationsmikroskop".  Nicht  nur 
als  Beobachtungsinstrument  zur  möglichst  weitgehenden  Erken- 
nung morphologischer  Einzelheiten  an  geeigneten  Präparaten 
soll  das  Polarisationsmikroskop  dienen,  sondern  es  wird  in  der 
Hand  des  Sachverständigen  zu  einer  Art  von  optischem  Eni- 
versalap|)aral.  Infolgedessen  sind  die  besonders  in  der  Minera- 
logie und  Petrographie  gebrauchten  Mikroskope  dieser  Art 
Pi'äzisionsinstrumente,  mit  denen  Messungen  von  liängen  und 
Winkeln  sehr  genau  ausgeführt  werden  können.  Auf  diese  Weise 
kann  man  das  Polarisationsmikroskop  benutzen  als  goniometri- 
schen  Apparat  zur  Ausmessung  kristallisierter  Körper,  al>er  auch 
als  Refraktometer  zur  Bestimmung  der  Lichtbrechungs  -  Expo- 
iK  Hlcn  dci'  rntersuclumgsol)jekte.  Die  Untersuchung  in  polai'i- 
.sicrtem  Lichte,  die  mit  Hilfe  der  vervollkommneten  Instrumente 
möglich  ist,  erlaubt  uns  des  weiteren,  einfach-  und  doppel- 
bi'cchendo  Körp*^-  sofort  zu  unterscheiden,  die  Doppelbrechung 
selbst  zu  bcstinniicii  und  uiii.'r  Berücksichtigung  gewisser  Lehr- 
sätze der  i)hysikalischen  Kristallographie  sogar  das  Kristall- 
system  bis   zu   einem   gewissen    Grade   festzustellen,    Zwillings- 


—     71     — 

gesetze  abzuleiten  und  Achsenwinkel  zu  messen.  Ja  man  kann 
sogar  eine  chemische  Analyse  durch  optische  Messungen  an 
gewissen  Mischkristallen,  so  z.  B.  an  den  Kalknatronfeldspäten 
durchführen.  Die  in  der  Vorlesung  besprochenen  Erscheinungen 
wui'deri  durch  zahlreiche  Demonstrationen  mit  Hilfe  des  minera- 
logischen Projektionsmikroskops  vorgeführt.  Zur  Vertiefung  des 
Besprochenen,  sowie  um  es  den  Hörern  zu  ermöglichen,  selbst 
in  praktischer  Übung  das  Polarisationsmikroskop  gebrauchen  zu 
leinen,  wurden  besondere  Übungsstunden  unmittelbar  nach  der 
Vorlesung  und  an  einem  anderen  Wochentage  eingerichtet,  die 
sicli  eines  sehr  lebhaften  Interesses  erfreuten.  Es  ist  beabsich- 
tigt, die  Hörer  im  folgenden  Halbjahr  daran  anschließend  in  die 
optische  Diagnose  der  gesteinsbildenden  Alineralien  einzuführen. 
Endlich  fand  eine  ganze  Anzahl  von  Studienausflügen  in 
die  nähere  Umgebung  Frankfmts  statt,  an  denen  die  :\Iitglieder 
der  Gesellschaft  wiederum  reges  Interesse  zeigten. 

Im  \Vinterhall)jahr  1918  19  sprach  Dr.  W.  Eitel  ül)er  „Me-  • 
teoritenkunde"  in  einstündiger  Vorlesung.  Die  Stellung  der 
Meteorite  als  Weltkörper  in  Bezug  auf  ihre  Bahnen  und  ihre 
Verteilung  im  Weltenraume  führt  insbesondere  auf  Grund  der 
S  c  h  i  a  p  a  r  e  1 1  i  sehen  Untersuchungen  zu  der  Überzeugung,  daß 
auch  in  den  Schwärmen  der  meteoritischen  Körper  eine  ganz 
bestimmte  Gesetzmäßigkeit  ihrer  Erscheinungen  zu  bemerken 
ist.  Die  mannigfachen  Phänomene  beim  Xiederfallen  der  Mete- 
oi'ite  auf  die  Erdoberfläche  wurden  besonders  eingehend  be- 
sprochen. Vor  allen  Dingen  al>er  interessiert  uns  die  stoffliche 
Zusammensetzung  der  niedergefallenen  Weltkörper  in  chemischer 
und  mineralogisch-petrographischer  Beziehung;  eine  eingehende 
systematische  Beschreibung  der  einzelnen  Gemengteile  in  den 
]\Ieteoriten  war  in  dieser  Hinsicht  von  besonderer  Wichtigkeit. 
Es  wurden  stets  auch  die  experimentellen  Versuche  zur  künst- 
lichen Nachahmung  derselben  und  ihrer  physikalisch-chemischen 
Gleichgewichte  erörtert  und  die  aus  ihnen  zu  ziehenden  Schluß- 
folgerungen für  die  Genesis  der  jNIeteoriten  abgeleitet. 

Das  im  Sommer-Semester  1918  begonnene  nükroskopisch- 
mineralogische  Praktikum  wurde  weiter  ausgebaut;  es  ^^•urden 
insbesondere  die  Gesteinsbildenden  Mineralien  nach  physiogra- 
phischen  Gesichtspunkten  erörtert  und  ihre  wichtigsten  diagnosti- 
schen Merkmale  besprochen.  Es  ist  beabsichtigt,  im  konnnenden 


Soiinnei-Seniester  1919  daran  anschließend  einen  petrographiscii 
mikroskopischen  Kurs  einzurichten,  der  die  Anwendung  des  in 
den  früheren  Stunden  Besprochenen  bringen  wird. 

Mitten  in  unsere  Tätigkeit  während  des  vergangenen  Winter- 
lialbjahres  fiel  das  erschütternd  rasche  Ableben  Prof.  Dr.  H.  ■ 
E.  B  0  e  k  e  s.  Er  hatte  die  Absicht,  seine  frische  Arbeitskraft 
wieder  ganz  in  den  Dienst  seiner  Wissenschaft  zu  stellen  und 
auch  der  Gesellschaft  mit  seinen  vorzüglichen  Geistesgaben  an- 
regend und  fördernd  sich  zu  widmen,  als  ihn  plötzlich  und  un- 
erwartet der  Tod  ereilte.  Die  Bedeutimg  des  uns  zuteilgeworde- 
nen Verlustes  schilderte  Dr.  Eitel  vor  einem  kleineren  Kreise 
der  Mitglieder;  an  geeigneter  Stelle  wird  eine  eingehendere 
Würdigung  des  Wii'kens  des  so  früh  Verblichenen  folgen. 

V.  Wissenschaftliche  Sitzungen. 
A.  Winterhalbjahr  1917  18 

I.Sitzung  am  13..  Oktober  1917 

Geh.  Bergrat  Prof.  Dr.  P.  Kr u seh,  Berlin: 

„Der  Anteil    der   deutschen    Erzlagerstätten    an    dem 

Kampf  Deutschlands  um  seine  Existenz". 

Der  Vortragende  erläutert  die  Versorgungsverhältnisse  vor  dem  Kriege 
im  allgemeinen  und  berührt  die  Einrichtung  der  Rohstoffversorgung  durch 
Walter  R a  t  h  e n  a u  nach  Ausbrucli  des  Krieges.  Bald  war  man  gezwungen, 
von  dem  ursprünglich  ledigHch  in  Betracht  gezogenen  Metallhandel  zur  Selbst- 
produktion und  zur  äußersten  Anstrengung  der  einheimischen  natürlichen 
Produktionsgebiete  überzugehen. 

An  den  Beispielen  Kupfer,  Eisen,  Mangan,  Blei-Zink,  Nick'el-Kobalt. 
Zinn,  Arsen,  Antimon,  Wolfram,  Molybdän  und  Vanadium  zeigt  er,  welche 
V^eränderungen  der  Krieg  hervorbringen  mußte  und  welche  Wege  eingeschlagen 
wurden,  um  die  Kriegsbedürfnisse  nach  Wegfall  der  Einfuhr  zu  decken.  Durch 
Ausfall  der  Ausfuhr  verringerte  sich  der  einheimische  Verbrauch  erheblich; 
eine  weitere  wesentliche  Einschränkung  wurde  durch  systematisches  Sparen 
erzielt.  Anderseits  konnte  eine  wesentliche  Vermehrung  der  Friedens- 
})roduktion  durch  größere  Anstrengung  geeigneter  Gruben  erlangt  werden, 
inid  schließlich  halfen  uns  wichtige  neue  Erfindungen,  bisher  wertlose  Aus- 
gangsmalerialien  zu  wertvollen  Rohprodukten  zu  gestalten.  Durch  die  Er- 
setzung besonders  knapper  Metalle  durch  solche,  die  in  relativem  Überfluß 
vorhanden  waren,  gelang  es  uns  nicht  nui-,  den  Kriegsbedarf  zu  decken,  sondern 
es  besteht  sogar  die  Aussicht,  daß  wir  nach  dem  Kriege  auf  gewissen  Gebieten 
infolge  der  neuen  Erfindungen  unabhängig  vom  Ausland  werden. 

Die  großen  Schwierigkeiten,  die  überwunden  werden  mußten,  können 
in  der  Zukunft  vermieden  werden,  wenn  man   im  Frieden  geeignete  Felder- 


—     73     — 

reserven  schafft,  die  nur  im  äußersten  Fall  der  Not  al)gebaut  werden  dürfen, 
und  geeignete  Erzvorräte  aufspeichert.  vSie  haben  vor  dem  jetzt  von  der 
Reichsbank  gesammelten  Gold,  dessen  Wert  konstant  bleibt,  den  Vorteil,  daß 
sie  eine  Wertsteigerung  erfahren.  Im  übrigen  bieten  sie  bei  richtiger  Aus- 
wahl dieselbe  Sicherheit  wie  das  jetzt  bevorzugte  Edelmetall. 

2.  Sitzung  am  20.  Oktober  1917 
Direktor  H.  Schür  hoff,  Berlin: 
„Die  Verwertung  der  Brennesseln  als  Gespinstfasern" 
Der  Vortragende  führt  aus,  daß  die  Verwertung  der  Faser  schon  unseren 
Voreltern  bekannt  war,  und  daß  sie  noch  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  z. 
B.  in  entlegenen  Tälern  Schlesiens  Verwendung  gefunden  haben.  Infolge  der 
Schwierigkeit,  die  Faser  im  großen  und  zu  einem  Preis  zu  gewinnen, 
welcher  ihre  Verarbeitung  in  der  Industrie  ermöglichte,  mußte  sie  später  der 
billigeren  jBaumwolle  weichen.  In  Zeiten  der  Baumwollnot  hat  man  immer 
wieder  versucht,  die  Nesselfaser  zu  verwerten;  die  Lösung  der  Frage  blieb 
indessen  der  Kriegszeit  überlassen.  Nachdem  seitens  der  im  Vorjahr  ge- 
gegründeten Nesselfaser-Verwertungs-Gesellschaft  zunächst  die  Organisation 
einer  Sammlung  der  wildwachsenden  Nesseln  durchgeführt  war,  wurde  im 
Februar  dieses  Jahres  die  Nesselbau-Gesellschaft  gegründet,  welche  in  groß- 
zügigster Weise  den  feklmäßigen  Anbau  der  Nessel,  teils  in  eigener  Be- 
wirtschaftung, teils  durch  Abnahme  von  Verträgen  mit  Landwirten,  durch- 
führte: Hand  in  Hand  mit  diesen  Bestrebungen  li^efen  die  Arbeiten  zur 
\'ervollkommnung  der  vorhandenen  Verfahren,  und  so  kann  jetzt  nach  den 
Ausführungen  des  Vortragenden  sowohl  das  Problem  der  Faserverwertung 
wie  auch  das  der  Verspinnung  auf  vorhandenen  Maschinen  als  gelöst  be- 
trachtet werden.  Die  ausgestellten  Muster  lieferten  hierfür  den  Beweis.  Von 
welcher  Wichtigkeit  die  Nesselfaser  für  Deutschland  werden  kann,  geht  aus 
den  folgenden  Ausführungen  hervor,  in  denen  der  Vortragende  eine  kurze 
Übersicht  über  die  Welterzeugnisse  und  den  Weltverbrauch  der  Baumwolle 
im  Verhältnis  zu  dem  deutschen  Bedarf  gibt.  Selbst  wenn  es  nur  gelingen 
sollte,  einen  Teil  des  bisherigen  Baumwollbedarfs  durch  Nesselfasern  zu 
decken,  so  würde  sich  hieraus  schon  in  volkswirtschaftlicher  Beziehung  ein 
solcher  Vorteil  für  Deutschland  ergeben,  daß  es  als  Pflicht  erscheint,  die 
Bestrebungen  der  Gesellschaften  in  jeder  Beziehung  zu  fördern. 

3.  Sitzung  am  27.  Oktober  1917 

Bergassessor  P.  Kukuk,  Bochum: 

„Die   deutschen   Kohlenvorkommen   und   ihre 

Bedeutung  im  Weltkriege" 
Von  der  großen  Bedeutung  der  Brennstoffe  für  das  Wii-tschaftsleben 
der  Völker  ausgehend,  behandelt  der  Vortragende  zunächst  die  bedeutendsten 
deutschen  Steinkohlenvorkonmien,und  zwar  die  niederrheinisch-westfälische 
Steinkohlenablagerung,  das  oberschlesische  Becken,  den  linksrheinischen  und 
den  x\achener  Bezirk,  das  Saarrevier  und  das  niederschlesische  oder  Waldeii- 
burger    Becken,    nach     ihrei-    geographischen    Lage,     ihrer    wirtschaftlichen 


—     74     — 

Bedeutung,  ihrem  geologischen  Anlliau,  ihren  Fiözverhältnissen,  ihren  Kolilen- 
vorräten  und  ihrer  Lehensdauer.  In  gleicher  Weise  werden  darauf  die 
wichtigsten  deutschen  Braunkohlenlagerstätten  besprochen. 

Im  Anschluß  hieran  gibt  der  Redner  einen  Überblick  über  die  Kohlen- 
veisorgung  Deutschlands  im  Weltkriege,  vergleicht  sie  mit  derjenigen  der 
p]ntenteländer  unter  Berücksichtigung  der  Verhältnisse  vor  dem  Kriege  und 
weist  auf  die  zukünftige  Gestaltung  der  Deckung  des  Kohlenbedarfs  hin. 

Zuni  Schluß  faßt  Bergassessor  Kukuk  seine  Ausführungen  dahin  zu- 
sammen, daß  Deutschland,  das  nächst  Amerika  unter  allen  kriegführenden 
Ländern  die  größten  Kohlenvorräte  besitze,  bezüglich  seiner  Kohlenversorgung 
sowie  der  seiner  Bundesgenossen  und  der  neutralen,  sowohl  heute  als  in 
ferner  Zukunft  vom  Ausland  völlig  unabhängig  sei.  zumal  Deutschland  in 
seinen  im  Nordwesten  gelegenen  Torfmooren  noch  gewaltige  Energiereserven 
zur  Verfügung  ständen.  Nicht  zu  vergessen  sei  ferner,  daß  Deutschland  zur 
Befriedigung  seiner  Bedürfnisse  zur  Zeit  auch  noch  über  die  Kohlenförderung 
Belgiens  völlig,  über  die  Frankreichs  zu  mehr  als  einem  Drittel  und  über 
die  Rußlands  zu  einem  Viertel  verfüge.  Demgegenüber  erschöpfe  Englands 
hohe  Steinkohlenförderung  seine  nur  wenig  mehr  als  ein  Drittel  der  deutschen 
Kohlenschätze  betragenden  Vorräte  so  schnell,  daß  längstens  in  etwa  850 
Jahren  Englands  Weltherrschaft  für  alle  Zeiten  ihr  Ende  gefunden  hat)e. 

4.  Sitzung  am  8.  November  1917 
Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  C.  v.  No  or  den: 
„Erfahrungen  aus  der  Ernährung  im  Kriege" 
Redner  geht  von  der  Tatsache  aus.  daß  wir  in  bezug  auf  Lebensmittel- 
versorgung gänzlich  unvorbereitet  und  fast  ohne  Rücklage  in  den  Krieg 
eintraten.  Die  einzige  wahrhaft  große  Reserve  war  eine  Schweineherde  von 
25  Millionen  Stück.  Wegen  Futtermangels  mußte  ein  großer  Teil  davon 
geopfert  werden;  ein  Fehler  war  es,  daß  dies  nicht  früher  erkannt  und 
durchgeführt  wurde.  Nicht  nur.  um  füi-  etwaige  spätere  Kriegsfälle  besser 
gewappnet  zu  sein,  sondern  auch  für  friedliche  Verhältnisse  ist  in  Zukunft 
l)essere  Ausnützung  der  Nahrungsmittelquellen  erforderlich,  wobei  auch  auf 
das  Verhüten  von  Verderben  und  Verschleudern  und  auf  das  Herstellen  guter, 
einen  eisernen  Bestand  an  Vorräten  sichernder  Dauerwaren  Rücksicht  ge- 
nommen werden  muß.  Diese  wirtschaftlichen  Notwendigkeiten  müssen  auf 
das  engste  mit  den  Anforderungen  der  wissenschaftlichen  Ernährungslehre 
Hand  in  Hand  gehen. 

Wie  dies  zu  geschehen  hat.  führt  Redner  für  einige  (xruppen  von 
Nahiungsmitteln  aus.  Zunächst  ül)er  (ietreide.  Wenn  die  zu  besserer 
Erhaltung  des  Getreides  notwendigen  Maßnahmen  durchgeführt  würden, 
könnten  wir  den  ganzen  völkischen  Bedarf  im  eigenen  Lande  decken.  Es 
wird  auf  die  große  Bedeutung  der  Ungeziefervertilgung  in  Lagerhäusern  und 
Mühlen  hingewiesen,  wozu  sich  am  besten  die  Ausräucherung  mit.  Blau- 
säuredämpfen bewährte,  die  jetzt  von  der  Frankfurter  Gold-  und  Silber- 
scheideanstalt in  vollkommenster  und  gänzlich  ungefährlicher  Weise  durch- 
geführt wild,  l  Mgemein  wichtig  ist  das  Herstellen  von  Dauerwaren  aus 
Getreide   in    I-Orm    von   Teigwaren,  womit   wir    in   Deutschland   arg   zurück- 


gel)Iieben  sind,  und  deren  bedeutsamer  Wert  als  Volksnahrungsmittel  bei  uns 
lange  nicht  genug  gewürdigt  ist. 

Den  —  man  kann  sagen  gesetzmäßigen  —  enormen  Verlusten  an 
Kartoffeln  während  des  Ueberwinterns  (45  —  50  Millionen  Doppelzentner 
jährlich!)  muß  in  Zukunft  auf  das  energischste  entgegengetreten  werden. 
Das  erfolgreichste  Mittel  ist  die  Herstellung  von  Trockenware.  Schon  jetzt 
lassen  sich  Trockenkartoffeln  in  verschiedener  Form  herstellen,  die  vortrefflich 
munden  und  weiteste  Verbreitung  verdienen.  Für  die  Viehfütterung  ist 
Trockenware  sogar  vorzuziehen. 

Sehr  schlimm  steht  es  mit  der  B  e  h  a  n  d  1  u  n  g  d  e  r  0  b  s  t  e  r  n  t  e.  Gegen 
30"  ü  kommen  um  oder  werden  durch  Nachlässigkeit  entwertet.  Auch  hier 
muß  ein  energischer,  zwangsmäßiger  Kampf  gegen  die  Schädlinge  einsetzen, 
und  auch  hier  ist  umfangreicheres  Herstellen  von  Dauerwaren  der  ver- 
schiedensten Art  zu  empfehlen,  sowohl  aus  wirtschaftlichen  wie  aus  gesund- 
heitlichen Gründen.  Mit  den  Siunmen,  die  wir  früher  für  Obst  ins  Ausland 
sandten,  könnte  alles  Notwendige  geleistet  werden,  vor  allem  wirksame 
Bekämpfung  der  Obstschädlinge  und  das  Erbauen  von  Kühlhäusern.  Wir 
brauchten  dann  nicht  einen  Pfeiuiig  für  ausländisches  Obst  auszugeben  (von 
Südfi'üchten  abgesehen). 

Größte  Verbreitung  verdient  in  Zukunft  die  0  b  s  t  m  a  r  m  e  1  a  d  e,  freilich 
nicht  in  der  Form,  wie  sie  jetzt  geliefert  wird,  sondern  stark  mit  Zucker 
angereichert.  Dann  ist  sie  ein  ebenso  schmackhaftes  wie  bekömmliches 
Nahrungsmittel. 

Zucker  ist  bei  uns  leider  immer  als  Genußmittel  behandelt  worden, 
während  er  in  Wirklichkeit  ein  hervorragendes  Nahrungsmittel  ist.  Seine 
Nährwerte  sollen  uns  in  Zukunft  die  Nährwerte  des  Fettes  zum  Teil  ersetzen, 
da  wir  noch  lange  nach  dem  Kriege  mit  Fett  recht  sparsam  umgehen  müssen. 
Der  Zuckerverbrauch  des  deutschen  Volkes  muß  sich  mindestens  verdoppeln, 
verglichen  mit  früheren  Friedenszeiten.  Es  ist  aber  fraglich,  ob  man  an  dem 
vorzugsweisen  Gebrauch  der  Zuckerraffinade  festhalten  soll.  Viel  billiger 
luid  wirtschaftlicher  und  vom  hygienischen  Standpunkt  aus  einwandfrei  wäre 
es,  Vorstufen  der  Raffinade  zu  benützen,  vor  allem  den  eingedickten  Zucker- 
rüliensaft,  der  jetzt  schon  im  Handel  ist  und  sich  steigender  Beliebtheit  erfreut. 
Die  sirupaitige  Masse  eignet  sich  vortrefflich  zum  Einkochen  mit  Obst,  zum 
Herstellen  der  meisten  Süßspeisen  und  zur  Verwertung  in  den  wichtigsten 
Zweigen  der  Kuchenbäckerei.  Ferner  wird  darauf  hingewiesen,  daß  auch 
wir,  ebenso  wie  in  Nordamerika  und  in  Kanada,  den  Zuckerahornbaum  an- 
pflanzen können,  aus  dessen  Saft  man  durch  Eindicken  einen  trefflichen,  in 
Nordamerika  sich  höchster  Volksgunst  erfreuenden  Sirup  gewinnt.  Diese 
schönen  Bäume  bedürfen  nur  wenig  Pflege.  Ihr  umfangreicher  Anbau  könnte 
große  Flächen  Rübenlandes  für  andere  Zwecke  freimachen. 

Bei.  Besprechung  des  Brotes  tritt  Redner  warm  für  die  Rückkehr 
zum  Vollkornbrot  ein,  sowohl  aus  wirtschaftlichen,  wie  vor  allem  aus 
hygienischen  Gründen.  Mit  dem  Anstreben  immer  helleren  und  feineren 
Brotes  waren  wir  auf  falschem  Wege.  Freilich  setzt  das  Herstellen  von  leicht 
verdaulichem  Vollkornbrot  bestimmte  Mahl-  und  Backverfahren  voraus.  Nicht 
alle  Mühlen  können  das  Getreide  hoch  ausmahlen,  und  daher  ist  es  ver- 
ständlich, daß  jetzt,  wo  hohe  Ausmahlung  anbefohlen  ist,  mancherlei  Klagen 


—     76     — 

kMiiiiiicn.  Alls  del-  jet/.i^en  inanj^elluiften  Beschaffenheit  des  Knegsl)rotes, 
(las  dem  N'ullkoiiiiuehl  nahe  stellt,  dürfen  aber  keine  verurteilenden  Schlüsse 
gezogen  werden.  Wir  sind  jetzt  in  einer  Zwangslage  und  müssen  das  Getreide 
auch  Mühlen  übergeben,  die  technisch  nicht  den  Anforderungen  der  hohen, 
bzw.  vollständigen  Ausnuihlung  gewachsen  sind. 

Den  jetzt  häufig  gehörten  Anwurf,  daß  früher  zu  viel  gegessen  worden 
sei,  kaiui  Kedner  nicht  für  gerechtfertigt  halten.  Es  trifft  nur  bedingt  zu. 
In  Städten  war  die  Ernährung  nie  vollwertig,  nicht  aus  Mangel  an  Nahnuig. 
sondern  wegen  unzureichender  Kenntnis  über  zweckmäßigste  Mischunir  und 
Zubereitung  dei'  Kost.  Die  jetzige  Rationierung  hat  die  einzelnen  höchst 
ungleich  getroffen:  denn  der  wahre  Nahrungsbedarf  ist  von  Individuum  zu 
Individuum  sehr  verschieden.  Sozial  war  die  Rationierung  richtig,  technisch 
war  sie  notwendig.  Für  den  einzelnen  wurde  sie  oft  zu  einem  unvermeid- 
lichen Unrecht.  Die  Erfahrungen  über  Rationierung  haben  nicht  für. 
sondern  gegen  das  Prinzip  der  gleichmäßigen  Massenverpflegung  gesprochen. 
Massenverpflegung  ist  nur  l)erechtigt,  wo  aus  dem  Vollen  gewirtschaftet 
werden  kaiui. 

Während  des  Krieges  mußte  der  E  i  wei  ß  verz  eh  r  stark  heral>ge- 
setzt  werden.  Kedner  warnt  davor,  daraus  abzuleiten,  daß  wir  dies  auch  in 
Zukunft  tun  dürfen.  Er  verweist  auf  die  Erfahrungen  der  Vieh-  xuid  Ge- 
flügelzüchter. Die  J'ruchtbarkeit  der  Tiere,  die  Produktion  von  Milch  sinkt 
mangels  Kraftfutter.  Es  wäre  ein  unerlaubtes  Experiment,  wenn  man  unseren 
Volksstamm  auf  dauernd  geringe  Eiweißmengen  anweisen  wollte,  wie  es  die 
Eiferer  des  Vegetarismus  empfehlen.  Die  Bezugnahme  auf  tropische  und 
subtropische  Sklavenvölker,  die  wenig  Eiweiß  verzehren,  ist  hinfällig.  Zwischen 
Eiweißbedarf  und  einzelnen  Individuen  besteht  eine  persönliche  Gleichung : 
sie  ist  verschieden  bei  den  einzelnen.  Das  gleiche  gilt  auch  für  die  Volks- 
stämme. Enorme  Aufgaben  der  Ernähriuigslehre  sind  noch  zu  lösen.  Es 
wäre  eine  Ruhmestat  Frankfurter  Bürger,  hier  ein  großzügiges  Institut 
für  wissenschaftliche  F'orschung  auf  dem  Gebiete  der  Ernährungslehre  ent- 
stehen zu  lassen:  nicht  ei'st  gelegentlich  einmal  später,  sondern  jetzt,  wo  wir  es 
am  notwendigsten  brauchen. 

Nur  ein  kraftvoller  Friede  kann  Verhältnisse  schaffen,  wie  wir  sie  in 
Zukunft  für  die  Ausgestaltung  unserer  Lebensmittelversorgung  brauchen. 
Einer  anderen  Gestaltung  der  Dinge  würde  niemand  mit  größerer  Sorge  ent- 
gegensehen als  der  auf  die  gesunde  Entwicklung  unseres  V^olksstammes  be- 
dachte und  zugleich  volkswirtschaftlich  denkende  Ernährungsphysiologe. 

5.  Sitzung  am  10.  November  1917 

Prof.  Dr.  A.  Backhaus,  Berlin: 

„Fett-  und  Eiweißversorgung  im  Kriege" 

Nach   den  Ausführungen   des  Redners  ist  die  jetzige  Kriegsernährung 

durch   (\en  Mangel  an  Fett  und  Eiweiß  gekennzeichnet,  hervorgerufen  durch 

den  Fortfall  des  Imports,  durch  die  frühere  Angewöhnung  eines  übermäßigen 

Verbrauchs  und  die  zu  starke  .\ufnahme  tierischer  Produkte,  wozu  noch  ein 

größerer    \'ci'l)i-auch    von    Alkohol    und    anderen   gewerblichen   Erzeugnissen 

hinzukam.     Da  das  Fett   durch   Koldchvdrate  ersetzt  werden  kann,  bietet  die 


—     77     — 

Fettversorgung  keine  ernste  Gefahr.  Viel  bedenklicher  ist  der  Eiweiß- 
m  a  n  ge  1.  Die  Bewirtschaftung  ruht  in  den  Händen  vieler  Kriegsorganisationen. 
Es  fehlt  eine  zusammenfassende  Gesamtleitung,  die  sich  die  Erschließung  neuer 
Eiweißquellen  und  die  ineinandergreifende  Verteilung  zur  Aufgabe  stellen  muß. 
Tatsächlich  läßt  sich  das  tierische  Fett  und  Eiweiß  durch  pflanzliches  ersetzen. 
In  erster  Linie  ist  es  notwendig,  daß  die  Milch  als  Eiweißlieferant 
und  weniger  für  die  Fettversorgung  herangezogen  wird.  Es  sollte  mehr  Milch 
in  frischem  Zustand  oder  auch  sterilisiert,  getrocknet,  kondensiert  nach  den 
Großstädten  gebracht  und  weniger  verbuttert  werden.  Die  ausfallende  Butter 
läßt  sich  durch  Margarine,  Öl  und  Speisefette  ersetzen.  Die  Käserei 
muß  mit  allen  Mitteln  gehoben  werden.  Da  die  Fleischmenge  nicht  erhöht 
werden  kann,  ist  eine  sorgfältige  Verteilung  der  verfügbaren  Menge  und 
namentlich  eine  Streckung  durch  eine  sachgem äß e  Wurstbereitung 
mit  Zusatz  eiweißhaltiger  pflanzlicher  Stoffe  erwünscht.  Die  Fischzufuhr 
ist  ebenfalls  für  die  Eiweißvermehrung  von  Wichtigkeit.  An  Eiern  steht 
leider  nur  eine  geringe  Menge  zur  Erhöhung  der  Eiweißversorgung  zui' 
^'erfügung.  Ersatzmittel  sollten  unter  entsprechender  Kontrolle  im  Großen 
hergestellt  werden,  wozu  sich  namentlich  die  Getreidekeime  als  Rohmaterial 
eignen.  Die  Getreideentkeimung  ist  auch  in  der  Lage,  ein  hochwertiges, 
leicht  verdauliches  Eiweiß  in  dem  Umfange  zu  liefern,  daß  für  10  Millionen 
der  dringend  notwendige  Eiweißzuschuß  damit  gegeben  werden  könnte.  Die 
entfetteten  und  entsprechend  zubereiteten  Keime  eignen  sich  namentlich  zui- 
Herstellung  eines  Morgentranks  als  Ersatz  für  Kakao.  Milch  und  Zuckei-. 
x\m  meisten  kann  die  Eiweißversorgung  durch  die  Heranziehung  der  Hülse  n- 
f  r  ü  c  h  t  e  gefördert  werden.  Die  Bohne  auf  schwerem,  E  r  b  s  e  luid  W  icke 
auf  mittleiem  und  Lupine  auf  leichtem  Boden  vermögen  bei  angemessenem 
hohen  Preis  sehr  große  Mengen  zu  produzieren.  Alle  Hülsenfüchte  eignen 
sich  namentlich  zur  Herstellung  eiweißreicher,  fertiger  Suppen,  die  als 
Abendkost  für  die  Volksernährung  eine  große  Bedeutung  haben.  Auch  die 
Eiweißlieferung  des  Gemüses  ist  nicht  zu  unterschätzen.  Die  Nährhefe 
verdient  in  der  Zeit  der  Eiweißnot  der  Beachtung,  aber  auch  die  Herstellung 
anderer  Eiweißnährmittel  ist  aussichtsvoll.  Durch  Beachtung  der  angeführten 
Gesichtspunkte  erscheint  es  sehr  w^ohl  möglich,  auch  bei  längerer  Dauer  des 
Krieges  den  Fett-  und  Eiweißmangel  soweit  zu  beseitigen,  daß  hierdurch 
keine  unmittelbare  Gefahr  droht.  Nach  dem  Kriege  kann  aber  die  deutsche 
Landwirtschaft  und  Nahrungsindustrie  unbedingt  aus  eigener  Produktion  das 
deutsche  Volk  ausreichend  und  befriedigend  ernähren,  wenn  vom  Übermaß 
an  tierischen  Lebensmitteln  abgesehen  und  eine  sachgemäße  Höhe  und  Art 
der  Lebensmittelzuführung  vorgesehen  wird. 

6.  Sitzung  am  17.  November  1917 

Prof.  Dr.  K.  We  nie,  Leipzig: 

„Der  Weit  krieg  und  die  farbigen  Hilf  svöllver,  ein 

ethnographiscli-politischer  Rund-  und  Ausblick" 

Deutschland  mußte  seit  einer  Reihe  von  Jahren  damit  rechnen,  daß 
Frankreich  ihm  in  einem  zukünftigen  Krieg  außer  den  von  1870  bekannten 
Turk  OS,  Zuaven  und  Spahi  auch   seine   vielgerühmten   Senegalesen 


ent^eKenwerfen  würde.  Daß  aber  neben  diesen  farbigen  Vertretern  der 
großen  Nation  Kngland  uns  ganze  Armeen  aus  seinem  weltumspannenden 
Kolonialreich  und  Rußland  zahlreiche  Söhne  seiner  weiten  asiatischen  Be- 
sitzungen entgegenwerfen  würden,  konnte  bei  uns  niemand  voraussehen. 

Diesem  außergewöhnlichen  Einfluß,  der  die  farbigen  Kolonialvölker 
veranlaßt,  sich  bedingungslos  für  ihre  Herren  als  Kanonenfutter  verwenden 
zu  lassen,  müssen  bestimmte  Ursachen  zugrunde  liegen.  Für  Indien  bestehen 
sie  in  der  ungeheuren  Gegensätzlichkeit  seiner  mehr  als  300  Millionen 
zählenden  Bevölkerung,  in  dem  äußerst  differenzierten  Kastenwesen  und  den 
scharfen  Gegensätzen  auf  religiösem  (xebiet.  Außerdem  verfährt  England 
militärpolitisch  mit  unleugbarem  Geschick:  es  wählt  seine  Truppen  aus 
Elementen,  auf  die  es  glaubt,  fest  zählen  zu  können.  Das  sind  vor  allem 
die  Sikh,  die  Pundschabi,  die  Degra  und  Pathan  und  schließlich  die 
l)es<mders  zu  Anfang  des  Krieges  vielgenannten  Gurkha  —  alles  Leute  des 
Nordwestens  und  des  gebirgigen  Nordens,  die  erheblich  wetterfester  sind, 
als  wir  anzunehmen  pflegen.  Die  Zahl  der  in  Übersee  verwendeten  Jnder 
ist  schwer  festzustellen;  schon  im  Sommer  1915  überstieg  sie  200000  Mann. 
Heute  werden  es  noch  viel  mehr  sein. 

Unter  den  nichtindischen  farbigen  Hilfstrup[)en  der  Engländer  ragen, 
weniger  der  Zahl  nach  als  ihrer  Sinnesart  wegen,  die  Maori  und  die 
Fidjianer  hervor.  Beide  waren  bezeichnender  Weise  unter  allen  Natur- 
völkern die  ausgeprägtesten  Kannibalen.' 

Die  iiordafrikanischen  Hilfsvölker  Frankreichs  sind  im  Grunde  ge- 
nommen keine  Farbigen,  sondern  Verwandte  von  uns.  Die  Senegaltruj)pe 
ist  wenig  mehr  als  ein  Vierteljahrhundert  alt.  Von  dem  in  Westafrika  ein- 
geführten Aushebungssystem  erwartet  Frankreich  Armeen  von  vielen  Hundert- 
tausenden ;  doch  scheint  die  Begeisterung  der  Stämme  nicht  allzu  groß  zu 
sein.  Trotzdem  überschritt  die  Zahl  der  in  Frankreich  fechtenden  Afrikaner 
zu  Anfang  1917  bei  weitem  ein  Drittel  Million,  Grund  genug  für  uns.  dafür 
zu  sorgen,  daß  sich  unserem  westlichen  Nachbar  fernerhin  nicht  mehr  die 
Gelegenheit  bietet,  derartige  Menschenreservoire  auszuschöpfen. 

Die  Folgen  der  Verwendung  Farbiger  auf  dem  europäischen  Kriegs- 
schau[)latz  sind  nicht  in  allen  ihren  Teilen  zu  übersehen.  Unleugbar  ist  das 
Ansehen  der  weißen  Rasse  dadurch  vermindert  worden.  Trotzdem  wird  der 
Weiße  seine  Vorherrschaft  auf  Grund  seiner  ungeheuren  Machtmittel  auf- 
recht erhalten  können,  ja  der  Neger  wird  der  Nation,  die  ihm  als  der 
eigentliche  Sieger  erscheint,  vielleicht  noch  williger  folgen  als  bisher. 

Auch  sonst  sollen  wir  die  Wirkinigen  des  Krieges  nicht  überschätzen. 
Der  Heilige  Krieg  hat  sich  wie  jeder  V^ölkerkundige  voraussah,  als  ein 
völliger  Fehlschlag,  als  ein  Anachronisnuis  erwiesen,  denn  Frankreich  hat 
nach  wie  vor  seine  Nord-  und  Westafrikaner  ebenso  fest  an  der  Hand  wie 
England  seine  tiO  bis  70  Millionen  indischer  Moslim  und  Rußland  seine  zahl- 
reichen mohammedanischen  Steppenvölker.  Gefährdet  wird  Englands  Welt- 
stellung erst  in  dem  Augenblick,  wo  die  Schatten  einer  etwaigen  Vorherrschaft 
des  Ostens  unter  Japanern  und  Chinesen  bis  nach  Indien  und  Afiika  fallen. 
Dann  hat  f^ngland  Ursache,  für  Indien  zu  zittern. 

In  .\frik;i  wird  Englands  Stellung  von  zwei  Seiten  bedroht,  einmal 
(luicli  (las    .\  i' i- i  k  a  iid  c  1- tu  m,  das  ihm,  vielleicht  schon  in  absehbarer  Zeit, 


—     79     — 

den  Süden  abnehmen  will  und  durch  das  Af  r  i  ka  n  e  r  t  u  in,  (his  auf  die 
Verselbständigung  des  ganzen  Erdteils  unter  der  schwarzen  Rasse  hinzielt. 
Davon  werden  alle  in  Afrika  beteiligten  Kolonialvölker  betroffen  Averden. 

Anthropologisch  und  ethnographisch  werden  die  Folgen  weniger  schwer- 
wiegend sein.  Rassenmischungen  sind  bei  der  jetzigen  Art  der  Kriegsführung, 
die  den  Farbigen  kaum  mit  fremden  Bürgerkreisen  in  Verbindung  bringt, 
ziemlich  ausgeschlossen.  Kulturell  schließlich  wird  die  Wirkung  des  Krieges 
in  einer  noch  schnelleren  Angleichung  der  primitiven  Volkstümer  an  die 
Üniversalkultur  des  Weißen  bestehen,  als  sie  bisher  schon  erfolgte.  Das  ist 
vom  wissenschaftlichen  Standpunkt  aus  bedauerlich.  Das  einzige,  was  wii- 
tun  können,  ist  die  möglichst  rasche  wissenschaftliche  Ausnutzung  jener 
Völker  vor  dem  zu  befürchtenden  Abschliff.  Die  Gelegenheit  dazu  wird  der 
deutschen  Wissenschaft  künftig  kaum  wo  anders  als  in  einem  eigenen 
Kolonialreich  gegeben  werden,  denn  außer  der  Wirtschaft  wird  auch  die 
Wissenschaft  nach  dem  Krieg  regional  bleiben.  Dieses  Kolonialreich 
erträumen  wir  nicht  nur,  sondern  wir  erwarten  es  fest  und  bestimmt,  und 
wir  hoffen  wohl  alle,  daß  es  größer,  geschlossener  und  dauernder  sein  möge 
als  das  erste,  das  gerade  im  Augenblick  auf  schwerste  bedroht  ist,  von  dem 
wir  aber  trotzdem  erhoffen,  daß  es  der  Kern-  und  Ansatzpunkt  für  das 
neue  Reich  sein  werde. 

7.  Sitzung  am  24.  November  1917 

Prof.  Dr.  0.  Loos: 

„Weichteil-  und  Knoc.henplastik  nach  Kriegswunden" 

Der  Vortrag  wird  eingeleitet  durch  einen  kritisch -historischen  Rück- 
blick auf  den -Entwicklungsgang,  den  prothetische  und  chirurgische  Kunst  in 
der  Ersetzung  fehlender  Gliedmaßen  und  in  der  Beseitigung  entstellender 
Gesichtsdefekte  genommen  haben.  Es  wird  dabei  hervorgehoben,  wie  lebhaft 
auf  letzterem  Gebiete  die  Zahnheilkunde  an  dieser  Entwicklung  sich  beteiligt 
hat  und  wie  gerade  sie  für  die  Verletzungschirurgie  des  Gesichtes  und  dei- 
Kiefer  von  fruchtbringender  Bedeutung  geworden  ist. 

Im  Anschluß  an  Lichtbilder  findet  die  chirurgische  und  zahnärztliche 
Behandlung  von  Gesichtsverletzungen  ihre  eingehende  Besprechung,  von  der 
Wundbehandlung  angefangen  bis  zur  letzten  chirurgischen  Versorgung  und 
Plastik.  Immer  hilft  auch  die  natürliche  Spontanheilung  mit  und  nimmt  dem 
Chirurgen  einen  großen  Teil  seiner  Arbeit  ab,  so  daß  ihm  häufig  nur  die 
einfache  Narbenkorrektur  oder  die  Naht  verbleibt.  Zahlreiche  Bilderbeispiele 
erläutern  dann  in  großen  Zügen  die  plastischen  Operationsmethoden  für  den 
Ersatz  der  Unterlippe,  Oberlippe  und  Wange. 

In  einer  besonderen  Gruppe  eingereiht  werden  die  schwierigen  Metho- 
den des  Schleimhautersatzes  durch  gestielte  Lappen  aus  der  äußeren  Haut 
beschrieben.  Die  modernste  Methode  mit  großen,  aus  der  Schläfenhaut  ent- 
nommen, z.  T.  behaarten,  z.  T.  unbehaarten  Hautlappen  ninunt  entsprechend 
ihrem  unschätzbaren  Werte  einen  breiteren  Raum  ein.  Die  Verwendung 
solcher  Lappen  zum  Ersatz  der  häutigen  Nase  führt  zur  Besprechung  der 
Nasenplastik.  Die  alte  indische  und  italienische  Art  des  Nasenersatzes 
werden  im  Zusammenhang  mit  den  in  neuerer  Zeit  eingeführten  und  aner- 
kannten Ergänzungsmethoden  abgehandelt. 


80     — 

Theoretische  Ausführungen  über  die  Einlieihni«;hetero- und  hoiuoplastisch 
lr;iMs|)l;intierter  Gewebe  leiten  nach  kurzen  historischen  Vorbemerkungen  über 
künstliciien  Knochenersatz  bei  Unterkieferdefekten  hinüber  zu  einem  Bericht 
über  die  Deckung  von  Knochendefekten,  in  Sonderheit  des  Unterkiefers,  durch 
die  fi-eie  Knochentrantiplantation.  Ihre  Vorbedingungen,  Technik,  Schwierig- 
keiten und  Heilungsaussicliten  werden  besprochen  und  dabei  die  Erfolge 
und  X'orteile  der  Beckenkammbenutzung  besprochen.  Bilder  von  Röntgen- 
aufnahmen veranschaulichen  den  Bericht.  Zuletzt  wird,  ebenfalls  an  der 
Hand  von  Röntgenaufnahmen,  auf  die  Theorien  vom  Schicksal  transplantierten 
Knochengewebes  eingegangen.  Im  ganzen  wird  dabei  der  Standjnuikt 
Axhausens  vertreten. 

Das  Schlußwort  hebt  die  rühmliche  Zusammenarbeit  von  Chirurgen 
und  Zahnärzten  hervor  und  ge<lenkt  der  wissenschaftlichen  reichen  Ergeb- 
nisse dieser  Arbeit. 

8.  Sitzung  vom  1.  Dezember  1917 
A.  V.  Gwinner,  Berlin: 
„Die   rumänischen   Erdölfelder" 
Die   Kenntnis   des   Erdöls   (Steinöls,  Petroleums)   reicht   in  das  graue 
Altertum   zurück.    Der.  Feuerkult   der  Parsen  wird  auf  das  dem  damaligen 
Menschen  unerklärliche  Erscheinen  von  Feuer  und  Flammen  auf  dem  Meere 
zurückgeführt,  das  man  auch  heute  noch  —  z.  B.  bei  Baku  —  als  Folge  der 
Selbstentzündung  dem  Meeresboden  entsteigender  Petroleumgase  beobachten 
kann.  In  Palästina  erinnern  noch  zahlreiche  Ortsnamen  an  die  biblische  Be- 
zeichnung „Naphtha"  für  Petroleum.    Aber  erst  vor  etwa  60  Jahren  ist  die 
große   Bedeutung  des   Erdöls   für   den   menschlichen   Haushalt  und  Verkehr 
erkannt   und  gewürdigt  worden,  nachdem  in  Nordamerika  die  großen  penn- 
sylvanischen   Petroleum -Vorkommen,   die  jetzt   allerdings   nahezu   erschöpft 
sind,  aufgeschlossen  wurden. 

So  wenig  wie  die  Steinkohle  ist  das  Rohpetroleum  ein  einheitlicher 
Stoff;  vielmehr  ist  es  das  Gemenge  einer  großen  Anzahl  bei  verschiedenen 
Temperaturen  siedender  Kohlenwasserstoffe  der  Sumpfgasreihe  und  kann  da- 
her durch  „fraktionierte  Destillation"  zerlegt  werden.  Zu  den  Zerlegungs- 
produkten gehören  z.  B.  Petroleumäther,  Benzin,  Petroleum  im  engeren  Sinne. 
Vaselin,  Paraffin  u.  a.  Unter  den  Hypothesen  über  die  Entstehung  des  eigen- 
artigen Erdproduktes  hebt  der  Vortragende  die  von  C.  Engler  hervor,  wo- 
nach sich  das  Steinöl  aus  den  Fetten  meerbewohnender  tierischer  Lebewesen 
(Fische,  Mollusken  u.  dgl.)  gebildet  hat.  Auch  ist  es  Engler  gelungen,  durch 
Destillation  von  Fischfetten  bei  höherem  Druck  und  höherer  Temperatur  eine 
petrolähnliche  Substanz  zu  erhalten.  Das  geologische  Auftreten  des  in 
sehr  alten  (Silur.  Devon)  und,  wie  in  Rumänien,  in  recht  jungen  Schichten 
(Tertiär)  vorkommenden  Öles  wird  an  guten  Profilen  erläutert  und  insbe- 
sondere das  Gebundensein  an  die  Sättel  oder  Antiklinalen  (Schichtenge- 
wöll)e)  ])et()nt,  wo  auf  undurchlässigem  Boden  das  gebildete  Petroleum  erhalten 
geblieben  ist.  Aus  solchen  ölführenden  Schichten  wird  das  Erdöl  je  nach 
<lpn  örtlichen  Verhältnissen  aus  offen  zutage  tretenden  Quellen  oder  durch 
Bolijung  gewonnen. 


—     81     — 

Der  Hauptteil  des  Vortrags  gilt  dem  technischen  Betrieb  der  groß- 
artigen rumänischen  Erdölfelder  am  südöstlichen  Karpathenrand  An  präch- 
tigen Lichtbildern  werden  eingehend  die  Gewinnung  und  Verarbeitung  des 
Petroleums  in  Rumänien  geschildert,  wo  neben  englischen,  französischen, 
holländischen  und  amerikanischen  Gesellschaften  auch  die  Deutsche  Bank 
bereits  zu  Anfang  des  Jahrhunderts  eigene  Anlagen  errichtet  hat.  Von  hohen 
Bohrtürmen  aus  werden  Hunderte  von  Metern  (800 — 1400  m)  tiefe  Bohrlöcher 
angelegt,  bis  die  Petroleumschicht  erreicht  ist.  Die  Bohrung  erfolgt  mittels 
einer  in  den  Bohrtürmen  angeordneten  und  von  hier  aus  in  Betrieb  gesetzten 
Maschinerie,  die  im  wesentlichen  aus  dem  „MeißeP',  d.  h.  dem  eigentlichen 
Bohrer,  der  „Kolonne",  d.  h.  dem  Rohr,  in  dem  der  Meißel  bewegt  wird,  und 
einer  Reihe  von  Hilfsvorrichtungen  besteht.  Oft  werden  bei  dieser  mühsamen 
Arbeit  in  der  Tiefe  Wasseradern  angetroffen,  die  eine  Abdichtung  des  Bohr- 
lochs durch  Einführung  eines  zweiten  Rohres  in  die  Kolonne  oder  durch 
Zementierung  erfordern.  Ist  die  ölführende  Schicht  erreicht,  so  wird  das 
Petroleum  abgepumpt;  mitunter  steht  es  aber  auch  unter  einem  so  gewaltigen 
Druck,  daß  es  wie  eine  Fontäne  aus  dem  hohen  Bohrturm  herausgeschleudert 
wird,  ihn  häufig  beschädigt  und  weite  Strecken  in  seiner  Umgebung  über- 
schwemmt. 

Die  vorgeführten  Lichtbilder  zeigen  große  Anlagen  von  vielen  hundert 
Bohrtürmen  auf  dem  hügeligen  Gelände  der  rumänischen  „Erdölfelder" 
mit  den  Karpathen  im  Hintergrund,  nebst  den  zugehörigen  Maschinenhallen, 
Lagerhäusern  und  Reparaturwerkstätten.  Andere  Lichtbilder  gewähren  einen 
ausgezeichneten  Einblick  in  die  komplizierten  maschinellen  Einrichtungen 
der  Raffinerien,  in  denen  das  gewonnene  Rohpetroleum  durch  Destillation 
gereinigt  und  seine  verschiedenen  Produkte,  das  leichte  Benzin,  die  schwere- 
ren Heiz-  und  Leuchtöle,  die  Schmieröle,  Paraffine  usw.  gesondert  aufgefangen 
und  in  Tanks  gefüllt  werden.  Von  hier  aus  führt  ein  oft  kilometerlanges 
System  von  Rohrleitungen,  die  von  dem  Tank  bis  zur  Verladestelle  durch 
die  gleichbleibende,  aber  je  nach  dem  Produkt,  das  sie  ableiten,  unter  sich 
verschiedene  Farbe  gekennzeichnet  sind,  nach  den  Eisenbahnstationen  oder 
Donauhäfen,  von  wo  aus  die  Verfrachtung  in  besonderen  Tankwagen  oder 
Tankschiffen  mit  der  Bahn  oder  auf  dem  Wasserwege  erfolgt. 

Vor  dem  Kriege  hat  Deutschland  nahezu  seinen  ganzen  Bedarf  an  Pe- 
troleum von  Amerika  bezogen,  das  etwa  die  Hälfte  des  auf  den  Weltmarkt 
kommenden  Petroleums  produziert.  Österreich-Ungarn  hat  für  den  Friedens- 
bedarf genug  Petroleum  im  eigenen  Lande  (Galizien).  Nachdem  durch  den 
Weltkrieg  der  Bedarf  der  Mittelmächte  erheblich  angestiegen  luid  zugleich 
die  überseeische  Zufuhr  abgeschnitten  war,  ist  es  für  unsere  Kriegführung 
von  allergrößter  Bedeutung  gewesen,  daß  der  Einmarsch  der  verbündeten 
Heere  in  Rumänien  schneller  erfolgt  ist,  als  die  ausgedehnten  Anlagen  zur 
Gewinnung  des  Petroleums  zerstört  werden  konnten.  Wohl  haben  englische 
und  amerikanische  Ingenieure  in  Gemeinschaft  mit  den  russischen  und  ru- 
mänischen Truppen  und  der  einheimischen  Bevölkerung  über  zwei  Drittel  der 
Petroleumanlagen  vernichtet  oder  durch  Einwerfen  von  Schutt,  Eisenstücken 
und  dergleichen  die  Bohrlöcher  unbrauchbar  zu  machen  gesucht ;  es  ist  aber 
der  deutschen  Heeresleitung  gelungen,  den  Betrieb  trotz  dieser  Verwüstungen 
nach  kurzer  Zeit  in  vollkommen  ausreichender  Weise   Avieder  aufzunehmen. 


-^     82     — 

Allerdings  sind  die  Frachten  für  die  Zuführung  des  rumänischen  Erd- 
öls und  seiner  wichtigen  Produkte  nach  Deutschland  unverhältnismäßig  hoch; 
sie  stehen  aber  in  keinem  Vergleich  zu  den  enormen  Frachtsätzen  für  ameri- 
kanisches Petroleum,  die  England  und  Frankreich  —  dank  der  erfolgreichen 
Tätigkeit  unserer  U-Boote  —  zu  zahlen  haben. 

Nach  dem  Kriege  ist  eine  Wiederkehr  der  früheren  Verhältnisse  zu  er- 
warten. Amerika  wird  froh  sein,  wenn  es  den  großen  Überfluß  seiner  Pe- 
troleum-Produktion für  gutes  Geld  auf  den  deutschen  Markt  bringen  kann. 
Zum  Schlüsse  des  Vortrags  zeigt  eine  Reihe  weiterer  ausgezeichneter 
Lichtbilder  den  Besuch  des  Deutschen  Kaisers  auf  den  rumänischen  Erdöl- 
feldern. 

9.  Sitzung  am  8.  Dezember  1917 
Generalsekretär  des  Deutschen  Fischereivereins  Dr.  Buschkiel, 

Berlin : 
„Die  Bedeutung  der  Fischerei  im  Kriege" 
Redner  erörtert  zunächst  die  Bedeutung  einer  großen  Fischerflotte  für 
die  Marine.  Die  Fischerfahrzeuge  sind  für  Vorposten  und  andere  Dienste 
geeignet,  die  Fischermannschaft  stellt  ausgezeichnete  Seeleute  für  die  See- 
wehr. Leider  ist  die  Entwicklung  unserer  deutschen  Hochseefischerei  noch 
jung,  die  Zahl  der  deutschen  Fischer  und  Fahrzeuge  noch  recht  gering.  Nach 
Statistiken  des  Jahres  1909  standen  3100  englischen  nur  290  deutsche  Fisch- 
dampfer gegenüber,  1700  englischen  Seglern  nur  200  deutsche  in  der  Nord- 
see und  107  02B  englischen  Nordseefischern  7649  deutsche.  Zwar  hat  seit 
1909  sich  unsere  Hochseeflotte  erfreulich  entwickelt,  aber  noch  immer  hat 
unsere  Marine  größtes  Interesse  an  einem  möglichst  starken  Ausbau  unserer 
Fischereiflotte  nach  dem  Kriege. 

Die  Binnenfischerei  Deutschlands  ist  im  Vergleich  zu  der  unserer 
feindlichen  westlichen  Nachbarn  besser  entwickelt  und  versetzt  uns  in  die 
Lage,  in  den  eroberten  Gebieten  militärische  Fischereiverwaltungen  ins  Leben 
zu  rufen,  die  sehr  wesentlich  zur  Versorgung  der  Truppen  mit  Lebensmitteln 
beitragen.  Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung  der  deutschen  Fischerei,  der 
Hochsee-,  Küsten-,  Ostsee-  und  Binnen-Fischerei,  ist  erst  im  Kriege  weiteren 
Kreisen  zum  Bewußtsein  gekommen.  Jetzt  rächt  es  sich,  daß  Deutschland 
nicht  schon  längst  sein  Möglichstes  tat,  um  die  Fischerei  innerhalb  des 
Gebietes,  das  wir  unbehelligt  beherrschen,  zur  Höchstleistung  zu  bringen. 
Seit  ungefähr  zwei  Jahren  hat  die  Reichsregierung  der  Fischerei  vermehrte 
Aufmerksamkeit  geschenkt.  Nach  allerlei  Irrungen  und  Wirrungen  einer 
Höchstpreispolitik,  die  schließlich  in  Süddeutschland  gewisse  Erfolge  zeitigte, 
vor  allem  in  Bayern,  das  dank  einer  sehr  gut  ausgebauten,  fachmännischen 
Organisation  der  Fischereiverwaltung  schnell  aus  den  Erfahrungen  gute 
Lehren  zog  und  sich  nicht  scheute,  durchzugreifen,  schuf  das  Kriegsernäh- 
rungsamt bzw.  der  ihm  unterstellte  „Reichskommissar  für  Fischversorgung" 
ein  Netz  von  Kriegsgesellschaften,  denen  eine  zweckmäßige  Verteilung  und 
Verwertung  der  gefangenen  Fische  obliegt..  Aber  da  die  Nachfrage  das  An- 
gebot bedeutend  übersteigt,  viele  Fische  in  die  Gasthäuser  wandern,  wo  sie 
enorm  teuer  bezahlt  werden,  da  ferner  auf  dem  platten  Lande  in  Preußen 
immer  noch  keine  Höchstpreise  durchgefülu-t  sind,  weil  sich  Preußen  für  ein 


-      83     — 

recht  dehnbares  „Richtpreissystem'"  entschloß,  bleiben  die  Wünsche  des  Pub- 
likums zum  großen  Teil  unerfüllt.  Auch  die  Zufuhr  aus  dem  neutralen 
Ausland  kann  die  Lücke  nicht  ausfüllen.  Deutschland,  besonders  Preußen, 
das  in  den  östlichen  Provinzen  viel  fischreiche  Gewässer  besitzt,  hat  also 
allen  Anlaß,  die  Fischerei  mit  ganzer  Kraft  auszubauen,  und  es  ist  dringend 
zu  wünschen,  daß  die  Fischereidebatten,  die  kürzlich  im  Abgeordnetenhause 
stattfanden,  schnellstens  Früchte  tragen  werden.  Der  Redner  bringt  ver- 
gleichende Zahlen,  aus  denen  hervorgeht,  wie  weit  zurück  unsere  Fischerei 
noch  ist;  doch  spricht  er  zinn  Schluß  die  Hoffnung  aus,  daß  die  deutsche 
Fischerei,  wenn  die  Anzeichen  nicht  trügen,  einer  neuen  großen  Zukunft 
entgegengehen  wird. 

10.  Sitzung  am  15.  Dezember  1917 
■  Landesökonomierat  A.  Siebert: 
,,Kriegswirtschaftliche  Betätigung  des  Palmengartens'' 
In  Betracht  kommen  Forschungen  auf  dem  Gebiete  der  Erzeugung, 
Versorgung  und  Verwendung  von  Lebensmitteln,  Eiweißversorgung,  sowohl 
tierischer  wie  pflanzlicher  Art,  der  Rohstoffe  in  der  Faser-  und  Textilindu- 
strie und  stärkemehlhaltiger  Ersatzstoffe  zwecks  Herstellung  von  Brot.  An- 
fänge sind  gemacht  worden,  die  Notwendigkeit  eines  weiteren  Ausbaues  wird 
sich  nach  dem  Kriege  in  verstärktem  Maße  erweisen.  Die  Erfolge  der  von 
dem  Palmengarten  unternommenen  praktischen  Versuche  werden  in  Licht- 
bildern gezeigt.  Neben  der  allgemein  geübten  Methode,  Kartoffelknollen  zur 
Fortpflanzung  zu  benützen,  hat  man,  veranlaßt  durch  die  Knappheit  der 
Saat,  ein  Verfahren  wieder  in  Erinnerung  gebracht,  das  die  Vermehrung 
durch  Sprosse  zum  Gegenstand  hat.-  Die  Erfolge  sind  bei  sachgemäßer 
Handhabung  sehr  gute.  Auch  aus  Keimlingen  gezogene  Früchte  ver- 
schiedener Sorten  brachten  den  Beweis  für  den  praktischen  Wert  des  Ver- 
fahrens, das  auch  eine  große  Ersparnis  an  Saatgut  herbeiführt.  Leider  wird 
bei  uns  in  der  Großkultur  die  Bekämpfung  der  Schädlinge  nicht  in  genügend 
großzügiger  Weise  vorgenommen.  Das  Bild  einer  amerikanischen  Kartoffel- 
farm erläuterte  die  dort  übliche  Methode,  ebenso  die  Vorrichtungen  zum 
Aufbewahren  der  Kartoffeln  in  Scheunen,  die  befahren  werden  können.  Ein 
Schädling,  Agrotis  segetiim,  ist  imstande,  die  Ernte  empfindlich  zu  beeinflussen. 
Der  Topinambur  hat  sich  in  der  Kriegszeit  zu  einem  Volksnahrungsmittel 
emporgeschwungen,  die  leichte  Anzucht  und  der  große  Ertrag  machen  ihn  außer- 
ordentlich wertvoll,  auch  ist  der  Nährwert  ein  ziemlich  großer.  Die  H  e  1  i- 
anthi  geben  ein  schmackhaftes  Gemüse.  Beide  sind  Verwandte  unserer 
Sonnenblume,  deren  ölhaltige  Samen  besonders  geschätzt  sind.  Anbauver- 
suche mit  der  vor  dem  Kriege  hauptsächlich  aus  der  Mandschurei  einge- 
führten Sojabohne  haben  Erfolge  gezeitigt,  die  zu  weiteren  Versuchen 
aufmuntern.  Wenn  es  gelingen  würde,  sie  hier  in  derselben  Qualität  zu 
ziehen,  wie  in  den  östlichen  Ländern,  wären  wir  um  eine  der  wertvollsten, 
Eiweiß,  Öl  und  Fette  liefernden  Pflanzen  reicher.  Eine  große  Wertschätzung 
genießt  die  Tomate  als  Würze  für  Suppen,  Tunken  usw.  Man  sah  vor  dem 
Rathause  einer  großen  Stadt  Beete  mit  Tomaten  bepflanzt,  an  Stelle  der 
Blumen.  Der  Zuckermais  ist  ein  Gemüse,  das  bei  uns  nicht  genügend 
gewürdigt  wird:  die  Anbauversuche  im  Palmengarten   haben   erwiesen,   daß 

*6 


„     84     — 

audi  vcrwölmte  (iuuinen  mit  dem  (iesclimack  zufrieden  sein  können.  Eine 
neue  Sache  ist  die  Fre  i  la  n  d  m  el  on  e.  die  an  (ieschmack  den  unter  Glas 
gezogenen  Melonen  nicht  nachsteht.  Es  handelt  sich  hier  um  eine  deutsche 
Züchtung,  die  alle  Beachtung  verdient.  Der  feldmäßige  Kürbis  an  bau  hat 
1!U7  vorzügliche  Erträge  gegeben.  Mit  Interesse  wird  die  Einführung  der 
K  eismelde  verfolgt,  die  vielleicht  mit  etwas  übertriebener  Reklame  ange- 
priesen wurde.  Wenn  sie  in  bezug  auf  den  Nährwert  mit  den  Hülsenfrüchten 
nicht  auf  gleiche  Linie  gestellt  werden  kann,  so  ist  sie  doch  so  reich  an 
Nährstoffen,  daß  ihr  Anbau  lohnt.  Verschiedene  andere  Bilder  zeigen  Gemüse 
wie  Mangold,  Kohl  usw.  Das  Mustergärtchen  im  Palmengarten  hatte  den 
Zweck,  darzutun,  wie  man  auf  einem  kleinen  Raum  in  zweckmäßiger  Ein- 
teilung eine  Anlage  schaffen  kann,  deren  Ertrag  nicht  nur  der  materiellen 
Richtung  Rechnung  trägt,  sondern  auch  die  ästhetische  Seite  zur  Geltung 
kommen  läßt.  Die  Anpflanzung  von  Wü rzk räu t ern  machte  viele  wieder 
Kiit  diesen  oft  in  Vergessenheit  geratenen  Pflanzen  der  alten  Gärten  bekannt. 
Wir  haben  jedweden  Ersatz  nötig,  der  im  eigenen  Lande  erzeugt  werden 
kann,  da  wir  derartige  Summen,  wie  sie  vor  dem  Kriege  für  Gemüse  ins  Ausland, 
gingen,  nicht  sofort  wieder  für  diese  Zwecke  aufwenden  können.  Vor  allem 
ituiß  der  erzeugende  Gärtner  und  Landwirt  die  schützende  Hand  des  Staates 
genießen,  und  diese  Vorsorge  muß  sich  für  das  kommende  Jahr,  wo  wir  mit 
außerordentlich  knappem  und  sehr  teurem  Saatgut  zu  rechnen  haben,  haupt- 
sächlich darauf  erstrecken. 

IL  Sitzung  am  12.  Januar  1918 

Hauptmann  Most,  z.  Z.  i.  Felde: 

„Die    Abrichtung     und   Verwendung     des    Hundes    im 

Kriege" 
Die  irrigen,  größtenteils  übertriebenen  Ansichten,  die  über  die  geistigen 
Fälligkeiten  der  Hunde  herrschten,  waren  die  Ursache,  daß  man  an  die- 
Tiere  häufig  viel  zu  hohe  Anforderungen  stellte.  Hieraus  ergaben  sich  Fehl- 
schläge in  den  Leistungen,  ein  Umstand,  der  die  gesunde  Entwicklung  des 
Diensthundewesens  bisher  stets  gehemmt  hat.  Vortrefflich  sind  die  Leistungen 
der  Polizeihunde  in  ihrer  Eigenschaft  als  Schutz-  und  Begleithunde.  Sehr 
Gutes  leisten  die  Hunde  im  Festhalten  fliehender  Übeltäter,  im  Aufstöbern 
von  Menschen  in  allerlei  Schlupfwinkeln  und  nicht  zuletzt  zur  Vorbeuge  von 
Straftaten.  Eine  wissenschaftlich  begründete  Abrichtung  baut  auf  Folgendem 
auf.  Die  Handlungen  des  Tieres  beruhen  nicht  auf  Denkfähigkeit,  sondern 
kommen  auf  rein  gedächtnismäßigem  Wege  zustande.  Dem  Hunde  werden 
z.  B.  alle  Handlungen,  die  er  unterlassen  soll,  durch  Zwang,  der  oft  in  Form 
von  Schmerz  zum  Ausdruck  kommt,  verleidet.  Diese  Auffassung  der  Fähig- 
keiten des  Hundes  hat  natürlich  eine  ganz  andere  Abrichtungsweise  zur 
Folge,  wie  die  bisher  gehandhabten  Methoden,  die  infolge  Vermenschlichung 
der  tierischen  Handlungen  den  Hund  iiach  Grundsätzen  behandelten,  die 
mehr  der  Erziehung  eines  Menschen  entsj)rechen.  Während  des  Krieges 
werden  die  Hunde  zu  folgenden  Zwecken  verwandt.  In  der  Heimat  als 
Blinde  n  h  u  n  d  e.  In  der  Heimat  und  im  Felde  als  P  o  1  i  z  e  i  h  u  n  d  e.  Im 
Felde  als  Sanitäts-  und  Meldehunde.  Für  jede  dieser  verschiedenen 
Verwendungsarten  müssen  die  Tiere  besonders  abgerichtet  werden.  Andern- 


falls  versagen  die  Hunde  sehr  leicht.  Die  Verwenduntj;  von  Polizeihunden 
als  Sanitätshunde  hat  sich  durchaus  nicht  bewährt.  Der  Tätigkeit  des  Blinden- 
hundes sind  sehr  enge  Grenzen  gezogen.  Polizeihunde  werden  besonders 
im  Gebiet  des  Generalgouvernements  Belgien  zum  Grenzschutz  und  zur  Be- 
wachung von  Bahnanlagen,  ferner  in  den  Etappengebieten  der  verschiedenen 
Armeen,  besonders  auch  in  den  Wäldern  hinter  der  Ostfront  als  Schutz-  und 
Begleithunde  verwandt  und  leisten  in  dieser  Eigenschaft  sehr  gute  Dienste. 
Dem  Deutschen  Verein  für  Sanitätshunde,  Sitz  Oldenburg,  ist  es  zu  ver- 
danken, daß  eine  so  große  Zahl  von  Sanitätshunden  der  Heeresverwaltung 
zur  Verfügung  gestellt  werden  konnte.  Die  Abrichtung  dieser  Tiere  hat  im 
Laufe  des  'Feldzuges  große  Umwandlungen  erfahren.  Die  Art  und  Weise, 
wie  der  Hund  anzeigt,  daß  er  einen  Verwundeten  gefunden  hat  —  diese 
Tätigkeit  nennt  man  Verweisen  —  geht  folgendermaßen  vor  sich :  Dem  Hunde 
wird  eine  an  einem  Lederriemen  befindliche,  elf  cm  lange  Lederrolle  an  das 
Halsband  gehängt :  Bringsei  genannt.  Dieses  Bringsei  lernt  der  Hund  nur 
dann  zu  erfassen  und  mit  ihm  im  Maule  zum  Führer  zurückzukehren,  wenn 
das  Tier  einen  liegenden  oder  sitzenden  Menschen  —  damit  sind  alle  Ver- 
wundeten einbegriffen  —  gefunden  hat  ^ausgearbeitet  ist  diese  Methode  von 
dem  Berliner  Psychologen  0.  Pfungst.  Die  Sanitätshunde  haben  sich  im 
Bewegungskriege  gut  bewährt.  Bis  zum  Dezember  1916  wurden  von  ihnen 
2972  Verwundete  gefunden.  Dem  Meldehund  ist  von  allen  Diensthunden 
ohne  Zweifel  die  wichtigste  Aufgabe  zugeteilt.  Er  ist  unmittelbar  für  die 
kämpfenden  Truppen  tätig  und  hat  die  Aufgabe,  zwischen  den  verschiedenen 
Befehlsstellen  wichtige  Nachrichten  zu  überbringen.  Diese  Arbeit  müssen 
die  Tiere  häufig  im  schwersten  Feuer  verrichten.  Durch  ihre  Tätigkeit  er- 
sparen die  Meldehunde  Menschenkräfte  und  Menschenleben.  Die  Zahl  der 
Meldehunde  an  der  Front  wächst  beständig.  Daß  eine  so  große  Zahl  von 
Hunden  in  solcher  Güte  dem  Heere  zur  Verfügung  gestellt  werden  konnte, 
dafür  gebührt  zunächst  Dank  den  Hundebesitzern,  die  die  Tiere  fast  sämtlich 
kostenlos  hergaben,  dann  auch  der  deutschen  Kynologie,  die  das  Heer  dieser 
Hunde  in  emsiger  und  verständnisvoller  Friedensarbeit  geschaffen  hat.  Dank 
gebührt  ferner  der  Wissenschaft.  Auf  wissenschaftlicher  Grundlage  arbeitend, 
erkannte  man  die  Grenzen  der  Fähigkeiten  der  Hunde  und  vermochte  nun 
erst,  die  Tiere  dieser  Erkenntnis  gemäß  innerhalb  jener  Grenzen  richtig  zu 
verwenden.  Schließlich  war  es  möglich,  ein  lehrbares  und  erlernbares  System 
der  Abrichtung  mit  einleuchtenden  Grundsätzen  auszuarbeiten,  wodurch  die 
dienstliche  Handhabung  des  Hundewesens  erleichtert  wird.  Dank  nicht  zu- 
letzt ist  abzustatten  den  braven  Führern,  von  denen  viele  an  der  Seite  ihrer 
Hunde  Gesundheit  und  Leben  für  das  Vaterland  geopfert  haben. 

12.  Sitzung  am  19.  Januar  1918 

Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  W.  K olle: 

„Über    die    Bedeutung    der    Erreger    von  Wundinfelv- 

t Ionen,   insbesondere  von  Tetanus  und  Gasbrand,   im 

Kriege" 
An  einem  großen  Material  instruktiver  Lichtbilder  sucht  der  Vortragende 
über  die  großen  Fortschritte  aufzuklären,  die  die  Seuchenbekämpfung  gegen 


—    86    — 

früher  aufzuwei.sen  hat.  War  diese  früher  ein  Kampf  gegen  den  Kranken, 
so  ist  sie  jetzt  ein  Kampf  gegen  den  Erreger;  stand  man  früher  den  Wund- 
iid'ektionskrankheiten  machtlos  gegenüher,  so  sind  wir  jetzt  auf  Grund  der 
Forschungen  von  Männern  wie  Pasteur,  Li  st  er,  Koch,  Behring  und 
Ehrlich  in  der  Lage,  durch  geeignete  prophylaktische  Maßnahmen  die 
Erkrankungen  auf  ein  Minimum  zu  reduzieren  und  gegebenenfalls  ausge- 
brochene Krankheiten  zu  heilen.  Wie  schon  1870  71  das  durchgeimpfte 
deutsche  Heer  nur  459  Todesfälle  an  Pocken  aufwies,  gegen  23  400  bei  den 
Franzosen,  bei  denen  ein  Impfzwang  nicht  bestand,  so  zeigt  auch  der  Welt- 
krieg die  Überlegenheit  der  modernen  Seuchenbekämpfung  und  der  auf 
unserer  Seite  getroffenen  Maßnahmen:  während  z.  B,  die  Serben  80 — 90000 
Todesfälle  an  Fleckfieber  zu  beklagen  hatten,  waren  die  deutschen  Truppen 
dort  „überhaupt  nicht  gefährdet'',  wie  der  Heeresbericht  mitteilt.  Wissen- 
schaftliche Großtaten  wie  Ehrlich  s  Entdeckung  des  Salvarsans  und 
Behrings  Tetanusantitoxin  haben  in  diesem  Kriege  Hunderttausenden  im 
Heer  wie  in  der  Zivilbevölkerung  das  Lel)en  gerettet.  Auch  gegen  die  erst 
in  neuester  Zeit  zu  Bedeutung  gelangte  Erkrankung  am  Gasbrand  liegen 
schon  Erfolge  vor,  die  durch  experimentelle  Arbeiten  von  Kolle,  Sachs 
u.  a.  erreicht  worden  sind,  so  daß  wir  hoffen  dürfen,  auch  auf  diesem  Gebiet 
zu  siegen.  Mit  Worten  des  Dankes  an  Ärzte,  Pflegepersonal  und  chemische 
Industrie  schließt  der  Vortragende  seine  Ausführungen. 

13.  Sitzung  am  26.  Januar  1918 

Prof.  Dr.  0.  Stiehl,  Steglitz: 

„Anthropologische  und  ethnographische  Studien  aus 

deutschen  Kriegsgefangenenlagern" 

Die  Versannnlung  vieler  Völkerschaften,  zum  Teil  aus  entlegensten 
Gebieten,  die  unsere  Gefangenenlager  beherbergen,  hat  ganz  eigenartige  Ge- 
legenheil zu  eingehenden  ethnographischen  und  anthropologischen  Forschungen 
geboten.  Sie  werden  sowohl  von  deutscher  wie  von  deutsch-österreichischer 
Seite  in  einer  Reihe  von  wissenschaftlichen  Unternehmungen  ausgenutzt. 
Anthropologie,  S[)rachwissenschaft,  Volkskunde  und  Rechtsgeschichte  sind  an 
diesen  Forschungen  in  gleicher  Weise  beteiligt. 

Die  Ergebnisse  werden  bei  der  übergroßen  Fülle  der  Einzelheiten  erst 
diu-ch  gründliche  Verarbeitung  des  gesammelten  Stoffes  und  erst  in  geraumer 
Zeit  veröffentlicht  werden  können.  Aber  schon  jetzt  ist  es  möglich,  über 
die  buntscheckige  Schar  unserer  Feinde,  ihre  sehr  wechselnde  Rassenzuge- 
hörigkeit eine  anschauliche  Übersicht  zu  geben,  wie  sie  ohne  die  einzigartige 
Zusamincnhäufung  fremder  Völker  in  unseren  Gefangenenlagern  nicht  hätte 
zu  Stande  konimen  können. 

Zu  diesem  Behufe  werden  in  zahlreichen  Lichtbildern  zunächst  die 
europäischen  Vertreter  des  Vierverbandes  und  seiner  amerikanischen,  afri- 
kanischen, austialischen  Kolonien  vorgeführt  mit  besonderer  Rücksicht  auf 
die  starke  Mischung  verschiedener  Rassen,  die  bei  jedem  der  einzelnen  Gegner 
den  Mangel  an  Einheit  des  Volkstums  feststellen  läßt.  Dabei  wird  nach  den 
in  den  I^agern  genuichten  Beobachtungen  eine  kurze  Darstellung  der  Geistes- 
art dieser  vielfältigen  Volksteile  gegeben.  Es  folgen  in  ähnlicher  Behandlung 
die  bunt  gemischten  Gestalten  der  Hilfsvölker,  die  aus  den  farbigen  Stämmen 


der  alten  Welt  gegen  uns  aufgeboten  worden  sind.  Ein  uneihörtes  Völker- 
gewimniel  von  Arabern,  Berbern,  Negern,  Tartaren,  Koreanern.  Ainiamiten 
und  den  zahlreichen  Stämmen  Indiens  hat  hier  als  Unterlage  den  Stoff  zu 
gründlicher  wissenschaftlicher  Forschung  geboten. 

14.  Sitzung  am  2.  Februar  1918 
Prof.  Dr.  R.  Hesse,  Bonn  a.  Rh, : 
„Tierflug  und  Menschenflug" 

Der  Mensch  schwimmt  ähnlich,  wie  der  Vogel  fliegt;  aber  er  fliegt,  wie 
der  Fisch  schwimmt.  Beim  Ruderflug  der  Vögel  sind  Antrieb-  und  Trag- 
fläche vereinigt.  Beim  Flug  des  Menschen  wie  beim  Schwimmen  des  Fisches 
sind  sie  getrennt.  Und  wie  der  Mensch  in  zweifacher  Weise  fliegt,  mit 
Maschinen,  die  schwerer  sind  als  die  Luft,  den  Flugzeugen,  und  mit  solchen, 
die  leichter  sind  als  die  Luft,  den  Luftschiffen,  so  sehen  wir  auch  die  Fische 
in  zweifacher  Art  schwimmen :  die  Fische  ohne  Schwimmblase,  vor  allem 
die  Haie,  müssen  mit  ihrer  Vorwärtsbewegung  zugleich  den  Körper  im  Wasser 
tragen  und  bedürfen  dazu  einer  Mindestgeschwindigkeit,  und  müssen  Trag- 
flächen ausbilden  (große  Brustflossen,  flache  Bauchseite);  die  Fische  mit 
Schwimml)lasen  dagegen  schweben  im  Wasser  und  brauchen  den  Antrieb 
hauptsächlich  zur  Vorwärtsbewegung.  Der  Flug  ohne  Flügelschlag  (Schwebe- 
flug) der  Vögel  geschieht  unter  Benutzung  der  Energie  des  Windes,  entweder 
unter  Benutzung  aufsteigender  Luftströme,  oder  an  Stellen,  wo  zeitlich  und 
örtlich  die  Windgeschwindigkeit  beständig  wechselt.  Gleichmäßiger,  horizon- 
taler Wind  ermöglicht  keinen  Schwebeflug.  Der  Schwebeflug  kann  von 
Menschen  nachgeahmt  werden,  aber  die  x\ussichten  für  eine  nutzbare  Ver- 
wendung dieser  Art  zu  fliegen,  sind  gering,  da  die  Bedingungen  dafür  zeit- 
licher und  örtlicher  Beschränkung  unterliegen.  Erwünscht  für  den  Menschen 
wäre  ein  Flug  nach  Art  des  Ruderflugs  der  Vögel  mit  leichten  Schwingen 
aus  eigener  Kraft.  Aber  dafür  ist  der  Mensch  zu  muskelschwach  und  sinnen- 
stumpf. Und  trotzdem  fliegt  er  —  nicht  mit  seinen  Muskeln,  sondern  mit 
seinem  Großhirn. 

15.  Sitzung  -am  9.  Februar  1918 

Geh.  Hof  rat  Prof.  Dr.  P.  Gisevius,  Giessen: 
„Über  den  I.andhunger  und  das  Problem  der  verfüg- 
baren Landfläche  in  und  nach  dem  Kriege" 

Das  Wachsen  der  Mittel-  und  Großstädte  bringt  uns  die  hygienische 
Bedeutung  der  Muskelarbeit  wie  des  Wohnens  auf  dem  Lande  immer  stärker 
zum  Bewußtsein.  Die  Industriearbeiterschaft  wie  die  Großstadtbevölkerung 
sind  auf  den  Zuwachs  frischen  Blutes  vom  platten  Lande  her  geradezu  an- 
gewiesen. Die  Gemüsegärten  städtischer  Bürger  und  das  AVohnen  städtischer 
Arbeiter  auf  dem  Lande  erklären  indessen  noch  nicht  den  Landhunger, 
wie  er  sich  überall  bemerkbar  macht. 

Die  Bodennutzung  ist  nicht  nur  eine  direkte,  wie  in  der  Erzgewinnung 
und  Steinindustrie,  sondern  auch  eine  indirekte,  wie  bei  Land-  und  Forst- 
wirtschaft. Die  Landwirtschaft  nahm  zu  dieser  Urproduktion  auch  die  Ver- 
edelungsproduktion  hinzu,   indem    sie   Rohstoffe  von   außen  heranzog.     Den 


-     88     — 

Sti(jkst()ll'  lidlteii  wir  in  der  Form  des  Chilesalpeters  aus  dem  fernen  Aus- 
lande; hierin  brachte  der  Krieg  Wandel,  insofern  wir  schnell  den  Luftstick- 
stoff nutzen  lernten.  Wir  können  den  Chilesalpeter  nunmehr  ganz  entbehren. 
Schlimmer  stand  es  in  der  Tierproduktion.  Wir  zogen  in  immer  steigendem 
Maße  Körner-  und  Kraftfutter  aller  Art  aus  dem  Auslande  heran  und  standen 
in  Gefahr,  ganz  von  ihm  abhängig  zu  werden.  Inzwischen  wuchs  seit  den 
Freiheitskriegen  unsere  Volkszahl  auf  das  Zweieinhalbfache.  Wir  steigerten 
auch  die  Zahl  unserer  Tiere  enorm,  insbesondere  unsere  Schweinebestände, 
während  die  verfügbare  Bodenfläche  die  gleiche  blieb.  So  mußte  denn  die 
Bodenbenutzung  intensiviert  werden  und  der  Boden  immer  mehr  in  der 
Wertschätzung  steigen,  so  daß  geradezu  von  Landhunger  gesprochen  werden 
kann.  Tatsächlich  wuchs  unsere  Bodenproduktion  so  weit,  daß  wir  im  In- 
lande  90%  unseres  Getreidebedarfs  (England  nur  10  "^o)  erzeugten,  ebenso 
96 "  u  unseres  Fleischbedarfs. 

Das  Problem  der  Volksernährung  auf  eigener  Scholle  ist  für  die 
Kriegsdauer  gelöst.  Jetzt  tritt  das  gleiche  Problem  für  die  kommende 
Friedenszeit  um  so  bestimmter  hervor,  als  die  Kriegserfahrungen  uns  davor 
warnen,  je  in  Abhängigkeit  vom  Auslande  zu  kommen.  Wir  hoffen  ja  auf 
weiteres  starkes  Steigen  unserer  V^olkszahl ;  wird  die  gleichbleibende  ver- 
fügbare Bodenfläche  immer  zu  deren  Ernährung  hinreichen  ?  Seit  L  i  e  b  i  g 
(1840)  ringt  die  Wissenschaft  um  die  Lösung  der  Aufgabe,  durch  Inten- 
sivierung die  Produktion  zu  steigern.  Lieb  ig  —  auf  der  Theorie  des  Raub- 
baus alter  Völker  fußend  —  lehrte  uns,  die  dem  Boden  jährlich  entzogenen 
chemischen  Stoffe  im  Kunstdünger  wiederersetzen  und  schuf  die  Agrikultur- 
chemie. Als  man  erkannte,  daß  neben  den  Pflanzennährstoffen  noch  andere 
Wachstumsfaktoren  zu  verbessern  waren,  wurde  Wollny  der  Schöpfer  der 
Agrikulturphysik.  Hellriegel  begründete  die  Bodenbiologie,  Dünkelberg 
die  Kulturtechnik,  Rimpau  die  Pflanzenzüchtung,  Nathusius  die  Tier- 
züchtung. Gibt  es  noch  Grenzen  für  die  Intensivierung?  Leider  ist  das  der 
Fall,  denn  an  einem  Wachstumsfaktor,  dem  Klima,  scheitert  unser  Bemühen. 
So  sind  der  Steigerung  der  Bodenerträge  bestimmte  Grenzen  gezogen.  Hier- 
aus geht  mit  Sicherheit  die  Notwendigkeit  hervor,  für  den  Moment  vorzu- 
sorgen,  in  dem  unsere  Bodenfläche  trotz  aller  Hilfe  der  Wissenschaft  vermehrt 
werden  muß,  wenn  wir  nicht  in  Abhängigkeit  vom  Auslande  kommen  luid 
wirtschaftlich  ausgehungert  werden  wollen. 

16.  Sitzung  am  16.  Februar  1918 
Geh.  Hofrat  Prof.  Dr.  W.  Salomon,  Heidelberg: 
„Praktische  Anwendung  der  Geologie  in  den  Kriegs- 
jahren" 

In  Laienkreisen  ist  vielfach  die  Vorstellung  verbreitet,  daß  dem  Geo- 
logen eine  Voraussage  der  unter  der  Erdoberfläche  verborgenen  Gesteins - 
massen  nur  dadurch  möglich  ist,  daß  er  mit  dem  Spaten  grabe  oder  Bohrungen 
veranstalte.  Diese  Vorstellung  ist  falsch.  Die  geologische  Voraussage  für 
Tunnelbauten,  Schachtanlagen,  Gewinnung  von  Wasser,  Erdöl,  Kohle  und 
anderen  nutzbaren  Substanzen  beruht  darauf,  daß  die  Gesteinsmassen  des 
Erdinnern  nicht  willkürlich  und  regellos  geformt  und  gelagert  sind,  sondern 
daß  bei  vielen  von  ihnen  regelmäßige  Gestalten  und  eine  gesetzmäßige  Auf- 


—    «y    — 

einanderfolge  auftreten.  Die  wichtigsten  regelmäßigen  Gesteinsformen  sind 
die  ^Schichten-  und  die  ^Gänge*^.  Bei  ihnen  ist  es  sehr  oft  durch  Beob- 
achtung der  an  der  Erdoberfläche  entblößten  Massen  möglich,  mit  einem 
hohen  Grade  von  Sicherheit  oder  doch  wenigstens  Wahrscheinlichkeit  vor- 
auszusagen, in  welcher  Richtung  sie  sich  im  Erdinnern  fortsetzen.  Allerdings 
gibt  es  Erscheinungen,  die  diese  Voraussage  erschweren  oder  sogar  unmöglich 
machen  können.  In  erster  Linie  sind  als  solche  die  Verwerfungen  und  Fal- 
tungen zu  nennen.  Immerhin  hat  sich  im  Frieden  wie  im  Kriege  allmählich 
immer  weiteren  Kreisen  die  Erkenntnis  aufgedrängt,  daß  die  Geologie  nicht 
ein  Sammelsurium  phantastischer  Theorien  ist,  und  daß  sie  durch  ihre  prak- 
tischen Anwendungen  der  Menschheit  die  Mittel  mit  Zins  und  Zinseszins 
zurückzahlt,  die  ihr  für  ihre  Bestrebungen  von  den  Staaten,  Gemeinden  und 
Privaten  zur  Verfügung  gestellt  worden  sind. 


17.  Sitzimg  am  23.  Februar  1918 

A.  V.  G winner,  Berlin: 

„Die  Bagdadbahn" 

Der  Vortragende  bespricht  zunächst  die  geologischen  und  geogra- 
phischen Verhältnisse  des  von  der  Bahn  durchquerten  Gebietes,  die  eine 
Reihe  von  Kunstbauten  notwendig  gemacht  haben.  So  waren  im  Taurus 
Höhen  von  über  1400  Metern  zu  überwinden,  während  die  Strecke  in  ihrer 
größeren  Länge  ungefähr  800  Meter  hoch  läuft  und  schließlich  bis  auf  kaum 
100  Meter  fällt. 

Die  weiteren  Ausführungen  gelten  der  Vorgeschichte  des  Bahn- 
baues.  1888  war  der  Deutschen  Bank  eine  Konzession  für  eine  Bahn  auf 
kleinasiatischem  Gebiet  erteilt  worden,  die  von  Konstantinopel  nach  Angora 
lief.  Nach  der  Gründung  der  Anatolischen  Bahngesellschaft  konnte  die  Bahn 
bis  Koni  a  weitergeleitet  werden.  Ihre  Verlängerung  über  Konia  hinaus  bis 
Bagdad  war  als  internationales  Werk  gedacht.  An  dem  Widerstand  der 
öffentlichen  Meinung  Englands  und  Frankreichs  scheiterte  jedoch  dieser  Plan. 
So  stand  deutsches  Kapital  allein  zur  Verfügung,  um  den  Bau  zur  Durch- 
führung zu  bringen,  der  sehr  bald  einen  politischen  Charakter  erhielt.  Der 
scharfe  Widerstand  Englands  und  Frankreichs  bewirkte  mannigfache  Hem- 
mungen, so  daß  der  Bau  nur  langsam  voranschreiten  konnte.  Nach  Vollendung 
von  200  Kilometern  Strecke  von  1899  bis  1904  stockte  der  Bau  bis  1909  voll- 
ständig. Die  in  diesem  Jahre  von  neuem  einsetzende  Tätigkeit  flaute  schon 
1911  durch  die  Balkankriege  wieder  ab.  Bis  heute  sind  ungefähr  1000  Kilo- 
meter gebaut  worden. 

Die  Bahn  ist  als  das  größte  deutsche  Auslandsunternehmen  anzusprechen. 
Fast  eine  halbe  Milliarde  Mark  ist  bis  heute  darin  angelegt.  Sie  ist  für  die 
Türkei  nicht  nur  wirtschaftlich  von  größter  Bedeutung,  sondern  auch  in  mili- 
tärischer Hinsicht,  so  daß  man  sie  als  Lebensnerv  und  Rückgrat  des  Landes 
ansprechen  kann. 

Eine  Reihe  sehr  gut  gelungener  Farbenlichtbilder  und  gutes  Karten- 
material unterstützen  die  Darlegungen  des  Vortragenden. 


—     90     — 

18.  Sitzung  am  2.  März  1918 
Geh.  Reg.-Rat  Dr.  A.  von  Weinberg: 

„Der  Nutzen  der  industriellen  Kriegswirtscliaft   für 
die  Zukunft" 

Wenn  auch  über  die  wirtschaftichen  Folgerungen,  die  sich  aus  der 
Kriegserfahrung  ergeben,  recht  verschiedene  Urteile  gefällt  worden  sind,  so 
besteht  doch  Einigkeit  darüber,  daß  die  Leistungen  der  Industrie  und 
besonders  der  chemischen  Industrie  der  Volkswirtschaft  im  Frieden  für  alle 
Zeit  zugute  kommen  werden.  Vor  allen  Dingen  werden  der  Landwirtschaft 
im  Frieden  Düngemittel  aus  inländischen  Quellen  in  Mengen  ^ur  Verfügung 
stehen,  die  den  Friedensbedarf  der  letzten  Zeit  vor  dem  Kriege  bei  weitem 
übersteigen.  Es  ist  ein  merkwürdiges  Zusammentreffen,  daß  die  Stickstoff- 
derivate, die  unsere  Ernährung  und  damit  unser  Leben  sichern,  die  gleichen 
Körper  sind,  mit  denen  wir  den  Feinden  Tod  und  Verderben  bringen.  Deutsch- 
land hat  sich  auf  dem  Stickstoffgebiet  vom  Auslande  unabhängig  gemacht, 
und  es  wird  Sache  der  maßgebenden  Faktoren  sein,  durch  richtiges  Zusairmien- 
fassen  der  Industrie,  richtige  Zollpolitik,  aber  ohne  Monopole,  diese  Sachlage 
zum  Wohle  des  Ganzen  auszubauen.  Redner  zeigt  an  einer  Reihe  besonders 
wichtiger  Beispiele,  wie  Alkohol,  Essigsäure,  Kautschuk,  Ge- 
spinstfasern, Harze,  Glyzerin  usw.,  wie  die  Leistungen  der  Industrie 
im  Kriege  die  zukünftige  Friedenswirtschaft  beeinflussen  werden.  .Auch  die 
Frage  der  Versorgung  mit  Kohlenwasserstoffen,  besonders  mit  Benzin 
und  Schmierölen,  im  Frieden  ist  durch  die  Entwicklung  der  Kriegsindu- 
strie wesentlich  vorwärts  gekommen.  Es  hat  sich  gezeigt,  wie  dringend  eine 
bessere  Ausnützung  der  Kohle  ist.  Hauptsächlich  auch  für  Erzeugung  bil- 
ligen elektrischen  Stroms,  den  wir  im  Frieden  zur  Aufrechterhaltung  der 
Werke  brauchen  werden,  die  Carbid  und  Aluminium  erzeugen.  Alumi- 
nium wird  einen  erheblichen  Teil  des  Kupfers  dauernd  ersetzen.  Wichtige 
Ergebnisse  hat  auch  die  Seh  we  fei  w^ir  tschaft,  ein  Gebiet,  auf  dem 
namentHch  die  volkswirtschaftliche  richtige  Lösung  des  Problems  der  Ein- 
fuhr von  Rohstoffen  der  Lösung  nahe  gekommen  ist. 

Im  allgemeinen  wird  die  Kriegserfahrung  zu  einer  Vermehrung  der  Ver- 
einigungen zu  Trusts  und  zu  Interessengemeinschaften  führen.  Auch  für 
die  Verkehrsverhältnisse  ergeben  sich  wichtige  Folgerungen.  Redner  tritt 
der  Auffassung  entgegen,  daß  uns  der  Krieg  gelehrt  habe,  einen  wirtschaft- 
lichen Abschluß  nur  unter  Einbeziehung  eigener  Kolonien  und  des  soge- 
nannten Mitteleuropa  anzustreben.  Die  Lehre  für  die  Industrie  ist  vielmehr 
die  Notwendigkeit  des  Wettbewerbes  im  Weltmarkt.  Denn  nur  hierdurch 
können  wir  die  erfinderische  Überlegenheit  zur  Geltung  bringen,  die  uns, 
entgegen  den  Verleumdungen  unserer  Feinde,  einen  Vorsprinig  im  Welthandel 
sicherte.  Diese  Ursache  wird  auch  in  Zukunft  gesichert  sein,  wenn  wir  einge- 
denk bleiben,  daß  in  der  Wissenschaft  die  starken  Wurzeln  unserer  Kraft  liegen. 

19.  Sitzung  am  9.  März  1918 
Prof.  Dr.  H.  Schnegg,  Weihenstephan : 

„Die  Pilze   und   ihre   volkswirtschaftliche  Bedeutung" 

Unter   den   Wildgemüsen    und  Wildfrüchten    nehmen    die    Pilze    eine 

Sonderstellung   ein.   botanist-li    und    wirtschaftlieh    l)etrachtet.     Einer   ausge- 


—     91     — 

dehiiteren  Sammlung  stand  bisher  vor  allem  die  Furcht  vor  Vergiftungen 
im  Wege,  die  unbegründet  ist,  da  gegenüber  den  ungefähr  200  Arten  von 
eßbaren  Pilzen  die  Zahl  der  wirklich  giftigen  Pilze  so  gering  ist,  daß  uns 
deren  genaue  Kenntnis  leicht  vor  Schaden  bewahren  kann.  Eine  umfassende 
Pilzsammlung  wäre  aber  schon  deshalb  anzustreben,  weil  die  Pilze  ein  bis- 
her meist  unterschätztes  wertvolles  Nahrungsmittel  darstellen.  Ihr  Eiweiß- 
gehalt ist  unter  allen  Gemüsen  am  höchsten  und  außerdem  nach  den  neuesten 
Ernährungsversuchen  in  hohem  Grade  verdaulich.  Das  gleiche  gilt  für  die 
Kohlehydrate  der  Pilze.  Dabei  spielt  allerdings  die  Form,  in  der  die  Pilze 
als  Nahrungsmittel  verabreicht  werden,  eine  wesentliche  Rolle,  Die  besten 
Erfahrungen  wurden  gemacht  mit  dem  Genuß  der  Pilze  in  ihrer  Verarbeitung  zu 
Pilzmehl.  In  dieser  Form  liefern  die  Pilze  auch  wertvolle  Gewürzstoffe,  die  je 
nach  der  Art  der  dazu  verwendeten  Pilze  alle  mögliehen  Gewürzstoffe  zu  er- 
setzen im  Stande  sind.  So  bieten  uns  die  einheimischen  Pilze  Ersatz  für  Trüffel, 
„Maggi",  Pfeffer,  Knoblauch,  Zwiebel  und  andere  Gewürze.  In  Form  von 
Extrakt  eignen  sie  sich  auch  zur  Herstellung  einer  vorzüglichen  flüssigen 
Speisewürze.  Die  für  den  menschlichen  Genuß  untauglichen  Pilze  stellen 
in  geeigneter  Aufarbeitung  ein  wertvolles  Kraftfutter  für  die  tierische  Er- 
nährung dar.  Speziell  die  holzigen  Arten  der  Baumschwämme  dienen  als 
Rohmaterial  für  die  Herstellung  von  Zunder-  und  Korkersatz.  Zu  einem 
volkswirtschaftlich  bedeutenden  Faktor  scheint  auch  die  künstliche  Pilzzucht 
zu  werden,  soweit  unsere  wähi-end  des  Krieges  bisher  mit  der  Edelpilz-, 
Champignon-Zucht  gemachten  Erfahrungen  erkennen  lassen.  Von  größter 
volkswirtschaftlicher  Bedeutung  ist  der  Handel  mit  Pilzen.  Bringt  uns  heute 
dieser  schon  viele  Millionen  ein,  so  wäre  er  bei  ausgedehnterer  Organisation 
der  Sammlung  und  Verwertung  der  Pilze,  besonders  bei  entsprechender  Er- 
weiterung der  Pilzkenntnisse  geeignet,  uns  bezüglich  des  Bezuges  von  Pilzen 
aus  dem  Auslande  unabhängig  zu  machen  und  zur  Hebung  unseres  Volks- 
wohlstandes wesentlich  beizutragen. 

20.  Sitzung  am  16.  März  1918 

Prof.  Dr.  W.  Stahlberg,  Berlin: 

„Helgolands  Bedeutung  im  Weltkrieg" 

Der  Krieg  hat  sich  immer  deutlicher  als  die  weltgeschichtliche  Aus- 
einandersetzung zwischen  Deutschland  und  England  herausgestellt,  als  den 
Daseinskrieg,  der  eine  Entwicklungsrichtung  bricht,  entweder  die  des  eng- 
lischen Weltreiches  oder  die  unseres  aufstrebenden  Deutschen  Reiches.  Daß 
wir  an  unserer  heimischen  Küste  und  in  der  Deutschen  Bucht  stark  genug 
waren  und  geblieben  sind,  verdanken  wir  wesentlich  dem  Umstand,  daß  wir 
Helgoland  in  unserer  Hand  hatten  und  haben.  Der  Vortragende  erinnert 
an  den  Sturm  der  Entrüstung,  der  in  ganz  Deutschland  damals  durch  den 
englisch-deutschen  Vertrag  über  Helgoland  und  Sansibar  hervorgerufen  wurde. 
Besonders  bezeichnend  bei  dieser  Erörterung  ist,  daß  bei  jedem  Eingehen 
auf  tatsächliche  Möglichkeiten  der  politischen  Kriegslage,  von  einer  Gegner- 
schaft Englands  ganz  abgesehen  wurde.  Sie  lag  außer  dem  Bereich  des 
damaligen  allgemeinen  Denkens.  Dasselbe  zeigt  sich  in  der  Begründung, 
die  Caprivi  der  Verteidigung  seines  N'ertrags  gab,  und  ebenso  urteilte  Bis- 
marck in  den  Gedanken  und  Erinnerungen  auf  Grund  einer  sich  von  selbst 


—     92     — 

verstehenden  englischen  Neutralität.  In  unserer  verantwortlichen  Marine- 
verwaltung  ist  man  sich  damals  über  den  Wert  der  Insel  klar  gewesen. 
Nicht  die  Befestigung  der  Insel,  sondern  der  Ausbau  der  schlagbereiten 
Flotte  standen  im  Vordergrund :  denn  erst  diese  verleiht  der  Insel  ihren 
wirklichen  hohen  Wert.  Es  hatte  lange  gedauert,  noch  lange  auch  nach  der 
t  ruhen  Zeit  der  vergeblichen  Flottenentwicklungsversuche  der  H  o  1 1  m  a  n  nschen 
Ära,  bis  dieses  Ziel  in  sichtbarer  Erreichbarkeit  lag.  Ein  Flottenstützpunkt 
l)egann  Helgoland  erst  zu  werden,  als  im  September  1908  der  Hafen  an  der 
Südseite  in  Angriff  genommen  wurde.  1909  wurde  die  Insel  zum  Reichs- 
kriegshafen erklärt,  und  erst  1911  ist  die  Feste  Helgoland  einer  eigenen 
„Fortifikation'"  zugewiesen  worden. 

Wenn  man  die  Wirkung  aller  Festungs-  und  Flottenstützpunktseigen- 
schaften  Helgolands  in  ein  scharfes  Licht  stellen  will,  so  braucht  man  sich 
hur  zu  vergegenwärtigen,  wie  Deutschland  dastände,  wenn^  Helgoland  diese 
Eigenschaften  nicht  nur  nicht  für  uns  besäße,  sondern  in  englischem  Besitz 
zu  Nutz  und  Frommen  unserer  Feinde  betätigte.  Kein  Zweifel,  wir  hätten 
unsere  Seemacht  nicht  so  entwickeln  können,  wie  wir  es  getan  haben.  Eng- 
land in  einem  befestigten  Helgoland  w^äre  wie  der  Einbrecher  gewesen,  der 
den  Fuß  in  die  Tür  des  deutschen  Hauses  gesetzt  und  den  Arm  nun  frei 
hat,  den  Revolver  abzudrücken.  Die  Engländer  sind  nur  mit  U-Booten  in 
die  Nähe  der  Insel  gekommen.  Der  einzige  Versuch  der  Engländer  zu  einem 
Angriff  auf  die  Deutsche  Bucht  in  größerem  Stil  datiert  vom  28.  August  1914. 
Alles  spielte  sich  erheblich  westlich  von  Helgoland  ab,  der  geplante  große 
V^orstoß  löste  sich  in  kleine  Einzelgefechte  auf,  bei  denen  die  kleinen  Kreuzer 
„Mainz",  „Köln"  und  „Ariadne"  verloren  gingen,  die  damals  von  gewaltiger 
il)ermacht  vernichtet  wurden.  Die  Insel  selbst  hat  von  dem  Kampfe  nichts 
gesehen,  konnte  auch  wegen  der  Entfernung  der  meisten  Einzelkämpfe  nicht 
eingreifen.     So  ist  es  während  des  ganzen  Krieges  geblieben. 

H)  Wintorlialbjahr  1918/19 

1.  Sitzimg  am  26.  Oktober  1918 

Prof.  Dr.  0.  Steche: 
,,Tier-  und  Menschenstaat." 
Staatenbilduug,  d.  h.  den  Zusammenschluß  zahlreicher  Individuen  zu 
gemeinsamem  Leben  mit  Unterordnung  unter  die  Interessen  des  Ganzen  und 
V'^erteilung  der  Arbeit  auf  einzelne  Stände,  gibt  es  auch  im  Tierreich.  Bei 
manchen  Formen  erreicht  der  Staatssozialismus  sogar  eine  Durchbildung,  die 
bei  weitem  die  für  den  Menschenstaat  erstrebte  übertrifft.  Dies  gilt  besonders 
für  die  Insektenstaaten.  Ihr  gemeinsamer  Charakter  ist  der  des  Familien - 
Staates.  Alle  Bürger  sind  Kinder  der  Gründerin  des  Verbandes,  der  Königin. 
Dies  zeigt  sich  am  klarsten  bei  den  einfachen  Staaten  der  Hummeln  und 
Wespen,  deren  Verband  nur  einen  Sommer  dauert.  Die  Nachkommen  des 
den  Staat  gründenden  Weibchens  verzichten  auf  selbständiges  Leben  und 
Fortpflanzung,  sie  werden  zu  geschlechtslosen  Arbeitstieren.  Erst  im  Herbst 
treten  Männchen  und  vollwertige  Weibchen  auf.  die  nach  der  Überwinterung 
neue  Staaten  gründen.  Der  Bieneiistaat  erlangt  demgegenüber  längere  Lebens- 
dauer, und  sein(>  jungen  Königinnen  gründen  neue  Kolonien  nicht  durch  eigene 


—     93     — 

Einzelarbeit,  sondern  durch  Ausziehen  mit  Schwärmen  von  Arbeitstieren. 
Bei  den  Ameisen  und  Termiten  erreicht  dieser  Typus  die  höchste  Vollendung. 
Hier  differenzieren  sich  die  Arbeitstiere  in  verschiedene  Kasten :  Soldaten  zur 
Verteidigung  und  als  Polizei  und  Arbeiter  mit  verschiedenen  Berufen.  Die  Ge- 
samtleistung steigt  mit  dem  Volksreichtum  der  Staaten,  der  bei  den  Termiten 
in  die  Millionen  geht,  zu  außerordentlicher  Höhe;  dabei  ordnen  sich  die 
Einzeltiere  dem  Ganzen  bis  zur  Aufgabe  ihrer  individuellen  Selbstständigkeit 
unter.  Dies  wird  erreicht  durch  instinktive,  zwangsläufige  Mechanismen, 
die  den  Tieren  ihre  Handlungen  fast  ohne  die  Möglichkeit  persönlicher  Ab- 
weichungen aufzwingen.  So  stellt  der  Gesamtstaat  gewissermaßen  ein  ein- 
heitliches Individuum  dar,  die  Einzeltiere  nur  seine  Organe. 

Das  gleiche  wird  im  Tierkreis  der  Pflanzentiere  durch  körperliche 
Verbindung  der  Nachkommen  eines  Ausgangstieres  erreicht.  Durch  Knospung 
oder  Teilung  bildet  sich  ein  Tierstock,  dessen  Einzeltiere  für  ihren  Lebens- 
unterhalt aufeinander  angewiesen  sind.  Auch  hier  schreitet  der  Verband 
von  ursprünglicher  Gleichartigkeit  aller  Staatsbürger  wie  bei  den  Korallen 
zu  sozialer  Gliederung  fort.  Das  Endziel  wird  bei  den  Röhrenquallen. 
Siphonophoren,  erreicht;  hier  erscheint  die  Gesamtkolonie  als  Individuum  mit 
sehr  mannigfach  gestalteten  Organen,  den  rück-  und  umgebildeten  Einzel- 
tieren. 

Demgegenüber  entwickelt  sich  im  Tierreich  eine  zweite  Form  des 
geselligen  Verbandes  bei  den  Herdentieren.  Zahlreiche  Individuen,  die  zunächst 
nur  durch  günstige  Ernährungsbedingungen  räumlich  vereinigt  werden, 
schließen  sich  zu  gemeinsamem  Schutz  in  soziale  Verbände  zusammen.  Bluts- 
verwandtschaft spielt  dabei  nur  insofern  eine  Rolle,  als  innerhalb  der  großen 
Herden  einzelne  Familien  in  wenigstens  zeitweise  engerer  Gemeinschaft  leben. 
Diese  Herden  ordnen  sich  einem  selbstgewählten  Leittiere  männlichen  oder 
weiblichen  Geschlechts  unter,  das  durch  hervorragende  körperliche  oder 
geistige  Qualitäten  das  Recht  auf  diesen  Platz  erwirbt  und  ihn  gegen  Ansprüche 
von  Rivalen  nur  durch  ständige  Beweise  seiner  Überlegenheit  behaupten 
kann.  Die  übrigen  Individuen  sind  in  ihren  persönlichen  Leistungen,  besonders 
auch  der  Fortpflanzung,  nicht  nennenswert  beschränkt.  Der  Wettbewerb 
um  die  Führerrolle  bringt  hier  jeweils  die  tüchtigsten  Individuen  an  die 
Spitze.  Dadurch  erlangen  diese  Staatenbildungen  einen  entscheidenden 
Vorteil  über  die  Familienstaaten,  bei  denen  wohl  eine  feinere  Differenzierung 
der  Leistungen  durch  fortschreitende  Berufsgliederung  ermöglicht,  aber  der 
Aufstieg  des  Ganzen  zu  neuen  Lebensformen  durch  Herabdrückung  der 
Einzeltiere  zu  Organen  versperrt  wird. 

Von  solchen  Herdenstaaten  leitet  sich  offenbar  auch  der  des  Menschen 
ab;  er  hat  von  ihnen  als  wichtigstes  Erbe  den  freien  Wettbewerb  um  die 
Führung  übernommen.  Dessen  zeitweilige  Unterdrückung  in  der  sozialen 
Gliederung  führt  zur  Kastenbildung,  deren  versteinernder  Einfluß  uns  etwa 
aus  Indien  her  bekannt  ist.  Es  ist  also  nur  eine  richtige  Fortführung  dieses 
uralten  Grundprinzips,  wenn  im  modernen  Staat  die  Forderung  der  freien 
Bahn  für  den  Tüchtigen  zu  so  hoher  Bedeutung  gelangt:  von  seiner  Diu-ch- 
führung  hängt  wesentlich  das  Gedeihen  des  Verbandes  auch  im  Wettbewerb 
der  Staaten  ab. 


—     94     — 

2.  Sitzung  am  2.  November  1918 

Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  H.  Fresenius-Wiesbaden: 

„Über  die   Bedeutung   des   Stickstoffs  für   den   Krieg 

und  für  das  Durchhalten  in  der  Heimat". 

In  der  Natur  finden  wir  den  Stickstoff  vor  allem  in  der  Luft,  dem 
Räume  nach  "'5  derselben  ausmachend,  dann  in  der  als  Chilisalpeter  bekannten 
Abla<i;erung'  von  Natriumnitrat  in  Südamerika,  ferner  im  Körper  der  Pflanzen, 
Tiere  und  Menschen  in  zahlreichen  Verbindungen,  namentlich  Eiweißkörpern. 
Menschen  und  Tiere  decken  ihren  Stickstoffbedarf  durch  Vermittlung  der 
Pflanzen,  die  ihn  aus  dem  Boden  aufnehmen. 

Von  den  Eigenschaften  des  Stickstoffes  sind  besonders  wichtig  die 
Abneigung,  sich  mit  anderen  Elementen  zu  verbinden,  und  die  leichte 
Zersetzlichkeit  vieler  Stickstoffverbindungen.  Gerade  diese  bedingt  die  V^er- 
wendung  für  die  Herstellung  der  Munition  für  die  Feuerwaffen  zur  Füllung 
von  Granaten,  Fliegerbomben,  Minen  usw. 

Zur  Herstellung  der  betreffenden  Verbindungen  ist  Salpetersäure  nötig, 
die  früher  ausschließlich  aus  Chilisalpeter  hergestellt  wurde.  Jetzt  im  Krieg 
kann  kein  Chilisalpeter  aus  Amerika  nach  Deutschland  gebracht  werden. 
Es  ist  deshalb  eine  Großtat  der  deutschen  Wissenschaft  und  Industrie,  die 
Gewinnung  der  erforderlichen  Mengen  von  Salpetersäure  aus  dem  Stickstoff 
der  Luft  ermöglicht  und  erfolgreich  durchgeführt  zu  haben.  Die  hierzu  ge- 
eigneten Verfahren  werden  besprochen,  insbesondere  das  von  der  Badischen- 
Anilin-  und  Sodafabrik  zu  einer  Fabrikationsmethode  ausgebildete  Habe  r  sehe 
Verfahren.  Es  wird  ein  Besuch  der  sog.  Stickstoff-Fabrik  Oppau  geschildert, 
und  es  werden  aus  Luftstickstoff  dort  hergestellte  Stickstoffverbindungen 
vorgezeigt,  insbesondere  synthetischer  Chilisalpeter. 

Das  ist  die  Bedeutung  des  Stickstoffes  für  den  Krieg.  Das  Durchhalten 
in  der  Heimat  ist  nur  möglich,  wenn  die  Ernährung  unserer  Kriegsheere  und 
der  Bevölkerung  daheim  sichergestellt  werden  kann.  Das  ist  nur  durch- 
führbar, wenn  wir  dem  Boden  die  größten  erreichbaren  Mengen  an  Nahrungs- 
mitteln für  Menschen  und  Tiere  abgewinnen.  Hierzu  ist  intensivste  Bewirt- 
schaftung, insbesondere  auch  Düngung  erforderlich.  Da  ist  denn  die  Zufuhr 
von  Stickstoffdüngern  von  der  größten  Wichtigkeit,  und  da  fehlt  eben  auch 
die  Zufuhr  des  im  Frieden  in  großen  Mengen  angewendeten  Chilisalpeters. 
Es  kommt  deshalb  für  das  Durchhalten  in  der  Heimat  darauf  an,  die  natür- 
lichen stickstoffhaltigen  Düngemittel  sorgfältigst  aufzusammeln  und  zu  be- 
nutzen, alle  zur  Pflanzenernährung  verwendbaren  stickstoffhaltigen  Abfallstoffe 
restlos  heranzuziehen  und  auszunutzen  und  der  Landwirtschaft  die  für  den 
Heeresbedarf  nicht  erforderlichen,  aus  Luftstickstoff  hergestellten,  zur  Düngung 
geeigneten  Fabrikate  zuzuführen. 

3.  Sitzung  am  9.  November  1918 
Privatdozent  Dr.  W.  Eitel: 

„Wasser  und  Eis". 
Unter  allen  merkwürdigen  Naturkörpern  erscheint  uns  das  Wasser  und 
das    Eis    wohl   als    der    allermerkwürdigste,    wenn    wir'  bedenken,    in    wie 


—     95     — 

vollendeter  Weise  die  gesamte  Lebewelt  auf  seine  Eigenschaften  eingestellt 
ist  und  welche  überragende  Rolle  es  in  dem  Haushalt  der  irdischen  Natur 
spielt.  In  dieser  Erkenntnis  hatte  schon  Thaies  von  Mil  et  die  Lehre 
vertreten,  daß  alles  aus  dem  Wasser  entsprungen  sei,  und  Aristoteles 
und  Empedokles  hielten  es  für  eines  der  Urelemente  der  Schöpfung.  Mit 
ihnen  hat  das  gesamte  Mittelalter  der  Meinung  gehuldigt,  daß  aus  Wasser, 
Feuer,  Erde  und  Luft  das  Weltall  zusammengesetzt  sein  müsse,  bis  die  Ent- 
wicklung der  neueren  Naturwissenschaft,  insbesondere  der  Chemie,  uns  zeigte, 
daß  das  Wasser  eine  Verbindung  von  Elementen,  die  anderen  aristotelischen 
Urstoffe  aber  gar  keine  einfachen  ehemischen  Individuen  darstellen.  Trotzdem 
dürfen  wir  in  bezug  auf  das  Wasser  weiterhin  die  Meinung  vertreten,  daß 
es  die  allgemeinste  und  wichtigste  Substanz  auf  unserem  Planeten  ist.  Seine 
ungeheure  Verbreitung  in  den  Ozeanen,  in  der  Gestalt  von  Eisdecken  und  in 
den  atmosphärischen  Niederschlägen,  nicht  zuletzt  in  der  Form  des  in  Luft 
gelösten  Wasserdampfes,  ist  zunächst  von  Bedeutung.  Dann  abe"r  ist  eine 
Betrachtung  seiner  hochwichtigen  physikalischen  und  chemischen  Eigen- 
schaften zum  Verständnis  der  Rolle  nötig,  die  es  in  der  Natur  tatsächlich 
spielt.  Unter  den  thermischen  Eigenschaften  des  Wassers  fällt  uns  sofort  auf, 
daß  seine  Wärmekapazität,  sowie  seine  Schmelz-  und  Verdampfungswärme 
einen  ganz  außerordentlich  hohen  Betrag  hat,  so  daß  kaum  eine  andere 
chemische  Verbindung  in  dieser  Hinsicht  dem  Wasser  zu  vergleichen  wäre. 
Infolge  dieser  besonderen  Eigenart  ist  der  Wärmehaushalt  an  der  Erdober- 
fläche, nämlich  das  großartige  regulative  Ausgleichbestreben  der  meteoro- 
logischen Vorgänge,  also  auch  die  Grundlage  des  animalischen  Lebens  auf 
unserem  Planeten,  aufs  innigste  mit  dem  Wasservorrat  auf  demselben  ver- 
knüpft. Die  hohe  spezifische  Wärme  des  Wassers  begünstigt  die  Ausbildung 
der  Strömungen  in  Ozean  und  Luftmeer;  die  hohe  Schmelzwärme  des  Eises 
bedingt  die  Gleichmäßigkeit  der  Meerestemperatur:  und  die  sehr  erhebliche 
Verdampfungswärme  wirkt  nicht  nur  im  Wärmehaushalt  der  Erdoberfläche 
mit,  sondern  sie  regelt  auch  aufs  entschiedenste  die  Körpertemperatur  der 
lebenden  Organismen.  Endlich  ist  die  Eigenschaft  des  Wassers,  bei  4"  C. 
ein  Maximum  seiner  Dichte  zu  besitzen,  nicht  minder  für  die  Lebewelt  von 
Wichtigkeit.  Ohne  die  anormale  Ausdehnung  des  kalten  Wassers  unter  4" 
und  die  Schwimmfähigkeit  des  Eises  müßten  jeden  Winter  bedeutende  Mengen 
von  Grundeis  in  den  Wasseransammlungen  entstehen,  im  darauffolgenden 
Sommer  könnte  dies  am  Ende  gar  nicht  mehr  alles  aufgetaut  werden,  neues 
Eis  müßte  sich  darnach  in  der  kalten  Jahreszeit  dazubilden  und  so  fort,  bis 
einmal  der  ganze  Wasserkörper  oder  wenigstens  sein  größter  Teil  verfestigt 
wäre.  In  Wirklichkeit  wird  nun  aber  unter  den  sich  bildenden  Eisschichten 
das  Wasser  am  Grunde,  der  Flüsse,  Seen  u.  dergl.  flüssig  bleiben,  und  die 
Existenz  der  in  ihm  befindlichen  Lebewesen  ist  so  gesichert.  Wie  rauh  auch 
die  Atmosphäre  dereinst  werden  mag,  im  Ozean  wird  immer  noch  Leben 
existieren  können,  bis  auch  er  einmal  in  Erstarrung  übergeht.  Vom  chemi- 
schen Standpunkte  aus  ist  insbesondere  die  Eigenschaft  des  Wassers  von 
Wichtigkeit,  andere  Stoffe,  in  erster  Linie  anorganische  Salze,  in  weitestem 
Maße  zu  lösen.  Diese  Eigenschaft  bedingt  im  Zusammenhang  mit  seiner 
hohen  Dielektrizitätskonstante  auch  das  starke  elektrolytische  Dissoziations- 
vermögen der  wässerigen  Lösungen,  das   bei  den  Reaktionen  innerhalb  der 


(lesteine  und  Böden  eine  so  außerordentliche  Rolle  spielt.  In  wundervollster 
Harmonie  greifen  die  Wirkungen  der  mannigfaltigen  Eigenschaften  des 
Wassers  ineinander,  und  wie  nach  einem  großartigen  schöpferischen  Plane 
angelegt,  sind  sie  alle  eine  Vorbedingung  für  das  Zustandsbild  der  irdischen 
Xatur.  das  wir  unbefangenen  Blicks  vor  uns  sehen. 

4.  Sitzung  am  30.  November  1918 

Prof.  Dr.  H.  E.  Boeke: 

„Die  Eisenerze" 

Die  Eisenerze  machen  zusammen  mit  der  Kohle  die  (Grundlage  der 
Existenz  eines  Industrievolkes  aus.  Die  Gesteine  der  Erdkruste  besitzen  im 
Durchschnitt  einen  Eisengehalt  von  4,4  o/o,  die  hellen,  kieselsäurereichen  Ge- 
steine wie  Granit  führen  weniger  Eisen,  die  dunklen,  kieselsäurearmen 
wie  Basalt  oft  über  10  ^/o.  Von  Eisenerzlagerstätten  sprechen  wir  aber  erst, 
wenn  ein  'Gehalt  von  wenigstens  30"  o  Eisen  in  dem  Vorkommen  angehäuft  ist. 

Das  reichste  Eisenerz  ist  der  Magneteisenstein  (Eisenoxydul-Oxyd),  der 
als  unmittelbare  Auscheidung  aus  dem  (Jesteinsschmelzfluß  vorkommt,  u.  a. 
in  Nordschweden  in  gewaltigen  Massen  ansteht.  Hier  wird  das  hochprozentige 
Erz  mit  65— TO^o  Eisen  in  der  Nähe  der  Stadt  Kiruna  durch  einfachen 
Tagel)au  gewonnen.  Die  dem  Gesteinsschmelzfluß  entströmenden  Gase  und 
heißen  Lösungen  sind  oft  eisenhaltig  und  haben  vielerorts  zur  Abscheidung 
von  Roteisenstein  (Eisenoxyd)  und  Spateisenstein  (Eisenkarbonat)  auf  Klüften 
und  Spalten  („Gängen")  geführt,  oder  sie  setzten  sich  mit  angrenzenden 
Kalksteinmassen  zu  Roteisenstein  um.  Die  Spateisensteingänge  des  Sieger- 
landes sind  zurzeit  der  wichtigste  Eisenerzreichtum  Deutschlands.  Auch  durch 
die  Einwirkung  zirkulierender  eisenhaltiger  Lösungen  auf  Kalkstein  ohne  die 
nachweisbare  Gegenwart  eines  Gesteinsschmelzflusses  entstehen  allmählich 
Spateisensteinlagerstätten,  wofür  der  berühmte  Erzberg  in  Steiermark,  das 
größte  Eisenerzvorkommen  im  ehemaligen  Österreich-Ungarn,  ein  Beispiel 
abgibt.  Die  Hauptmenge  des  Eisenerzes  ist  jedoch  als  Sediment  aus  dem 
Wasser  al)gelagert  und  zwar  als  Brauneisenstein  (Eisenoxydhydrat),  der  bei 
ältei-en  Vorkommen  im  Laufe  der  geologischen  Zeiträume  unter  Wasserverlust 
zu  Roteisenstein  veredelt  wurde.  Das  sog.  Minettegebiet  an  der  Grenze  von 
Lothringen  und  Frankreich  bildet  das  größte  der  gegenwärtig  bekannten 
P>rauneisensteinlagerstätten  und  das  zweitgrößte  aller  in  Abbau  befindlichen 
Eisenerzvorkommen  überhaiipt  (an  erster  Stelle  steht  das  Gebiet  am  Oberen 
See  in  Nordamerika).  Roteisensteinlager  sedimentären  Ursprungs  besitzt 
Deutschland  im  Lahn-  und  Dillgebiet. 

Zum  Schluß  erläutert  der  Vortragende  seine  Ausführungen  durch 
statistisches  Material  über  die  Eisenerzproduktion  Deutschlands  und  der 
übrigen  Länder. 

5.  Sitzung  am  7.  Dezember  1918 
Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  M.  N  e  i  s  s  e  r : 

„Die  Malaria  im  Kriege  und  nach  dem  Kriege" 
Während   die   Malaria  vor  dem  Kriege  nur  in  ganz  wenigen  Bezirken 
Deutschlands   (Wilhelmshaven,   Emden,    Pleß)    und    in    manchen    deutschen 
Koloiüen  (z.  B.  Ostafrika)  vorkam,  sind  die  deutschen  Truppen  und  deutsche 


—     U7     -- 

Gefangene  während  des  Krieges  in  Länder  gekommen  (Rumänien.  Mazedonien, 
Türkei  usw.),  in  denen  die  Malaria  weit  verbreitet  ist. "  Dadurch  sind  unsere 
Kenntnisse  über  die  Malaria  wesentlich  erweitert  worden.  Zunächst  erfuhr 
man  von  der  bösartigen  Form  der  Tertiana  in  Albanien  und  von  ähidichen 
schlimmen  Formen  in  Mazedonien,  die,  obwohl  mikroskopisch  von  der  ge- 
wöhnlichen Tertiana  nicht  unterscheidbar,  doch  häufig  genug  unheilbar  waren 
und  zu  Siechtum  und  Tod  führten.  Im  Gegensatz  hierzu  sah  man,  daß  die 
bisher  so  gefürchtete  Tropika  in  sehr  vielen  Fällen  schnell  und  restlos  abheilte. 
Aber  das  Überraschendste  war.  daß  nicht  nur  die  mazedonische  oder  albanische 
Tertiana,  sondern  auch  die  riunänische,  die  russische  und  auch  die  flandrische, 
trotz  richtiger  und  gründlicher  Behandlung  in  vielen  Fällen  nicht  ausheilte, 
sondern  zu  Rezidiven  führte.  Und  während  die  Tertiana  in  Deutschland  als 
eine  durch  Chinin  verhältnismäßig  leicht  heilbare  Krankheit  galt,  zeigte  sich, 
daß  sie  in  vielen  Fällen  bezl.  der  endgiltigen  Heilung  außerordentlich  schwer 
heilbar  sei.  Damit  im  Zusannnenhang  stand  das  öfters  beobachtete  Vorkommen 
von  Malaria-Keimträgern,  also  von  Personen,  die  Malariakeime  in  sich  be- 
herbeigten,  ohne  daran  zu  erkranken.  Das  waren  einmal  Personen,  die  Malaria 
durchgemacht  hatten,  aber  nach  einem  oder  zwei  Rezidiven  scheinbar  völlig 
geheilt  waren,  dann  aber  jene  gar  nicht  seltenen  Fälle,  welche  von  einem 
ersten  Malaria-Anfall  überhaupt  nichts  wußten.  Es  waren  das  durchaus 
nicht  immer  indolente  Menschen,  sondern  häufig  Mannschaften,  die  genügend 
auf  sich  geachtet  hatten.  Nun  gibt  es  erste  Anfälle,  die  leicht  übersehen 
werden,  weil  sie  sich  nur  als  eintägiger  Kopfschmerz  oder  als  Schwindelgefühl 
äußern;  es  gibt  ferner  Fälle,  in  denen  der  Fieberanstieg  nur  nachts  auftritt, 
also  leicht  übersehen  wird.  Es  ist  demnach  nicht  ausgeschlossen,  daß  es 
ganz  leichte  erstmalige  Nachtanfälle  gibt,  die  „verschlafen"  werden.  Solche 
unbemerkten  leichten  Erstanfälle  kommen  auch  bei  jenen  vor,  die  lange  Zeit 
Chinin  zu  prophylaktischen  Zwecken  genommen,  diese  Behandlung  aber  aus 
irgendwelchen  Gründen  unterbrochen,  bzw.  ausgesetzt  haben,  ehe  die  In- 
fektionsgefahr vorüber  war.  In  vielen  dieser  unbemerkten  leichten  Erstanfälle 
treten  dann  nach  einem  halben  Jahre  und  noch  viel  länger  typische  Malaria- 
Anfälle  auf.  Es  scheint  sogar  Leute  zu  geben,  die  eine  derartige  latente 
Malaria,  von  der  sie  selbst  nicht  das  Geringste  wissen,  jahrelang  mit  sich 
herumtragen. 

Überall  wurde  die  Erfahrung  gemacht,  daß  die  Rezidive  zur  Zeit  der 
Wärme  und  Sonnenbestrahlung  im  Frühjahr  und  im  Frühsommer  auftreten, 
häufig  zur  selben  Zeit,  in  denen  auch  Neuinfektion  durch  den  Schnakenstich 
erfolgt.  Aber  diese  Rezidive  traten  in  malariafreien  Gegenden  auf,  wo  von 
einer  Malaria-Neuinfektion  nicht  die  Rede  sein  konnte. 

Bezüglich  der  Stechmücke  haben  wir  zugelernt,  daß  Anopheles  in  der 
kalten  Zeit  in  manchen  Malaria-Gegenden  nicht  im  Keller  überwintert,  sondern 
in  Ställen,  auch  in  Pferdeställen.  Über  die  Wirkung  des  Chinins  sind  von 
Morgenroth  neue  Vorstellungen  entwickelt  worden.  Bezügl.  der  Therapie 
hat  sich  gezeigt,  daß  das  Chinin  allein,  nach  altem  oder  verändertem  Scheina 
genommen,  häufig  nicht  zur  endgiltigen  Heilung  ausreicht.  Es  sind  Provo- 
kationsmittel hinzugetreten,  durch  die  die  älteren  Parasiten  in  den  inneren 
Organen,  in  denen  sie  vor  der  Chininwirkung  geschützt  sind,  mobilisiert 
werden.     Es  ist  das  Salvarsan  als  wichtiges  Mittel  hinzugetreten. 


—     98     — 

FürjJ  die  Zukunft  ist  zu  bedenken.^  daß  bereits  jFälle  von  sicheren 
Heimatinfektionen,  also  Übertragungen  vom  Malaria-Keimträger  aus  in  sonst 
malariafreier  Gegend  beschrieben  sind,  in  P^'rankreich,  in  Österreich  und  auch 
bei  uns.  Unsere  Malariaherde  in  Wilhelmshaven  und  in  Pleß  sind  außerdem 
wieder  stärker  aufgeflackert,  und  man  nuiß  damit  rechnen,  daß  die  Zahl  der 
Malaria-Heimat-Infekti(»nen  zunehmen  wird;  denn  es  fehlt  nicht  an  Malaria- 
Keimträgern  und  Malaria-Schnaken.  Zur  Erfassung  der  Keimträger  wird  es 
nötig  sein,  daß  Patienten  und  Arzte  bei  fieberhaften  Erkrankungen  unbe- 
kannten Ursprungs,  zumal  im  Frühjahr,  an  die  Möglichkeit  einer  Malaria 
denken  und  die  mikroskopische  Feststellung  veranlassen.  Weiterhin  muß 
die  Verbreitung  der  Malaria-Schnaken  dauernd  überwacht  werden,  um  danach 
die  Bekämpfung  der  Schnaken  systematisch  auszugestalten.  Die  dringlichste 
Änderung  ist  aber  die  Aufnahme  der  Malaria,  die  bisher  aus  begreiflichen 
(Gründen  in  Deutschland  nicht  meldepflichtig  war,  in  die  Seuchengesetze. 

0.  Sitzung  am  4.  Januar  1919 

Stadtrat  Prof.  Dr.  J.  Ziehen: 

„Naturwissenschaft  und  Volksbildung" 

An  dem  gewaltigen  Aufschwung,  der  für  das  V^olksbildungswesen  im 
neuen  Deutschland  mit  Bestimmtheit  zu  erwarten  ist,  muß  die  Naturwissen- 
schaft nicht  nur  dem  Umfang,  sondern  auch  der  Art  ihrer  Mitwirkung  nach 
auf  Grund  klar  erkannter  Richtlinien  beteiligt  sein:  was  Alexander  v. 
Humboldt,  dessen  150jährigen  Geburtstag  wir  in  diesem  Jahre  begehen, 
und  was  nach  ihm  vor  allem  Roßmäßler  angestrebt  hat,  das  muß  nach 
einem  festen  Arbeitsplan  und  nach  einer  sorgsam  ausgedachten  Lehr- 
methode nunmehr  zur  allgemeinen  Durchführung  gelangen,  und  es  gilt  dabei 
auch  auf  dem  Gebiete  der  Naturwissenschaft  das  richtige  Zusammenwirken 
der  schulmäßigen  und  der  außerschulmäßigen  Volksbildung  herbeizuführen, 
dem  in  dem  bisherigen  Verlauf  der  Dinge  noch  viel  zu  wenig  Beachtung 
geschenkt  worden  ist.  In  dem  jetzigen  Zustand  der  naturwissenschaftlichen 
Volksbelehrung  treten  zwar  die  mächtigen  Fortschritte  der  Forschung  sowohl 
in  dem  Inhalt  wie  auch  in  der  Form  der  Darbietungen  vielfach  in  sehr 
erfreulicher  Weise  in  die  Erscheinung;  aber  es  bleibt  zurzeit,  namentlich  in 
bezug  auf  den  Inhalt,  noch  viel  zu  vieles  dein  Zufall  überlassen,  und  der 
Nutzeffekt  steht  zu  dem  Maß  des  Aufw^andes  noch  keineswegs  in  dem  er- 
wünschten und  wohl  erreichbaren  Höchstverhältnis.  Wenig  förderlich,  ja  bis 
zu  einem  gewissen  Grade  schädlich  ist  vor  allem  der  Mangel  des  inneren 
Zusammenhanges  zwischen  den  zahllosen  Einzeldarbietungen,  die  von  der 
reich  entwickelten,  aber  leider  auch  ebenso  sehr  zersplitterten  populärwissen- 
schaftichen  Literatur  aus  zum  Gegenstand  der  Volksbelehrung  gemacht 
werden:  der  große  Grundgedanke  des  Humboldtschen  Kosmos,  der  in  der 
Zusanuuenfassung  der  Einzelerscheinungen  zu  einem  großen  einheitlichen 
Gesamtbilde  besteht,  muß  weit  mehr,  als  es  zurzeit  der  Fall  ist,  in  der  Schule 
wie  in  der  außerschulmäßigen  Volksbildung  zvun  leitenden  Grundsatze  erhoben 
werden,  und  ein  nach  diesem  Grundsatze  bearbeitetes  naturwissenschaftliches 
Lehrbuch  der  Volksschule  muß  zu  der  infolge  zweckmäßiger  Textgestaltung 
und  gediegener  Ausstattung  gern   mit  ins  Lelx'n  hinaus  genommenen  Grund- 


99     — 

läge  werden,  an  die  die  spätere  Volksbildungsarbeit  bei  ihrem  Vorgehen 
immer  wieder  anknüpfen  kann.  Der  Zersplitterung  des  Lehrstoffes  in  mehr 
oder  weniger  zusammenhanglose  Einzelheiten  muß  vorgebeugt  werden  durch 
die  zielbewußte  Anwendung  der  allgemeinen  Gesichtspunkte,  unter  denen  die 
Naturerscheinungen  sich  als  ein  organisches  Ganzes  darstellen:  liebevolles 
Verstehen  der  Umwelt,  zunächst  und  immer  wieder  in  erster  Linie  der 
heimischen  mit  ihren  Naturschönheiten  und  ihren  Naturkräften  muß  an  erster 
Stelle  stehen,  und  auch  unsere  naturwissenschaftlichen  Schausammlungen, 
unter  denen  bei  uns  in  Frankfurt  leider  eine  physikalisch-technische  zurzeit 
noch  fehlt,  müssen  u.  a.  nach  der  Seite  der  Naturdenkmalpflege  hin,  diesem 
Verstehen  dienep.  Als  weitere  Aufgabe  kommt  dann  hinzu  die  auf  geschickt 
gewählte  Beispiele  zu  gründende  systematische  Einführung  in  das  Ver- 
ständnis der  Art  und  Weise,  wie  der  menschliche  Geist  im  Laufe  der  Zeiten 
die  Naturkräfte  sich  mehr  und  mehr  dienstbar  gemacht  und  dabei  nicht  nur 
die  größten  wirtschaftlichen  Vorteile  erreicht,  sondern  auch  so  bedeutsame 
ideelle  Fortschritte  wie  die  Befreiung  vom  Aberglauben  erzielt  hat.  Die 
geschichtliche  Betrachtungsweise,  die  im  naturwissenschaftlichen  Schulunter- 
richt heutzutage  mit  Recht  eine  nicht  unbedeutende  Rolle  spielt,  leitet  dann 
in  der  Volksbildungsarbeit  zu  der  dritten  Aufgabe  über,  die  in  der  —  vor 
allem  auf  biographischer  Grundlage  leicht  faßbar  zu  machenden  —  Dar- 
stellung der  Geschichte  der  naturwissenschaftlichen  Probleme  und  ihrer 
allmählichen  Lösung  besteht.  An  sie  schließt  sich  endlich  ungezwungen  als 
letzte  und  schwerste,  aber  unerläßliche  Aufgabe  der  naturwissenschaftlichen 
Volksbildung  die  Verwertung  der  naturwissenschaftlichen  Erkenntnis  für  die 
Ausgestaltung  der  allgemeinen  Weltanschauung;  es  handelt  sich  bei  ihr  um 
eine  „Philosophie  der  Natur",  die  mit  der  der  festen  Grundlage  entbehrenden 
Naturphilosophie  der  ersten  Jahrzehnte  des  vorigen  Jahrhvmderts  nicht  ver- 
wechselt werden  darf  und  deren  hoher  volkserziehlicher,  auch  für  die  staats- 
bürgerliche Bildung  bedeutsamer  Wert  vor  allem  auf  dem  Bilde  der  Zweck- 
mäßigkeit, der  Gesetzmäßigkeit  und  der  stetigen  Entwicklung  beruht,  das  als 
erhebendstes  Ergebnis  der  naturwissenschaftlichen  Forschung  seinen  Grund- 
zügen nach  zum  Allgemeingut  der  Menschheit  gemacht  werden  muß  und  zu 
richtig  verstandenen  Forderungen  der  Religion  durchaus  keinen  Gegensatz 
bedeutet. 

In  dem  auch  jetzt  noch  führenden  Musterlande  der  von  inneren  frei- 
heitlichen Grundsätzen  geleiteten  Volksbildung,  in  den  Vereinigten  Staaten, 
sind  vor  jetzt  etwa  hundert  Jahren  Benjamin  Sillimans  naturwissen- 
schaftliche Volksvorträge  der  Ausgangspunkt  der  ganzen  Volksbildungs- 
bewegung geworden,  und  bei  uns  in  Deutschland  hat  die  mangelnde 
Freiheitlichkeit  der  Staatsauffassung,  die  ja  u.a.  Humboldt  so  tief  beklagt 
hat,  eine  großzügige  allgemeine  Entwicklung  des  Volksbildungswesens  leider 
bisher  stark  hintangehalten  und  im  besonderen  der  naturwissenschaftlichen 
Volksbildung  vielfach  sehr  beträchtliche  Hemmungen  bereitet.  Wenn  nicht 
alles  täuscht,  gehen  wir  in  dieser  Beziehung  jetzt  einer  besseren  Zukunft 
entgegen;  will  die  Naturwissenschaft  an  ihr  in  der  gebührenden  Weise 
mitwirken,  so  muß  sie  den  Volkserziehungsgedanken  mit  klarem  Zielbewußtsein 
in  ihr  Programm  aufnehmen  und  muß  auch  ihre  führenden  Männer  zu 
ständigen  Mitarbeitern  an  der  Durchführung  dieses  Programmpunktes  werden 


-^     100     — 

lassen.  Die  Fülle  der  Einzelfragen,  die  gelöst  werden  müssen,  ist  groß,  und 
der  Geist,  in  dem  die  Gesamtai'heit  geleistet  sein  will,  kaini  wohl  nur  durch 
eingehehde.  über  den  Bereich  dei-  Einzelanschauung  hinausführende  Aus- 
sprache zwischen  den  naturwissenschaftlichen  Fachmännern  und  den  Vertretern 
dei-  Volkserziehung  die  erforderlichen  festen  Richtlinien  erhalten:  vielleicht 
würde  es  der  schulmäßigen  wie  der  außerschulmäßigen  X'olkshildung  sehr  zu 
statten  kommen,  wenn  von  geeigneter  Stelle  aus  zugunsten  einer  solchen 
Aussprache  jetzt  für  die  exakten  Wissenschaften  ein  Gegenstück  zu  den 
Kunsterziehungstagen  veranstaltet  würde,  die  vor  anderthalb  Jahrzehnten 
das  Gebiet  der  künstlerischen,  literarischen  und  körperlichen  Erstehung  ohne 
Zweifel  erheblich  gefördert  haben.  Die  Senckenbergische  JXaturforschende 
Gesellschaft,  der»  mit  ihrer  Schausammlung  und  mit  ihren  Vorträgen  in  der 
Geschichte  der  deutschen  Volksbildungsbestrebungen  ein  Ehrenplatz  gebührt, 
ist,  wenn  eine  derartige  oder  eine  ähnliche  Veranstaltung  zustande  kommt,  auf 
jeden  Fall  zur  entscheidenden  Mitarbeit  an  ihr  berufen;  ja,  es  mag  sogar 
wohl  erwogen  werden,  ob  sie  nicht  aus  mehr  als  einem  Grunde  die  rechte 
Stelle  ist,  um  die  Ausführung  des  Planes  gemeinsam  mit  dem  Deutschen 
Ausschuß  für  Erziehung  und  Unterricht,  dem  vor  drei  Jahren  gegründeten 
freien  Parlament  für  Erziehungsfragen,  in  die  Wege  zu  leiten. 

7.  Sitzung  am  11.  Januar  1919 

Prof.  Dr.  W.  V.  Getting en: 

„Die   baltischen    Ostseeprovinzen   in   Vergangenheit 

und  Zukunft" 

Der  \'ortragende  führt  aus,  daß  es  in  heutigen  Zeiten,  ja  gerade  in 
diesen  Tagen,  nicht  ganz  leicht  sei,  einen  Gegenstand  wie  den  vorliegenden 
unpolitisch  zu  behandeln.  Jedoch,  —  wie  man  am  Grabe  irgend  eines  verdienst- 
vollen Menschen  noch  einmal  sein  Wesen  und  seine  Vergangenheit  beleuchtet, 
so  läßt  sich  auch  über  die  baltischen  Provinzen  so  manches  Unbekannte,  ja 
vielleicht  sogar  Fesselnde  mitteilen,  das  nicht  vergängliche  Werte,  —  auch 
für  die  Zukunft  —  habe. 

Der  Vortragende  verbindet  nunmehr  eine  Schilderung  des  Landes  mit 
dessen  Klima,  eine  Beschreibung  der  Einwohner  aber  mit  ihrer  Geschichte. 
Als  Grundton  zieht  durch  die  Auffassung  des  entworfenen  Bildes,  daß  das 
baltische  Land  ein  Land  der  Gegensätze,  des  Extremen,  aber  auch  des 
Intensiven  sei.  Der  lange,  oft  kalte  Winter  mit  all  seinen  Schönheiten,  dem 
Schneereichtum,  geht  durch  einen  kurzen  rauhen  Frühling  schnell  in  den 
Sommer  über,  dessen  Art  es  ist,  alle  ■■  Früchte  aromatischer,  die  Blumen 
duftender  zu  gestalten  als  in  vielen  südlicheren  Gegenden  Europas.  Seine 
hellen  Nächte  haben,  wie  die  ganze  Umgebung,  etwas  Unheimliches,  Unruhiges, 
Ermüdendes,  und  es  wirkt  die  Natur  ganz  anders  auf  Leben  und  Gebahren 
des  Menschen  ein  als  in  anderen  Landstrichen  Europas.  Große,  zum  Teil 
beinahe  undurchforstete  Wäldermassen  bedecken  ein  Viertel,  stellenweise 
ein  Drittel  des  Landes,  saftige  Wiesen  wechseln  mit  ertragreichen  Getreide- 
feldern. Aber  nichts  schenkt  der.  Boden,  alles  muß  ihm  abgerungen  werden, 
gestattet  doch  stellenweise  das  Klima  nicht  einmal  den  Anbau  des  "Weizens. 
Das  Roggenbrot    schmeckt  so  kräftig,  wie  es  in   Mitteleuropa  bekannt  ist. 


—     101     — 

F'lüsse  treten  gegen  die  zahlreichen  Seen  zurück,  die  fischreich  sind  und 
gesegnet  mit  Krebsen  von  seltener  Größe.  Die  Tierwelt  entspricht  etwa  der 
unseres  deutschen  Vaterlandes.  Der  Boden  aber  scheint  keine  Schätze  zu 
enthalten,  man  nenne  denn  den  Ölschiefer  in  Esthland,  von  dem  letzter  Zeit 
in  Fachblättern  viel  die  Rede  war. 

Dieses  gesegnete  Land,  vom  Umfange  Bayerns  und  Württembergs, 
beherbergt  nur  2  Millionen  Einwohner.  Während  die  eben  genannten  Staaten 
91,  bzw.  125  Einwohner  auf  den  Quadratkilometer  besitzen,  hat  das  Baltland 
deren  nur  21.  Welch  ein  Raum  zur  Kolonisation  in  reichem  Land  in  nächster 
Nähe ! 

Die  Geschichte  des  Landes  und  seiner  Einwohner  zeigt  aufs  neue 
Gegensätze  und  Extreme.  Um  das  Jahi-  1200  lebten  im  Baltland  Esthen, 
Liven,  Kuren  und  Lettgallen.  Lübische  Kaufleute  suchten  das  Land  auf, 
und  ihre  Erzählungen  daheim  von  deji  gottverlassenen  heidnischen  Bewohnern 
jener  Länder  veranlaß  ten  den  holsteinischen  Mönch  Mein  hard  und  bald 
darauf  den  Bremer  Domherrn  Albrecht,  das  Christentum  und  mit  ihm  die 
Herrschaft  in  jene  Gaue  zu  tragen.  Doch  im  Gegensatz  zum  damaligen 
Preußentum,  für  das  eine  siegreiche  Kolonisation  erst  mit  der  Ausrottung 
der  slawischen  Eingeborenen  beendet  galt,  brachte  der  Schwertbrüderorden 
im  Baltland  mit  dem  Siege  das  Christentum,  gleichbedeutend  waren  Friede 
und  Taufe.  Zahlreiche  Aufstände  gegen  die  neuen  Herren  hatten  als  Preis 
der  Unterwerfung  nicht  die  Menschenschlächterei,  sondern  die  Taufe  zur  Folge. 
So  blieb  neben  dem  deutschen  Herrn  der  landstämmige  Bauer  im  Lande; 
gab  es  doch  auch  durch  das  übermächtig  gewordene  litauische  Samogitien 
(Kowno),  das  bis  zum  Meere  vordrang,  keine  Landverbindung  mehr,  auf  der 
der  deutsche  Bauer  hätte  nachziehen  können.  700  Jahre  hat  der  Deutsche, 
mit  der  Stirn  nach  Osten,  als  Grenzwächter  des  Deutschtums  dort  gestanden, 
nacheinander  herrschten  im  „Marienland"  die  Schwertbrüder,  der  Deutsche 
Orden  auf  der  Marienburg,  dem  ja  auch  Preußen  unterworfen  war,  endlich 
der  Kaiser.  Das  Land  blühte  auf  und  erreichte  den  Höhepunkt  seiner 
materiellen  Kultiu-  in  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts. 

Da  brach  im  Jahre  1558  der  Zar  Jwan  der  Schreckliche  mit  seinen 
asiatischen  Horden  ein,  und  20  Jahre  lang  wurde  das  Land  verwüstet.  Das 
Deutsche  Reich  versagte,  Polen,  Dänen  und  Schweden  mußten  helfen  und 
nach  dem  Siege  teilten  sie  sich  in  das  Baltland.  Livland  wurde  auf  60  Jahre 
polnisch.  Nur  der  Umstand,  daß  das  Land  schon  1522  vollkommen  protestantisch 
geworden  war,  ließ  die  Deutschen  in  der  Zeit  schrecklichster,  gewalttätigster 
polnischer  Gegenreformation  ausharren.  Und  nur  dieser  Umstand  veranlaßte 
dann  Gustav  Adolf  da§  Land  zu  befreien.  Fast  hundert  Jahre  blieb  das 
Land  schwedisch,  erst  eine  glückliche,  dann  unendlich  schwere  Zeit,  da 
Karl  XI.  seine  zerrütteten  Finanzen  durch  Einziehung  von  fast  -S;  aller 
Güter  (Reduktion)  retten  wollte.  Die  Reduktion  wurde  durch  den  nordischen 
Krieg  unterbrochen,  der  das  Land  bis  zur  Unkenntlichkeit  verwüstete.  Als 
1710  Riga  kapitulierte,  konnte  der  russische  Heerführer  seinem  Zaren  berichten? 
„daß  zwischen  Reval  und  Riga  keine  Mauer,  ja  kaum  ein  Baum  mehr  stand". 
Jedoch  der  Zar  Peter  beschwor  die  Privilegien,  die  das  Deutschtum 
schützten,  und  nach  hundert  Jahren  hatte  das  Land  sich  erholt.  Das  19. 
Jahrhundert  brachte  eine  neue  geistige  (Universität  Dorpat)  und  materielle 


—     102     — 

Blüte,  bis  vor  30  Jahren  Zar  Alexander  III.  sein  panslawistisehes  Zer- 
störungswerk begann.  Seit  wenigen  Wochen  scheint  das  Schicksal  des 
Landes  besiegelt  zu  sein. 

700  Jahre  haben  Deutsche  und  ündeutsche,  —  man  darf  es  sagen  — 
einträchtig  miteinander  gelebt.  Wiewohl  nur  10 "  o  der  Einwohner  Deutsche 
waren,  Kultur,  Glaube,  Wissenschaft  und  Werktätigkeit  blieben  bis  auf  den 
letzten  Tag  deutsch,  und  im  Kern  müssen  sie  es  bleiben. 

Die  Zukunft  aber  kann  aus  der  Vergangenheit  erschlossen  werden:  in 
drei  furchtbaren  Kriegszeiten  fast  völlig  vernichtet,  ist  der  deutsche  Phönix 
jedesmal  aus  Asche  und  Trümmern  wieder  neu  erstanden.  Und  sie  muß  und 
wird  wieder  erstehen,  die  deutsch-baltische  feste  und  treue  Wacht  im  Osten. 

8.  Sitzung  am  18.  Januar  1919 

Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  A.  Bethe: 

„Die  Wärmeregulation   des  Menschen" 

Der  Mensch  ist  ebenso  wie  alle  höheren  Tiere  imstande,  auch  bei  sehr 
verschiedenen  Außentemperaturen  eine  annähernd  gleiche  Körpertemperatur 
aufrecht  zu  erhalten.  Ihm  stehen  hierzu  zwei  Mittel  zur  Verfügung :  er  kann 
die  Wärmebildung  im  Körper  erhöhen  oder  vermindern,  und  er  vermag  außer- 
dem die  Abgabe  von  Wärme  nach  außen  zu  steigern  oder  herabzusetzen. 
Eine  gewisse  Menge  von  Wärme  entsteht  nämlich  notwendigerweise  als 
Nebenprodukt  der  Energieumsetzungen,  die  auch  bei  ruhiger  Körperhaltung 
dem  Betriebe  der  Lebensmaschine  dienen.  Eine  Heizung  des  Körpers  von 
innen  heraus  findet  also  immer  statt,  auch  wenn  ein  Bedürfnis  dazu  gar  nicht 
vorhanden  ist.  d.  h.  l)ei  hoher  Außentemperatur.  Vm  eine  Überheizung  des 
Körpers  zu  vermeiden,  wird  daher  die  Wärmeabgabe  vermehrt,  und  das  ge- 
schieht durch  Erweiterung  der  Hautgefäße  und  durch  Schwitzen.  Ist  die 
Haut  gut  durchblutet,  so  wird  durch  Strahlung  und  Leitung  mehr  Wanne 
nach  außen  abgegeben ;  ist  andererseits  die  Haut  feucht,  so  wird  dem  Körper 
durch  Verdunsten  von  Wasser  Wärme  entzogen.  Voraussetzung  der  \A'ärme- 
abgabe  ist  im  ersten  Fall,  daß  die  Außentemperatur  geringer  als  die  Körper- 
temperatur ist,  also  geringer  als  37"  C,  im  letzteren  Fall,  daß  die  Luft  nicht 
mit  Wasserdampf  gesättigt  ist.  Ist  beides  nicht  der  Fall,  so  steigt  unweigerlich 
die  Körpertemperatur,  und  es  treten  die  Erscheinungen  des  Hitzschlages  ein. 

Sinkt  anderseits  bei  einem  ruhenden  und  mäßig  bekleideten  Menschen 
die  Außentem])eratur  unter  eine  gewisse  Grenze,  die  bei  etwa  18"  C.  gelegen 
ist.  so  wird  die  Wärmeabgabe  durch  Zusammenziehung  der  Hautgefäße  auf 
ein  Miniinuin  herabgesetzt  und  die  Wännebildung  steigt.  Es  wird  von  innen 
stärker  geheizt.  Bei  körperlicher  Arbeit  können  niedrigere  Außentempera- 
turen leichter  ertragen  werden,  da  bei  der  Arbeit  ohnehin  mehr  Wärme  ge- 
bildet wird.  In  beiden  Fällen  geschieht  aber  die  Heizung  auf  Kosten  einer 
größeren  Nahrungszufvüir.  Die  Regulierung  aller  Faktoren  geschieht  durch 
das  Zentralnervensystem.  Sie  Uaiin.  wie  dci-  Voitiagende  zeigt,  durch  Mo- 
delle nachgeahmt  werden. 

Mit  diesen  Mitteln  der  Wärmeregulation  konunt  der  Naturmensch  aus. 
Der  Kulturmensch  unterstützt  sie  durch  künstliche  Mittel,  indem  er  die 
Wänncal)gal)e  (luich  vcrsciiiedene  Bekleidung  mehr  oder  weniger  verhindert 
1111(1    andcrciseits    sicli    durcli    den    Bau    von   Wohiunigen    vor    abkühlendem 


—     103     — 

Wind  und  Regen  und  vor  den  erwärmenden  Sonnenstrahlen  schützt  und 
schließlich  sich  durch  Heizen  derselben  bei  kalter  Außentemperatur  eine 
angenehm  temperierte  Umgebung  verschafft. 

9.  Sitzung  am  25.  Januar  1919 
Geh.  Reg.-Rat  Dr.  A.  von  Weinberg: 

„Bedeutung  der  Cellulose  für  Industrie  und  Ernährung" 
Die  Cellulose,  aus  der  die  Zellwand  der  Pflanzen  besteht,  ist  die  wich- 
tigste und  häufigste  aller  uns  zur  Verfügung  stehenden  organischen  Verbin- 
dungen. Außer  der  Verwendung  in  der  Textil-,  Papier-,  Holzindustrie  usw. 
ist  auch  ihre  chemische  Verwendung  die  Grundlage  vieler  Industrien.  Starke 
Salzsäure  spaltet  Cellulose  glatt  in  Traubenzucker.  Salpetersäure  verwandelt 
sie  in  Schießbaumwolle  luid  CollodiumwoUe.  Letztere  findet  weitere  Ver- 
wendung zur  Herstellung  des  viel  benutzten  Celluloids,  eine  Industrie,  die 
Kampfer  verbraucht  und  die  Japan  an  sich  zu  reißen  droht.  Auf  der  Be- 
nutzung des  Celluloids  beruht  die  Fabrikation  von  Kunstleder,  Pegamoid  und 
ähnlichen  Stoffen.  Ferner  läßt  sich  daraus  Kunstseide  herstellen.  Für  letztere 
sind  noch  weitere  Verfahren  gefunden,  die  darauf  beruhen,  die  Cellulose 
selbst  zu  lösen  und  zu  Fäden  zu-  verspinnen.  Von  Bedeutung  ist  namentlich 
das  Kupferoxyd- Ammoniakverfahren,  das  den  sog.  Glanzstoff  liefert  und  das 
Xanthogenatverfahren,  das  zur  Stapelfaser  führt.  Stapelfaser  kann  zurzeit 
Wolle  zwar  nicht  ersetzen,  ist  aber  noch  verbesserungsfähig  und  wird  vor- 
aussichtlich in  der  Textilindustrie  ihren  Platz  behaupten.  Durch  Verbindung 
von  Cellulose  mit  Essigsäure  entsteht  Acetylcellulose ;  aus  ihr  werden  die 
nicht  entzündbaren  Cellitfilms  hergestellt,  die  wegen  dieser  Eigenschaft  die 
bisher  gebräuchlichen  Films  aus  Celluloid  verdrängen.  Aus  Acetylcellulose 
ist  ferner  Cellon  hergestellt,  ein  Material,  aus  dem  nicht  zerbrechliche  Scheiben 
für  Automobile  usw.  hergestellt  werden.  Auch  Chloräthyl,  Chlorzink  und 
andere  chemische  Stoffe  führen  zu  wertvollen  Derivaten  der  Cellulose. 

Sehr  wichtig  ist  Cellulose  aber  auch  als  Nahrungsmittel.  Cellulose 
wird  von  Rind,  Pferd,  Schwein  verdaut  und  hat  den  Nährwert  der  Stärke. 
Die  Verdauung  wird  nicht  durch  Fermente  bewirkt  wie  bei  Zucker,  Stärke 
usw.,  sondern  durch  Bakterien  und  beruht  also  auf  Symbiose  der  höheren 
Tiere  mit  den  Bakterien.  Bedenkt  man  noch,  daß  unsere  Kohlen  aus  Cellu- 
lose entstanden  sind,  so  versteht  man  die  ungeheure  Bedeutung,  jdie  das 
polymerisierte  Kondensationsprodukt  des  Traubenzuckers  für  uns  hat.  das 
wir  Cellulose  nennen. 

10.  Sitzung  am  1.  Februar  1919 

Prof.  Dr.  M.  Flesch: 
„Anfang  des  Lebens" 
Die  Lebensvorgänge  vollziehen  sich  bei  allen  Lebewesen  nach  den 
allgemein  geltenden  physikalischen  Gesetzen.  Die  moderne  Physiologie  lehnt 
es  ab,  eine  besondere  „Lebenskraft"  anzunehmen.  Dementsprechend  kann 
sie  auch  vor  der  Frage  nach  dem  Anfang  des  Lebens,  also  nach  der  ersten 
Entstehung  lebensfähiger  Substanz  aus  der  ursprünglich  den  Erdball  bilden- 


-        104-    ■- 

den  Masse,  nicht  Malt  machen.  Auch  diese  nniß  unter  dei-  Heiistliaft  jener 
allgemeinen  Gesetze  erfolgt  sein. 

Untersuchungen  über  die  erste  Entstehung  der  lebenden  Substanz 
waren  lange  Zeit  fast  verpönt,  nachdem  grundlegende  Versuche  Pasteurs 
eine  Entstehung  ohne  Vorhandensein  von  Keimen  wenigstens  unter  den 
heutigen  äußeren  Bedingungen  als  unmöglich  erwiesen  hatten.  ,Es  gibt 
keine  Abiogenesis",  war  fast  ebenso  als  Axiom  anerkannt  wie  die  Funda- 
mentalsätze der  Entwicklungsgeschichte  .,jede  Zelle  entsteht  aus  einer  Zelle- 
(omnis  celluta  e  cellula)  und  "„jedes  Lebewesen  entsteht  aus  einem  Ei" 
(omne  vivum  ex  ovo).  Erst  in  den  letzten  Jahren  hat  man  versucht,  diese 
Grenze  zu  überschreiten.  Unmittelbare  Versuche,  lebende  Substanz  aus  an- 
organischem Material  zu  erzeugen,  wie  sie  der  englische  Forscher  Bastian 
luimittelbar  vor  dem  Krieg  angestellt  hat,  haben  allerdings  nicht  zu  einwand- 
freien Ergebnissen  geführt.  Umso  wichtiger  sind  theoretische  und  experi- 
mentelle Arbeiten,  die  ohne  dies  letzte  Ziel  anzugreifen,  Wege  dazu  zu 
erschließen  scheinen.  In  erster  Linie  hat  man  erkannt,  daß  es  keine  einzelne 
Lebenserscheinung  gibt,  die  nicht  in  Vorgängen  in  der  leblosen  Welt  ebenfalls 
auftritt.  Nur  durch  das  Zusammentreffen  einer  Mehrheit  von  Eigenschaften, 
die  keineswegs  immer  zugleich  da  sein  müssen,  und  durch  deren  regelmäßige 
Aufeinanderfolge  wird  ein  Lebewesen  als  ein  solches  charakterisiert.  Der 
chemische  Aufbau  der  Körpersubstanzen  läßt  sich  sehr  wohl  in  das  Schema 
der  wissenschaftlichen  Chemie  einfügen.  Auch  die  Vorgänge  des  Stoffwechsels 
sowie  die  Fähigkeit,  auf  Reize  zu  reagieren,  finden  in  der  anorganischen 
Welt  ihre  zutreffenden  Parallelen.  Man  hat  geglaubt,  den  Begriff  des  Lebens 
auf  den  Gegensatz  zum  Sterben  gründen  zu  wollen.  Aber  auch  da  kann 
man  keinen  wirklichen  Gegensatz  gegenüber  dem  Abbau  zerfallender  orga- 
nischer und  anorganischer  Materialien  aufstellen. 

Auch  der  Aufbau  der  Lebewesen  aus  Zellen  kann  nicht  als  entschei- 
dendes Merkmal  gelten.  Die  Zellen  vereinigen,  ganz  besonders  bei  den 
einzelligen  Lebewesen,  in  sich  eine  solche  Summe  von  Verrichtungen,  daß 
wir  sie  nicht  als  letzte  Bausteine  auffassen  dürfen.  Ehrlich  hat  die  An- 
nahme aufgestellt,  es  seien  neben  der  Zelle  als  chemische  Bestandteile  der 
Körperflüssigkeiten  Substanzen  vorhanden,  die  direkt  oder  durch  Vermittlung 
nach  Art  gewisser  chemischer  Bildungen  an  die  Zelle  herantreten,  sich  von 
ihr  wieder  sondern  oder  fest  mit  ihr  verankern  können.  Manches  spricht 
dafür,  daß  diese  „Seitenkettentheorie"'  mit  tatsächlich  vorhandenen  Gebilden 
rechnen  kann.  Es  wäre  z.  B.  sehr  wohl  denkbar,  daß  die  sogenannten  Blut- 
plättchen, Gebilde  im  Blut,  deren  Zellnatur  bisher  nicht  festzustellen  war, 
als  „Amboceptoren"  im  Sinne  der  Seitenkettentheorie  aufzufassen  seien. 

Es  würde  zu  weit  führen,  hier  die  große  Tragweite  der  Ehrlichschen 
Auffassungsweise  für  das  Verständnis  der  Lebensvorgänge  zu  verfolgen. 
Auch  der  Aufl)au  der  lebenden  Substanzen  zeigt  nichts  von  dem  anorganischer 
und  speziell  mineralischer  Substanzen  prinzipiell  V^erschiedenes.  Geschichtete 
Strukturen,  denen  man  früher  besondere  Bedeutung  beilegte,  sind  nach 
Untersuchungen  Liesegangs  und  Leducs  künstlich  nachahmbar.  Auch 
flie  Formentwicklung  selbst  komplizierter  Wesen  ist  heute  nichts  Charakte- 
ristisches mehr.  -Leduc  insbesondere  hat  durch  osmotische  Einwirkungen 
gewisser  Salzlösungen  und  Salze  die  mannigfachsten  Formen  von  Blattpflanzen, 


—     105     — 

Pilzen,  Korallen,  Muscheln,  ferner  von  Zellstrukturen  mit  Wimperkleidern 
usw.  hergestellt.  Ja  selbst  die  Vorgänge  der  Kernteilung  ikonnte  er  so  re- 
produzieren. Auch  wenn  man  ihm  nicht  auf  alle  Pfade  seiner  „Synthetischen 
Biologie"  folgt,  wird  man  zugestehen  müssen,  daß  hier  fast  ein  Schritt  auf 
dem  Wege  zu  dem  im  Glas  schwebenden  Homunculus  gemacht  ist. 

Wenn  danach  das  organische  Leben  nichts  zeigt,  was  den  bekannten 
physikalischen  Gesetzen  nicht  eingeordnet  werden  könnte,  so  fragt  es  sich, 
warum  unter  den  heutigen  Verhältnissen  eine  neue  Entstehung  von  Leben 
nicht  mehr  stattfindet.  Die  unter  anderem  von  Arrhenius  versuchte  Er- 
klärung, daß  das  Leben  erst  durch  den  Weltraum  von  kleinsten  Keimen  aus 
anderen  Weltkörpern  zugetragen  worden  sei,  verlegt  nur  das  Problem  von 
der  Erde  in  unbekannte  Fernen.  Vielleicht  führen  aber  Betrachtungen  weiter, 
die  der  Redner  in  einem  Vortrag  über  die  Entstehung  der  ersten  Lebens- 
vorgänge (Jena,  Fischer)  veröffentlicht  hat.  Alle  Versuche,  aus  anorganischen 
Mischungen  Leben  entstehen  zu  lassen,  gehen  bisher  davon  aus,  daß  lebende 
Wesen  nur  bei  einer  bestimmten  Temperatur  entstehen  können,  bei  der  die 
als  Typen  geltenden  niedersten  Gebilde,  vor  allem  die  Bakterien  absterben. 
Nun  weist  aber  das  Verhalten  der  Sporen,  der  Urformen  also,  aus  denen 
sich  die  Bakterien  entwickeln,  darauf  hin,  daß  die  einfachste  Form  lebender 
Substanz  höherer  Temperatur  ange])aßt  sein  kann.  Denn  die  Sporen  ver- 
tragen selbst  Temperaturen  von  mehr  als  100'',  ohne  ihre  Lebensfähigkeit 
einzubüßen.  Da  aber  unser  Erdball  ursprünglich  eine  weit  höhere  Tempe- 
ratur aufgewiesen  haben  muß,  da  mithin  auch  die  Entstehung  des  Lebens 
in  eine  Zeit  zu  verlegen  ist,  in  der  die  Abkühlung  des  Erdballs  noch  nicht 
so  weit  vorgeschritten  war,  erscheint  es  denkbar,  daß  die  Bildung  der  ersten 
Lebensformen  unter  Bedingungen  —  höhere  Temperatur  und  höherer  Druck  — 
erfolgt  sei,  die  wir  in  unseren  Laboratorien  vorläufig  zu  reproduzieren  nicht 
vermögen.  Durch  die  Verbindung  aber  dieser  Hypothese  mit  der  Anwen- 
dung der  Ehrlich  sehen  Seitenkettentheorie  auf  das  Lebensproblem  und  mit 
dem  Nachweis  der  Formenentwicklung  als  Folge  osmotischer  Vorgänge  in 
den  Versuchen  Leducs  wird  dann  ein  kleiner  Schritt  auf  dem  Wege,  der 
über  die  Grenzen  der  Zellentheorie  hinausführt,  bezeichnet.  Geg^iüber  dem 
Du  Bois  Rey mond'schen  „Ignoramus  et  ignorabimus"  setzen  wir  den 
verheißungsvolleren  Satz  „Seimus  nonnulla:  plura  sciemus". 

11.  Sitzung  am  8.  Februar  1919 
Herr  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  Th.  Ziehen,  Halle  a.  S.: 
„Wesen  und  Bedeutung  der  Massensuggestion" 
Vortragender  weist  einleitend  nach,  daß  nicht  jede  psychische  Beein- 
flußung  einer   Person   A  durch   eine   Person   B   als    Suggestion   bezeichnet 
werden  darf;  es  muß  vielmehr   hinzugefügt   werden,   daß   die  Beeinflussung 
sich  nicht  in  ausreichender  Weise  aus  den  durch  die  Person  B  vorgebrachten 
Gründen   und   aus   der  Persönlichkeit   von  B  erklären  läßt.     Die  Suggestion 
bezieht   sich   teils   auf  Vorstellungen    und   Urteile,    teils    auf    Empfindungen 
(Halluzinationen  bzw.  Illusionen),   teils  auf   Handlungen.     Ferner  bedarf  die 
Definition  noch  insofern  einer  Erweiterung,  als  nicht  nur  Personen,  sondern 
auch  Tatsachen   suggestiv   wirken   können.    Auch   kann   eine  Selbstsug- 


-     106     — 

gestion  erfolgen  (Beispiel  des  (} o e t h  e sehen  Tasso),  Die  Übermittlung 
der  Suggestion  erfolgt  meistens,  aber  nicht  stets,  durch  das  Wort  (verbale 
lind  nicht-verbale  Suggestion). 

Die  Wirkungen  der  Suggestion  sind  unter  bestimmten  Bedingungen 
l.esondcrs  stark,  so  im  Kindesalter,  bei  Völkern  niederer  Kulturstufe,  bei 
bestimmten  Psychosen  und  psychopathischen  Konstitutionen,  bei  toxischen 
und  infektiösen  Begleitdelirien,  in  der  Hypnose  und  vor  allem  bei  Massen. 

Die  Frage  der  Massensuggestion  ist  gerade  heute,  im  Zeitalter 
der  Massen,  besonders  bedeutsam.  Unter  Masse  ist,  ganz  unabhängig  von 
der  Zahl  der  (ilieder,  jede  Mehrzahl  von  Menschen  zu  verstehen,  die  unter 
den  gleichen  seelischen  Bedingungen  stehen  und  sieh  gegenseitig  beeinflussen 
(Gegensatz  zwischen  dem  Menschengewimmel  auf  dem  Markt  und  einem 
Auflauf).  Neben  Massenbildungen  flüchtigen  Charakters  existieren  lang- 
dauernde (wissenschaftliche  Schulen,  Denkrichtungen,  Kunstrichtungen, 
Sekten,  Parlamente,  Völker  u.  s.  f.).  Der  Menschenkreis  einer  Masse  ist  oft 
sehr  klein.  Schon  in  einem  Triumvirat  lassen  sich  zuweilen  Massensuggestionen 
(im  wissenschaftlichen  Sinn)  nachweisen.  Jede  Familie  ist  in  manchen  Be- 
ziehungen ein  engerer  Suggestionskreis. 

.  Nachdem  der  Vortragende  hierauf  den  psychologischen  Mechanismus 
der  Massensuggestion  erläutert  hat,  bespricht  er  die  prädisponierenden 
Faktoren  derselben.  Als  solche  kommen  namentlich  Erschöpfung,  chro- 
nische Affektstrapazen  und  Spannung  in  Betracht.  Ihr  Zusammenwirken 
wird  ausführlich  an  dem  Beispiele  der  Aachener  Tanzepidemie  vom  Jahre 
1374  und  der  etwa  gleichzeitigen  sog.  Tarantelepidemie  in  Italien  erörtert 
(Rheinüberschwemmung,  Hungersnot,  schwarzer  Tod,  allgemeine  Gesetzlosig- 
keit: zufällige  Auslösung  am  Johannistag;  Einfluss  von  Farben  und  Rhythmen; 
kör|)erliche  Begleiterscheinungen  z.  B.  Meteorismus;  Theorie  des  Paracelsus 
von  der  Chorea  imaginativa  sive  aestimativa).  Der  auslösende  Faktor  ist 
sehr  oft  ein  akuter  Affektstoß.  Einzelne  Affekte  sind  besonders  geeignet, 
Massensuggestion  herbeizuführen ;  hierher  gehört  z.  B.  die  Heiterkeit  (An- 
steckung des  Lachens),  die  Begeisterung  (religiöse,  politische  u.  s.  f. ;  aus- 
führlicher ^"achweis  für  die  Nachtsitzung  der  Nationalversammlung  vom 
4.  August  1789,  für  die  Versammlung  zu  Clermont  im  November  1095  und 
anderes  mehr),  die  Wut  (Beispiele  aus  der  französischen  Revolution,  Lynch- 
justiz), der  Schrecken,  Schlachten  bei  Kirkkilisse  und  Kumarowo,  Panik  nach 
der  Schlacht  bei  Trautenau  im  .lahre  1860,  desgl.  nach  Königgrätz,  cauchemar 
prussien  1870,  über  300  Paniken  der  französischen  Revolutionsarmee;  Paniken 
bei  Pferden  und  Maultieren),  die  Gewinnsucht  (Compagnie  des  Indes)  u.  s.  f. 
Indessen  kommen  auch  auf  relativ  affektlosem  Gebiet  zuweilen  Massensug- 
gestionen voi-,  /..  I>.  auf  wissenschaftlichem  Gebiet  (N-Strahlen  von  Blondlot). 

Die  Zusammensetzung  der  von  der  Suggestion  befallenen  Massen 
zeigt  gleichfalls  charakteristische  Eigentümlichkeiten:  Beteiligung  moralisch 
verkommener,  psychopathischer  Individuen  u.  s.  f.  Die  Fülirer  sind  oft 
tiefstehende  Individuen  (Thcroigne  bei  dem  Bastillesturm).  (lewissermaßen 
als  vikariierende  Führer  wirken  Schlagwörter  und  Losungen.  Farben  und 
Abzeichen,  Fahnen,  Lieder  u.  a.  m. 

Die  Handlungen  der  unter  Suggestionscinfluß  stehenden  Massen 
zeichnen  sich  oft  durch  reflexälmliclie  Beschaffenheit  aus  ("simplisme'-).  Das 


—     107     — 

Spiel  der  Motive  ist  abgekürzt  (Impulsivität),  einige  weniger  stark  gefühls- 
betonte Empfindungen  und  Vorstellungen  beherrschen  das  Handeln  (sog. 
Monoideismus).  Im  Anschluß  an  den  Satz  von  Napoleon  I.:  „les'crimes 
coUectifs  n'engagent  personnC-  wird  die  Frage  der  Verantwortlichkeit  der 
Massen  besprochen  und  die  Gefahr  der  Verminderung  bzw.  Aufhebung  des 
Verantwortlichkeitsgefühls  hervorgehoben. 

Die  psychophysiologische  Theorie  der  Massensuggestion  muß 
sich  zur  Zeit  noch  darauf  beschränken,  Analogien  aus  dem  sonstigen  psy- 
chischen Leben  heranzuziehen.  Insbesondere  bieten  die  Zustände  konzen- 
trierter ^Aufmerksamkeit  und  die  Wirkungen  der  sogenannten  Konstellation 
zahlreiche  Parallelen  zu  den  Erscheinungen  der  Massensuggestion.  Auch 
die  pathologischen  sog.  Dämmerzustände  werfen  auf  manche  Beobachtungen 
an  Individuen,  die  unter  dem  Einfluß  einer  Massensuggestion  stehen,  Licht 
(„träumerische  Entrücktheit"  in  der  Selbstschilderung  Richard  Wagners, 
bei  der  Revolution  in  Dresden  1848).  Psychophysiologisch  hat  man  an  eine 
Erregbarkeitssteigerung  („Überwertigkeif)  und  Isolierung  („Sijunktion)  be- 
stimmter systematisch  zusammenhängender  Vorstellungskomplexe  zu  denken. 
Eine  wirklich  befriedigende  Theorie  wird  erst  möglich  sein,  wenn  das  große 
Problem  der  Nachahmung  gelöst  ist. 

Die  Kulturbedeutung  der  Massensuggestion  liegt  vor  allem  darin, 
daß  Religion,  Moral  und  Kunst  bezüglich  ihrer  Ausbreitnng  auf  Massen- 
suggestion geradezu  angewiesen  sind.  Wollten  die  Menschen  immer  erst 
dann  glauben,  bewundern  u.  s  f.,  wenn  sie  Einsicht  in  die  Gründe  erlangt 
hätten,  so  würden  Religion,  Moral  und  Kunst  Einzelliebhabereien  bleiben.  Und 
auch  in  dem  Geschehen  der  Geschichte  hat  die  Massensuggestion  oft  im  Sinn  des 
Fortschrittes  gewirkt.  Manche  Hindernisse,  die  das  nüchterne  Denken  kaum 
in  Jahrhunderten  oder  Jahrtausenden  beseitigt,  reißt  die  Massensuggestion 
in  wenigen  Tagen  weg  und  kann  dadurch  den  Fortschritt  beschleunigen. 
Wenn  dabei  oft  auch  Wertvolles  zerstört  und  ein  Extrem  durch  ein  anderes 
ersetzt  wird,  so  lehrt  doch  die  Geschichte,  daß  solche  übermäßigen 
Wirkungen  einer  Massensugestion  in  der  Regel  bald  durch  entgegengesetzt 
gerichtete  Suggestion  wieder  ausgeglichen  werden.  Von  diesem  Gesichts- 
punkte aus  hört  die  Suggestion  auf,  ein  Einzelphänomen  zu  sein,  sie  wird 
zu  einem  gewaltigen  Faktor  in  der  gesamten  geistigen  Entwicklung  der 
]ilenschheit. 

12.  Sitzung  am  15.  Februar  1919 
Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  0.  zur  Strassen: 
„Der  Seeigel  und  sein  Haushalt" 
Die  Seeigel  sind  zwar  träge  und  langsam,  aber  keineswegs  unbeweg- 
lich.   J\Iit  Hilfe  eines  Systems  dünner  Schläuche  mit  Haftscheiben  am  Ende, 
der  sog.  Ambulacralfüßchen,  die  durch  Poren   der  Schale  hervortreten,  ver- 
mögen sie  sich  durch  abwechselndes  Anheften  und  Loslassen  langsam  vor- 
wärts  zu    schieben.     Besonders   aber   sind    die   auf    der    Außenfläche    der 
Schale  stehenden  zahlreichen  Stacheln  und  „Pedicellarien'^  voller  Beweglich- 
keit.  Die  Stacheln  werden  langsam  taumelnd  hin  und  her  bewegt,  als  suchten 
sie   einen   abzuwehrenden   Feind.    Trifft  der  Reiz  einer  leichten  Berührung 
die   Haut,   so  ■  neigt  der  Seeigel   die   Stacheln   der  betreffenden  Gegend  wie 


—     108    -- 

einige  leiste  Lanzen  nach  der  Reizstelle  zusammen.  Auf  starken  mechanisclien 
und  auf  clieinisohen  Reiz,  vor  allem  wenn  der  Angreifer  der  dem  Seeigel 
sehr  gefährliche  Seestern  ist,  werden  die  Stacheln  nach  außen  zurückge- 
legt: an  der  leer  gewordenen  Stelle  aber  richten  sich  die  „Giftpedicellarien" 
auf,  mit  weit  geöffneten  Kiefern  umhersuchend  und  bereit  auf  die  leiseste 
Berührung  durch  ein  Ambulacralfüßchen  des  Angreifers  zuzubeißen.  Weitere 
Pedicellarien  sind  die  dünnkief erigen  „Klapp^"  und  die  starken  „Beißzangen", 
mit  denen  der  Seeigel  schwächere  und  stärkere  Feinde  oder  Beutetiere  er- 
greift und  hält,  während  die  „Putzzangen"  fast  ununterbrochen  beschäftigt 
sind,  die  Oberfläche  des  Seeigels  zu  reinigen,  was  für  die  Atmung  notwendig 
ist.  Und  alle  diese  Funktionen  vollzieht  der  Seeigel  gegebenenfalls  zu 
gleicher  Zeit,  ohne  sich  je  zu  irren.  Daß  er  hierzu  befähigt  ist,  erscheint 
seltsam,  denn  er  besitzt  zwar  ein  verwickeltes  System  von  Nervenfasern  in 
der  äußeren  Haut  und  einige  größere  Nervenstränge  im  Schaleninnern,  aber 
kein  Gehirn,  das  die  zentrale  Leitung  der  mannigfachen  Teile  übernehmen 
könnte.  Und  für  die  beschriebenen  Leistungen  der  Stacheln  und  Pedicel- 
larien sind  nicht  einmal  die.  inneren  Nervenstränge  erforderlich;  denn  wenn 
man  ein  Stück  der  Schale  samt  äußeren  Anhangsgebilden  isoliert,  so  tritt 
keine  Verminderung  oder  Störung  der  typischen  Leistungen  ein.  Es  zeigt 
sich  dann,  daß  jeder  Stachel  einfach  dorthin  niedergezogen  wird,  wo  ein 
leichter  Berührungsreiz  auf  dem  Wege  über  die  Hautnerven  zuerst  an 
den  die  Basis  des  Stachels  umgreifenden  Nervenring  herantritt  und  den  da- 
runtergelegenen  Stachelmuskel  erreicht :  infolgedessen  neigen  sich  alle  rings 
um  die  Reizstelle  stehenden  Stacheln  nach  dieser  hin.  Umgekehrt  bewirkt 
ein  chemischer  Reiz  ein  Erschlaffen  des  der  Reizstelle  nächstgelegenen 
Stachelmuskels,  worauf  die  gegenüberliegenden  Muskeln,  die  ständig  in  einer 
leichten  Spannung  sind,  die  Oberhand  gewinnen  und  der  Stachel  sich 
von  der  Reizstelle  hinwegneigt.  Der  gleiche  chemische  Reiz  bewirkt  es, 
daß  durch  entsprechende  Reize  die  Klapp-  und  Beißzangen  hervorgelockt 
und  die  Putzzangen  zum  Schruppen  ihrer  Umgebung  veranlaßt  werden. 
Die  auffallende  und  ein  zentrales  Bewußtsein  vortäuschende  Erscheinung 
'aber,  daß  die  Pedicellarien  des  Seeigels  nicht  immerzu  in  die  Stacheln  und 
Ambulacralfüßchen  des  eigentlichen  Körpers  hineinbeißen,  beruht  darauf, 
(laß  ein  für  jede  Seeigelart  eigentümlicher  Hautstoff,  Autodernün  genannt, 
die  sonst  so  empfindlichen  Tastorgane  der  Pedicellarien  lähmt :  sobald 
man  einen  der  Stacheln  gründlich  reinigt  und  dann  mit  einer  geöffneten 
Zange  des  gleichen  Tieres  in  Berührung  bringt,  so  beißt  die  Zange  zu,  als 
wenn  es  ein  fremder  Gegenstand  wäre.  Das  Ganze  stellt  ein  schönes  Bei- 
spiel dezentralisierten  Betriebes  dar.  Daß  ein  solcher  in  dieser  Vollendung 
möglich  ist,  beruht  auf  der  Einfachheit  und  vollkommenen  Zwangsläufigkeit 
der  für  die  Stacheln  und  Pedicellarien  vorgesehenen  Reaktionen. 

18.  Sitzung  am  22.  Februar  1919 
Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  M.  Möbius: 
„Über  die  Farben  der  Blumen" 

Die  Farben  der  Blumen  bieten  gegenwärtig  ein  neues  Problem,  seit- 
dem es  wahrscheinlich  gemacht  ist,  daß  die  Bienen,  also  wohl  auch  die 
anderen  Insekten,  farl)eiiblin(l  sind.    Dann  können  die  Farben  nicht  zur  An- 


—     109     — 

lockung  der  Insekten  dienen:  aber  welche  Bedeutung  sie  sonst  haben,  bleibt 
vorläufig  rätselhaft.  Es  soll  deshalb  heute  nur  ihre  physikalische  und  che- 
mische Grundlage  erläutert  werden,  und  diese  Verhältnisse  bieten  auch  ein 
besonderes  Interesse,  weil  die  Mittel  der  Natur,  die  verschiedenartigsten 
Farbennüanzen  hervorzubringen,  verhältnismäßig  einfach  sind.  Chemisch 
kommen  nur  wenige  Farbstoffe  in  Betracht,  nämlich  an  feste  Körperchen 
gebunden  das  grüne  Chlorophyll  und  das  gelbe  oder  rote  Anthoxanthin, 
ferner  im  Saft  der  Zellen  gelöst  das  zwischen  rot  und  blau  schwankende 
Anthocyan,  das  gelbe  Anthochlor  und  das  braune  Anthophaein. 
Diese  Farben  können  sich  aber  auch  in  verschiedenster  Weise  miteinander 
kombinieren  und  sog.  Additions-  und  Subtraktionsfarben  erzeugen.  Erstere 
entstehen,  wenn  verschiedene  Farbstoffe  in  verschiedenen  Zellen  oder  in 
derselben  Zelle  nebeneinander  auftreten  uud  so  einen  gemischten  Eindruck 
hervorrufen.  Letztere  entstehen,  wenn  Zellschichten  verschiedener  Färbung 
übereinander  liegen  und  durch  die  äußere  Lage  gewisse  Lichtstrahlen  ab- 
sorbiert werden,  die  von  der  inneren  Lage  ausgesandt  werden.  In  physi- 
kalischer Hinsicht  kommt  dazu,  wie  dick  die  gefärbten  Schichten  sind,  durch 
die  wir  hindurchsehen,  ob  die  Organe  transparent  sind,  oder  ob  größere 
Mengen  zwischen  den  Zellen  eingeschlossener  Luft  eine  undurchsichtige 
Unterlage  abgeben.  Farblose  Zellen  mit  vielen  Lufträumen  zwischen  sich 
erzeugen  weiß..  Farblose  Lagen  über  gefärbten  mildern  die  Intensität  dei- 
Farbe  und  dergl.  mehr.  Diese  Verhältnisse  werden  an  einer  Reihe  von  Bei- 
spielen illustriert,  und  die  sich  bei  mikroskopischer  Beobachtung  ergebenden 
Bilder  (nach  den  Untersuchungen  des  Vortragenden)  werden  mit  dem  Projek- 
tionsapparat vorgeführt. 

14.  Sitzung  am  1.  März  1919 
Privatdozent  Dr.  E.  Teich  mann: 
„Die  Blausäure  als  Mittel  zur  Bekämpfung  schädlicher 
Insekten'* 
Der  Vortragende  gibt  zunächst  einen  kurzen  Überblick  über  die  Ge- 
schichte des  Blausäureverfahrens,  um  dessen  Einführung  und  Verbreitung  in 
Deutschland  sich  die  Deutsche  Gold-  und  Silber-Scheideanstalt  zu  Frank- 
furt a.  M.  besondere  Verdienste  erworben  hat.  Das  Verfahren  wird  jetzt  im 
Größen  angewandt  und  zwar  nach  zwei  Richtungen,  einmal  zur  Bekämpfung 
wirtschaftlicher  Schädlinge,  zum  anderen  zur  Ungeziefervernichtung.  Ein 
wirtschaftlicher  Schädling  von  größter  Bedeutung  ist  die  Mehlmotte  (Ephe- 
stia  Kühniella),  durch  die  unser  Land  alljährlich  außerordentlich  hohe 
Einbußen  an  Mehl  erleidet.  Erst  mit  Hilfe  des  Blausäureverfahrens  ist  es 
möglich  geworden,  diesem  Feind  des  Volkswohlstandes  zu  Leibe  zu  gehen. 
Der  Vortragende  führt  im  einzelnen  aus,  wie  sich  die  Entmottung  von  Mühlen 
mit  Hilfe  der  Blausäure  in  der  Praxis  gestaltet.  Er  geht  dann  dazu  über, 
die  Bedeutung  der  Blausäure  für  die  Ungezieferbekämpfung  zu  schildern. 
Durch  den  Krieg  ist  in  Deutschland  eine  Ungeziefervermehrung  eingetreten, 
die  geradezu  eine  Gefahr  für  die  Volksgesundheit  darstellt.  Dies  wird  an 
Beispielen  erläutert.  Demgegenüber  erwächst  die  Pflicht,  mit  allen  Mitteln 
gegen  die  hygienischen  Schädlinge  vorzugehen.   Schon  während  des  Krieges 


110     — 

liat  sich  (las  Blausäureverfahren  als  ein  Mittel  l)e\vährt,  das  in  mancher  Hin- 
sicht den  sonst  zur  V^erfügung  stehenden  überlegen  ist.  Im  besonderen  ist 
PS  im  Kampf  gegen  die  Kleiderlaus  (Fleckfieber)  angewandt  worden.  Auch 
Frankfurt  hat  bei  der  Demobilmachung  eine  Entlausungsanlage  mit  Blau- 
säure in  Betrieb  gesetzt,  die  gute  Erfolge  erzielt.  Wichtiger  fast  als  die  Ent- 
lausung von  Kleidungsstücken  ist  die  Reinigung  bewohnter  Räume  von  Un- 
geziefer (Läuse,  Wanzen,  Flöhe).  Hierfür  ist  die  Blausäure  ein  Mittel,  dem 
kein  anderes  bekanntes  gegenwärtig  an  die  Seite  gestellt  werden  kann.  Wie 
sich  die  Vergasung  großer  Gebäude  in  der  Praxis  gestaltet,  wird  an  einzelnen 
Beispielen  erläutert.  Hierbei  wird  auch  das  Prinzip  der  Erzeugung  der 
Blausäure  außerhalb  der  zu  vergasenden  Räume  berührt  und  die  als  Cyan- 
gaser  bezeichneten  Apparate  werden  kurz  besprochen.  Besonders  schwierig 
und  verantwortungsvoll  ist  es,  Zimmer  oder  Wohnungen  unter  Blausäure 
zu  setzen,  die  inmitten  bewohnter  Räume  liegen.  Eine  derartige  Vergasung 
ist  in  Frankfurt  ausgeführt  worden,  als  das  frühere  Kellnerheim  „Kronenhof" 
entwanzt  werden  mußte.  Schließlich  stellt  der  Vortragende  die  Nachteile 
und  Vorzüge  des  Verfahrens  einander  gegenüber.  Er  kommt  zu  dem  Schluß, 
daß  diese  jene  weit  überwiegen.  Solange  kein  gasförmiges  Mittel  von  ge- 
ringerer Giftigkeit,  aber  gleicher  Wirksamkeit  vorhanden  ist,  muß  das  Blau- 
säureverfahren zur  Bekämpfung  des  Ungeziefers  als  das  beste  betrachtet 
werden.  Damit  soll  nicht  gesagt  sein,  daß  es  ein  Allheilmittel  ist.  Aber  mit 
seiner  Einführung  ist  ein  erster  Schritt  auf  der  Bahn  rationeller  [und  groß- 
zügiger Bekämpfung  ökonomischer  und  hygienischer  Schädlinge  getan  worden  . 
der  uns  die  V^erpflichtung  auferlegt,  im  Interesse  der  Wohlfahrt  und  Gesundheit 
unseres  schwer  geprüften  Volkes  durch  weitere  Forschungen  auf  diesem  Gebiet 
zu  neuen  Erfolgen  zu  gelangen.  Es  ist  zu  hoffen,  daß  auch  Frankfurt  sich 
nach  dem  Willen  seiner  Stadtverwaltung  an  dieser  wichtigen  und  schönsten 
Aufgabe  in  Zukunft  mehr,  als  es  das  bisher  schon  getan  hat,  wird  be- 
teiligen können. 

15.  Sitzung  am  8.  März  1919 

(Erteilung  des  Tiedemann-Preises) 

Herr  Geh.  Med.-Rat  Prof.  Dr.  A.  Be  the: 

„Ewalds  neue  Theorie  des  Hörens" 

Die  herrschende  Theorie  des  Hörens,  die  Resonanztheorie  von  H  e  1  m- 

h  o  1 1  z,  nimmt  an,  daß  auf  der  Membrana  basilaris  unseres  Ohres  ebensoviel 

abgestimmte  Resonatoren    vorhanden    sind,    als   wir   verschiedene    Töne    zu 

unterscheiden  vermögen.   Durch  diese  Annahme  sind  die  meisten  akustischen 

Phänomene   erklärbar,   bei   einigen   anderen   läßt   sie   im    Stich.     Man    kann 

gegen    sie   auch    eine    Reihe    von    recht   ernsten    physiologischen    Bedenken 

erheben. 

Bei  der  physiologischen  UnvoUkommenheit  der  meisten  unserer  Körper- 
organe ist  es  unwahrscheinlich,  daß  in  beiden  Ohren  zwei  ganz  gleiche  und 
vollkommen  abgestinunte  Reihen  von  Tausenden  von  Resonatoren  vorhanden 
sind  und  daß  nicht  viel  öfter  Verstimmungen  auftreten  sollten.  Ferner: 
die  Membrana  basilaris  ist  überall  annähernd  gleich  dick  und  am  breiten 
Ende  noch  nicht  doppelt  so  breit  wie  am  schmalen.    Nun  umfaßt  aber  unser 


—   Ill   — 

Hörbereich  acht  bis  zehn  Oktav^en.  Daher  müßte  die  Spannung  der  Quer- 
fasern der  Membrana  basilaris  am  schmalen  Ende  etwa  zehnmal  so  groß 
sein  wie  am  breiten.  Solche  Spannungsdifferenzen  können  sich  aber  bei  den 
so  nachgiebigen  tierischen  Geweben  nur  ganz  kurze  Zeit  erhalten. 

Den  Haupteinwand  hat  aber  Ewald  erhoben:  Wie  man  auch  eine 
Membran  herstellt,  ob  homogen  oder  aus  einzelnen  Saiten  verklebt,  wie  dies 
Hen  sen  als  Grundlage  für  die  Hei  mho  1  tz  sehe  Theorie  annahm,  immer 
schwingt  die  Membran  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  und  zwar  in  der  Längs- 
richtung. Es  entstehen  auf  ihr  bei  jedem  Ton  stehende  Wellen;  nie  schwingt 
sie  nur  an  einer  Stelle,  wie  es  die  Theorie  von  Helmholtz  fordert.  Und 
das  trifft  auch  für  die  Membrana  basilaris  zu.  Ewald  gelang  es,  an  frisch 
getöteten  Kaninchen  die  Membrana  basilaris  in  ihrer  natürlichen  Befestigung 
so  frei  zu  legen,  daß  er  sie  in  seine  „(Camera  acustica"  bringen  und  mit 
Tönen  erregen  konnte.  Auch  hier  treten  stehende  Wellen  von  der  Basis  bis 
zur  Spitze  auf. 

Diese  stehenden  Wellen  bilden  die  Grundlage  der  Ewaldschen 
Theorie.  Bei  jedem  Ton  entsteht  ein  für  ihn  charakteristisches  ^Tonbild", 
und  es  wird  bei  jedem  Ton  nicht  eine  Nervenfaser  des  Hörnerven  erregt, 
sondern  eine  grosse  Anzahl  in  einer  nur  ihm  eigentümlichen  Kombination. 
Eine  Zerlegung  jeden  Klanges  in  seine  Partialtöne  tritt  auf  der  Schallmembran 
genau  so  vollkommen  ein,  wie  es  bei  abgestimmten  Resonatoren  der  Fall 
wäre.  Auch  das  Auftreten  der  pathologischen  Erscheinungen  der  Skalen- 
verkürzung und  der  Tonlücken  erklärt  sich  aus  dem  Studium  verletzter  oder 
beschwerter  Membranen  ebenso  ungezwungen,  wie  bei  der  Helmholtz  sehen 
Theorie.  In  einigen  Fällen  vermag  die  Ewald  sehe  Theorie  aber  mehr  zu 
leisten  als  jene.  Die  Tatsache,  daß  derselbe  Ton  unserem  Ohr  laut  zugeführt 
etwas  tiefer  gehört  wird,  als  wenn  er  leise  ist,  macht  bei  Helmholtz  un- 
überwindbare  Schwierigkeiten;  die  Beobachtung  der  Sehallmembran  zeigt 
daß  es  so  sein  muß. 

Jede  Periodik  wird  auf  der  Sehallmembran  abgebildet  und  muß  daher, 
empfunden  werden.  So  sind  die  nicht  objektiven,  weil  durch  Resonatoren 
nicht  verstärkbaren  Summations-  und  Differenztöne,  ebenso  wie  die  Unter- 
brechungstöne, auf  der  Membran  deutlich  neben  den  erzeugenden  Tönen  zu 
sehen:  bei  der  Helm  hol  tz  sehen  Theorie  dagegen  ist  ihre  Wahrnehmbarkeit 
nur  durch  Hilfshypothesen  erklärbar. 

Ein  schwacher  Punkt  der  Helmholtz  sehen  Theorie  ist  auch  die  Er- 
klärung der  Sehwebungen  und  überhaupt  jeder  Disharmonie.  Auf  der  Schall- 
membran erzeugen  diese  nun  kein  stetiges  Bild,  die  Wellenberge  pendeln 
vielmehr  um  eine  Mittellage  hin  und  her.  Wenn  man  die  durchaus  plausible 
Annahme  macht,  daß  jede  Unstetigkeit  des  Schallbildes  unangenehm  empfunden 
wird,  so  findei!  damit  auch  diese  Phänomene  bei  der  Ewaldsehen  Theorie 
eine  zwanglose  Erklärung. 

So  sehen  wir  also,  daß  die  Sehallbildertheorie  alle  akustischen  Phänomene 
ohne  Schwierigkeit  erklärt,  daß  dies  aber  bei  der  Resonanztheorie  nicht  der 
Fall  ist.  Daher  liegt  in  der  Aufstellung  der  Sehallbildertheorie  ein  großer 
und  wichtiger  Fortschritt  der  Wissenschaft,  und  es  wird  auch  dem  Laien 
verständlieh  werden,  daß  der  Ausschuß  für  die  Verleihung  des  Tiedemann- 
Preises  ihren  Autor  mit  dem  Preise  ausgezeichn^  hat. 


—     112     - 

16.    Sitzung  am  15.  März  1919 
Prof.  Dr.  H.  Braus- Heidelberg: 
„Über  die  Gesetzlichkeit  der  Körperf orui" 

Das  Andenken  Walter  Gebhardts*)  durch  eine  Darstellung  und 
Würdigung  seines  wissenschaftlichen  Lebenswerkes  zu  ehren,  ist  eine  Aufgabe, 
der  der  Vortragende  sich  mit  Freuden  unterzogen  hat,  weil  wir  in  diesem 
Werk  einen  der  Bausteine  für  die  neuere  theoretische  Formenlehre  vor  uns 
haben.  Wenn  auch  durch  den  allzufrühen  Tod  des  im  Kriegsdienst  ver- 
storbenen Forschers  manches  ein  Torso  geblieben  ist,  ist  es  doch  möglich^ 
das  in  den  Schriften  Gebhardts  niedergelegte  Material  in  den  übrigen 
Wissensstoff  so  einzufügen,  daß  ein  geschlossenes  Bild  vom  augenblicklichen 
Stand  der  Formenlehre  in  großen  Zügen  gegeben  werden  kann. 

Seit  jeher  ist  der  Knochen  beim  Studium  von  Formproblemen  besonders 
bevorzugt  worden,  weil  er  unverweslicher  als  die  Weichteile  ist  und  uns 
feinste  und  gröbste  Skulpturen,  die  bei  jenen  nicht  immer  so  unmittelbar  zu 
sehen  sind,  plastisch  vor  Augen  stellt.  Da  ferner  alle  Knochen  aus  ein  und 
demselben  Material  bestehen,  und  da  trotzdem  die  Formenwelt,  die  sich  hier 
für  makro-  und  mikroskopische  Untersuchungen  erschließt,  ungeheuer  mannig- 
faltig ist.  so  liegt  die  Frage  nach  dem,  was  die  formbildenden  Kräfte  der 
Natur  bieten,  hier  einfacher  als  bei  vielen  anderen  Organen,  wo  Kompliziertes 
auf  Grund  kompliziert  zusammengesetzter  Ausgangsmaterialien  entstanden 
ist.  Hermann  v.  Meyer  war  einer  der  bedeutendsten  Forscher  auf  dem 
Gebiet  der  Knochenforschung.  Die  zu  seinem  Andenken  gestiftete  Medaille 
wurde  zum  ersten  Male  von  der  Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesell- 
schaft W.  Gebhardt  verliehen  und  damit  zum  Ausdruck  gebracht,  wie  sehr 
sein  Lebenswerk  mit  dem  v.  Meyers  verknüpft  ist.  Er  hat  in  der  Tat  fast 
ausschließlich  Zähne  und  Knochen,  besonders  deren  feinste  Strukturen  als 
Ausgangsmaterial  seiner  Forschungen  benutzt.  In  seinen  theoretischen  An- 
sichten lehnt  er  sich  eng  an  W.  Roux  an,  dessen  langjähriger  Mitarbeiter 
er  gewesen  ist. 

Wir  unterscheiden  zuerst  die  tatsächliche  Feststellung  einer  „funktionellen 
Gestalt"  des  Knochens.  H.  v.  M  e  y  e  r  und  C  u  1  m  a  n  n  hatten  für  die  Knochen- 
bälkchen  im  Innern  des  Knochens  ermittelt,  daß  sie  nicht  beliebig  und 
regellos  verstreut  liegen,  wie  noch  Hyrtl  geglaubt  hatte,  sondern  daß  sie 
kom|)lizierte  Architekturen  darstellen,  ähnlich  deaen  unserer  modernen  Eisen- 
konstruktionen (Blechkranen,  Eiffelturm).  Derartige  Vergleiche  mit  technischen 
Formen  und  Mitteln  eines  mechanisch  zweckmäßigen  Baues  hat  Gebhardt 
in  großer  Zahl  durchgeführt.  So  verglich  er  die  von  ihm  in"s  einzelne  verfolgte 
Anordnvnig  der  feinsten  Lamellen  und  Fäserchen  im  Knochen  mit  verleimten 
Furnieren  beim  Flugzeugbau;  er  hoffte  sogar  durch  seine,  auf  Modelle  ge- 
stützte Berechnungen  am  Knochen  der  Technik  Fingerzeige  geben  zu  können, 
wie  die  Eigenschaften  faserigen  Materials  in  Zukunft  noch  günstiger  aus- 
genutzt werden  könnten.     \'iele  der  studierten   Formen  enthüllten  sich  ihm 

*)  W.  Gebhardt  ist  bei  der  Jahrhiuidertfeier  der  S.  N.  G.  als  erstem 
der  Georg-Hermann-v.-Meyer-Preis  verliehen  worden.  Wenige  Monate  später, 
am  3.  März  ItHH.  ist  dei-  verdienstvolle  Forscher  verstorben  (48.  Bericht, 
1918  S.  2(K)). 


—     113     — 

von  solcher  Feinheit  und  solcher  geradezu  mathematischer  Korrektheit,  daß 
die  Technik  ähnliches  nur  deshalb  nicht  aufzuweisen  vermag,  weil  die 
Herstellungskosten  und  -zeiten  zu  groß  wären  oder  entsprechende  Roh- 
materialien fehlen.  Der  Helm holtz sehe  Ausspruch,  daß  er  dem  Mechaniker 
die  Tür  weisen  würde,  der  ihm  ein  Instrument  von  den  UnvoUkommenheiten 
des  menschlichen  Auges  brächte,  verliert  angesichts  dieser  Erfahrungen  seine 
Bedeutung,  Zeitlängen  und  ökonomische  Mittel  der  aufbauenden  Arbeit  des 
Organismus  sind  andere  als  bei  den  Erzeugnissen  menschlicher  Technik,  aber 
die  Formen  sind  in  beiden  Fällen  wirklich  funktionelle. 

Die  Frage  nach  der  Ursache  dieser  Art  von  Gestaltung  ist  früher  so 
beantwortet  worden,  daß  die  Funktion  selbst  die  Formen  erzeuge.  In  einer 
mehr  indirekten  Weise  ist  dies  möglich  nach  der  von  W.  Roux  eingeführten 
Annahme  funktioneller  Reize.  Die  auf  dieser  Basis  von  Gebhardt  ausge- 
arbeiteten Erklärungsmöglichkeiten  hat  er  leider  selbst  nicht  durch  das 
Experiment  an  seinen  Objekten  geprüft,  obgleich  Pläne  zu  Experimenten  mit 
zu  den  vielen  unerfüllt  gebliebenen  Hoffnungen  seines  Lebens  gehörten.  Von 
anderen  Fällen  aber  wissen  wir  bestimmt,  daß  das  Experiment  gegen  die 
Entstehung  durch  funktionellen  Reiz  im  individuellen  Leben  entscheidet,  auch 
wenn  der  Kausalnexus  nach  dem  deskriptiven  Befund  evident  zu  sein  scheint 
(Beispiel:  das  Armloch  im  Operculum  der  Unkenlarve).  Wir  befinden  uns 
dann  in  dem  Dilemma,  entweder  dem  reinen  Zufall  zuzuschreiben,  was  an 
funktionellen  Möglichkeiten  entsteht.  Gerade  die  Befunde  Gebhardts  an 
Knochen  und  Zähnen,  deren  Formen  äußerst  ausregulierte  Beziehungen 
zueinander  besitzen  müssen,  um  brauchbare  Werkzeuge  zu  liefern,  sprechen 
gegen  diese  Möglichkeiten.  Oder  wir  müssen  den  Erwerb  der  funktionellen 
Gestalt  größtenteils  in  die  Vergangenheit  verlegen  und  das  damalige  Geschehen 
nach  den  Mustern  deuten,  die  heute  wirkliche  funktionelle  Abhängigkeit 
zeigen.  Hier  kommen  wir  trotz  der  vielen  Dunkelheiten,  die  die  \^ererbung 
erworbener  Eigenschaften  belasten,  nicht  ohne  sie  aus. 


114 


Wilhelm  Kobelt 

*  20.  Februar  1840,  f  26.  März  1916 


Mitten  in  der  bewegten  Zeit  des  Weltkrieges  ist  am  26.  März 
1916  in  seiner  zweiten  Heimat  Schwanheim  bei  Frankfurt  am 
Main  Wilhelm  Kobelt  ruhig  und  still  verschieden.  Zu  dieser 
Zeit,  wo  Menschenleben  gering  geachtet  werden  und  wo  Tausende 
auf  den  Schlachtfeldern  verblutet  sind,  müssen  wir  doch  bei 
ihm  länger  verweilen.  Es  ist  ein  außergewöhnlicher  Mensch  von 
uns  gegangen. 

Am  20.  Februar  1840  wurde  Wilhelm  Kobelt  als  ältester 
Sohn  des  zweiten  Pfarrers  des  Städtchens  Alsfeld  in  Oberhessen 
geboren.  Gemeinsam  mit  seinen  vier  Brüdern  verlebte  er  in 
seiner  Vaterstadt  eine  ungestörte,  schöne  Jugend.  Abseits  von 
den  großen  Verkehrsstraßen  wuchs  so  der  Knabe  und  Jüngling 
in  landschaftlich  und  landwirtschaftlich  bevorzugter  Gegend  auf, 
in  enger  Fühlung  mit  der  Natur.  Seine  frühe  sich  zeigende  Liebe 
zu  dieser  und  seine  angeborenen  Anlagen  zum  Sammeln  und  zur 
kritischen  Betrachtung  der  Naturgegenstände  wurden  von  einem 
verständnisvollen,  selbst  naturwissenschaftlich  interessierten  Vater 
gepflegt  und  weiterentwickelt.  Dieser  bildete  auch  seine  fünf 
Söhne  in  einer  von  ihm  in  Alsfeld  geleiteten  Privatschule  aus. 
Als  Primaner  kam  Wilhelm  Kobelt  noch  im  Jahre  1855  nach 
Gießen  auf  das  Gynmasiuni.  Nach  bestandener  Reifeprüfung 
bezog  er  auch  dort  1857  die  Universität,  um  sich  dem  Studium 
der  Medizin  zu  widmen.  Seinen  naturwissenschaftlichen  Neigungen 
blieb  er  aber  auch  während  dieser  Zeit  stets  treu.  Am  13.  De- 
zember 1862  promovierte  er  mit  einer  Arbeit  über  Herzdämpfung 
und  Herzleere.  Nach  bestandenem  Examen  ließ  er  sich  in 
Biedenkopf  an  der  Lahn  als  praktischer  Arzt  nieder,  während 
sein  Vater  nunmehr  in  dem  nahen  Breidenbach  als  Pfarrer  tätig 
war.     Im   Jahre    1869   berief   der  Ärztliche   Hilfsverein    Kobelt 


—     115     — 

nach  Schwanheim  bei  Frankfurt  am  Main.  Diesem  Ruf  folgte 
er.  Schwanheim  wurde  dann  seine  zweite  Heimat,  mit  der  er 
fest  verwuchs  und  der  er  bis  zu  seinem  Tode  treu  blieb.  Seinen 
ärztlichen  Beruf  übte  er  in  Schwanheim  noch  bis  Ende  1880 
aus,  widmete  sich  dann  aber  vollständig  den  Wissenschaften  und 
seinen  sozialpolitischen  Bestrebungen.  Im  Jahre  1905  wurde  ihm 
in  Anerkennung  seiner  Verdienste  um  die  Wissenschaft  der 
Professortitel  verliehen. 

Noch  während  seiner  letzten  Zeit  in  Biedenkopf  verheiratete 
sich  Kobelt  und  fand  in  seiner  inniggeliebten  Gattin  eine  ver- 
ständnisvolle, treue  Lebensgefährtin,  eine  seltene.  Frau,  die  in 
ihrem  Fühlen  und  Denken  vollkommen  mit  ihm  übereinstimmte 
und  ihm  in  seinen  wissenschaftlichen  Bestrebungen  stets  helfend 
zur  Seite  stand.  Sie  schuf  ihm  in  ihrem  traulichen  Heim  die 
Umgebung,  der  er  zum  ungestörten  wissenschaftlichen  Arbeiten 
bedurfte. 

Für  die  wissenschaftliche  Laufbahn  Kobe  Its  ist  wohl  von 
ausschlaggebender  Bedeutung  die  Verbindung  mit  Emil  Adolf 
Roßmäßler  in  Leipzig  gewesen.  Nach  seiner  Niederlassung 
in  Biedenkopf  hatte  sich  Kobelt  mit  erneutem  Eifer  auf  natur- 
wissenschaftliche Studien  geworfen.  Doch  er  forschte  nicht  allein; 
er  wollte  auch  in  seiner  Umgebung  aufklärend  und  belehrend 
wirken.  So  gründete  er  bereits  1866  in  Biedenkopf  einen  Volks- 
bildungsverein. Mit  den  Arbeiten  zur  Gründung  dieses  Vereins 
beschäftigt,  wandte  sich  Kobelt  an  den  als  Naturforscher  und 
.Führer  der  Volksbildungsbewegung  damals  gleich  gut  bekannten 
Roßmäßler.  Dieser  Schritt  war  ausschlaggebend  für  ihn.  Von 
dieser  Zeit  an  begann  Kobelt,  angeregt  durch  Roßmäßler s 
Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Molluskenkunde  und  durch  eine 
von  diesem  ihm  zugekommene  Konchyliensendung,  sich  in  er- 
höhtem Maße  mit  den  Weichtieren  zu  beschäftigen.  Der  Malako- 
zoologie  ist  er  von  da  ab  treu  geblieben  und  hat  einen  großen 
Teil  seines  Schaffens  und  seiner  Lebensenergie  diesem  Zweig 
der  Wissenschaft  gewidmet,  den  er  immer  weiter  ausbaute  und 
mit  seinen  großen  Gedanken  befruchtete.  Nach  dem  bereits  1868 
erfolgten  Tode  R  o  ß  m  ä  ß  1  e  r  s,  den  Kobelt  übrigens  nie  persönlich 
kennen  gelernt  hat,  setzte  er  dessen  Arbeiten  fort  und  erweiterte 
sie.  Mit  einer  „Molluskenfauna  von  Nassau"  begann  Kobelt, 
dehnte  dann  aber  bald  seine  Untersuchungen  auf  die  Weichtiere 
des  gesamten  europäischen  Faunengebietes  aus,  wobei  er  Roß- 


Uß 

mäßlers  „Iconographie  der  Land-  und  Süßwasser-Mollusken" 
fortführte  und  in  einer  Weise  ausdehnte,  wie  sie  wohl  R o ß ni  ä ß  1  er 
nicht  im  entferntesten  geahnt  haben  mag.  Endlich  bezog  Kobelt 
sämtliche  Weichtiere  in  seine  Beobachtungen  ein.  So  arbeitete 
er  auf  dem  Gebiete  der  Malakozoologie  unermüdlich  weiter, 
und  es  ist  daher  nicht  verwunderlich,  daß  ihm  von  allen  Seiten 
Material  zur  Bearbeitung  angetragen  wurde,  bald  sogar  in  dem 
Maße,  daß  trotz  seiner  großen  Arbeitskraft  und  seines  uner- 
müdlichen Fleißes  er  bei  weitem  nicht  alles  bewältigen  konnte. 
Aber  die  viele  Kleinarbeit  der  Systematik  ließ  ihn  doch  nie  die 
großen  Ziele  der  Wissenschaft  aus  dem  Auge  verlieren.  Dabei 
kam  ihm  zu  statten,  daß  sein  Blick  durch  seine  vielen  Reisen 
ständig  erheblich  erweitert  wurde.  So  ist  Kobelt  allmählich 
eine  der  ersten  Autoritäten  auf  dem  Gebiete  der  Molluskenkunde 
geworden.  Am  liebsten  beschäftigte  er  sich  mit  der  Fauna  des 
Mittelmeergebietes.  Seiner  besonderen  Vorliebe  erfreuten  sich 
dabei  die  Heliciden  der  Subfamilie  Fei)1at(uniiinae,  deren  bester 
Kenner  er  wohl  war.  Aber  auf  dem  ganzen  Gebiete  der  Land- 
und  Süßwassermollusken  hat  er  gearbeitet  und  ferner  wertvolle 
Arbeiten  über  marine  Weichtiere  geliefert.  Die  von  Kobelt 
über  Mollusken  veröffentlichten  Arbeiten  sind  außerordentlich 
zahlreich,  so  daß  hier  nur  der  wichtigsten  gedacht  werden  kann. 
Zu  nennen  sind  vor  allem  außer  der  bereits  erwähnten  Fort- 
führung von  Roßmäßlers  „Iconographie  der  Land-  und  Süß- 
wasser-Mollusken'' zwei  weitere  große  Unternehmungen:  die 
„Iconographie  der  europäischen  Meeresconchylien"  und  die  zweite 
Auflage  des  Martini- Che mnitzschen  „Conchylien- Cabinets". 
Besonders  letzteres  Werk  hat  er  zu  einem  beträchtlichen  Umfange 
und  zu  einer  großen  Bedeutung  gebracht.  Zuerst  arbeitete  Kobelt 
am  „Conchylien-  Cabinet"  als  Mitarbeiter  Küsters,  dann  mit 
Weinkauf  f  zusammen  und  nach  dessen  Tode  als  alleiniger  Her- 
ausgeber. Als  selbständige  Arbeit  erschien  das  „Illustrierte 
Conchylienbuch".  Unter  den  zahlreichen  Bearbeitungen  Kobelt s 
von  wissenschaftlichen  Molluskenausbeuten  sind  besonders  zu 
nennen,  die  J.  J.  Reins  aus  Japan,  die  W.  Kükenthals  von 
den  Molukken  und  die  C.  v.  Erlangers  aus  dem  nordöstlichen 
Afrika  jnit  einem  Katalog  aller  aus  Afrika  bekannten  Mollusken, 
sämtlich  erschienen  in  den  Abhandlungen  der  Senckenbergischen 
Natu rf ersehenden  Gesellschaft  in  Frankfurt  am  Main,  ferner  die 
Bearbeitung  der  von  K.  S  e  m  p  e  r  auf  den  Philippinen  gesammelten 


—     117     - 

Deckelschneckeii  als  Separatheft  von  dessen  großem  Reisewerk. 
Zu  nennen  ist  auch  die  Fortführung  der  Arbeiten  des  1903  ver- 
storbenen Otto  Franz  v.  Moellendorff  über  die  Mollusken- 
fauna der  Philippinen  an  Hand  von .  dessen  hervorragender 
Sammlung.  Zahlreich  sind  die  einzelnen  von  Kobelt  heraus- 
gegebenen systematischen  Kataloge  über  verschiedene  Schnecken- 
familien und  Faunengebiete,  die  teils  als  Vorarbeiten  für  größere 
Veröffentlichungen  gedacht  waren,  teils  einzeln  veröffentlicht 
wurden,  weil  die  Untersuchungen  nicht  zustande  kamen,  für  die 
sie  vorgesehen  waren. 

Auf  die  Ausbreitung  der  Molluskenkunde  war  Kobelt  stets 
bedacht.  Bereits  bei  der  Naturforscherversammlung  in  Frankfurt 
a.  M.  im  Jahre  1 867  war  Kobelt  mit  David  F.  H  e  y  n  e  m  a  n  n , 
dem  bekannten  Nacktschneckenforscher,  in  Beziehung  getreten. 
Im  Jahre  darauf  unternahmen  beide  gemeinsam  die  Gründung 
der  „Deutschen  Malakozoologischen  Gesellschaft".  Seit  dieser 
Gründung  hat  dann  Kobelt  bis  zu  seinem  Tode  das  „Nachrichts- 
blatt der  Deutschen  Malakozoologischen  Gesellschaft"  heraus- 
gegeben. Daneben  redigierte  er  vom  Jahre  1874  ab  auch  die 
„Jahrbücher  der  Deutschen  Malakozoologischen  Gesellschaft". 
Da  jedoch  allmählich  in  Deutschland  das  Interesse  der  Zoologie 
an  der  Systematik  geringer  wurde,  mußten  die  „Jahrbücher" 
1886  ihr  Erscheinen  einstellen.  Ferner  gab  Kobelt  A^on  1879 
bis  1885  den  „Jahresbericht  über  die  Molluskensystematik"  für 
die  Zoologische  Station  in  Neapel  heraus  und  führte  darauf  vom 
Jahre  1886  ab  den  Bericht  für  das  Archiv  für  Naturgeschichte  fort. 

Es  ist  nicht  verwunderlich,  daß  Kobelt,  der  bereits  von 
Jugend  auf  sich  mit  dem  Sammeln  von  Naturgegenständen  be- 
schäftigte, schon  während  seiner  Zeit  in  Biedenkopf  begann,  sich 
eine  Molluskensammlung  anzulegen.  Es  fordern  ja  auch  die  leicht 
aufzubewahrenden,  selbst  für  das  Auge  des  Laien  ansprechenden 
Schneckenschalen  geradezu  dazu  heraus.  Durch  einen  ausge- 
dehnten Tauschverkehr  in  den  ersten  Jahren  und  durch  das  viele 
ihm  zur  Bearbeitung  anvertraute  Material,  von  dem  er  stets  eine 
Serie  für  seine  Sammlung  erhielt,  wuchs  diese  rasch  heran. 
Allmählich  ist  sie  zu  einer  der  bedeutendsten  bestehenden 
Molluskensammlungen  geworden,  die  vor  allem  ihren  hohen  Wert 
in  den  vielen  Typen  von  Kobelt s  Arten  und  den  zahlreichen 
Cotypen  anderer  Autoren  besitzt.  Von  besonderem  Wert  sind 
auch  die  vielen  Ausbeuten,  die  Kobelt  stets  von  seinen  Reisen 


—     118      - 

im  Süden  mitbrachte.  Diese  waren  immer  in  erster  Linie 
malakozoologischen  Forschungen  gewidmet,  besonders  den  Heli- 
ciden  der  Subfamilie  l^ntataeniinae,  wenn  auch  der  unmittelbare 
Anlaß  zu  einem  Aufenthalt  in  mildem  Klima  in  den  Jahren  1872 
auf  1873  und  1902  ein  Erholungsbedürfnis  seiner  Frau  bzw.  seiner 
selbst  war.  Aber  ein  so  großer  Naturliebhaber  wie  Kobelt 
brachte  von  seinen  Reisen  doch  auch  außerdem  eine  große  Anzahl 
von  Gegenständen  aus  anderen  Gebieten  der  Naturwissenschaften 
mit  und  machte  Mengen  von  bedeutsamen  naturwissenschaftlichen 
und  geographischen  Beobachtungen.  Wie  anregend  sind  auch 
die  Berichte  seiner  Reisen,  die  ihn  gemeinsam  mit  seiner  Gattin 
nach  Italien,  Spanien  und  Nordafrika  führten! 

Die  Beschäftigung  mit  den  Mollusken  hatte  Kobelt  schon 
zeitig  darauf  gebracht,  sich  über  die  Verbreitung  der  Tierwelt 
Gedanken  zu  machen.  So  kam  er  ganz  allmählich  auf  zoogeo- 
graphische Probleme.  Die  Zoogeographie  hat  ihn  dann  im  Laufe 
der  Jahre  immer  mehr  gefesselt  und  immer  größeren  Einfluß 
auf  seine  Arbeiten  gewonnen.  Er  hat  gezeigt,  wie  die  Verbreitung 
der  Weichtiere  vielleicht  mehr  als  die  der  meisten  anderen 
Tierklassen  dazu  geeignet  ist,  zoogeographische  Fragen  zu  lösen. 
Doch  beschränkte  sich  Kobelt  dabei  keineswegs  auf  die  Mollusken. 
Alle  Tierklassen  und  auch  die  Pflanzen  fanden  bei  ihm  Berück- 
sichtigung. Nur  einem  Manne  wie  Kobelt  mit  seinem  weiten 
Wissen  und  seinen  umfangreichen  früheren  systematischen  Studien 
war  es  möglich,  Arbeiten  wie  seine  „Studien  zur  Zoogeographie" 
(1897  bis  1898)  und  seine  „Verbreitung  der  Tierwelt"  (1902  bis 
1903)  zu  schreiben,  die  eine  erstaunliche  Beherrschung  der  Materie 
bezeugen.  In  seinen  letzten  Jahren  war  einer  seiner  Lieblings- 
gedanken die  Erforschung  des  Zusammenhanges  der  diluvialen 
Stromsysteme  und  die  Herausbildung  der  heutigen  Flußläufe  mit 
Hilfe  der  geographischen  Verbreitung  der  Flußmuscheln  (6^/«"o/«c?«e 
und  verwandte  Familien).  Mit  dem  Eifer  eines  Jünglings  ging 
er  an  die  Arbeit,  die  schon  bald  schöne  Ergebnisse  zeitigte.  So 
zeigte  er,  daß  der  „alte  Vater  Rhein"  in  seiner  jetzigen  Zu- 
sammensetzung Deutschlands  jüngster  Fluß  ist.  Da  die  Aus- 
arbeitung dieser  großzügig  angelegten  Gedanken  die  Arbeitskraft 
eines  einzelnen  weit  überstieg,  so  suchte  er  für  seine  Pläne  in 
weiteren  Kreisen  zu  werben  und  anzuregen.  Mit  großer  Freude 
begrüßte  er  dann  stets  jeden  Fortschritt  und  jede  neue  Unter- 
suchung auf  diesem  Gebiet. 


.      —     119     — 

Mit  der  Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft 
ist  Kobelt  schon  frühzeitig  in  Verbindung  getreten.  Bereits 
1869  wurde  er  zum  korrespondierenden  Mitglied  ernannt.  Ununter- 
brochen war  er  um  das  Wohl  der  Gesellschaft  bemüht  uud  stellte 
sein  reiches  Können  und  Wissen  in  ihren  Dienst.  Am  meisten 
hat  ihm  die  Sektion  der  Mollusken  zu  verdanken,  deren  langjähriger 
Sektionär  er  war  (außerdem  war  er  Sektionär  für  Säugetiere).  Durch 
Kobelt  wurde  eigentlich  der  Grundstock  zu  der  jetzt  umfang- 
reichen Molluskensaramlung  gelegt,  indem  es  durch  seine  Be- 
mühungen gelang,  die  wichtige  Molluskensammlung  Ernst  Ad  olf 
Roßmäßlers  für  das  Museum  zu  erwerben."  Rastlos  arbeitete 
nun  Kobelt  daran,  diese  Sammlung  nach  der  Verschmelzung 
mit  der  alten  Sammlung  des  Museums  zu  erweitern  und  zu  er- 
gänzen. Schon  zu  seinen  Lebzeiten  hat  er  außer  seiner  wert- 
vollen, reichhaltigen  fachwissenschaftlichen  Bibliothek  seine  außer- 
ordentlich umfangreichen  eigenen  Sammlungen  dem  Museum  zur 
Verfügung  gestellt  und  dessen  Sammlung  einverleibt.  Als  nach 
dem  leider  allzufrüh  erfolgten  Tode  Otto  Franz  v.  Moellen- 
dorffs  (1903)  Gefahr  bestand,  daß  dessen  kostbare  Mollusken- 
sammlung  Frankfurt  verloren  ging,  stellte  Kobelt  in  selbstloser 
Weise  seine  eigenen  Mittel  zur  Verfügung,  um  der  Gesellschaft 
die  wertvolle  Sammlung  zu  sichern,  bis  die  notwendige  Summe 
zum  Kauf  zusammen  war.  Nachdem  1909  auch  noch  die  Sammlung 
Oskar  Boettgers  der  Sammlung  des  Senckenbergischen 
Museums  einverleibt  werden  konnte,  gehört  diese  zu  den  größten 
und  wertvollsten  der  Welt.  Ein  besonderer  Wert  der  Sammlung 
besteht  in  den  vielen  in  ihr  enthaltenen  Typen  und  Cotypen, 
sowie  in  den  vielen  Originalexemplaren,  die  Kobelt  und  andere 
in  zahlreichen  Arbeiten  abgebildet  und  beschrieben  haben.  Und 
all  das  verdankt  die  Gesellschaft  in  erster  Linie  Wilhelm  Kobelt, 
dessen  Name  genannt  werden  wird,  solange  es  eine  Geschichte 
der  Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft  gibt.  Diese 
benutzte  im  Dezember  1912  auch  gern  die  Gelegenheit,  um 
anläßlich  seines  50  jährigen  Doktorjubiläums  ihn,  der  gleichzeitig 
25  Jahre  arbeitendes  Mitglied  der  Gesellschaft  war,  zum  außer- 
ordentlichen Ehrenmitglied  zu  ernennen  —  die  höchste  Würde, 
die  die  Gesellschaft  zu  vergeben  hat!  Noch  seine  letzte  Arbeit 
galt  der  Gesellschaft,  indem  er  mit  der  Niederschrift  ihrer  100- 
jährigen  Geschichte  beschäftigt  war.  Die  ersten  fünf  Jahrzehnte 
konnte  er  noch  fertigstellen,  da  nahm  ihm  der  Tod  die  Feder 


—     120     — 

aus  der  Hand.  Mit  Kobelt  ist  einer  der  letzten,  großen  Veteranen 
der  alten  Senckenhergischen  Gesellschalt  dahingegangen,  nachdem 
einige  Monate  vorher  sein  gleichaltriger  Freund  L  u  k  a  s  v.  H  e  y  d  e  n 
verschieden  war. 

Doch  nicht  nur  Wissenschaftler  war  Kobelt.  Als  Sozial- 
politiker hatte  er  ebenfalls  einen  großen  Namen.  Schon  früh 
hatte  er  es  als  Pflicht  der  gebildeten  Kreise  erkannt,  sich  öffentlich 
in  den  Dienst  der  Gemeinde  zu  stellen.  Seine  berufliche  Tätig- 
keit als  Arzt  hatte  ihn  mit  den  wirtschaftlich  schwachen  Volks - 
kreisen  in  Verbindung  gebracht.  Durch  sein  gutes  Herz  und 
seine  hohen  Ideale,  die  ihn  von  jedem  Menschen  nur  das  beste 
denken  ließen,  war  er  nicht  allein  dem  Volk  ein  ärztlicher  Be- 
rater: er  suchte  auch  sonst  zu  helfen  und  zu  fördern,  wo  er 
konnte.  Sozial  und  geistig  sollte  das  Volk  gehoben  werden. 
Mag  er  auch  vielen  als  politisch  zu  weit  links  stehend  erschienen 
sein;  ihn  leitete  nur  seine  Liebe  zum  Volk,  dem  er  nur  Gutes 
zutraute.  Politiker  aller  Parteischattierungen  arbeiteten  gern  mit 
ihm  zusammen  und  hörten  gern  seinen  wohlgemeinten  Eat.  Sie 
alle  erkannten  den  reinen,  wahren  Idealismus  Kobelts  an,  der 
frei  von  jedem  Eigennutz  war. 

Kobelt  war  auch  stets  bemüht,  die  Früchte  seiner  Er- 
kenntnis und  sein  allgemeines  Wissen  in  weitere  Kreise  zu  tragen. 
Durch  Vorträge,  Besprechungen  mit  den  in  Betracht  kommenden 
Persönlichkeiten  und  durch  zahlreiche  Veröffentlichungen  auf 
sozialpolitischem  Gebiete  suchte  er  diesem  Ziele  näherzukommen. 
Er  war  Mitbegründer  und  Ehrenvorsitzender  des  Rhein-Mainischen 
Verbandes  für  Volksbildung,  in  dessen  Dienst  er  die  schon  früher 
von  ihm  gegründeten  „Gemeinnützigen  Blätter  für  Hessen  und 
Nassau"  stellte.  Zu  seinem  70.  Geburtstage  gab  der  Rhein- 
Mainische  Verband  für  Volksbildung  dann  auch  eine  Sammlung 
von  kleineren  sozialpolitischen  Aufsätzen  Kobelts  unter  dem 
Titel  „Heimatkunde  und  Heimatarbeit"*)  heraus.  Aus  diesem 
umfangreichen  Bande  ist  zu  ersehen,  wie  emsig  Kobelt  in  dieser 
Hinsicht  tätig  war. 

Jedoch  nicht  bloß  theoretisch  wirkte  Kobelt;  er  brachte 
seine  Gedanken  auch  praktisch  zur  Ausführung.  Das  zeigt  sich 
vor  allem  in  seiner  zweiten  Heimat  Schwanheim,  obwohl  sich 
seine  sozialpolitische  Tätigkeit  durchaus  nicht  darauf  allein  be- 
schränkte.    Er  ist  dort  in  des  Wortes  wahrster  Bedeutung  ein 

*)  44.  Bericht  der  S.  N.  G.  1913  S.  93-97. 


~     121     — 

Volkswohltäter  geworden.  Was  verdankt  ihm  Schwanheim  nicht 
alles!  Trotz  zeitweiliger  Anfeindung  von  Seiten,  die  ihn  nicht 
verstanden,  hat  er  sich  doch  durchgesetzt.  Zum  Wohle  des 
Dorfes!  Die  Schwanheimer  Landwirte  verdanken  ihm  manche 
praktische  Anregung  in  Bezug  auf  neue  Kulturmethoden  und 
auf  Einführung  neuer  landwirtschaftlicher  Maschinen.  Die  frühe 
Anwendung  des  künstlicken  Düngers  in  Schwanheim  geschah  auf 
Kobelts  Rat.  Auf  ihn  ist  auch  der  hohe  Stand  der  Zucht  von 
Tafelobst  in  Schwanheim  zurückzuführen,  der  dem  Züchter  hohen 
Verdienst  abwirft.  Die  Errichtung  einer  Kleinbahn  nach  Frank- 
furt am  Main,  der  sog.  Waldbahn,  und  später  die  Verwirklichung 
des  Plans  einer  Brücke  über  den  Main,  sind  zum  großen  Teil 
seiner  kräftigen  Förderung  zu  verdanken.  Um  kranke  und  er- 
holungsbedürftige Einwohner  Schwanheims  sich  in  der  kräftigen 
Luft  des  nahen  Waldes  stärken  zu  lassen,  errichtete  er  dort  eine 
Walderholungstätte.  Noch  wenige  Jahre  vor  seinem  Tode  gründete 
er  in  Schwanheim  ein  Heimatmuseum  und  trug  darin  mit  großem 
Eifer  alles  zusammen,  was  für  das  Dorf  und  seine  Umgebung 
von  Bedeutung  und  Interesse  war.  Seine  Verdienste  um  Schwan- 
heim wurden  auch  von  seinen  Bewohnern  gewürdigt  und  er  in 
dankbarer  Anerkennung  zum  Ehrenbürger  ernannt. 

So  lebte  Kobelt  in  seinem  Landhause  in  Schwanheim  mit 
seiner  Gattin  abseits  von  dem  Hasten  und  Drängen  der  nahen 
Großstadt  Frankfurt  a.  M.  in  enger  Fühlung  mit  der  Natur,  be- 
sonders dem  von  ihm  so  sehr  geliebten  Schwanheimer  Wald. 
Diesem,  den  wohl  keiner  so  gut  kannte  wie  er,  hat  er  in  den 
Berichten  der  Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft 
durch  seine  Monographie  des  Waldes  ein  unvergängliches  Denkmal 
gesetzt**).  Mit  welchem  Vergnügen  und  welchem  Eifer  führte 
er  alle,  die  Verständnis  für  die  Natur  hatten,  durch  den  Wald, 
und  wie  anregend  wußte  er  auf  alles  Interessante  aufmerksam 
zu  machen ! 

Obwohl  Kobelt  außerhalb  der  Stadt  wohnte  und  nur  ungern 
in  ihr  Getriebe  sich  mengte,  so  war  er  doch  in  steter  Fühlung  mit 
ihr  und  stand  vor  allem  mit  ihrem  wissenschaftlichen  Leben  in 
steter  Verbindung.  Aber  auch  draußen  in  seinem  Hause  war  er  nicht 
einsam.  Durch  eine  lange  vielseitige  Tätigkeit  als  Wissenschaftler 


**)  W.  Kobelt  ^Der  Schwanheimer  Wald-.  Mit  1  Karte  u.  Ö9  Ab- 
bildungen. 43.  Bericht  der  S.  N.  G.  1912  S.  72-96,  S.  156—188  u.  S.  255—286 
und  44.  Bericht  1913  S.  236—265. 


—     122     -- 

und  Sozialpolitiker  wie  auf  seinen  Reisen  hatte  er  zahlreiche  Ver- 
bindungen angeknüpt.  Wieviel  interessante,  bedeutende  Menschen 
sind  nicht  in  seinem  Hause  ein-  und  ausgegangen.  Wissenschaftler, 
Politiker  und  Menschen  aller  Richtungen  haben  hier  verkehrt.  Ich 
erinnere  nur  an  Gustav  Frey  tag,  der  ja  auch  malakozoologisch 
informiert  war  und  mit  dem  Kobelt  his  zu  dessen  Tode  freund- 
schaftliche Beziehungen  unterhielt.  Aber  haupsächtlich  waren  es 
doch  engere  und  weitere  Fachgenossen,  die  das  gastliche  Heim  in 
Schwanheim  aufsuchten  und  dort  mannigfaltige  Anregung  emp- 
fingen. AVieviel  Pläne  gemeinsamer  Arbeit  sind  nicht  in  diesem 
Hause  geschmiedet  worden!  Vieles  wurde  verwirklicht.  Vieles 
aber  auch  unterblieb  oder  kam  nicht  zur  Vollendung ;  denn  Kobelt 
hat  so  manchen,  auch  viel  jüngeren  Fachgenossen  ins  Grab  sinken 
sehen.  Ein  Lieblingsplan  von  ihm  war  seit  jeher  die  Veröffent- 
lichung eines  modernen  Werkes  ähnlich  der  alten  „Histoire  naturelle 
des  Animaux  sans  vertebres''  von  Lamarck  und  De  shaves,  das 
die  ganze  Systematik  der  Weichtiere  umfassen  sollte.  Noch  vor 
Übernahme  der  Herausgabe  der  zweiten  Auflage  des  Martini- 
Chemnitzschen  „Conchylien-Cabinets"  hatte  Kobelt  mit  Wein- 
kau ff  einen  entsprechenden  Plan  entworfen.  Aber  es  kamen 
nur  einige  Einzelkataloge  als  Vorarbeiten  heraus,  die  wenig 
Absatz  fanden.  Nach  dem  Tode  Weinkauffs  kam  der  mit 
Arbeiten  überhäufte  Kobelt  nicht  mehr  dazu,  der  Angelegen- 
heit näher  zu  treten.  Ferner  hatte  er  z.  B.  mit  Melchior  Neumayr 
eine  großangelegte,  gemeinsame  Erforschung  der  Mollusken  des 
Mittelländischen  Meeres  vom  Tertiär  bis  zur  Gegenwart  geplant. 
Kaum  aber  war  die  Arbeit  über  die  ersten  Anfänge  hinausge- 
kommen, da  fand  sie  durch  den  frühen  Tod  Neumayrs  bereits 
ihr  Ende.  Der  herbste  Verlust  für  Kobelt  war  in  dieser  Hinsicht 
1 908  der  Tod  Otto  Franz  v.  M  o  e  1 1  e  n  d  o  r  f  f  s,  der  mitten  heraus 
aus  ihren  gemeinsamen  Arbeiten  genommen  wurde.  Vieles  hat 
Kobelt  ja  dann  allein  weitergeführt.  Aber  so  mancher  Plan 
war  damit  doch  unwiderruflich  dahin,  so  vor  allem  der  Gedanke 
einer  großangelegten  Zoogeograpie  der  Philippinen,  die  aber  nur 
der  mit  Erfolg  ausführen  kann,  der  das  Land  aus  eigner  An- 
schauung kennt  und  die  daher  nach  v.  Moellendorf f  s  Tode 
unterbleiben  mußte. 

Uns  jüngeren  aber  werden  stets  die  schönen,  anregenden 
Donnerstagnachmittage  in  Erinnerung  bleiben,  wo  wir  uns  bei 
Kobelt    zu    wissenschaftlicher   Aussprache   einfanden.     So   war 


—     123     — 

Kobelt  von  den  Veteranen  der  alten  Senckenbergischen  Ge- 
sellschaft der  einzige,  der  einen  größeren  Stab  von  jüngeren 
Fachgenossen  um  sich  hatte.  Dies  war  vor  allem  seiner  großen 
Duldsamkeit  zuzuschreiben,  die  gern  die  Ergebnisse  anderer  an- 
erkannte. So  war  es  vor  allem,  als  allmählich  in  der  Mollusken- 
kunde die  moderne  anatomische  Richtung  aufkam,  die  ihre 
Systematik  nicht  allein  auf  die  Gehäuse  aufbaute.  Kobelt 
arbeitete  selbst  nicht  mehr  anatomisch;  er  erkannte  aber  die 
Ergebnisse  immer  gern  an  und  freute  sich  stets  ehrlich  über  jeden 
Erfolg  dieses  jungen  Zweiges  der  Weichtierkunde.  Kobe  Its 
Duldsamkeit  ging  sogar  soweit,  daß  selbst  die  groben  Anfeindungen 
und  Verleumdungen  Bourguignats  („Lettres  malacologiques 
ä  M.  M.  Brusina  d'  Agram  et  Kobelt  de  Francfort")  ihn  nicht 
rührten,  ja  selbst  nicht  einmal  zu  einer  Entgegnung  veranlaßten. 

Es  ist  zu  begreifen,  daß  bei  dieser  Friedfertigkeit  und 
Herzensgüte  der  Ausbruch  des  Weltkrieges  für  Kobelt  ein 
schweres  Schicksal  war.  Die  Erfüllung  so  mancher  seiner  Pläne 
und  Gedanken  hat  er  auf  weite  Zeit  hinausgeschoben.  Dazu 
erhielt  er,  der  keine  Nachkommen  hinterließ,  noch  die  traurige 
Nachricht,  daß  der  einzige  Neffe  seines  Namens  und  Stammhalter 
der  Familie  als  junger,  hoffnungsfreudiger  Student  auf  dem  Felde 
der  Ehre  geblieben  war.  Doch  den  Glauben  an  seine  Ideale 
verlor  Kobelt  nicht:  es  müssen  ja  wieder  bessere,  schönere 
Zeiten  kommen!  Ruhig  und  ohne  schwere  Kämpfe  ist  er  nach 
kurzer  Krankheit  gestorben. 

So  hat  Wilhelm  Kobelt  gelebt,  ein  emsig  forschender 
Wissenschaftler,  ein  tätiger  Sozialpolitiker,  vielen  ein  Führer 
und  treuer  Freund,  jung  mit  der  Jugend.  Dies  alles  gemeinsam 
aber  kann  nur  ein  großer,  aufrichtiger  Mensch  sein,  der  gleich- 
zeitig auf  der  Höhe  der  Wissenschaft  und  der  Menschlichkeit 
steht.     Er  wird  nicht  vergessen  werden! 

Caesar  h\  Boeftger 


124 


Richard  Gonder 

*  6.  Juli  1881,  t  6.  Febr.  1917 


Ein  junges  verdienstvolles  Mitglied,  einen  Forscher  von  aus- 
gezeichneten Fähigkeiten  und  Ruf  verlor  am  6.  Februar  1917 
die  Senckenbergische  Naturforschende  Gesellschaft  in  Dr.  phil. 
Richard  Gonder.  Auch  er  starb  als  Opfer  des  Weltkrieges, 
zwar  nicht  gefällt  durch  die  Gewalt  der  Waffen,  sondern  hinweg- 
gerafft von  tückischer  Krankheit,  die  er  sich  bei  experimentellen 
Studien  über  WeiFsche  Krankheit  zuzog  und  der  er  nach  kurzem 
Krankenlager  erlag. 

Gonder  war  am  6.  Juli  1881  zu  Friedberg  in  Hessen  ge- 
boren. Nach  dem  Studium  an  den  Universitäten  München,  Freiburg, 
Gießen,  das  er  mit  der  Promotion  1904  abschloß,  kam  er  zuerst 
an  das  Protozoenlaboratorium  des  Kaiserl.  Gesundheitsamtes  in 
Berlin  zu  Schau dinn,  der  dem  jungen  Schüler  die  Arbeits- 
richtung wies,  die  der  wissenschaftlichen  Laufbahn  Gonders 
das  charakteristische  Gepräge  verlieh.  Die  Prinzipien  seines 
ersten  großen  Lehrers,  dem.  er  stets  in  glühender  Verehrung  zu- 
getan war  und  von  dessen  Genialität  er  besonders  anschaulich 
zu  erzählen  wußte,  begleiteten  ihn  auf  seinen  abwechslungsreichen 
Studienweg,  der  ihn  über  die  Biologische  Station  in  Rovigno  an 
das  Institut  für  Schiffs-  und  Tropenhygiene  in  Hamburg  und 
von  da  auf  eine  Forschungsreise  nach  Südafrika  führte.  Überall 
fand  er  Gelegenheit  seine  Kenntnisse  zu  vertiefen,  neues 
Forschungsmaterial  in  emsiger  Arbeit  zusammenzutragen,  und 
es  gibt  kaum  ein  Gebiet  der  pathogenen  Protozoologie,  auf  das 
er  nicht  durch  eigene  Forschung  befruchtend  gewirkt  hat.  Be- 
sonders wichtig  und  von  grundlegender  Bedeutung  sind  seine 
Studien  über  Tliciloia  parva,  den  Erreger  des  Küstenfiebers  der 
Rinder,  dessen  Entwicklungscyclus  durch  ihn  aufgeklärt  wurde. 

Der  zweite  Abschnitt  seiner  wissenschaftlichen  Tätigkeit 
begirmt    mit    seiner    Berufung    an    das    von    Ehrlich    geleitete 


<^^       /^TTC^i^ 


—     125     — 

Georg  Speyer-Haus  1910  11,  wo  er  unter  Führiino;  des  Meisters 
biologischer  Wissenschaft  die  reichen  Erfahrungen  seines  Studiums 
in  den  Dienst  der  experimentellen  Chemotherapie  stellte.  Die 
Vorteile,  die  aus  einer  so  erfolgreichen  Verschmelzung  zoolo- 
gischer und  experimentell -medizinischer  Wissenschaft,  wie  sie 
durch  Gonder  verkörpert  wurde,  dem  Ausbau  der  experimen- 
tellen Chemotherapie  erwuchsen,  sichern  ihm,  wenn  sie  auch  den 
so  frühen  Tod  des  jungen  Forschers  besonders  schmerzlich 
empfinden  lassen,  auch  in  der  Geschichte  der  Medizin  einen 
Ehrenplatz. 

Neben  seinem  Forschertalent,  das  sich  mit  Vorliebe  neu 
auftauchenden  Problemen  biologischer  Wissenschaft  zuwandte, 
trat  auch  eine  ausgezeichnete  Lehrfähigkeit  besonders  hervor. 
Schon  in  Hamburg  hatte  er  sich  durch  Vorlesungen  an  Fort- 
bildungskursen beteiligt,  die  Gründung  der  Universität  in  Frank- 
furt gab  ihm  Gelegenheit  zur  Habilitation  und  zur  weiteren 
Ausübung  seiner  Lehrtätigkeit,  die  ihm  einen  stets  wachsenden 
Anhang  von  Hörern  brachte.  Auch  die  Senckenbergische  Natur- 
forschende Gesellschaft  hatte  des  öfteren  Gelegenheit,  Vorträge 
von  ihm  zu  hören,  in  denen  er  seine  reichen  Erfahrungen  auf 
biologischem  Gebiet  seinen  Zuhörern  in  anschaulicher  Weise  zu 
vermitteln  wußte.  Der  Gesellschaft  gehörte  er  seit  seiner  Über- 
siedelung nach  Frankfurt  an.  Seit  1913  war  er  arbeitendes  Mitglied 
und  betätigte  sich  mit  unermüdlichem  Eifer  und  mit  großem 
Interesse  für  alles,  was  die  Gesellschaft  betraf.  Für  die  Jahre 
1916/17  wurde  er  als  E.  Schriftführer  in  die  Direktion  gewählt 
und  versah  das  Amt  in  eifriger  Pflichterfüllung  bis  zu  seinem 
Tode,  der  unserer  Gesellschaft  einen  schmerzlichen  Verlust  brachte 
und  in  die  Reihen  seiner  zahlreichen  Freunde  eine  empfindliche 
Lücke  riß. 

H.  Ritz. 


126 


Fritz  Winter 

*  21.  Juni  1878,  f  8.  Juli  1917 

Am  8.  Juli  1917  ist  Fritz  Winter  im  Alter  von  39  Jahren 
seinen  schweren  Verwundungen  in  Perthes  le  Chatlet  in  der 
Champagne  erlegen. 

Seinen  Lebenslauf  hatte  er  selbst  bei  seinem  Eintritt  in 
den  Heeresdienst  im  Herbst  1916.  niedergeschrieben.  Seine  Auf- 
zeichnungen lauten  wie  folgt: 

„Ich,  Friedrich  Wilhelm  Winter,  bin  geboren  zu 
„Frankfurt  a.  M.  am  21.  Juni  1878  als  Sohn  des  Teilhabers 
„der  Graphischen  Kunstanstalten  und  Druckereien  Werner 
„u.  Winter,  Georg  Wilhelm  Winter  und  dessen  Ehefrau 
„Elisabeth,  geb.  Lucae.  Mein  Großvater  väterlicherseits 
„war  Bürstenfabrikant  in  Gießen  a.  L.,  mein  Großvater 
.juütterlicherseits  Doktor  juris  utriusque  in  Frankfurt  a.  M, 
„Von  meinen  Großeltern  lebt  niemand  mehr;  meine  Mutter 
„starb  April  1897,  mein  Vater  März  1900. 

„Vom  Jahre  1885  bis  April  1894  besuchte  ich  zunächst 
„die  höhere  Realschule,  Adlerflychtschule,  zu  Frankfurt  a. 
„Main,  von  welcher  ich  mit  dem  Reifezeugnis  für  die  Be- 
„rechtigung  zum  Einjährig -Freiwilligendienst  entlassen 
„wurde.  Schon  während  des  letzten  Schuljahres  begann  ich 
„mich  für  das  IMaturitätsexamen  vorzubereiten  und  nahm 
„von  da  an  für  die  nächsten  Jahre  Privatunterricht  in  Latein, 
„Griechisch  und  den  höheren  Mathematikfächern.  Zugleich 
„besuchte  ich  Vorlesungen  in  den  Senckenbergischen  Insti- 
„tuten  zu  Frankfurt  a.  M.  und  solche  über  plastische  Ana- 
„tomie  im  Städelschen  Kunstinstitut.  Bevor  es  zur  Ablegung 
„der  Abiturientenprüfung  kam,  erhielt  ich  die  Anfrage,  an 


-     127     — 

„der  Reise  der  I.  Deutschen  Tiefsee-Expedition  teilzunehmen, 
„die  im  Auftrage  des  Reichsamtes  des  Innern  auf  S.  M.  S. 
„Valdivia  ausgeführt  wurde.  Die  Aufgabe  der  Expedition 
„war  im  wesentlichen  eine  rein  maritime ;  es  galt  in  erster 
„Linie,  ozeanographische  und  biologische  Fragen  zu  lösen 
„und  nebenher  einige  kontinentalen  Stützpunkte  aufzusuchen, 
„um  Aufschlüsse  über  marine  Tiefablagerungen  im  Zu- 
„sammenhang  mit  Sedimentbildungen  zu  erhalten.  Die  Vor- 
„bereitungen  zur  Teilnahme  an  der  Expedition  mit  der 
„persönlichen  Aufgabe,  Photographien  und  Farbenskizzen 
„von  den  erbeuteten  Tiefseeorganismen  herzustellen  und 
„zoologisches  Material  zu  konservieren,  mussten  so  rasch 
„erledigt  werden,  daß  ich  meine  Absicht,  die  Maturitäts- 
„prüfung  zu  bestehen,  nicht  durchführen  konnte. 

„Am  1.  August  1898  trat  die  Expedition,  bestehend 
„aus  10  Expeditionsmitgliedern,  einschließlich  den  Leiter, 
„Geh.  Rat  Prof.  Dr.  C.  Chun,  Leipzig,  und  46  Mann  Be- 
„satzung,  einschließlich  Kapitän  und  Offiziere,  die  Ausreise 
„von  Hamburg  an,  fuhr  im  Norden  an  England  bis  auf 
„69°  N  herum,  dann  südwärts,  Afrika  in  großen  Bogen  um- 
„kreisend,  unter  Anlaufen  von  Teneriffa,  Kamerun,  der 
„Kongomündung,  des  portugiesischen  Gebietes  der  Tiger- 
„halbinsel  und  Kapstadts,  bis  östlich  des  Kaps  „Port  Eliza- 
„beth",  um  sich  südwärts  bis  zur  antarktischen  Packeis- 
„grenze  zu  wenden,  die  bei  64"  S  erreicht  wurde.  Der 
„indische  Ozean  wurde  von  "  der  Antarktis  kommend,  über 
„die  Inselgruppe  der  Kerguelen  gehend,  quer  durchlaufen 
„bis  Sumatra.  Unter  Anlaufen  zahlreicher  Inseln  nördlich 
„und  südlich  des  Äquators  wurde  in  Deutsch -Ost- Of  rika 
„angefahren,  um  nach  einigen  Zwischenstationen  den  Hafen 
„von  Hamburg  am  1.  August  1899  wieder  zu  erreichen. 

„Nach  meiner  Rückkehr  besuchte  ich  die  Universität 
„Leipzig,  nachdem  ich  als  Stud.  rer.  nat.  immatrikuliert  war. 
„Dort  besuchte  ich  Kollegien  in  Naturwissenschaften  und 
„systematischer  Anatomie.  Durch  den  plötzlichen  Tod  meines 
„Vaters  am  28.  März  1900  in  Frankfurt  a.  M.  war  ich  ge- 
„zwungen,  die  reproduktionstechnische  Oberleitung  der 
„Firma  Werner  u.  Winter  dort  zu  übernehmen,  da  ich  drei 
„minderjährige  Schwestern  hatte,  deren  Vormund  ich  war, 
„und   in   dieser  Firma  ein  großer  Teil  des  elterlichen  Ver- 


-       128     — 

„mögens  investiert  war.  Zugleich  setzte  ich  meine  aka- 
„  demischen  Studien  fort,  indem  ich  weitere  Kollegien  und 
„Praktika  in  den  Senckenbergischen  Instituten  in  organischer 
„und  anorganischer  Chemie,  Mineralogie,  Geologie,  Paläon- 
„tologie,  Botanik  und  Zoologie  belegte.  In  den  Jahren  1902 
„bis  1906  arbeitete  ich  wiederholt  an  der  Zoologischen 
„Station  in  Istrien,  auch  einmal  in  Villefranche-sur-mer, 
„mehrere  Monate  lang,  z.  T.  unter  Leitung  des  mir  sehr 
„befreundeten  Reg.-Rat  Dr.  Fritz  Schaudinn,  des  späte- 
„ren  Entdeckers  des  Syphiliserregers,  und  zum  Teil  selb- 
„ständig;  letzteres  auch  noch  1912.  Meine  Arbeiten  bewegten 
„sich  im  Gebiet  der  Protozoenforschung,  sowohl  der  harm- 
„losen  als  auch  der  pathogenen  Protozoen,  letztere  Blut- 
„ Parasiten  (Haemosporidien  und  Trypanosomen)  betreffend. 
„Im  Jahre  1907  veröffentlichte  ich  meine  erste  größere 
„Arbeit:  „Beitrag  zur  Kenntnis  der  Thalamophoren.  Pene- 
„roplis  pert  usus  Forskai"  die  im  Archiv  für  Protistenkunde, 
„Bd.  10  (Verlag  Gustav  Fischer,  Jena)  abgedruckt  ist.  Sie 
„sollte  als  Promotionsarbeit  dienen  (sie  enthält  7^-2  Druck- 
„bogen  mit  2  Tafeln  und  mehreren  Textfiguren).  Da  ich 
„indessen  nur  2  Semester  als  reguläres  Studium  angerechnet 
„bekam,  eine  Immatrikulation  von  6  Semestern  zur  Promo- 
„vierung  in  Preußen  das  Minimum  ist,  ich '  andererseits  aber 
„Frankfurt  wegen  meiner  technischen  Leitung  der  Firma 
„Werner  u.  Winter  nicht  verlassen  konnte,  so  konnte  ich 
„nicht  promovieren.  Ich  wurde  auf  Grund  der  oben  zitierten 
„Arbeit,  sowie  noch  einer  Reihe  anderer  bis  zum  Jahre  1911 
„erschienener  und  für  die  Leistungen  der  von  mir  geleiteten 
„Firma  auf  wissenschaftlich -reproduktionstechnischem  Ge- 
„biet  von  der  Philosophischen  Fakultät  der  Universität 
„Marburg  a.  L.  im  August  1911  mit  der  Würde  eines  Dok- 
„toris  philosophiae  et  artium  magistri  honoris  causa  ausge- 
„ zeichnet.  Außer  dieser  Tätigkeit  naturwissenschaftlicher 
„Richtung  im  Zusammenhang  mit  meiner  Eigenschaft  als 
„wissenschaftlicher  Reproduktionstechniker  bin  ich  seit  1901 
„Mitglied  der  Verwaltung  der  Senckenbergischen  Natur- 
„f ersehenden  Gesellschaft  zu  Frankfui  t  a.  M.  und  im  satzungs- 
„gemäß  obwaltenden  alternierenden  Zyklus  Mitglied  der 
„Direktion  dieser  Gesellschaft,  in  welcher  Eigenschaft  ich 
„nutarbeitete    in    den    verschiedenen   Kommissionen   an  der 


—     129     — 

„Gründung    der   Universität   Frankfurt   und   auch   den  Uni- 
„versitätsgründungsvertrag  im  Jahre   1914  unterschrieb. 

„Als  Sekretär  der  Deutschen  Gesellschaft  für  ange- 
,, wandte  Entomologie  E.  V.  gab  ich  zu  Anfang  dieses  Jahres 
„eine  Tafel  im  Interesse  der  Fleckfieberbekämpfung  heraus, 
„die  Biologie  der  Laus  betreffend,  die  seitens  des  Chefs 
„der  Verwaltung  für  das  Gouvernement  Warschau  verbreitet 
„wurde.  Ferner  habe  ich  soeben  vor  meiner  Einberufung 
„herausgegeben  im  Anschluß  an  einen  Erlaß  des  Präsi- 
„denten  des  Kriegsernährungsamtes  vom  11.  Juli  d.  J.  be- 
„ treffend  Ausnutzung  der  Pilzernte  eine  Tafel  „Aufklärung 
„zur  Pilzernte",  auf  die  nach  schriftlicher  Mitteilung  des 
„K.  E.  A.  dieses  in  seinen  „Mitteilungen  d.  K.  E.  A."  besonders 
„hinweisen  wird.  In  Bearbeitung  meinerseits  befindet  sich 
„zur  Zeit  ein  Blatt  „Zur  Bekämpfung  der  Fliegenplage". 
„Im  Juni  1904  verheiratete  ich  mich  mit  Gertrud 
„Adelheid  v.  MöUendorf,  Tochter  des  früheren  Kais. 
„Konsuls  z.  D.  Dr.  Otto  F.  v.  MöUendorf,  beamtet  in 
„Hongkong,  Manila  und  Kowno.  Dieser  Ehe  sind  2  Mädchen 
„von  10  und  8  Jahren  und  ein  Junge  im  Alter  von  5  Jahren 
„entsprossen." 

Ein  einfacher  und  kurzer  Lebenslauf  und  doch  inhaltsreich 
und  bedeutend  für  unsere  Gesellschaft,  die  deutsche  zoologische 
Wissenschaft  und  für  die  einstige  Blüte  deutscher  Arbeit  im 
friedlichen  Wettbewerb  unter  den  Völkern! 

Hart  hatte  das  Leben  ihn  in  seine  Schule  genommen,  als 
es  ihn,  den  jungen  Studenten,  voll  von  Plänen  und  glühender 
Liebe  zur  Wissenschaft  nach  dem  Tode  seines  Vaters  von  der 
Alma  mater  fortrief,  um  ihn  an  die  Spitze  eines  wissenschaftlich- 
industriellen Unternehmens  zu  stellen.  Was  sein  Vater  begonnen, 
ihm  war  vergönnt,  es  zu  vollenden.  Mit  gerechtem  Stolz 
konnte  er  sagen,  daß  seine  Firma  unter  seiner  zielbewußten 
Leitung  in  der  ganzen  Welt  anerkannt-  und  bewundert  wurde. 

Der  Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft  hat 
Winter  seit  1900  angehört,  seit  1905  als  Mitglied  der  Verwaltung 
(1908  1909  als  zweiter,  1911  1912  und  von  1915  bis  zu  seinem 
Tode  als  erster  Schriftführer).  Er  war  außerdem  ständiges 
Mitglied  der  Schriftleitung  des  „Berichtes"  und  als  solches  der 
selbstlose,  sachverständige  Berater  der  Gesellschaft  in  allen  Fragen, 
welche   die    künstlerische    Ausstattung    ihrer  Veröffentlichungen 


—     130     — 

betrafen.  Ihm  und  der  Leistungsfähigkeit  seiner  Firma  ist  es 
zu  danken,  daß  die  unseren  „Abhandlungen"  und  „Berichten" 
beigegebenen  A])bildungen  zu  dem  Besten  gehören,  was  die 
naturwissenschaftliche  Literatur  des  letzten  Jahrzehntes  überhaupt 
hervorgebracht  hat. 

Seine  rege  Beteiligung  an  dem  wissenschaftlichen  Leben 
der  Gesellschaft  durch  Vorträge  und  Beiträge  zu  den  Berichten 
ist  bereits  an  anderer  Stelle  (Festschrift  der  Jahrhundertfeier, 
48.  Bericht  der  S.  N.  G.  1919,  S.  251)  gewürdigt  worden. 

Aber  nicht  nur  den  Mitarbeiter  betrauerten  die  Gesellschaft 
und  ihre  Mitglieder  an  der  Bahre  unseres  lieben  Fritz  Winter, 
sondern  vor  allem  den  Menschen  selbst.  Keiner  trat  ihm  nahe, 
ohne  von  dem  Zauber  seiner  Persönlichkeit  gefangen  genommen 
zu  werden.  Strenger  wissenschaftlicher  Ernst  verband  sich  in 
ihm  zur  vollsten  Harmonie  nüt  dem  heiteren  Gemüt  eines  Kindes, 
mit  der  Güte  eines  Weisen  und  der  steten  Hilfsbereitschaft  eines 
wahrhaft  guten  Menschen.  Wer  ihm  in  sein  treues  Auge  geblickt 
hatte,  der  wußte,  was  und  wie  er  war!  Aber  am  meisten  haben 
ihn  die  geliebt,  die  das  Glück  hatten,  ihn  glückstrahlend  in 
seinem  Heim  und  seiner  Familie  umspielt  von  seinen  Kindern 
zu  sehen.  Dort  sind,  unterstützt  von  seiner  Gattin,  seiner  treuen 
und  gleichgesiimten  Mitarbeiterin,  all  die  Pläne  für  seine  wissen- 
schaftlichen Arbeiten  entstanden  und  gefördert  worden.  In  seinem 
Heim  wurzelte  er,  und  dort  holte  er  sich  immer  wieder  den  Mut 
und  die  Kraft,  um  zu  kämpfen  und  vorwärts  zu  streben. 

Wie  er  gelebt,  so  ist  er  auch  gestorben.  Als  die  Granate 
ihm  den  linken  Arm  ausgerissen  und  den  linken  Oberschenkel 
schwer  verwundet  hatte,  suchte  ich. ihn  auf  die  Nachricht  seiner 
schweren  Verwundungen  auf  und  fand  wenige  Stunden  danach 
ihn,  den  so  schwer  Leidenden,  mit  frohem  und  heiterem  Gemüt 
wieder,  als  ob  nichts  geschehen  sei,  und  dabei  wußte  er,  daß, 
wenn  ihm  das  Leben  erhalten  blieb,  er  ein  Krüppel  bleiben 
müsste.  Sanft  ist  er  hinüber  geschlummert,  dankbar  für  all  die 
Liebe,  die  ihm  erwiesen  wurde  von  seinen  Kameraden,  deren 
treuester  und  gewissenhaftester  er  war,  und  von  seinen  heimat- 
lichen Freunden,  die  der  Zufall  in  die  Nähe  seines  Todeslagei's 
geführt  hatte.  Seine  letzte  große  Freude  war  die  Überreichung 
des  Eisernen  Kreuzes  durch  seinen  Kommandeur  am  Tage  vor 
seinem  Hinsclieiden. 

Strahlend    leuchtete    die  Sonne    über  die  verödeten  Gefilde 


—     131     — 

der  Champagne,  in  der  er  so  tapfer  gekämpft  hatte,  als  wir  ihn 
ins  Grab  senkten ;  nur  ein  Flieger  zog  seine  Kreise  der  Sonne 
entgegen  über  den  müden  Krieger,  der  zur  letzten  Ruhe  gebettet 
wurde. 

So  nahmen  wir  Abschied  von  dem  treuen  Menschen,  dessen 
wir  immer  in  Liebe  gedenken  werden,  von  ihm,  der  mehr  war 
als  eine  Leuchte  seiner  Wissenschaft  und  seiner  Kunst:  ein  guter, 
edler  Mensch. 

E.  Marx. 


132 


Ludwig  Nick 

*  11.  Juni  1887,  f  2.  Sept.  1917 

Die  Kriegszeit  brachte  dem  Senckenbergischen  Museum  und 
dem  Zoologischen  Institute  der  Universität  einen  schweren,  kaum 
zu  ersetzenden  Verlust.  Am  2.  September  1917  ist  Lujdwig 
Nick  in  Bialowies,  wo  er  als  wissenschaftlicher  Hilfsarbeiter 
und  Konservator  zur  Deutschen  Militär -Forst -Verwaltung  be- 
fehligt war,  an  Ruhr  verstorben. 

Dr.  Nick  trat  Ostern  1911,  damals  23jährig,  am  Sencken- 
bergischen Museum  ein.  Als  er  sich  bei  mir  meldete,  war  ich 
für  einen  Augenblick  enttäuscht.  Der  neue  Assistent  war 
schmächtig  gebaut,  sah  blaß  und  elend  aus.  Aber  ich  merkte 
bald,  daß  es  kein  Schwächling  war,  der  da  vor  mir  stand.  Denn 
in  dem  bleichen  Gesichte  brannten  zwei  dunkle  Augen,  die  von 
Willenskraft  und  Tatendrang,  von  einem  w^ahren  Hunger  nach 
Arbeit  redeten.  Bei  jeder  neuen  Aufgabe,  die  ich,  das  Feld 
seiner  künftigen  Tätigkeit  bezeichnend,  ihm  zuwies,  leuchteten 
diese  Augen  freudig  auf. 

Mein  schnell  gewonnenes  Vertrauen  wurde  nicht  enttäuscht. 
In  kürzester  Zeit  war  Nick  in  allen  Zweigen  seines  Dienst- 
bereiches gründlich  daheim,  und  wo  er  waltete,  da  ging  es  rüstig 
voran.  Die  seiner  besonderen  Obhut  anvertraute  Anatomische 
Sammlung  wurde  in  rascher  Folge  durch  gutgewählte  und  muster- 
gültig ausgeführte  Präparate  vermehrt,  zu  deren  Herstellung  er 
seine  Gehilfen  mit  freundlichem  Ernste  anzuleiten  wußte.  Am 
liebsten  und  besten  freilich  machte  er  sie  selbst.  Denn  Nick 
war  in  diesen  Dingen  von  einer  erstaunlichen  Handfertigkeit, 
in  allen  Methoden  bewandert  und  unablässig  bemüht,  neue 
und  bessere  aufzufinden,  wobei  ihm  vortreffliche  Kenntnisse  auf 
chemischem  und  physikalischem  Gebiete  zu  statten  kamen.  Der 


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—     133     — 

„Planktonschrank",  worin  er  einige  Dutzend  der  zartesten  Meeres- 
tiere auf  selbstgefertigten  Gerüstchen  von  fadendünneni  Glas 
freischwebend  zur  Aufstellung  brachte,  gibt  einen  Begriff  von 
seiner  Geschicklichkeit.  Es  war  nicht  mehr  der  Fleiß  eines 
pflichtgetreuen  Beamten,  nein:  leidenschaftliche  Liebhaberei,  mit 
der  er  jede  neue  Arbeit  in  Angriff  nahm.  Wobei  sein  Feuer- 
eifer ihn  seltsamerweise  nicht  gehindert  hat,  in  allem  mit  einer 
fast  pedantischen  Sorgsamkeit  vorzugehen.  Ob  es  sich  um  Glas- 
bestellungen, um  eine  neue  Konservierungsflüssigkeit,  um  Fund- 
orte von  Kursmaterial  oder  sonstwas  handelte:  jede  gute  oder 
schlechte  Erfahrung,  jede  Adresse  wurde  genau  notiert  und 
registriert  und  bei  der  nächsten  Gelegenheit  nützlich  verwendet. 

Als  S  a  m  m  1  e  r  leistete  Nick  nicht  minder  Vortreffliches.  Mit 
unserer  heimischen  Tierwelt  vertraut  wie  wenige,  von  warmer 
Liebe  zu  ihr  erfüllt,  nahm  er  an  allen  Exkursionen  erfolgreich 
und  eifrig  teil.  Groß  war  sein  Glück,  als  ihm  zum  ersten  Male 
die  Möglichkeit  gegeben  wurde,  zu  Studien-  und  Sammelzwecken 
ans  Meer  zu  reisen:  auf  die  Neapler  Zoologische  Station,  von 
wo  er  mit  reicher  Beute  und  einem  Schatze  frisch  erworbener 
Kenntnisse  wiederkam.  Eine  Reise  nach  Helgoland  folgte,  und 
zweimal  konnte  er  auf  Einladung  des  Herrn  A.  von  Mumm 
eine  Reihe  von  Wochen  in  Portofino  an  der  ligurischen  Küste 
verbringen,  wo  er  sogleich  daran  ging,  eine  vollständige  Fauna 
des  dortigen  Gebietes  zusammenzustellen.  Die  glücklichste 
Fügung  aber  war  es,  die  ihn,  den  felddienstuntauglichen,  von 
1916  ab  nach  Bialowies  zur  Forstverwaltung  führte.  Dort  war 
er  so  recht  in  seinem  Element.  Ein  ganzes  Museum,  das  manche 
Gruppen,  besonders  die  Säuger  und  Vögel  des  dortigen  Urwaldes 
so  gut  wie  vollständig  enthielt,  entstand  unter  seinen  fleissigen 
Händen.  Man  darf  behaupten,  daß  eine  so  reiche,  wohlgeord- 
nete und  gleichmäßig  durchgeführte  Aufsammlung  keinem  an- 
deren in  gleich  kurzer  Zeit  gelungen  wäre. 

Daß  Nick  sich  auch  der  ihm  zugewiesenen  Lehrtätigkeit 
nüt  Hingebung  widmete,  ist  selbstverständlich :  die  zootomischen 
und  mikroskopischen  Kurse,  die  er  hielt,  besonders  auch  die  für 
Jugendliche,  fanden  begeisterte  Aufnahme  und  Dankbarkeit. 
Was  er  aus  seinem  reichen  Wissen  in  klarem  Aufbau  den  Hörern 
mitteilte,  das  kam  von  Herzen  und  ging  zu  Herzen,  Als  ich 
mit  Kriegsbeginn  ins  Feld  zog,  trug  ich  durchaus  kein  Bedenken, 
für    meine  Vorlesungen    in    der   Senckenbergischen    Gesellschaft 


—     134     — 

wie  auch  am  Zoologischen  Institut  den  jungen  Nick  als  meinen 
Vertreter  vorzuschlagen.  Er  hat  sie  nur  ein  Semester  lang  ge- 
führt.    Dann  rief  man  auch  ihn  zu  den  Fahnen. 

Seine  Laufbahn  als  Forscher  begann  mit  einer  wertvollen 
Untersuchung  über  „Das  Kopfskelet  von  Derrnochelys  coriacea^. 
Er  konnte  die  Angabe  Versluys',  daß  bei  der  Lederschildkröte 
ein  großes  Parasphenoid  vorhanden  sei,  bestätigen  und  erbrachte, 
neben  einer  Fülle  anatomischer  und  entwicklungsgeschichtlicher 
Einzelheiten,  den  bündigen  Beweis  dafür,  daß  Der?nochely.s  und 
Chelonia,  scheinbar  so  verschieden,  in  Wirklichkeit  sehr  nahe 
Verwandte  sind.  In  dieser  für  eine  Doktorarbeit  umfangreichen 
Schrift  ist  schon  die  ganze  Gründlichkeit  des  jungen  Forschers, 
sein  Drang,  sich  tief  in  seine  Aufgaben  einzubohren,  nichts  un- 
berührt und  ungeklärt  zu  lassen,  deutlich  ausgeprägt.  Sie  läßt 
uns  ahnen,  was  seine  fleißige  Feder,  sein  klarer  Verstand  der 
Wissenschaft  noch  hätte  schenken  können.  Traurig,  daß  es  nicht 
dazu  gekommen  ist.  Für  eine  Habilitationsschrift  liegen  nur 
Pläne  vor  und  wertvolles  Material.  Im  übrigen  hat  Nick  seiner 
ersten  rein  wissenschaftlichen  Geistesfrucht  nur  volkstümliche 
Schriften  folgen  lassen:  ein  paar  Artikel  in  den  Berichten  der 
Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft  und  die  vor- 
treffliche Bearbeitung  der  Schwämme,  Coelenteraten  und  Stachel- 
häuter für  den  neuen  Brehm.  Eine  in  wunderhübschem  Stil 
geschriebene  Arbeit  über  die  Fauna  von  Portofino  liegt  fertig 
vor  und  wird  wohl  hoffentlich  noch  veröffentlicht  werden. 

In  dieser  freiwilligen  Beschränkung  auf  Aufgaben,  die  ihm 
für  seine  Laufbahn  nicht  eben  viel  nützen  konnten,  offenbart 
sich  eine  schöne  Eigenschaft  des  Frühverstorbenen:  seine  große 
Bescheidenheit.  Jegliches  Strebertum  lag  ihm  weltenfern.  Er 
wollte  vor  allem  lernen  und  wieder  lernen  und  meinte,  er  wüßte 
immer  noch  lange  nicht  genug.  Den  Vorschlag  zur  Mitarbeit 
am  neuen  Brehm  ergriff  er  mit  solcher  Begeisterung,  weil  sie 
ihm  wieder  einmal  Gelegenheit  bot,  die  Nächte  lang  über  Büchern 
zu  sitzen  und  neues  zu  lernen.  Mit  seiner  Bescheidenheit  und 
Anspruchslosigkeit  ging  schlichter  Stolz  und  grundvornehme 
Gesinnung  Hand  in  Hand.  Über  unfeines  Vordrängen  oder  Takt- 
losigkeit konnte  er  heftig  zürnen.  Nicks  Zuneigung  war  nicht 
leicht  zu  erringen,  dann  aber  fest  und  stark.  Früh  verwaist, 
war  er  in  freudloser  Jugend  unter  Fremden  aufgewachsen  und 
dadurch  vielleicht  noch  ernster  und  schüchterner  geworden,   als 


—     135     — 

ohnehin  in  seinem  Wesen  lag.  In  der  wannen  Luft  des  Sencken- 
bergischen  Museums  ist  Nick,  der  gegen  ihm  unsympathische 
Menschen  so  steif  und  frostig  sein  konnte,  bald  genug  aufgetaut. 
In  der  Frühstückspause,  im  kleinen  vertrauten  Kreis,  auf  Exkur- 
sionen war  er  oft  fröhlich  wie  ein  Kind,  voll  Lust  und  guter 
Laune.  Und  einigen  von  uns  wurde  er  ein  wirklicher,  lieber 
Freund.    Wir  werden  ihn  nie  vergessen. 

0.  zur  Strassen. 


18(i 


Heinrich  Rehn 

*  28.  Mai  18;U,  f  12-  Ja".  1918. 


Wie  schon  bei  der  Begründung  der  Senckenbergiscben 
Naturforscbenden  Gesellscbaft  im  Jahre  1817  besonders  Ärzte 
beteiligt  waren,  so  sehen  wir  stets  nicht  nur  unter  den  arbeitenden 
und  die  Verwaltung  führenden  Mitgliedern,  sondern  fast  immer 
auch  in  der  Direktion  Ärzte,  was  ja  auch  insofern  verständlich 
ist,  als  das  ärztliche  Denken  und  Forschen  aufs  engste  mit  den 
Naturwissenschaften  verknüpft  ist.  So  führte  denn  auch  Liebe 
zur  Natur  und  hohe  Freude  an  den  Fortschritten  im  Naturerkennen 
den  im  vergangenen  Jahre  leider  dahingeschiedenen  Geheimen 
Sanitätsrat  Dr.  Heinrich  Rehn  schon  bald  nach  seiner  Nieder- 
lassung in  Frankfurt  der  Senckenbergiscben  Gesellschaft  zu.  Wir 
haben  in  ihm  eines  unserer  fleißigsten  Mitglieder  verloren;  er 
nahm  an  fast  allen  Verwaltungssitzungen,  Vorlesungen  und  Vor- 
trägen, welche  die  Gesellschaft  veranstaltete,  teil,  soweit  es  seine 
durch  eine  übergroße  und  beschwerliche  Praxis  in  Anspruch  ge- 
nommene Zeit  erlaubte. 

In  den  Jahren  1892  und  1893  war  er  zweiter  Direktor  und  er- 
stattete in  üblicher  Weise  bei  den  Jahresfeiern  den  Bericht  über 
das  abgelaufene  Jahr.  Bei  Gelegenheit  seines  achtzigsten  Ge- 
burtstages im  Jahre  1911  ernannte  ihn  die  Gesellschaft  zum 
außerordentlichen  Ehrenmitglied. 

Das  Aufblühen  der  Gesellschaft  in  den  letzten  Jahrzehnten 
und  besonders  die  Errichtung  der  Universität  unter  Mitwirkung 
der  Senckenbergiscben  Gesellschaft,  die  sich  dabei  auch  seiner 
Mitarbeit  erfreute,  haben  H  e  i  n  r  i  c  h  R  e  h  n  mit  stolzer  Genugtuung 
erfüllt. 

Es  erscheint  notwendig  und  zum  Verständnis  der  Persön- 
lichkeit Rehns  erforderlich,  auch  an  dieser  Stelle  einen  kleinen 
Abriß  der  überaus  umfangreichen  Tätigkeit  auf  seinem  eigensten 


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187        - 

Gebiet,  der  Förderung  der  Kinderheilkunde  in  praktischer  und 
wissenschaftlicher  Beziehung,  zu  geben.  Erst  daran  läßt  sich 
ermessen,  wie  groß  das  Opfer  war,  das  er  der  Gesellschaft  brachte, 
als  er  einen  erheblichen  Teil  seines  Wirkens  ihren  Aufgaben 
widmete. 

Geboren  zu  Hanau  als  Sohn  eines  Arztes,  besuchte  er 
zuerst  das  dortige  Gymnasium,  später  das  in  Hersfeld,  studierte 
in  den  Jahren  1851 — 55  in  Marburg,  Würzburg  und  Wien  und 
war  in  Cassel  als  medizinischer  Assistent  tätig.  1857  ließ  er  sich 
in  Melsungen  als  praktischer  Arzt  nieder  und  siedelte  etwa  l'/i 
Jahre  später  nach  seiner  Geburtsstadt  Hanau  über.  Hier  wijkte 
er  etwa  11  Jahre  und  hatte  bald  eine  große  Praxis  gewonnen. 
Besonders,  aber  wandte  er  sein  Hauptinteresse  der  Kinderheil- 
kunde zu,  auf  deren  Spezialstudium  ein  kurzer  Aufenthalt  in 
Pariser  Kinderspitälern  ihn  hingelenkt  hatte. 

Zu  Ende  des  Krieges  von  1870  1871,  während  dessen  er  eine 
Abteilung  als  Arzt  im  Schlosse  zu  Kesselstadt  leitete,  faßte  er 
den  schwerwiegenden  Entschluß,  seine  Allgemeinpraxis  aufzu- 
geben und  nach  gründlicher  Weiterbildung  in  der  Kinderheilkunde 
sich  ganz  speziell  diesem  Fach  zu  widmen.  Er  ging  zunächst 
nach  Würzburg  und  arbeitete  .bei  Köllicker,  v.  Reckling- 
hausen, Fick  und  Bamberg  er,  war  dann  in  den  Kinder- 
spitälern von  Wien  und  Prag  tätig  und  ließ  sich  im  Mai  1872 
als  Kinderarzt  in  Frankfürt  nieder.  Hier  hatte  er  große  Schwierig- 
keiten bei  dem  Publikum  und  nicht  am  wenigsten  bei  den  Ärzten 
zu  überwinden,  da  zu  jener  Zeit  die  Kinderheilkunde  als  Spezial- 
fach noch  nicht  anerkannt  war;  aber  es  gelang  seiner  wissen- 
schaftlichen und  praktischen  Tüchtigkeit,  hier  Fuß  zu  fassen. 
Seine  Demonstrationen  und  Mitteilungen  im  ärztlichen  Verein 
brachten  die  Kollegen  bald  zur  Überzeugung,  daß  der  neuen 
Disziplin,  der  Kinderheilkunde,  ein  ernster  und  von  wissenschaft- 
lichem Geist  erfüllter  Vertreter  erstanden  war.  Rehn  wurde 
Mitarbeiter  an  dem  großen  Gerhardtschen  Sammelwerk  über 
Kinderheilkunde,  übersetzte  Quersants  „Chirurgie  des  enfants" 
ins  Deutsche  und  gab  mit  Hilfe  des  Malers  Cornicelius  einen 
Atlas  der  Formveränderungen  des  kindlichen  Brustkorbes  heraus. 
Er  gehörte  zu  den  ersten,  die  in  Deutschland  bei  Fällen  von 
sporadischem  Cretinismus  hochgradige  Besserung  durch  die  Be- 
handlung mit  Schilddrüsenpräparaten  erzielten.  Er  war  einer  der 
frühesten  und  besten  Kenner  der  Möller-Barlo w'schen  Krank- 


-     138     -  - 

heit,  indem  er  sie  als  kindlichen  Skorbut  charakterisierte  und 
die  Röntgendurchleuchtung  zum  Zwecke  möglichst  frühzeitiger 
Erkennung  und  Behandlung  vorschlug.  Eine  große  Reihe  weiterer 
Mitteilungen  in  verschiedenen  pädiatrischen  Zeitschriften  vor- 
wiegend kasuistischer  Natur  sind  Zeugen  von  dem  ungemeinen 
Fleiße  des  allzeit  regen  Mannes! 

Die  wissenschaftliche  Anerkennung  blieb  nicht  aus;  größere 
Referate  auf  medizinischen  Kongressen  wurden  ihm  übertragen; 
die  Gesellschaft  zur  Beförderung  der  gesamten  Naturwissen- 
schaften in  Marburg  ernannte  ihn  zu  ihrem  korresi)ondierenden 
Mitglied.  Die  Feier  -seines  goldenen  Doktorjubiläums  im  August 
1905  gestaltete  sich  zu  einer  die  weitesten  Kreise  bewegenden 
Huldigung  für  den  in  angestrengtester  praktischer  Tätigkeit  trotz 
hohen  Alters  stehenden  Jubilar. 

Nicht  unerwähnt  soll  bleiben,  daß  Rehn  außer  ärztlichen  und 
naturwissenschaftlichen  Interessen  auch  solche  auf  den  Gebieten 
der  Literatur  und  der  Musik  hatte.  Ähnlich  wie  für  die  Sencken- 
bergische  Gesellschaft  betätigte  er  sich  im  Hochstift  in  der  Ver- 
waltung und  gehörte  auch  dort  zu  den  fleißigsten  Besuchern  der 
die  verschiedensten  Gebiete  des  Wissens  behandelnden  Vor- 
lesungen. Die  Musik  fand  in  ihm  stets  einen  warmen  Freund 
und  Förderer. 

Trotz  aller  Mühen  und  Entbehrungen  und  auch  Sorgen,  wie 
sie  eine  angestrengte,  auch  den  Armen  gewidmete  ärztliche 
Praxis  mit  sich  bringt,  besaß  Rehn  bis  in  sein  höchstes  Alter 
ein  erfreuliches  Maß  geistiger  und  körperlicher  Rüstigkeit  und 
Frische.  Bewundernswert  war  sein  nie  erlöschendes  Streben,  sich 
mit  eisernem  Fleiße  stets  neue  Wissenswerte  anzueignen. 

Auf  ihn  paßt  so  recht  das  Wort  des  Psalmisten  vom  Leben: 
„Und  wenn  es  köstlich  gewesen,  so  ist  es  Mühe  und  Arbeit 
gewesen." 

B.  Fridberg 


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139 


Johannes  Justus  Rein 

*  27.  Januar  1835,  f  23.  Jan.  1918 

Am  23.  Januar  starb  in  Bonn  im  Alter  von  83  Jahren  unser 
korrespondierendes  Ehrenmitglied,  der  Geheime  Regierungsrat 
Prof.  Dr.  Rein.  Am  27.  Januar  1835  zu  Rauenheim  a.  M.  geboren, 
ist  J  0  ha  n  n  e  s  Justus  Rein  in  Mainzlar  bei  Lollar  in  Oberhessen 
in  ländlicher  Umgebung  aufgewachsen.  Zuerst  besuchte  er  die 
Dorfschule,  dann  aber  die  Realschule  in  Gießen.  Auf  den  weiten 
Schulwegen  durch  Wald,  Feld  und  Wiesen  erwachte  früh  seine 
Liebe  zur  Natur  und  sein  außergewöhnliches  Verständnis  für  sie. 
Gab  es  doch  kaum  ein  Pflänzchen,  das  Rein  nicht  mit  Namen 
nennen  konnte,  kaum  einen  Vogel,  den  er  nicht  nach  Flug  und 
und  Stimme  unterschied,  und  noch  als  Siebzigjähriger  ist  er  nie 
anders  als  mit  dem  geologischen  Hammer  in  der  Tasche  auf 
Exkursionen  ausgezogen.  Kein  Wunder  war  es  daher,  daß  sich 
Rein  nach  seiner  Ausbildung  zum  Volksschullehrer  auf  dem 
Seminar  zu  Fridberg  noch  dem  Studium  der  Mathematik  und 
Naturwissenschaften  an  der  Universität  Gießen  zuwandte.  Hier 
war  unter  anderen  Hoffmann  sein  Lehrer,  und  den  Naturwissen- 
schaften ist  Rein  bei  allem,  was  sein  vielseitiges  Leben  ihm 
brachte,  stets  treu  geblieben. 

Als  Lehrer  für  Mathematik  und  Naturwissenschaften  wirkte 
Rein  von  1856 — 58"  am  Scheib-Geisow'schen  Institut  zu  Frankfurt 
a.  M.,  dann  wurde  er  an  die  „Ritter  und  Domschule"  nach  Reval 
berufen,  an  jene  Anstalt,  in  der  die  treuen  Balten  so  lange  das 
Deutschtum  hochgehalten  haben.  Reisen  und  Fußwanderungen 
machten  ihn  mit  den  Verhältnissen  der  Ostseeprovinzen  und  des 
benachbarten  Finlands  vertraut.  In  Dorpat  machte  er  sein  Ober- 
lehrerexamen, in  Rostock  später  den  „Doktor". 

Wissens-  und  Wandertrieb  führen  unseren  Gelehrten  1860 
nach  London,  wo  ihn  eifrige  Studien  am  Britischen  Museum 
fesselten    und    dann    als    Lehrer    und    Erzieher    der    Söhne    des 


140 

britischen  Gouverneurs  auf  die  Bermuda-Inseln.  Ein  zweijähriger 
Aufenthalt  auf  diesen  interessanten  Koralleneilanden  wurde  von 
großer  Bedeutung  füi'  Rein  und  befähigte  ihn  später,  in  die 
Streitfrage  über  die  Entstehung  der  Koralleninseln  miteinzugreifen. 
1864  kehrte  Rein  nach  Frankfurt  a.  M.  zurück  und  nach  seiner 
Verheiratung  mit  einer  hochgebildeten  Revalerin,  die  ihm  eine 
verständnisvolle  Lebensgefährtin  wurde,  wirkte  er  nun  hier  bis 

1873  zuerst  als  Lehrer  an  der  Höheren  Gewerbeschule  und  von 
1868  ab  an  der  Musterschule.  Im  Verein  mit  gleichgesinnten 
Freunden  arbeitete  er  in  seiner  freien  Zeit  am  Senckenbergischen 
Museum.  Die  Gesellschaft  wählte  ihn  zweimal  (von  1868  1869 
und   1873)  zu  ihrem  ersten  Direktor. 

Neue  bedeutungsvolle  Aufgaben  traten  an  Rein  heran,  als 
er  im  Sommer  1873  den  ehrenvollen  Auftrag  der  preußischen 
Regierung  erhielt,  eine  zweijährige  Studienreise  nach  Japan  zu 
uiiternehmen. 

Das  Studium  des  dortigen  Kunstgewerbes  sollte  seine  Haupt- 
aufgabe sein.  "Die  Reisen  durch  das  Inselreich  füllten  die  Jahre 

1874  75  aus.  Nach  seiner  Rückkehr  wurde  der  Forscher  1876 
auf  den  neugegründeten  Lehrstuhl  für  Erdkunde  an  die  L^niver- 
sität  Marburg  berufen.  Hier  verfaßte  er  sein  großes  zweibändiges 
Werk  ,, Japan",*  das  noch  heute  von  grundlegender  Bedeutung 
für  die  Kenntnis  jenes  rasch  emporgeblühten  Landes  ist.  An 
Reins  70.  Geburtstage  feierte  ihn  eine  Abordnung  der  japanischen 
Regierung,  als  den,  ,,der  sie  gelehrt  habe,  ihr  eigenes  Land 
kennen  zu  lernen". 

Als  V.  Richthof  en  1883  nach  Berlin  berufen  wurde,  wurde 
R  e  i  n  zu  seinem  Nachfolger  in  Bonn  ausersehen.  Wie  Richthofen 
ist  unser  Gelehrter  durch  seine  Reisen  zum  Geographen  geworden, 
denn  die  Reiselust  blieb  bis  in  sein  hohes  Alter  bei  ihm  lebendig. 
Sie  hat  ihn  nicht  nur  in  die  engere  Heimat*  und  die  Nachbar- 
länder geführt,  sondern  auch  w^eiter  nach  Spanien,  Marokko,  auf 
die  Kanarischen  Inseln,  nach  Rußland,  Turkestan,  Kleinasien, 
Ägypten  und  Nordamerika.  Vi-ele  kürzere  und  längere  Ab- 
handlungen sind  das  Produkt  dieser  Reisen.  Reins  Bedeutung 
als  Universitätslehrer  ist  bei  wiederholten  Veranlassungen  ge- 
würdigt w^orden,  so  auch  von  seinem  Nachfolger  in  Bonn,  Ge- 
heimrat P  h  i  1  i  j)  p  s  0  n,  in  einem  schönen  Nachrufe.  Dieser  schreibt : 

*., Japan,  nach  Keisen  und  Studien  dargestellt".  (Leipzig  1881—86  2  Bde. 
\\'illu'hn  Engelmann) 


'        141     — 

„Er  gehörte  zu  den  Forschern,  die  nicht  nur  in  theoretischer  Ver- 
knüpfung  der  Tatsachen,  nicht  nur  in  der  Erklärung  das  Ziel 
der  Wissenschaft  sehen,  sondern  die  auch  an  der  reinen  Fest- 
stellung der  Tatsachen  ihre  warme  Freude  haben.  Seine  Dar- 
stellung in  Schrift  und  Lehre  war  daher  allem  Blendenden 
abhold,  sachlich  klar  und  anschaulich".  Seine  Schüler  rühmten 
an  ihm  die  Kraft  der  Überzeugung.  Was  er  im  Kolleg  vorbrachte, 
war  zum  großen  Teil  Selbstgesehenes  und  Selbsterlebtes.  Sein 
reiches  Wissen  beruhte  auf  gründlichen  geologischen,  botanischen, 
chemischen,  volkswirtschaftlichen  und  handelsgeographischen 
Studien. 

Als  die  neue  Handelsschule  in  Cöln  begründet  wurde,  über- 
nahm der  fast  Siebzigjährige  die  Vorlesungen  über  Warenkunde. 
Nur  sehr  schwer  entschloß  sich  der  mit  außergewöhnlicher 
Gesundheit  ausgestattete  Mann  seiner  ihm  liebgewordenen  Lehr- 
tätigkeit zu  entsagen.  Die  Beschwerden  des  Alters  blieben  ihm 
nicht  erspart.  Bald  nach  seinem  80.  Geburtstage  warf  ihn  langes 
Siechtum  auf  das  Krankenlager,  bei  dem  ihm  seine  zweite  Gattin, 
die  ebenfalls  aus  dem  Baltenlande  stammt,  treue  Pflege  zuteil 
werden  ließ.     Der  Tod   war  hier  Erlöser. 

In  seinem  an  Arbeit  und  Erfolgen  reichen  Leben  hat  "Rein 
stets  mit  besonderer  Freude  an  die  Frankfurter  Jahre  zurück- 
gedacht. Treue  Freundschaft  verband  ihn  mit  v.  Frits ch, 
Glogau,  Blum,  Noll,  Kinkel  in,  Ziegler,  Kobelt,  v. 
Hey  den,  Heynemann  und  anderen  Gelehrten.  Gern  ist  er 
stets  nach  Frankfurt  zurückgekehrt.  Mit  der  Musterschule. und 
dem  Geographischen  Verein  ist  er  in  steter  Verbindung  geblieben, 
und  vor  allem  hat  er  noch  von  Marburg  und  Bonn  aus  lebhaft 
an  den  Bestrebungen  der  Senckenbergischen  Naturforschenden 
Gesellschaft  teilgenommen.  Kaum  ein  Winter  verging,  in  dem  er 
nicht  Vorträge  an  einem  der  wissenschaftlichen  Sitzungsabende 
gehalten  hat.  Es  war  ihm  noch  vergönnt,  die  gewaltige  Ent- 
wicklung der  Gesellschaft  und  des  Museums,  sowie  den  LTmzug 
in  das  neue,  prächtige  Heim  zu  verfolgen.  Im  alten  Hause,  am 
Eschenheimer  Turm,  hat  Rein  nach  besten  Kräften  die  Ziele 
der  Gesellschaft  in  ihren  Anfängen  gefördert.  Noch  heute  be- 
gegnen wir  seinem  Namen  häufig  in  der  Schausammlung.  Durch 
seine  regen  Beziehungen  zum  Auslande  hat  er  dem  Museum 
viele  Freunde  erworben  und  bedeutendere  Schenkungen  vermittelt. 
Die  Rüppel-Stiftung,  die  jungen   Gelehrten    die    Mittel  zu  For- 


—     142     — 

schungsreisen  gewähren  soll,  war  mit  sein  Gedanke  und  vor- 
wiegend sein  Werk.  Mit  v.  Fritsch  und  Glogau  sammelte  er  die 
ersten  36000  Mark  für  diesen  Zweck. 

Bei  vielen  äußeren  Ehrungen  ist  Rein  stets  der  bescheidene 
Gelehrte  geblieben.  Sein  Wesen  war  kernig,  bieder,  treu  und 
wahr.  Seine  Freunde  und  Mitarbeiter  sind  alle  vor  ihm  aus  dem 
Leben  geschieden.  Aber  gleich  ihren  Namen  wird  derjenige 
Reins  in  der  Geschichte  der  Senckenbergischen  Naturfor- 
schenden Gesellschaft  einen  Ehrenplatz  behalten. 

Es  erschienen  von  Rein  außer  vielen  gelegentlichen  Auf- 
sätzen folgende  größere  wissenschaftliche  Werke  und  Abhand- 
lungen: 

1868.  Über  den  jetzigen  Stand  des  Seidenbaues. 
1876 — 1898.  Arbeiten  in  Petermanns  Mitteilungen. 
1879.  Der  Nakasendo  in  Japan,  59.  Ergänzungsheft  zu  P.  M. 
1881.  Japan,  I.  Bd. 

1881.  Über   den  Bau  der  Koralleninseln.    Verhandlungen 
des  I.  Deutschen  Geographentages,  1881,  S.  29 — 46. 
1886.  Japan,  IL  Bd. 
1890.  Finland,   in  Alfred  Kirchhoffs    „Unser  Wissen  von 

der  Erde". 
1892.  Geographische  und  Naturwissenschaftliche  Abhand- 
lungen über  Spanien. 
1894.  Asien,  in  dem  ScobelschenHandbuchzumAndreeschen 

Atlasse,  4.  Aufl.  1902. 
1899.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  spanischen  Sierra  Nevada. 
Abhandlungen  der  K.  K.  Geogr.  Gesellschaft,  Wien, 
I.  Bd. 
1905.  Japan,  I.  Bd..  2.  Aufl. 
In  den  letzten  Jahren  seines  Lebens  war  Rein  Mitarbeiter 
von  Rothschilds  Taschenwörterbuch  für  Kaufleute. 

Johatnid  Zivijler. 


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—     143 


Ludwig  Edinger 

*  13.  April  1855,  f  '^Q-  Januar  1918. 

Mit  Ludwig  Edinger  ist  eines  der  tätigsten  und  ver- 
dienstvollsten Mitglieder  der  Senckenbergischen  Naturforschenden 
Gesellschaft,  ein  Gelehrter  von  Weltruf,  dahingegangen.  Seit 
1883  Mitglied,  seit  1912  ewiges  Mitglied  der  Gesellschaft,  wieder- 
holt Preisrichter  und  Vorsitzender  der  v.  Soemmering-  und 
Tiedemann- Preiskommissionen,  hat  er  das  Emporblühen  der 
Gesellschaft  in  den  letzten  Jahrzehnten  durch  Rat  und  Tat  ge- 
fördert. Die  wichtigsten  seiner  wissenschaftlichen  Forschungs- 
ergebnisse hat  er  oft  in  den  Sitzungen  der  Gesellschaft  zum 
ersten  Male  mitgeteilt.  Nirgends  kann  man  so  gut  wie  in  den 
Berichten  der  Gesellschaft  seit  dem  Jahre  1883  die  Entwicklung 
seiner  berühmten  Studien  über  die  vergleichende  Anatomie  des 
Gehirns  verfolgen.  Dem  großen  Kreis  der  Mitglieder  wird  er 
durch  seine  ausgezeichneten  allgemeinverständlichen  Vorträge 
über  das  Nervensystem  unvergeßlich  bleiben. 

Edinger  ist  1855  in  Worms  geboren.  Er  studierte  in 
Heidelberg  und  Straßburg.  Unter  dem  Einfluß  von  Gegenbaur 
und  Waldeyer  widmete  er  sich  sehr  frühzeitig  anatomischen 
und  biologischen  Studien.  Nach  Beendigung  seiner  Studienzeit 
wurde  er  zunächst  Assistent  bei  Kussmaul,  durch  den  seine 
ganze  weitere  Forschung  bestimmt  wurde ;  gerade  durch  ihn  kam 
er  zu  der  Beschäftigung  mit  dem  Nervensystem,  durch  ihn  im  be- 
sonderen auch  zu  der  Betrachtungsweise  der  Anatomie  vom 
Gesichtspunkte  der  Funktion  aus.  Von  Kussmaul  ging  Edinger 
an  die  Klinik  von  Riedel  nach  Gießen,  wo  er  sich  1881  mit 
einer  Untersuchung  über  die  Physiologie  und'  Pathologie  des 
Magens  habilitierte.  1882  ließ  er  sich  in  Frankfurt  als  Nerven- 
arzt nieder  und  begann  gleichzeitig  im  Weigert  sehen  Labora- 
torium seine  anatomischen  Studien  über  das  Nervensystem,  erhielt 


—     144     — 

1895  den  Titel  eines  Professors,  wurde  1904  von  der  Admini- 
stration der  Dr.  Senckenbergischen  Stiftung  zum  Direktor  des 
von  ihm  in  den  Räumen  der  Anatomie  eingerichteten  Neurolo- 
gischen Institutes  ernannt,  und  bei  der  Eröffnung  der  Frankfurter 
Universität  zum  persönlichen  Ordinarius  für  Neurologie  berufen, 
während  das  Institut  als  Neurologisches  Institut  von  der  Uni- 
versität übernommen  wurde. 

Wenn  wir  die  Arbeiten  E dingers  aus  den  80er  und  90er 
Jahren  überblicken,  so  finden  wir  in  ihnen  die  Hauptcharakte- 
ristika  des  Edingerschen  Schaffens  schon  wesentlich  aus- 
geprägt, die  Arbeitsweise,  die  die  wesentliche  Aufgabe  in  einer 
ökonomischen  Darstellung  des  Tatsächlichen  im  Sinne  Machs 
sah,  die  Vielseitigkeit  der  Problemstellung  und  den  Grundge- 
danken, den  Bau  des  Gehirns  in  Beziehung  zu  seinen 
Leistungen  zu  verstehen.  Das  Prinzip  der  ökonomischen 
Arbeitsweise  ließ  ihn  überall  nach  den  einfachen  Vorgängen 
suchen,  um  erst  diese  zu  verstehen,  ehe  er  sich  an  das  Kom- 
plizierte' heranwagte.  Dies  war  es,  was  ihn  zur  vergleichenden 
Anatomie  führte.  Hier  hoffte  er,  anatomische  Verhältnisse 
einfacher  Art  zu  finden  in  der  Annahme,  daß  entsprechend  den 
einfacheren  Leistungen  niederer  Tiere  sich  auch  einfachere 
Mechanismen  bei  ihnen  nachweisen  lassen  müssen.  Das  Auf- 
finden dieser  einfachen  Mechanismen,  dieser  Grundlinien  des 
Hirnbaues,  erscheint  ihm  zunächst  als  die  nächstliegende  und 
wichtigste  Aufgabe  des  Hirnanatomen.  Er  sah  sehr  bald,  daß 
durch  die  bisherigen  Färbemethoden  dieses  Ziel  nur  unvollkommen 
zu  erreichen  war,  und  griff  als  einer  der  ersten  die  neue  Wei- 
gert sehe  Markscheidenmethode  auf  als  ein  Mittel,  das  uns  ganz 
neue  Einblicke  in  den  Faserverlauf  gestattet.  Besonders  frucht- 
bar erwies  sich  diese  Methode,  als  er  sie  zur  Untersuchung  von 
embryonalem  Material  anwandte. 

Dieser  Forschungsweise  verdankt  er  besonders  seine 
großen  Entdeckungen  auf  dem  Gebiete  der  verglei- 
chenden Anatomie.  Es  kann  unmöglich  meine  Aufgabe  sein, 
die  vergleichend-anatomischen  Tatsachen,  die  sich  an  Edingers 
iVamen  knüpfen,  aufzuzählen.  Ich  nuiß  mich  auf  die  Hauptsachen 
beschränken.  Nach  melireren  kleineren,  aber  sehr  bedeutungs- 
vollen Arbeiten  über  den  Verlauf  der  Rückenmarksbahnen 
zum  Kleinhirn  und  zu  weiter  vorn  gelegenen  Hirn- 
teilen   erschienen    in    den  Veröffentlichungen   der  Senckenber- 


—     145     — 

gischen  Gesellschaft  seine  berühmten  Untersuchungen  über 
die  vergleichende  Anatomie  des  Gehirns,  über  das 
Vorderhirn,  das  Zwischenhirn,  seine  neuen  Studien 
über  das  Vorderhirn  der  Reptilien,  seine  Studien 
über  das  Z  wischen  hi  rn  der  Reptilien  und  später  gemein- 
sam mit  Wallenberg  und  Holmes  die  Untersuchung  über 
das  Vogelhirn.  Das  waren  die  ersten  wirklich  vergleichend- 
anatomischen Arbeiten  über  das  Gehirn,  die,  ergänzt  durch  eine 
Reihe  ganz  im  gleichen  Sinne  geschriebener  Arbeiten  seiner 
Schüler,  die  Grundpfeiler  geworden  sind,  auf  denen  sich  die 
vergleichend-anatomische  Erforschung  des  Gehirns  im  wesentlichen 
aufgebaut  hat. 

Mit  besonderer  Sorgfalt  widmete  sich  E dinger  der  Er- 
forschung des  Vorderhirns  und  des  Kleinhirns.  Mit  Hilfe 
mehrerer  Mitarbeiter  gelang  es  ihm  1912  eine  Gesamtauffassung 
des  Kleinhirns  vorzutragen,  die  als  grundlegend  für  die  weitere 
Forschung  betrachtet  werden  darf.  Eine  seiner  ersten  verglei- 
chend-anatomischen Leistungen,  der  Nachweis,  daß  der  von  den 
Autoren  als  Pedunculus  cerebri  bei  den  Fischen  beschriebene 
Faserzug,  den  er  basales  Vorderhirnbündel  nannte,  eine  Verbin- 
dung des  Striatum  mit  den  tieferen  Hirnteilen  ist,  wurde  von 
fundamentaler  Bedeutung  für  das  Verständnis  des  Vorderhirn- 
aufbaues. 

Sein  Hauptaugenmerk  richtete  er  auf  die  Entwicklung  des 
Hirn  mantels  in  der  Tierreihe.  Er  stellte  fest,  daß  bei  den 
Reptilien  zum  ersten  Male  in  der  Tierreihe  ein  wohl  charakte- 
risierter Faserzug  aus  dem  Pallium  in  tiefer  gelegene  Hirnteile 
zieht,  der  eine  Verbindung  der  Rinde  mit  dem  Riechapparat  dar- 
stellt, und  erkannte  sofort  die  weit  über  das  rein  morphologische 
Interesse  hinausgehende  Bedeutung  dieser  Feststellung.  Damit 
war  die  erste  sicher  nachweisbare  Projektionsbahn  gefunden 
und  dargetan,  daß  der  Riechapparat  der  erste  Sinnes- 
apparat ist,  der  eine  Verbindung  mit  dem  höchsten 
Abschnitt  des  Gehirns,  mit  der  Rinde,  erlangt. 

Die  große  Menge  von  eigenen  und  fremden  Einzelergeb- 
nissen über  das  Vertebratengehirn  diente  ihm  als  Grundlage 
zu  einer  neuen  Gesamtauffassung  des  Gehirns.  Er  unter- 
schied am  Vertebratengehirn  das  Paläencephalon,  das  alles 
umfaßt,  was  zwischen  Rückenmark  und  Riechnerveneintritt  liegt, 
den  sogenannten  Eigenapparat,  der  sich  in  der  Vertebratenreihe 


—     146     — 

nicht  wesentlich  ändert,  von  einem  anderen,  zweiten  darüber 
gelagerten  Teil,  dem  Neencephalon,  das  aus  den  Großhirn- 
und  den  Kleinhirnhemisphären  besteht  und  dauernd  in  der  Ver- 
tebratenreihe  zunimmt,  bis  es  beim  Menschen  seine  höchste 
Vollkommenheit  erreicht. 

Der  Ruf,  den  E dinger  durch  seine  anatomischen  und 
vergleichend-anatomischen  Untersuchungen  als  Meister  der  Ana- 
tomie des  Nervensystems  bekam,  war  so  groß,  daß  man  darüber 
oft  seine  übrigen  Leistungen  übersah,  und  daß  man  verkannte, 
daß  im  letzten  Grunde  die  Anatomie  für  ihn  nur  eine 
Methode  zur  Erforschung  viel  weiter  gehender  Fragen  war. 
Es  ist  hierfür  wohl  nichts  so  charakteristisch  als  sein  Satz: 
„Hirnanatomie  allein  betrieben  ist  eine  sterile  Wissenschaft",  der 
in  der  Einleitung  zur  vergleichenden  Anatomie  steht,  als  sie 
zum  ersten  Male  als  selbständiges  Buch  erscheint.  Die  Anatomie 
war  für  ihn  wesentlich  Mittel  zur  Erforschung  der  funk- 
tionellen Leistungen.  So.  enthalten  fast  alle  seine  verglei- 
chend-anatomischen Arbeiten  Erörterungen  über  physiologische 
und  psychologische  Probleme,  ja,  die  Anregung  zu  bestimmten 
Fragestellungen  auf  vergleichend-anatomischem  Gebiet  war  ganz 
vorwiegend  von  funktionellen  Gesichtspunkten  geleitet.  Ganz 
besonders  zeigt  sich  die  Abhängigkeit  der  anatomischen  For- 
schungen von  der  Frage  nach  der  Funktion  bei  seinen  Forschungen 
über  die  Hirnrinde.  Das  Problem,  das  ihm  hier  am  Herzen 
lag,  war  das  Verständnis  für  die  Leistungen  der  Hirnrinde  des 
Menschen.  Um  aber  hier  weiter  zu  kommen,  sind  die  Verhält- 
nisse des  menschlichen  Gehirns  zu  kompliziert.  Er  findet  ein- 
fachere Verhältnisse  bei  den  Tieren  und  sucht  sie  durch  ver- 
gleichend-anatomisch-psychologische Betrachtung  zu  ergründen. 
Scharf  arbeitet  er  zunächst  die  tierpsychologische  Fragestellung 
heraus,  um  das  Hineintragen  rein  menschlich -psychologischer 
Begriffe  in  die  Tierbeobachtung  zu  vermeiden.  Für  den  Natur- 
forscher handle  es  sich  darum,  sich  konkrete  Fragen  über  die 
Leistungen  eines  Tieres  zu  stellen  und  diese  durch  Tatsachen 
zu  beantworten.  „Wir  dürfen  aus  dem  gleichen  Bau  auf  die 
gleiche  Leistungsfähigkeit  schließen.  Es  ist  denkbar,  daß  wir, 
dereinst  durch  die  kongruent  gehende  anatomische  Untersuchung 
und  die  biologische  Beobachtung  einmal  einen  Einblick  in  die 
Entstehung  der  Geistesfähigkeiten  bekoiiuuen,  daß  sich  wahre 
vergleichende  Psychologie  heranbildet.     Hier  liegt  das  Ziel,  auf 


—     147     — 

das  die  vergleichende  Anatomie  lossteuern  soll".  Er  sucht  von 
diesem  Gesichtspunkte  aus  festzustellen,  was  Tiere  ohne  Groß- 
hirn leisten,  was  zu  seinen  bekannten  Arbeiten  über  das  Ge- 
dächtnis der  Fische  führt,  er  verglich  die  Leistungen  der  ein- 
zelnen Tiere  im  Verhältnis  der  Entwicklung  ihrer  Hirnrinde, 
machte  das  gleiche  am  neugeborenen  Menschen  sowie  an  einem 
4jährigen  Kinde  ohne  Großhirn,  das  er  zufällig  zu  beobachten 
und  anatomisch  zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte. 

In  den  letzten  Jahren  hat  er  sich  ganz  vorwiegend  mit  dem 
Menschengehirn  und  seinen  Leistungen  beschäftigt.  Auf  Grund 
seiner  erwähnten  Einteilung  des  Vertebratenhirnes,  in  einen  paläen- 
cephalen  und  einen  neencephalen  Teil  sucht  er  dessen  Leistungen 
zu  verstehen.  Das  Paläencephalon  empfängt  Sinnesrezeptionen  und 
beantwortet  sie  mit  Bewegungskombinationen.  Es  ist  der  Träger 
der  Reflexe  und  vieler  Instinkte.  Die  sich  in  ihm  abspielenden 
Vorgänge  bezeichnet  E dinger  als  Receptio  und  Motus  und 
die  Beziehung  zwischen  beiden  als  Relation.  Mit  dem  Auftreten 
des  Neencephalons,  der  Rinde,  kommen  zu  den  pajäencephalen 
Leistungen  neue,  neencephale,  die  eigentlichen  Gedächtnis- 
leistungen, hinzu,  das,  was  wir  ,  mit  Wahrnehmen,  Erkennen, 
Handeln  bezeichnen.  E dinger  wählte  für  diese  Leistungen  die 
Bezeichnungen  Gnosien  und  Praxi en  und  für  den  Vorgang, 
durch  den  sie  zustande  kommen,  dei;  Namen  Assoziation.  Die 
Gnosien  und  Praxien  sind  an  einzelne  Rindenteile  gebunden, 
deren  Zerstörung  die  Apraxien  und  Agnosien  erzeugt.  Das 
Neencephalon  gewinnt  in  der  Tierreihe  in  zunehmendem  Maße 
Einfluß  auf  das  Paläencephalon.  Der  Fisch,  der  ja  kein  Neen- 
cephalon besitzt,  verrichtet  alle  seine  Leistungen  ohne  dasselbe. 
Der  neugeborene  Säugling,  das  Kind  ohne  Großhirn,  die  sich 
anatomisch  ähnlich  verhalten  wie  der  Fisch,  vermögen  viel 
weniger  zu  leisten  als  dieser  oder  als  der  Hund  ohne  Großhirn. 

Durch  die  verschiedene  Ausbildung  der  einzelnen  gnostischen 
und  praktischen  Apparate  unterscheiden  sich  die  einzelnen  Säuger 
sehr  voneinander  und  übertreffen  z.  T.  auch  den  Menschen. 
Deshalb  sind  z.  B.  etwa  das  Pferd  oder  der  Hund  in  vielen 
Wahrnehmungen  und  darauf  basierten  Handlungen  dem  Menschen 
bedeutend  überlegen.  Doch  unterscheidet  sich  der  Mensch  von 
ihnen  allen  sehr  wesentlich  durch  die  besondere  Ausbildung 
einer  dritten  Art  von  Leistungen,  die  wir  als  Einsicht,  Verstehen, 
Intelligenz  bezeichnen.     In  dem  Maße  als  auch  beim   Tier  sich 


—     148     — 

Intelligenzleistungen  nachweisen  lassen,  zeigt  sein  Gehirn  eine 
relative  Größenziinahme  besonders  des  Stirnpoles.  Die  Über- 
legenheit des  Menschen  beruht  auf  der  Fähigkeit  zur  Abstraktion, 
die  erst  mit  der  Sprache  zur  Entwicklung  kommt.  Mit  dem  Ein- 
setzen der  Sprachfähigkeit  vergrößert  sich  der  Stirnlappen,  der 
beim  Menschen  seine  größte  Entwicklung  aufweist. 

Noch  mehr  als  durch  die  Fülle  seiner  Einzelarbeiten  ist 
E dingers  Name  durch  sein  Lehrbuch  bekannt  geworden.  Es 
hat  vor  dem  Erscheinen  dieses  Buches  viel  umfassendere  und 
eingehendere  Lehrbücher  der  Anatomie  des  Nervensystems  ge- 
geben ;  was  das  Buch  so  bedeutungsvoll,  so  anregend  und  frucht- 
bar machte,  das  war  die  außerordentliche  Vereinfachung  und 
Übersichtlichkeit  der  Darstellung,  die  einen  ganz  neuen  Überblick 
sowohl  über  die  Anatomie  des  menschlichen  Zentralnervensystems 
als  auch  über  seine  Bedeutung  für  das  Verständnis  der  patholo- 
gischen Tatsachen  brachte.  Es  sollte  eine  Anatomie  nicht  für  den 
Anatomen,  sondern  für  Ärzte  und  Studierende  sein,  und  dies  war 
das  Buch  auch.  Es  war  E dinger  gelungen,  was  er  sich  als  Ziel 
gesetzt  hatte,  die  Einzeltatsachen  so  darzustellen,  daß  sie  als 
Ganzes  erschienen.  Noch  bewundernswerter  als  die  Darstellung 
der  menschlichen  Anatomie  ist  die  vergleichende  Anatomie. 
Hier  war  zum  ersten  Male  der  Versuch  einer  wirklich  verglei- 
chenden Darstellung  gewagt,  der  naturgemäß  auf  sehr  vielen 
eigenen  Untersuchungen  beruhen  mußte,  weshalb  das  Buch 
selbstverständlich  Lücken  und  Unvollkommenheiten  enthielt. 
Keiner  war  sich  wohl  dessen  mehr  bewußt,  als  E dinger  selbst. 
Die  meisten  anderen  hätten  sich  durch  diese  notwendigen  Mängel 
abschrecken  lassen,  E dinger  tat  dies  nicht,  und  die  Wissen- 
schaft der  vergleichenden  Anatomie  ist  ihm  für  dieses  Wagen, 
das  der  Ausgang  für  eine  ganz  neue  Entwicklung  der  ver- 
gleichenden Anatomie  des  Nervensystems  wurde,  zu  dauerndem 
Danke  verpflichtet. 

Das  Buch  ist  eins  der  bedeutendsten  Bücher  der  Hirnana- 
tomie geworden,  erlebte  8  deutsche  Auflagen,  die  eigentlich 
immer  wieder  ganz  neue  Darstellungen  waren,  ohne  daß  der 
ursprüngliche  Charakter  des  Buches  verloren  ging.  Es  wurde 
in  verschiedene  fremde  Sprachen  (französisch,  englisch,  russisch, 
italienisch)  übersetzt. 

Mit  den  erwähnten  anatomischen  und  psychologischen 
Leistungen    ist    Edingers    Lebenswerk    keineswegs    erschöpft. 


—     149     — 

Wir  haben  vor  allem  noch  seine  klinischen  Leistungen  und 
die  Schöpfung  des  Neurologischen  Institutes  zu  erwähnen. 
Von  seinen  klinischen  Leistungen  ist  die  bedeutendste  der 
unter  den  Namen  Aufbrauchtheorie  bekannte  Versuch  zur 
Ursachenlehre  vieler  Nervenkrankheiten,  der  trotz  der  kritischen 
Einwände,  die  gegen  ihn  gemacht  worden  sind,  sich  durchaus 
als  ein  wesentliches  Hilfsmittel  für  das  Verständnis  der  Nerven- 
krankheiten erwiesen  hat.  Die  Arzte  haben  E  ding  er  wohl  am 
meisten  für  seine  zahlreichen  Gesamtdarstellungen  über 
klinische  Fragen  zu  danken. 

Die  Vielseitigkeit  der  Betrachtungswelse,  mit  der  Edinger 
an  die  Erforschung  des  Nervensystems  herantrat,  bestimmte  ihn 
auch  bei  der  Ausgestaltung  seines  Neurologischen  Institutes. 
Dieses  Institut  entwickelte  sich  aus  einer  rein  anatomischen  und 
vergleichend-anatomischen  Arbeitsstätte,  als  die  es  zunächst  be- 
sonders bekannt  und  von  Schülern  aus  allen  Weltteilen  aufgesucht 
wurde,  nach  Edinger s  Absicht  immer  mehr  zu  einer  Arbeits- 
stätte zur  Erforschung  des  Nervensystems  auf  den 
verschiedensten  Wegen.  So  errichtete  Edinger  neben  der 
vergleichend  -  anatomischen  eine  pathologisch  -  anatomische  Ab- 
teilung, schuf  die  Möglichkeit  zur  Anstellung  von  Tierbeobach- 
tungen, suchte  durch  persönliche  Beziehungen  und  durch  eigene 
Arbeit  psychologische  Forschungen  in  den  Kreis  des  Institutes 
zu  ziehen  und  hatte  schließlich  die  Angliederung  einer  klinischen 
Abteilung  vorgesehen.  Die  völlige  Ausgestaltung  des  Instituts 
wurde  leider  durch  seinen  Tod  unterbrochen. 

Mit  der  zunehmenden  Vergrößerung  des  Instituts  konnte 
Edinger  sein  ausgesprochenes  Talent  zum  Lehrer 
immer  mehr  zur  Geltung  bringen.  Er  verstand  es  wie  wenige, 
dem  Anfänger  über  die  Schwierigkeiten  hinwegzuhelfen,  nicht 
nur  durch  sein  Wissen  und  Können,  sein  Zeichentalent  und  tech- 
nisches Geschick,  sondern  vor  allem  durch  die  Liebe,  mit  der  er 
sich  in  die  Anschauungsweise  des  Schülers  zu  versetzen  suchte 
und  sich  seiner  in  jeder  Weise  annahm.  Diese  Liebe  entsprang 
wieder  einem  ganz  persönlichen  Verhältnis  zu  seinen  Schülern, 
wie  man  es  nur  selten  findet.  Als  einen  stets  Hilfsbereiten,  der 
immer  Zeit  auch  für  alle  persönlichen  Dinge  hatte,  werden  ihn 
seine  Schüler  und  Freunde  im  Gedächtnis  behalten. 

Wenn  wir  die  Leistungen  E dingers  mit  einem  Blick  zu 
überschauen  versuchen,  so  steigt  aus  der  Fülle  der  Einzelheiten 


—     150     — 

ein  Gesamtbild  von  einer  Einheitlichkeit  und  harmonischen  Ge- 
staltung empor,  wie  wir  es  nur  bei  den  Lebenswerken  wirklich 
Großer  finden.  Hier  war,  möchte  man  sagen,  nichts  zufällig, 
sondern  alles  war  der  Ausfluß  eines  einheitlichen  Zentrums. 

Diese  Einheitlichkeit  entspringt  einerseits  daraus,  daß  es 
immer  eigentlich  ein  und  dasselbe  Problem  ist,  das  uns  in 
E  ding  er  s  Arbeiten  begegnet,  entsprechend  der  Vielgestaltigkeit 
der  Naturbegebenheiten  in  schier  unübersehbare  Einzelprobleme 
zerteilt:  Das  Problem  des  Lebens,  wie  es  sich  in  der 
Entwicklung  des  Geistigen  in  seiner  Beziehung 
zum  Materiellen  darstellt,  anderseits  daraus,  daß  alle  seine 
Arbeiten,  seine  persönlichen  Züge  an  sich  tragen  und  dadurch 
eine  so  übereinstimmende  Form  bekommen. 

E  dingers  Persönlichkeit  ist  wohl  am  besten  dadurch 
charakterisiert,  daß  man  sie  als  eigentümliche  Mischung  von 
Wissenschaftler  und  Künstler  bezeichnet.  Er  verband  die  Fähig- 
keit des  Wissenschaftlers,  sich  den  Dingen  objektiv  gegenüber 
zu  stellen  und  sie  kritisch  zu  betrachten,  mit  der  des  schaffenden 
Künstlers,  sich  in  sie  so  ganz  zu  versenken,  daß  er  sie  ganz  in 
sich  aufnahm,  um  sie  als  neue  Wesenheiten,  durchtränkt  mit 
dem  Geiste  seiner  Persönlichkeit,  neu  zu  erzeugen.  Dadurch 
tragen  alle  seine  Theorien  ein  so  anschauliches  Gepräge.  Von  ihm 
gelten  wohl  die  Worte,  die  Goethe  von  sich  selbst  gebraucht 
hat:  Mein  Anschauen  ist  selbst  ein  Denken,  mein  Denken  ein 
Anschauen. 

Die  interessante  Mischung  in  seiner  Persönlichkeit,  die  sich 
in  allen  seinen  Arbeiten  spiegelt,  gibt  seinem  Schaffen  eine 
besondere,  immer  anregende  Form,  die  den  Leser  auch  dort  packt, 
wo  er  inhaltlich  anderer  Meinung  ist.  Sie  war  es  —  verbunden 
mit  einem  köstlichen  Optimismus,  der  bei  ihm  nicht  Kritiklosig- 
keit war,  sondern  aus  dem  innersten,  das  Leben  bejahenden  Quell 
seines  Gefühlslebens  entsprang,  und  ihn  über  alle  Entäuschungen, 
die  gerade  einer  Natur  wie  der  seinen  nicht  erspart  bleiben 
konnten,  hinweg  kommen  ließen,  —  die  vor  allem  den  Umgang 
mit  ihm  so  anregend  machte. 

Es  war  auch  in  dieser  Zusammensetzung  seiner  Persönlich- 
keit zwischen  ihm  und  Goethe  eine  gewisse  Ähnlichkeit,  so 
daß  die  Worte  Goethes,  die  man  nach  E dingers  Tode  auf 
seinem  Schreibtisch  fand,  gut  auf  ihn  selbst  passen: 


-       151     — 

„Weite  Welt  und  breites  Leben, 
Langer  Jahre  redlich  Streben, 
Stets  geforscht  und  stets  gegründet, 
"  Nie  geschlossen,  oft  gegründet. 
Ältestes  bewahrt  mit  Treue, 
Freundlich  aufgefaßtes  Neue, 
Heitern  Sinn  und  reine  Zwecke  — 
Nun  man  kommt  wohl  eine  Strecke." 
Durch  diese  seine  persönlichen  Eigenschaften  wirdEdinger 
seinen  Schülern  und  Freunden  noch  mehr  als  durch  das,  was  wir 
von    ihm    lernen   konnten,   als  Vorbild  und  Führer   in   dauernder 
Erinnerung  bleiben. 

K.  Goh/sfein 


iry2 


Der  Amselgesang   und  seine  Beziehung 
zu  unsrer  Musik. 

Von 

('(H'iM'l  Schmitt  und  Hans  Stadler.  Lohr  am  Main, 


,,Wie  tönt  an   Frühlingstagen 
So   sclnvernmtsreieh   und   hold 
Der   Amsel   lautes   Schlagen 
Ins  stille  Abendgold!" 

So  singt  der  liebenswürdige  Heinrich  Seidel.  Viele 
Berufene,  mehr  noch  Unberufene  liaben  den  Schwarzroek  an- 
gedichtet. Auch  Musikern  von  Beruf  ist  die  stimmgewaltige 
Sängerin  aufgefallen,  und  gar  mancher  hat  mit  mehr  oder  weni- 
ger Geschick  eine  Strophe  erhascht  und  in  unsterbliche  Werke 
zu  verweben  gesucht.  Auch  Richard  Wagner  in  seinem 
Siegfried  hat  es  versucht.  Doch  ist  nur  die  erste  Hälfte  seines 
Amselliedes    geglückt: 


Auch  das  Amselmotiv,  das  Eiemann  dem  Verfasser  des 
Buchs :  ,,  Kunst  und  Vogelgesang",  Bern  h  a  r  d  Hoff  m  a  n  n  , 
zur  Verfügung  gestellt  hat, 

2^- 


ist  in  mehr  als  einer  Hinsicht  ungenau.  Hoff  mann  aber  fiiidet 
es  „so  bezeichnend,  und  es  l)estätigt  unsere  (H's)  Darlegungen 
dermaßen,  daß  wir  es  hier  wiedergeben". 

Es  seien  gleich  die  Haupteinwände  liier  angegeben. 

Erstens,  die  Tonhölie  ersclieint   uns.  aligesehen  von  der  um 


153     — 

zwei  Oktaven   yai  tiefen   Xotierimg  als   ungenau,   da   der   Amsel- 
gesang  meist  nur  die  Sext  I13 — g4  umfaßt. 

Zweitens  ha])en  wir  Bedenken  gegen  den  straffen  Rhyth- 
mus, in  den  zwei  gehaltene  Noten  eingegliedert  sind,  die  dem 
lebhaften  Temperament  der  Amsel  gar  nicht  zu  entsprechen 
scheinen. 

Drittens  erlauljen  wir  uns  Zweifel  an  der  völligen  Echtheit 
der  Intervallschritte  und  der  Harmonik.  Denn  der  zweimalige 
Wechsel  terzverwandter  Harmonien  (Dd — Bd — Dd)  ist  doch  zu 
auffällig. 

Aber  die  Strophe  Eiemann's  paßte  Hoff  mann,  der 
die  Amsel  im  Gegensatz  zur  Singdrossel,  die  er  mit  Mozart  ver- 
gleicht, zu  einer  Art  musikalischem  Eichard  Strauß  stempeln 
möchte.  Darum  bringt  er  auf  S.  08  seines  Buchs  eine  Anzahl 
recht  verkünstelter  ,, kleiner"  Amselstrophen,  die  er  teilweise 
den  Opp  eischen*)  Aufschreibungen  entnommen  hat.  Z.  B. : 
3. 


Sie  ist  aus  dem  , .großen  Schatz  (Oppels)  von  72  Amselliedern" 
ausgewählt. 

Auch  aus  seinen  eigenen  Aufschreibungen  sei  eine  angeführt: 

f. 


Solche  getragene  Amselmelodien  sind  so  selten,  daß  sie  nur 
als  Ausnahme  angeführt  werden  dürften.  Dasselbe  gilt  von  den 
beiden  auf  S.  74  angeführten: 


Das  erste  der  beiden  Amsellieder  ändert  aber  H  0  f  f  m  a  n  n 
in  einem  zweiten  Buch:  ,, Führer  durch  unsere  VogehAclt"  wie 
folgt  aV): 


*)  Oppel,  Über  Vogelstimmen,   insbesondere  Kuekncksruf  und  Amsel- 
schlag. Zool.  Garten  12,  Nr.  2,  S.  39  ff. 


-      154     ~ 

Dazu  saui  er  ontsehnldigend  in  einer  P\ißnote:  „die  Noten  deu- 
icn  di«'   liiicixalU'  .  .  .  nur  annäherungsweise  an". 

Alan  muß  bei  der  Amsel  zwei  Arten  von  Gesang  ausein- 
anderhalten: Das  leise  Studieren  oder  Plaudern  und  den 
lauten   weithin   schallenden  Vollgesang. 

Das  .Plaudern  beginnt  im  allerersten  Fiühling.  Es  könnte 
vielleicht  in  Parallele  gesetzt  werden  zum  leisen  Gesang  der 
verschiedenen  Grasmückenarten.  Es  klingt  so  schüchtern,  so 
leis,  daß  es  nur  ein  paar  Schritte  weit  zu  hören  ist,  liegt  um 
eine  ganze  Oktave  höher  als  der  normale  Amselgesang,  ist  durch 
viele  Pausen  auseinandergerissen,  wird  bruchstückweise  vorge- 
tragen und,  was  das  seltsamste  ist,  enthält  viele  Anklänge  und 
wirkliche  Imitationen  anderer  Vogelgesänge,  die  wiederum  in  der 
entsprechenden  Tonhöhe  und  Klangfarbe  vorgetragen  werden. 
Von  Singdrosseln  kann  man  zuweilen  das  Gleiche  hören.  Wir 
waren  öftei-  im  Zweifel,  o1)  wir  einen  schwatzenden  Star  oder 
eine  verträumt  plaudernde  Amsel  vor  uns  hatten.  Dieses  selbst - 
verlorene  Zwitschern  traut  man '  der  stimmgewaltigen  Sängerin 
garnicht  zu.  Kinmal  hörten  wirs  in  einer  Fichtendickung,  blieben 
stehen  und  erlebten  die  Freude,  daß  der  Schwarzkünstler  bis 
fast  zu  unseren  Füßen  plaudernd  herankam. 

Wir  notierten  17.  III.  1918  abends  6  Uhr  den  Pliythmus 
(Seeholzerpfad,  Sendelbach) : 

'^^-  (Hilfi  II('71üi]'1iIi'IIi1i'IIlü'I' 

Cii'iijü'iij'ü'ij'ir^^uiiuJ'Lj'ri 

Das  waren  alles  meist  stakkatierte  Pfeiftöne  im  Pianissimo, 
die  an  Star  und  Hänfling  gemalmten  (in  der  ö.  Oktave).  Hier 
kommt  die  Vorliel)e  für  Triolenartiges  und  die  Kunst  des  Vai'i- 
ierens  zum  Ausdruck. 

Am  14.  II.  1914  ab  5  Fhr  scluieben  wir  am  Häus'chen  unsres 
Fi-eundes  Wunder    solches  Geplauder  folgendermaßen  mit: 

Diese    Amsel   war  mehr   für  den   Leyatügesang  eingenom- 


—     155     — 

men.  Im  übrigen  klang-  wieder  alles  „starähnlich",  wie  wir  no- 
tierten. Auch  der-  Ausdruck  „etwas  obertönig"  findet  sich  in 
den  zwei  Aufsclu^eibungen.  Die  Töne  klangen  also  etwas  scharf. 
(In  beiden  Fällen  bedeutet  der  Taktstrich  die  Stelle,  wo  eine 
kurze  Pause  eiiitrat.) 

Am  19.  IL  1914  abends  1/26  Uhr  beim  Hause    Kohl   (Sendel- 
bach) konnten  wir  folgendes  sclireiben: 


Zur  Erklärung  möchten  wir  beifügen,  daß  die  Geräusche, 
die  mit  zweimal  durchstrichenen  Noten  geschrieben  sind,  das 
Staren-  und  Lerchenquirlen  bedeuten,  daß  also  ein  schnelles 
gleich  hohes,  nicht  nachahmbares  Geräusch  -gemeint  ist,  wie 
man  es  von  den  Vögeln  so  unendlich  oft  hört.  Die  Schreibung  4 
zeigt  ein  prächtiges  Glissando,  wie  es  sowohl  dem  Stare  als 
dem  Hänfling  eigen  ist,  ein  Dm-chschleifen  vom  Hochton  zum 
Tiefton.  Nr.  9  soll  das  sich  auf  und  abwärts  bewegende  Zetern 
einer  Haubenmeise,  Nr.  10  das  Zetern  einer  Blaumeise  bedeu- 
ten, die  nachgeahmt  wurden.  Nr.  12  mag  die  Tonhöhe  (5.  Okt.) 
verdeutlichen.  Eingeschaltet  wurden  außerdem  noch  die  Wäd-väd- 
rufe  der  Dorngrasmücke  und  die  eigenen  Schreckrufe,  die  aber 
ebenfalls  im  pp  gebracht  wurden. 

Wir  können  das  Plaudern  nur  als  eine  Vorübung  be- 
trachten zur  Entwicklung  und  Stärkung  des  Singmuskelapparates. 

Der  laute  Gesang  der  Amsel  hat  uns  schon  immer  be- 
schäftigt. Aber  die  so  oft  angehängten  oder  auch  eingeschobe- 
nen musikalischen  Schnörkel  in  außerordentlich  hohen  Tonlagen 
(das  Schirken)  haben  uns  in  früheren  Jaln^en  vom  Notieren  ab- 
gehalten. Wir  fanden  jedoch  auch  damals  schon  Strophen,  die 
uns  musikalisch  sehr  wertvoll  erschienen.  Wir  beschlossen,  unter 
Weglassung  alles  dessen,  was  nicht  einwandfrei  nachgepfiffen 
werden  konnte,  ein  Jahr  lang  Strophe  um  Strophe  aufzuschrei- 
Ix-n.  So  kamen  wir  zur  Sichtunsr  unserer  reichen  ersten  Jahres- 


-      156 

auslteutc  von   etwa   400   Stroiihen  ei-st    am    ScIiIuIj   dfi'   (ioaii.us- 
periodc. 

Wii'  hatten,  völlig  unbeeinflußt  von  dem  gestern  Aufgezeieli- 
ten,  nur  Tag  für  Tag  gesammelt  und  waren  erst  im  April  1912 
mil  großem  Erstaunen  dai-auf  gekommen,  daß '  ja  eine  Amsel 
dasselbe  Lied  gesungen  hatte,  das  wir  eine  Stunde  entfernt  von 
einer  anderen  gehört  hatten.  Von  da  an  waren  wir  nodi  auf- 
merksamer geworden.  Östlich  Sendelbaoh  schrieben  wir  am  22. 
IV.  1912  von  einer  Amsel: 


^ 


no  u  I 


^ 


Wir  ahnten  damals  nicht,  welche  Bedeutung  die  zwei  Strophen 
bekommen  sollten,  und  fanden  im  Weiterschreiten,  daß  das  erste 
Motiv  sich  ausgezeichnet  für  einen  Marsch  eignete.  Wir  nannten 
das  erste  Motiv  deshalb  das  M  a  r  s  c  h-,  das  zweite  das  T  r  i  o  1  e  n- 
motiv.  Diese  beiden  Motive  wanderten,  wie  wir  in  der  ,, (ge- 
fiederten Welt"  19113,  Heft  18  ■  unter  „  A  m  s  e  1  d  i  a  1  e  k  t  ?  "  l)e- 
richteten,  innner  weiter  in  unserer  Gegend,  bis  auch  die  Garten- 
amseln in  Lohr  die  simplen  Melodien  allenthalten  übernonunen 
hatten. 

Al)seits  dei'  Landstraße  Lohr-Steinfeld  saß  aber  eine  Künst- 
lerin ilu-es  Fachs;  die  hatte  ein  feines  anderes  Liedclien  er- 
funden. Das  klang  viel  schöner  als  die  bald  abgenutzten  Gassen- 
hauer. Ihrem  schönen  Lied  müssen  wirs  zuschreiben,  daß  jene 
abgebrauchte  Scheidemünze  in  dem  Hörbereich  der  guten  Sän- 
gerin nicht  aufkam.  Das  Werde  n  dieser  schönen  Strophe 
ha))en  wir  belausclit*).    Das    Urmotiv    hieß: 


Es  erle])te  folgende  Varianten: 


w  ui'de   dann    unter   Verengei'ung   der    Intervalle   umgearbeitet: 

M,L.      13    ,,„ -  -  .     %     -bl  =-^ 15    :b-_  -   -   -   - 


*)  „Wie  die  Amselstrophe 
Zeitung  1913,   Nr.  12.   S.  187-88. 


komponiert  wurde."'  Bayr.  Lehi'er- 


—     157     — 

und  plötzlich  mit  einem  iiacli  aufwärts  g-esclilagenen  g-ebuiifleiieii 
Gdui'-Dreiklang  giücklieh  zum   Abschluß  gebracht: 


Das  so  entstandene  kecke  Lied  nannten  wir  das  „  F  r  ü  h  1  i  n  g  s- 
lied". 

Neben  diesem  ging  das  Werden  eines  zweiten  Liedes  einher: 


Dieses  „Selmsuchtslied"  (Nr.  22)  hatte  also  den  gleichen  An- 
fang wie  das  Frühlingslied.  Was  uns  immer  wieder  auffiel,  das 
waren  die  Kunstgriffe  bei  der  Umgestaltung  dieser  Motive.  So 
verfährt  auch  der  Komponist  unter  uns,  wenn  er  ein  Thema 
variiert!  Daß  auch  diese  zwei  Lieder  in  der  Folgezeit  weiter 
ausgewertet  w^ürden,  ahnten  wir  damals  nicht. 

Wir  nahmen  uns  aber  vor,  in  den  konnnenden  Jahren  auf 
diese  vier  Lieder  —  Marsch-,  Triolen-,  Frühlings-  und  Sehn- 
suchtslied  —  ein  wachsames  Auge  zu  haben. 

Inzwischen  sind  6  Jahre  vergangen;  unsere  Amselstrophen 
haV)en  sich  gemehrt  wie  Jakobs  Kinder  und  so  können  wir  aus 
unserem   Schatz   manches    weitere   veröffentlichen. 

Den  meisten  Erfolg  hat  (parallel  der  menschlichen  Erfah- 
rung) das  musikalisch  Wertlosere  gehabt:  das  ISiarsch- 
und  Triolenmotiv.  Sie  traten  1913  zunächst  in  der  Amselwelt 
Lohrs  wieder  gesondert  auf.  Bei  dem  Herumprobieren  ergaben 
sich  Änderungen  des  Anfangs: 

23.      ''°  ■" 


oder  die  Sänger  ließen  die  Einleitung  ganz  fallen  und  verlänger 
ten  am  Schluß: 


IS  '' 


—     158     — 

Auch  wie  die  zwei  Motive  verbunden  klängen,  wurde  ausge- 
probt, indem  das  Triolenmotiv  gekürzt  voraus-  oder  nachgestellt 
wui'de: 


lg.  '' 


Die  vorer,wähnte  Schlußverlängerung  wurde  nach  oben  getrieben: 

)b?  . . 

^. 


Eine  neue  Errungenschaft,  das  „Eollen",  eine  recht  schnelle 
Wiederholung  desselben  Tons,  die  wir  durch  eine  Schlangen- 
linie andeuten  (von  dem  unten  noch  zu  sprechen  sein  wird), 
wird  bei  der  Schlußverlängeruhg  angewandt: 


Dann  wird  die  schnelle  Aufwäi'tsbewegung  angehängt,  bis  zum 
g4  in  die  Höhe  getriel>en  —  und  das  prächtige  Stück  ist  fix  und 
fei-tig:  53.    '^^     . ^      . 


Selbstvei'ständlich  stürzten  sich  die  Amseln  der  nächsten  wie  d,er 
weiteren  Umgebung  auf  diese  neue  Mode;  so  mußte  es  konnnen, 
daß  im  nächsten  Jahr  audi  dieses  Thema  wieder  Gemeingut 
wurde. 

Das  Jahr  1914  brachte  nichts  wesentlich  Neues.  Nachdem 
im  ersten  Frühling  die  Kehlen  wieder  durch  Übung  instand  ge- 
setzt waren,  erklang  da  und  dort  wieder  das  wohlbekannte  Lied. 
Freilich  wurden  auch  wieder  Änderungen  versucht: 

ii\    ^<-  -  -  ■  -  ■       3S.    '^ • -^^-  3b.   '^ ■  ■ 


159 


Nr.  34  bis  37  zeigen  ein  deutliches  krampfhaftes  Festhalten  an 
dem  liebgewordenen  „Lauf"  aufwärts.  Der  ehemalige  Roller  ist 
bei  Nr.  34  zu  einer  Triole  auf  c  gelockert  worden.  Nr.  35  hat  den 
Mittelsatz  eingebüßt,  Nr.  36  die  Einleitung.  In  Nr.  37  ist  der 
früher  abgestreifte  Auftakt   wieder   zu   Ehren  gekommen. 

Nr.  38  und  39  bringen  neue  Anhängsel  an  das  alte  Marsch- 
motiv, von  denen  das  in  Nr.  38  in  den  Jahren  vorher  schon  ge- 
hört und  notiert  worden  war.  Es  geht  auch  mit  ins  Jahr  1915 
und  1916  hinein,  wo  es  sich  wacker  gegen  das  schöne  alte 
Thema  verteidigt,  das  wir  z.  B.  am  Main  vom  27.  V.  1915  ab  bis 
zum   Überdruß    uns   vorsingen    lassen   mußten.     Das   Anhängsel 

ifl.    ^^''-  -  - 

4- 


wird  1915  abgeändert  zu 


^i  T 


Wir  neigen  dazu,  in  ihm  wieder  eine  Rückkehr  zu  dem  ,,Ur- 
motiv"  zu  erblicken.  In  dieser  ]\Ieinung  bestärkt  uns  auch  Nr.  40, 
denn  sie  bringt  die  in  Nr.  13  vereinfachte  und  verengerte  Form 
des  Urmotivs,  wenn  auch  etwas  variiert  und  mit  einem  interes- 
santen Auftakt  versehen.  Wir  hatten  dieses  Anhängsel  erstmals 
am  2.  V.  1914  folgendermaßen  geschrieben: 

+3.   '^°  ■  - 

auch  4-Jl.   ib° 

1915  hatte  es  den  Hochton  endgiltig  nach  f  hinaufgerückt: 

f5;   ifc", - 


1916  fanden  wir  es  mit  schnelleren  Noten  werten  vor;  es  wurde 


160     — 


sein-  flott  gesungen   (18.  VI.  1916) : 


Das  Tfiüleiiinotiv  haben  wir  in  diesem  Jahr  nicht  mein-  in 
Verbindung  mit  dem  Marschmotiv  gehört.  Dagegen  wurden  an- 
dere Ausgestaltungen  und  Erweiterungen  immer  wieder  ver- 
sucht. Am  28.  VI.  1916  erklang  in  der  Stadt  Lohr,  am  Kaibacli, 
in  außei'ordentlich  straffem  Rhythmus  und  interessanter  Phra- 
.sierung:  i^i     ;(,• 


Dieselbe  Amsel  suchte  fortgesetzt  zu  verbessern: 


Von  ihr  auch  hatten  wir  vorher'  (16.  VI.  1916)  das  rhythmisch 
feine  Liedchen  gehört,  das  eine  auI5ergewölmliche  musikalische 
Begabung  verrät : 


Von  dein  ,.  F  r  ü  li  1  i  n  g  s  li  e  d  "  und  dem  „Sehnsuchts- 
lied" spuken  in  den  Amselköpfen  1916  immer  noch  Erinnerun- 
gen: Das   Frühlingslied  sieht  jetzt  (10.  IV.  16)  so  aus: 


Man  vergleiche  das  mit  dem  ehemaligen  Lied  (Xr.  17),  S.  Iö7) 

1^      lb" 


Daraus   ei-gibt    sich: 

Der  Auftakt  ist  fortgefallen,  der  abgelauschte  Roller  an  zwei 
Töne  angehängt,  der  Aufschlag  um  einen  Ton,  der  eben- 
falls dem  (t  d  u  r  -  I)  r  e  i  k  1  a  n  g  a  n  g  e  h  ö  r  t  .  bereichert  wor- 
den; aus  (lei-  (li'eiteiiigen  Figur  ist  eine  vierteilige  geworden, 
die  sich  rhythmisch  auch  besser  eingliedert.  Wir  hörten  sie 
formvolleiidel   erstmals  am   17.  III.  1914  am  Buchenberg  oberhalb 


—     161     — 

Sendelbacli,  wo  sie  (25mal  in  ganz  kurzer  Zeit)  gesungen  wurde: 
^1    '*'•' 


Zögernd   und  tastend   hatte  die   xibänderung   begonnen   (20.  IV. 
1913  am  Buchenberg): 

ffe", 


Daneben  brachte  aber  diese  Amsel  aucli  noch  ganz  elegant  die 
ehemalige   dreiteilige   Schlußformel: 


Das  „Sehnsuchtsmotiv",  das  sich  auszeichnete  durch  die  me- 
lancholische Schleifung  der  zwei  letzten  Töne,  lag,  wie  wir  in 
unserer  ersten  Veröffentlichung  sagten,  dem  Amselcharakter 
nicht  recht.  Es  ist  dann  auch  verschwunden,  wenn  anders  man 
Strophen  wie  53  ife'V 


nicht  als  Erinnerungen  betrachten  will.  Nur  1913,  Ende  April, 
fanden  wir  am  Beilstein  eine  Strophe,  die  unveil^ennbare  Ähn- 
lichkeit mit  dem  Sehnsuchtslied  aufweist: 


Es  ist  äußerbt  interessant,  wenn  man,  durch  die  Gegend  strei- 
fend, immer  wieder  alte  Lieder  erklingen  hört,  die  man  auch 
erkennt,  wenn  ihnen  ein  kleines  anderes  Mäntelchen  umgehängt 
worden  ist. 

Obwohl  wir  die  Gesänge  unserer  hiesigen  Amseln  so  ein- 
gehend studiert  haben,  möchten  wir  noch  kein  abschließendes 
Urteil  abgeben  über  die  Frage  des  Vogeldialekts.  Wir  haben 
in  Erfurt,  in  Bamberg,  in  Locarno  am  Langensee,  bei  Genf  und 
in  Amsterdam  Strophen  notiert,  die  mit  den  typischen  Liedern 
unserer  Lohrer  Sängrer  sehr  g:roße  Ähnlichkeit  hatten: 


162 


Kriiii-t 


iK.r  if 


3-  rn. 


Loin- 


Baiubers: 


Bamberg 


Locarno 


Amsterdam 


1^.3-  14 


11. e:-  15 


Lohi 


.ohr 


Lolir 


Lohr 


Aus  dieser  Gegenüberstellung  wird  die  Ähnlichkeit  ohne  weiteres 


(Gefiederte  Welt  1913,  Heft  18)  unserer  Überschrift  „Amsel- 
dialekt?" angehängt  hatten,  und  meinen,  wenn  bei  irgend  einem 
unserer  Singvögel  von  Dialekt  gesprochen  werden  könne,  dann 
müßte  es  wohl  am  ersten  bei  der  in  künstlerischer  Hinsicht  an 
erster-  Stelle  stehenden  Amsel  sein.  So  lange  aber  nicht  in  an- 
deren Gegenden  jahrelang  ebenso  systematisch  der  Amselgesang 
beobachtet  wird,  ist  an  eine  endgültige  Lösung  dieser  zweifellos 
wichtigen  ornithologischen  Frage  nicht  zu  denken.  Mit  persön- 
lichen 2^Ieinungen  ist  da  nicht  gedient. 

Das  eine  scheint  aus  unseren  Darlegungen  noch  hervorzu- 
gehen: daß  der  Amselgesang  nichts  bleibendes  ist;  er  unterliegt 
vermutlich  einem  fortgesetzten  Wechsel,  wenn  er  auch  gewisse 
Äußerlichkeiten  wie  die  Triolenmanier,  das  Punktieren,  das  Be- 
nützen der  Akkorde,  die  steigende  Tendenz  des  Schlusses  bei- 
beliält. 

Im  weiteren  Verlauf  unserer  Besprechung  wollen  wir  nun 
die  m  u  s  i  k  t  e  c  h  n  i  s  c  h  e  n  Hilfsmittel  zusammenstellen, 
die  bei  der  Umgestaltung  der  Lieder  von  dieser  Schwarzkünst- 
Icrin  im  allgemeinen  gebraucht  worden  sind. 

A.    Sie  fügte  Motive  zusannnen    o  li  n  e    jegliche  Änderung, 


—     163     — 

das  heißt   so,   wie  sie  sie  vorher  eingeül)t   und  gebracht   hatte, 
durch  einfädle  Reihung  desselben   ]Motivs   (Wiederholung): 


B.  Sie  vereinigte  Motive,  die  sie  vorher  g  e  ä  n  d  e  r  t  hatte 
(Imitation).  Als  Mittel  zur  Änderung  wui'den  benutzt: 

1.  Das  Einsetzen  von  Verzierungen  und  zwar  des  Tremolos*): 


und  von  Vorschlägen: 
W     ib-  -  - 


2.  Verschiedene  Rhythmisierung  der  ^Melodien,  was  in  der 
Art  geschah,  daß 

a)  Einzeltöne  der  Melodie  doppelt  oder  dreifach  gesetzt, 
also  die  Xotenwerte  zerlegt  wurden  (Beispiele  10,  14,  20,  15, 
43,  44):  ,b^ . 


b)  Auftakt  vorausgestellt: 


c)  Pausen  eingeschoben: 

4f 


d)  die  Notenwerte  vergrößert  oder  verkleinert  wm^den  durch 
Punktierung : 


*)  Triller  dagegen  haben  wir  noch  nie  von  Amseln  gehört.  Wir  kennen 
solche  überhaupt  nur  von  Nachtigall,  Buchfink  und  WaldJcauz. 


—     164     — 

3.    Die  Veränderung  von  Intervallspannimgen. 
Das    geschah    unter    Beiliehaltung    der   gleichen    Khythnien 
(Beispiele  30,  31,  45,  54): 


oder  unter  kleiner  Änderung  der  Rhythmen: 


4.  Die  Motive  erfuhren  auch  eine  Änderung,  indem  sie  ver- 
kürzt oder  erweitert  wurden  durcli  Weglassung  oder  Hinzu- 
fügung neuer  Töne.  Nr.  17,  24: 


C.    In  solcher  Weise  abgeänderte  Motive  fügte  sie,  wie  ge- 
sagt, zu  größeren  Alelodien  zusannnen.  Nr.  26,  27,  39; 
ft». '  •      <t» 


Das  sind  alles  Kunstmittel,  die  auch  der  menschliche  Kom- 
ponist zur  Anwendung  bringen  darf.  Dieser  geht  freilich  wei- 
ter, indem  er  z.  B.  das  Thema  umkehrt.  Dieses  Mittel  der  ,, Um- 
kehrung" des  Themas  nun  glauben  wir  in  dem  Lauf  eines  Amsel- 
lieds (Nr.  55):  ^^    ,(,, 


einmal  festgestellt  zu  haben  (Ornith.  Monatsber.  22,  Nr.  9,  1914). 
Wir  ließen  aber  in  der  damaligen  Skizze  „Die  Amsel,  ein  Kom- 
ponist unter  den  Vögeln"  doch  einen  Zweifel  daran  durchblicken. 
Bisher  haben  wir  völlig  einwandfreie  Belege  dafür  nicht  auf- 
zeichnen können. 

Daß  die  Amsel  ihre  Motive  in  eine  andere  Tonart  trans- 
poniere, wie  Hoff  mann  (a.a.O.)  behauptet,  möchten  wir 
nicht  unterschreiben.  Jedenfalls  geschieht  es  nicht  ,,mit  Absicht". 
Die  Transpositionen  in  unseren  Amselstrophen  11  und  12  könn- 
ten auch  auf  andere  Ursachen  (etwa  Ermüdung  usw.)  zurückzu- 


—     165     — 

führen  sein.  Diese  ^Meinung  spriclit  aueli  Phil.  George  (Wies- 
l;)aden)  aus  in  seiner  Veröffentliclumg  ,,Die  Amsel"  (Neue  Mu- 
sikzeitung 1914  Nr.  22).  Jeder  Gesanglehrer  weiß  ferner  recht 
gut,  daß  nicht  nur  ermüdete  Stimmen  detonieren,  sondern  daß 
auch  bei  schlechtem  Wetter "  die  Stimmlage  sich  häufig  etwas 
nach  unten  verschiebt. 

In  der  erwähnten,  sonst  von  selir  guter  Beobachtung  zeu- 
genden Arbeit  geht  George  nocli  weiter  als  Ho  f  f  m  a  n  n  -  R  i  e- 
m  a  n  n  :    er  will  in   Amselgesängen    Septimen  Sprünge : 
5h. 


und  den   T  r  i  t  o  n  u  s 


festgestellt  haben. 

Wir  seilest  haben  unter  unseren  mehr  als  3000  Amselstrophen 
Septimenintervalle  ebenso  wie  den  Tritonus  vergeblich  gesucht. 
Immerhin  halten  wir  sie  für  durchaus  möglich,  obzwar  uns  die 
ganze  Tonlage,  besonders  in  der  zweiten  Schreibung  Georges 
ein  wenig  tief  vorkommt,  und  die  Oktave,  in  der  G.s  Amsel 
singt,  gleich  um  zwei  Oktaven  zu  tief  angegeben  ist.  Wenn  G. 
sagt:  „Ist  der  Vogel  ungestört  im  richtigen  Plaudern,  so  reiht 
er  .  .  .  Einzelmotive  .  .  .  ganz  musikalisch  logisch  aneinander, 
die  sich  .  .  .  als  eine  in  sich  folgerichtig  im  Zusammenhang  ste- 
hende .  .  .  Periode  erkennen  lassen  (Beispiele  Periode  I  u.  II)", 
so  bestätigt  er,  was  wir  oben  über  die  Zusammensetzung  der 
]\Iotive  ausgeführt  haben. 

Georges   Beispiele  seien  hierher  gesetzt : 

Fi? 


Abel-  daß  die  Amsel  so  eine  x'^rt  Frage-  und  Antwort  spiel 
aufführe,  scheint  uns  zu  weit  gegangen: 


Man    ist    so    leicht    geneigt,    gerade    beim    Amselgesang    vieles 
hineinzuhören.  So  ist  z.B.  die  Angabe  des    Takts    eine  meist 


—     166     — 

sehr  heikle  Sache.  Hier  stimmen  wir  Hoff  mann  vollständig 
l)ei.  Wenn  wir  in  dieser  Arbeit  doch  oft  Taktstriche  setzen 
konnten,  so  war  eben  das  IMarschmotiv  daran  schuld,  das  in 
seinen  verschiedenen  Verarbeitungen  immer  wiederkehrt  in  un- 
serer Besprechung.  Auch  bezüglich  der  D  y  n  a  m  i  k  ist  wenig  zu 
bemerken.  Der  Vogel  bringt  wenig  dynamisclie  Schattierungen. 
Er  singt  aus  vollem  Halse  sein  F.  (Von  seinem  pp-Plaudern 
wurde  früher  schon  gesprochen.)  Das,  was  den  Gesang  der 
Xachtigall  so  veredelt,  das  Crescendo,  kennt  die  Amsel  nicht. 
■  Der  Klang  der  Amselstimme  entspricht  dem  der  Flöte 
und  Okarina  am  ehesten.  (George  meint,  daß  die  Vogelstinnnen 
vielfach  die  Vorbilder  für  unsere   Instrumente  gewesen  seien.) 

Die  Tonhöhe  wird  von  Voigt*)  und  H  o  f  f  m  a  n  n  um  1 , 
von  George  um  2  Oktaven  zu  tief  angegeben.  Der  Amsel- 
gesang bewegt  sich  in  der  Hauptsache  zwischen  h^  und  g^,  um- 
spannt also  für  gewöhnlich  eine  Sexte.  Wir  reden  hier  aus- 
drücklich vom  Gesang.  Das  oft  angehängte  „Schirken"  haben 
wir,  wie  gleich  anfangs  gesagt,'  nicht  in  den  Bereich  unserer 
Untersuchungen  gezogen.  Die  Tonlage  der  Gesänge  ist  so  hoch, 
daß  wir  sie  grade  bequem  pfeifen  können.  Das  ist  ein  großer 
Vorzug  gegenüber  den  meisten  anderen  Vogelstimmen.  Der  Leser 
aber  möge  sich  nicht  verleiten  lassen,  unsere  Xotenbeispiele  am 
Klavier  zu  spielen.  Er  müßte  sie  in  der  obersten  Oktave  des 
Pianinos  nehmen  und  wäre  dann  .höchst  unl>efriedigt.  Auf  der 
Flöte  und  der  Okarina  gespielt  oder  mit  dem  Mund  nachge- 
pfiffen, konnnen  die  Beispiele  am  ehesten  der  Wirklichkeit  nali. 

Aus  unseren  Schreibungen  geht  zur  Genüge  hervor,  daß  der 
Amselgesang  besonders  die  Tonarten  Cdur  und  Gdur  bevor- 
zugt und  innerhalb  dieser  Tonarten-  wieder  den  Akkord.  Auch 
Bruchstücke  der  Tonleiter  werden  gebracht.  Ein  einziges  Mal 
komiten  wir  die  Cdur- Tonleiter  von  gg  bis  g^  aufwärts  ge- 
nonnnen,  aufschreiben.  Das  war  eine  der  alten  Kirchentonarten, 
die  man  die  myxolydische  nennt,  mit  dem  Ganzton  f  g  am 
Schlüsse,  also  ohne  den   Leiteton  der  diatonischen  Skala: 


*)     Alwin   Voigt,    Exkursionsbucli    zum    Studium    der   Vogelstimmen. 
6.  Aufl.  1913,  S.  45  u.  46.  In  der  neuen  Auflage  richtig  gestellt. 


—     167     — 

Das  Gleiche  berichten  George  und  ^Nfayer  (Saarbrücken).*) 
George  meint  dazu:  „Es  könnte  fast  vernuitet  werden,  daß 
die  alten  Kirchentonarten,  zum  mindesten  aber  die  religiösen 
Gesänge  aller  alten  und  mithin  auch  moderner  Kulturvölker  mit 
diesen   Naturmelodien  im   Zusammenhang  stehen". 

Bevor  wir  weiter  gehen,  möchten  wir  hier  noch  einige  Stro- 
phen einschalten,  die  Zeugnis  von  dem  hohen  Können  der  Amsel 
ablegen  sollen.  Von  tonleiterartigen  Strophen  können  wir  noch 
folgende  aus  unseren  Auf  Schreibungen  veröffentlichen  (Xr.  (50 
bis  64):       u.  ib»   -  - -„z-c  -  -    bi.  -     -  ■^^-'^^^-  -'»i/. 


Die  ersten  zwei  gehören  unserer  modernen  Bdur-Tonleiter  an 
und  sind  mit  einem  Auftakt  versehen,  der  durch  Punktierung 
variiert  worden  ist.  Die  zwei  letzten  Tonleiternotierungen  stam- 
men vom  Jahr  1914,  wo  eine  Amsel  in  unserm  Hausgarten 
früh  morgens  fast  ununterbrochen  Tonleiterübungen  auf-  und 
abwärts  im  Geschwindtempo  vornahm.  Die  erste  Notierung  vom 
23.  III.  1914  umfaßt  die  untere  Quint  unserer  modernen  Gdur 
Tonleiter,  die  in  Triolenljewegung  gebracht  wird.  Am  nächsten 
Tag  wird  durch  Verlängerung  von  unten  in  Sechzehntelbewe- 
gungen die  myxolydische  Tonleiter  mit  dem  Ganzton  f  g  am 
Schluß  gesungen.  —  Die  letzte  Tonleiternotierung  umfaßt  die 
untere  Quinte  der  Amoll-Skala. 

Wie  oben  erwähnt,  erlangt  aber  der  Akkord  im  Amsel- 
gesang eine  ungleich  größere  Bedeutung.  Von  einer  Amsel  hör- 
ten wir  einmal  unmittelbar  hintereinander  glockenrein  den  Fdur- 
Akkord  (Nr.  65): 

lo5.    '^''- 


Das  hohe  F  wurde  als  Eoller  gebracht,  wie  es  der  Eisenbahn - 
Schaffner  am  Bahnhof,  der  in  der  Nähe  lag,  beim  Verschieben 
der  Wagen  so  oft  verwendete.  Ein  andermal  erklang  der  Fdur- 


Akkord  in  Triolen  (Nr.  66): 


*)  Mayer,   Die  musikalischen  Elemente  im   Gesang  der  Amsel.    „Ge- 
fiederte Weit"  30,  Nr  25.  1896. 


168     — 


oder  mit   Punktierungen   (Nr.  67): 

.tf  ib-. 


Das  kecke  wie  ein  An  griff  signal  anmutende  Motiv  wurde  7mal 
einwandfrei  nacligepfiffen,  erklang  den  ganzen  Sommer  liindurch 
auf  dem  Valentinsberg  in  Lolir,  hatte  sich  aber  bis  zum  nächsten 
Jahr  verloren. 

Daß  das  folgende  Motiv  (Nr.  68)  aus  einer  Veränderung  des 
Gdur- Dreiklangs  entstanden  war,  erkannte  man  noch  an  der 
Akzentuierung: 


Das  schönste  Akkordmotiv  aber  hörten  wii"  am  Beilstein 
(1916).  Es  zeichnete  sich  aus  nicht  nur  durch  Einschiebung 
einer  prächtigen  Wechselnote  (x),  nicht  nur  durch  strengen 
Marschrhythmus  und  interessante  Phrasierung,  sondern  auch  da- 
durch, daß  eine  Wiederholung  darin  vorkam: 


Das  Liedchen  wurde  uns  fünfmal  in  zehn  Minuten  vorgesungen. 
Es  wundert  uns  nur,  daß  das  prachtvolle  Motiv  keine  größere 
Nachahmung  bei  den  Nachbaramseln  gefunden  hat. 

Mit   dem   nachfolgenden   jSIotiv    (Nr.  70)    wissen   wir   nichts 
rechtes  anzufangen: 


Die  Töne  von  c  zum  g  und  umgekehrt  wurden  durchgeschliffen, 
wie  man  es  von  Meister  Star  so  oft  hört:  Glissando  und  Porta- 
mento nennt  es  der  Violiiispieler.  Sollten  das  nun  Cdur-Ton- 
leitern  oder  Akkorde  sein? 

Eine  Stufe  höher  sind  Themen  zu  bewerten,  die  sich  aus 
mehren,  verschiedenen-  Akkorden  angehörenden  Motiven  zusam- 
mensetzen (Nr.  71^72,  73): 


—     169     — 

Auch  hier  zeigt  sich,  daß  die  in  der  menschlichen.  ^lusilv  so 
stark  bevorzugte  Dominante  (V)  eine  Hauptrolle  spielt.  Das 
erste  und  das  letzte  Thema  stehen  in  Cdur;  die  diesem  Akkord 
fremden  Töne  h  d  müssen  mit  Gdur  harmonisiert  werden.  Das 
im  Thema  vorkommende  f  ist  als  Durchgangsnote  aufzufassen. 
Das  zweite  Beispiel  steht  in  Bdur;  c  mid  a  sind  mit  der  Domi- 
nante der  Bdm^-Tonart  (Fdur)  zu  harmonisieren. 

Man  sieht,  es  ergeben  sich  viele  Parallelen  zwischen  dem 
musikalischen  Schaffen  der  Amsel  und  des  Menschen.  Es  mag 
vielleicht  interessieren,  was  Philipp  George  zu  dieser  Frage 
sagt:  „Die  weichen  Töne  der  Vogelstimmen  haben  vielleicht 
ebensoviel  zur  Ausbildung  des  Wohlklangs  der  menschlichen 
Sprechstimme  beigetragen,  als  sie  sicher  für  die  Entwickelung 
der  Musikinstrumente,  ja  es  könnte  sogar  im  Hinblick  auf  die 
verblüffenden  musikalischen  Leistungen  unseres  schwarzgerock- 
ten  Sängers  angenommen  werden,  daß  sie  für  die  Entwickelung 
der  Musik  überhaupt  grundlegend  waren." 

Zu  dieser  Frage  seien  einige  Beobachtungen  erwähnt,  die 
wir  an  lernenden  Jungamseln,  also  gewissermaßen  in  der  Amsel- 
singschule machten. 

Wie  wir  dazu  kamen?  Nachdem  wir  bis  Mai  1912  das  Ent- 
stehen des  „Frühlings-"  und  „Sehnsuchtsmotivs"  miterlebt  hatten, 
kamen  wir  nach  einer  durch  äußere  Umstände  bedingten  länge- 
ren Pause  nicht  mein-  in  das  Eevier  der  Künstlerin.  Wie  er- 
schraken wir,  als  wir  am  27.  Mai  in  die  Fichtenkultur  kamen: 
wo  unsere  Künstlerin  ihre  herrlichen  Weisen  vorgetragen  hatte, 
erklangen  jetzt  heisere,  ungenaue,  schlechtgetroffene  Stümper- 
melodien, die  ja  im  allgemeinen  noch  eine  entfernte  Ähnlichkeit 
mit  den  ehemaligen  herrlichen  Melodien  hatten.  Der  ganze  Wald 
hallte  wider  von  den  halbverstandenen  verstümmelten  Gesängen. 
Wie  wir  noch  kopfschüttelnd  die  Ursache  zu  enträtseln  such- 
ten, klangen  plötzlich  von  ferne  in  aller  Frische  und  Treue, 
sich  fast  unmittelbar  folgend,  die  beiden  Lieder  herüber.  Nun 
wai'  des  Rätsels  Lösung  gefunden:  die  Gelbschnäbel,  die  flügge 
Brut,  hatten  Singstunde. 

Vergegenwärtigen  wir  uns  nochmals  das  ,,Frülilingslied" 
(Xr.  17,  S.  157): 


—     170     — 

Es  bestellt,  aus  dem  reinen  Gdur-Dreiklang.  Das  Charakteristi- 
sche daran,  wohl  auch  das  schwierigste  für  den  Aniselsyrinx 
ist  der  gebrochene  aufwärts  geschlagene  Dreiklang  mit  dem 
Hochton  G,  der  ja  ohnehin  an  der  Höchstgrenze  der  Amselsing- 
stimme liegt.  Nun  ül)te  eine  junge  Amsel,  nachde-m  das  Motiv 
deutlicli   von   der   Alten   vorgetragen   worden   war: 


Als  wenn  der  Kehlkopf  erst  eingestinnnt  werden  müßte,  nmten 
die  ersten  Beispiele  an.  Die  Tonart  wird  sofort  richtig  erfaßt, 
die  Sliiimie  klingt  in  dieser  Mittellage  ganz  gut,  erst  der  Hocl> 
ton  macht  Sch\\ierigkeiten  und  wird  zunächst  schlecht  gesungen, 
weshalb  er  in  dem  Notenbeispiel  schräg  durchstrichen  ist.  Schon 
ist  aber  der  Rhythmus  vollständig  erfaßt.  Bald  darauf  erscheint 
der  Auftakt,  dann  erfolgt  der  Aufschlag  in  schnellerem  Tempo, 
und  das  Liedchen  ist  eingeübt.  Freilich  geht  das  nicht  so  schnell, 
als  wir's  hier  schildern.  Wir  hörten  Jungvögel  halbe  Stunden 
lang  fast  ohne  Pause  üben,  manchmal  mit  einer  wahnsinnigen 
Hast,  als  wollten  sie  Mitl^ewerber  ausschalten,  mit  einem  Eifer, 
vorbildlicli  füi-  menschliche  Musikschüler,  bis  die  Stinune  heiser 
war.  Dazu  wurden  die  Stunden  der  Aforgendänunerung  jnit  Vor- 
liebe gewählt,  wir  wurden  oft  aufgeweckt  von  diesem  Wettsingen. 
Auch  die  anderen  Motive  hörten  wir  einüben.  Das  elterliche 
Gut  lautete  in  einem  Falle  so: 


Die  krampfhaften  Bemühungen  der  Jungvögel  sind  aus  den 
iclifolgcnden    Notierungen   ersichtlich: 

lt.".  -  ^-       16^ 


Also  \\i('(l(Miiiii  Erfassung  der  Tonlage  zuei'st,  dann  des  Hhyth- 
mus.  dann  ei'st  werden  die  Intervalle  und  die  Melodielinie  ganz 
getroffen. 

Was  wir  hier  bringen,  stammt  aus  dem  Jahr  liJU  (20.  V.). 
Ebenso  das  Nachfolgende,  das  wii-  Anfang  Juni  in  unserm  Haus- 
garten hörten :  -    ">' 


—     171     — 

Das  eintönige  Liedleiii  drang  fortgesetzt  an  unser  ühi-,  um 
dann  eine  Besclileunigung  des  Rliytlnnus  zu  erfahren.  Dabei 
wurde  wiederum  der  Takt  genau  eingelialten  und  die  höhere 
Note  einfach  in  Unterw^erte  zerlegt: 


Angehängt  wurde  nach  einer  Achtelpause  der  Hochton  f.  Nun 
vergleiche  man  mit  dieser  Schreibung  das,  was  vorher  der  Alte 
gesungen  hatte: 


Anstelle  der  Sechzehntelnoten  d  und  e  tritt  eine  Aclitelpause, 
der  Hocliton  g  ward  noch  nicht  ganz  erreicht.  Ja,  das  Wort  l)e- 
steht  zu  Recht:  „Am  Anfang  w^ar  der  Rhythmus!" 

Daß  nicht  nur  Junge  solchergestalt  das  von  den  Eltern  Ge- 
hörte sich  einprägen,  sondern  daß  auch  das  während  des  Winters 
halb  Vergessene  erst  langsam,  aber  in  derselben  Reihenfolge 
wieder  über  die  ,,Scliw^elle  des  Bewußtseins"  tritt,  scheinen  uns 
die  folgenden  Beispiele  zu  sagen. 

Die  Amsel  in  unserem  Hausgarten  sang  am  5.  Tl.  1916  früh 
8  Uhr:  ^fc'- - 


Dabei  w'urde  von  c  bis  g  durchgeschliffen,  also  der  ,,Ijauf" 
wieder  ausprobiert.  Ihre  Kollegin  im  Kasinogarten  Lohr  stüm- 
perte am  9.  III.  1916  abends  5  Ukr: 


Sie  hatte  also  eine  e'ute  ErinnerLmgr  an  das  Vorbild: 


sie  entnahm  diesem  die  mit  X  bezeichneten  Stücke.  Sie  mag  das 
Gefühl  besessen  haben,  daß  am  Schluß  sich  im  Vorjahr  eine 
Triole  befunden  hatte;  die  kam  aber  als  vollständiges  Geräusch 
heraus  und,  als  nüißte  die  Amsel  es  verbessern,  hängte  sie 
dann  den  wohl  im  verflossenen  Herbst  gründlich  geübten  Hocli- 


-     172     — 

ton    an.    Audi    die    Rhytliinusbewegiiiigen   der    Sekiiiidenscliritte 
lassen  auf  ein  gutes  Gtefühl  für  Rhythmus  schließen 

Rhythmisches  Gefühl  tritt  auch  im  nächsten  Beispiel  deutlich 
hervor.  Die  Amsel  am  Kaibachplatz  (Lohr)  sang  am  I.V.  1916 
abends  734  Uhr: 


Dabei  Vjlieb  der  Vorsclüag  innner  kratzend.  Sollte  er  wohl  den 
Holler  vom  vorigen   Jahr  bedeuten? 

Mit  diesen  Beispielen  mag  es  für  jetzt  sein  Bewenden  hal)en. 

Es  ist  nun  eigentlich  nicht  weiter  verwunderlich,  wenn 
das  Junge  das  Lied  des  Alten  lernt.  Aber  die  Amsel  ist  ge- 
lehrig. Sie  imitiert  auch  anderes,  wenn  auch  nicht  in  dem 
Maße  wie  z.  B.  Gartenspötter,  Waldrotschwanz,  Blaukehlchen, 
oder  wie  ihre  nächste  Verwandte,  die  Singdrossel.  Aber  was 
ihr  liegt,  besonders  in  Bezug  auf  Tonhöhe,  das  bringt  sie  in 
größter  Nat  urtreue. 

Von  der  Nachahmung  der  Trillerpfeife  des  Eisenbahnschaff- 
ners haben  wir  oben  schon  gesprochen.  Wir  haben  seinerzeit 
in  der  Frankfurter  Zeitung  (58.  Jahrg.  1914.  Nr.  115,  vom  26. 
April  1914)  davon  erzählt.  Am  30.  April  1914  wurde  diese  Nach- 
richt durch  eine  Zuschrift  an  dieselbe  Zeitung  (Nr.  119)  aus 
Basel  bestätigt.  Dort  hatte  die  Eisenbahnverwaltung  auf  freche 
Jungen  gefahndet,  die  die  Pfiffe  des  Personals  nachgeahmt  und 
dadurch  beim  Verschieben  der  Wagen  oftmals  ein  großes  Durch- 
einander erzeugt  hatten.  Endlich  wurden  die  Übeltäter  entdeckt: 
es  waren  Amseln.  Ihre  Meisterschaft  ging  sogar,  sagt  die  Zu- 
schrift, so  weit,  daß  sie  verstanden,  getreu  verschiedene  indi- 
viduelle Eigentümlichkeiten  nachzuahmen,  die  das  Personal  beim 
Pfeifen  sich  angewöhnt  hatte. 

Wir  haben  hier  in  Lohr  an  verschiedenen  Stellen,  die  inniiei- 
in  allernächster  Nähe  der  zwei  Bahnhöfe  lagen,  diese  Lnitation 
gehöi-t.  Da  einmal  gleichzeitig  Amsel  und  Schaffner  pfiffen,  konn- 
ten wir  feststellen,  daß  die  Tonhöhe  und  der  Klangcharakter 
haarscharf  getroffen  waren.  Der  Roller  wurde  aber  auch  auf 
anderen  Tönen  angebracht,  wie  ja  aus  dem  Obigen  hervorgeht. 

Wii-  schi-ieben  einmal: 


—     173 

doch  auch: 


Was  wir  von  dieser  Künstlerin  nicht  erwartet  hätten,  geschah 
doch:  sie  ahmte  auch  Geräusche  nach  und  zwar  Sensen  wetzen. 
Wir  haben  es  in  zwei  verschiedenen  Jahren  und  an  zwei  ver- 
schiedenen Plätzen  beobachtet.  —  Die  Tonlage  von  Schwarz- 
specht  und  Grünspecht  und  Steinkauz  entspricht  ungefähr  der 
der  Amsel.  So  kann  es  nicht  wunder  nehmen,  wenn  audi  die 
Kufe  dieser  Vögel  in  ihr  einen  Nachahmer  finden. 
Der  kratzende  Streckenruf  des  Schwarzspechts: 


^"i'  i-\'  frr  c 

Ho^  -mv        hw       /K\^ 


wie  sein  melancholisches      L  ^  \°  j*^      werden  in  täuschender 

Xaturtreue  nachgeahmt.  Wir  haben  dabei  immer  besonders  be- 
wundert, daß  der  obertönige  Klangcharakter  dieses  klie  mit  dem 
harten  K-Anlaut  so  gut  herausgebracht  wird,  da  doch  sonst  die 
Amselstimme  dem  obertonarmen  (hölzernen)  Flöten-  oder  Ge- 
daktregister  der  Orgel,  nicht  aber  den  streichenden,  oberton- 
reichen  (Zinn-)  Salizionalstimmen  zu  vergleichen  wäre.  Ebenso 
gut  gelang  an  mehren  Stellen  das  Glü  glü  glü  des  Grünspechts, 
das  an  eine  Strophe  als  Endtriole  angehängt  wurde  auf  e^^.  Das 
Kuit  des  Waldkauzes  muß  natürlich  nicht  nur  in  der  Höhenlage, 
sondern  auch  im  ganzen  Rhythmus,  in  der  Tonführung  und  im 
Tempo  der  Amsel  „liegen".  Wü-  hörten  es  da  und  dort.  Von 
weiteren  Kachahmungen  -verschiedener  anderer  Vogelrufe  nuiß 
noch  weiter  unten  gesprochen  werden. 

Nun  hörten  wir  von  Amseln  auch  eine  Reihe  wohlbekannter 
m  e  n  s  c  h  1  i  c  h  e  r  ]M  e  1  o  d  i e  n  singen,  können  uns  aber  bei  eini- 
gen nicht  glattweg  dazu  entscheiden,  sie  für  Nachahmungen 
zu  erklären: 


Mein  lieber  Schwan 

Das  Motiv  sieht  unserem  oben  angeführten  ürmotiv  so  ähnlich 
und  ist  so  m  allem  zugeschnitten  auf  das  Amselkünstlertum,  daß 


—     174     — 

wir  lit' Ute  eher  dazu  neigen  zu  sagen,  R  i  c  li  a  r  d  Wagner 
lialie  l)ei  der  Amsel  eine  Anleihe  geniaclit.  Hoff  mann  erklärt 
es  für  ein  Singdrosselmotiv.  Wir  haben  es  an  zwei  Stellen,  die 
mindestens  zwei  Stunden  auseinanderliegen,  von  Amseln  gehört. 
Die  zwei  in  folgendem  angeführten  Liedanfänge  wolle  man 
vergleichen : 


(Das  2.  ist  hier  um  einen  Ton  höher  gesetzt) 

Die  beiden  Anfänge  haben  ungemeine  Ähnlichkeit  und  sind  docli 
von  zwei  grundverschiedenen  Komponisten  —  Donizetti  und  Bi- 
zet —  erfunden  worden: 

„Ich  bin  die  Tochter  (des  Regiments)" 
„Auf  in  den  Kampf". 

Das  erste  Motiv  hörten  wh'  am  29.  V.  1912  auf  dem  Valen- 
rinsberg,  den  zweiten  Liedanfang  am  15.  VII.  1915  am  Romberg 
in  Begleitung  eines  höchst  unmusikalischen  Freundes,  der  das 
Lied  aber  ohne  unser  Zutun  sofort  erkannte. 

Wer  war  in  diesem  Fall  der  ,, Abschreiber"? 

Wir  meinen,  die  Frage  wäre  zu  unrecht  gestellt.  Derartige 
\'orfälle  mögen  nur  wiederum  beweisen,  daß  zwischen  dem 
Amsel-  oder  dem  Vogelgesang  überhaupt  und  unserer  Musik 
Brücken  geschlagen  zu  sein  scheinen.  Wir  könnten  noch  mehr 
solcher  Beispiele  bringen,  Avollen  aber  nur  noch  auf  eines  hin- 
weisen. 

Man  vergegenwärtige  sich  noclimals  das  sogenannte  ,,Ur- 
motiv"   (S.  15G): 


das  wir  verschiedenfach  variiert  wiederfanden  in  den  Strophen 
9,  10,  11: 

" '  u.  s.  w.. 


dessen  Toimmfang  auch  verengert   wurde   (Strophe   12): 


—     175     — 

und  nach  so  vielem  Hin-  und  Herwenden  endlieh  zum  Früldings- 
lied  wurde. 

Auch  die  Anhängsel  Nr.  41: 


sowie  43,  44,  besonders  aber  45: 


scheinen,   wie   wir  bereits   ausgeführt   liaben,   aus   dem  Urmotiv 
entstanden  zu  sein. 

Nun  vergleiche  man  damit  die  Melodie: 


Diese  ^Melodie  des  ., Puppchens"  liörten  wir  von  Amseln  einwand- 
frei an  zwei  verschiedenen  Orten :  zuerst  in  unserem  Hausgarten. 
Im  Traum  ärgerten  wir  uns  über  einen  Jungen,  der  den  Gassen- 
hauei-  immer  und  immer  wieder  in  aller  Morgenfrühe  vor  un- 
serem Schlafzimmerfenster  herunterpfiff,  x'ils  wii^  ihn  bei  den 
Ohren  nehmen  wollten,  erkannten  wir  im  Erwachen  die  so  „mo- 
derne" Amsel,  die  auf  einem  Apfelbaum  in  unmittelbarer  Nähe 
des  Fensters  sang.  Auch  in  einem  Tale  zwischen  Gambach- Dorf 
und  -Bahnhof,  d.  h.  in  25  km  Entfernung  von  Lohr,  wurden  wir 
von  einer  Amsel  mit  demselben  Gassenlied  überrascht.  Eine 
Täuschung  war  völlig  ausgesclüossen.  In  diesen  zwei  Fällen  nei- 
gen wir  dazu,  eine  Imitation  anzunehmen,  denn  das  Lied  wurde 
allüberall  bis  zum  Überdrusse  gepfiffen  und  lag,  wie  vorher  an 
den  Notenbeispielen  gezeigt,  der  Amsel  wie  kaum  ein  zweites. 
Als  wir   1916  wieder  auf  dem   Kaibachplatz  das  Motiv: 


von  einer  Amsel  hörten,  glaubten  wir  in  ihm  eine  Erinnerung 
an  das  ,, Puppchen"  erblicken  zu  müssen.  Eine  Durchsicht  un- 
serer Aufzeichnungen  ergab  aber,  daß  es  mit  dem  Urmotiv  in 


—     176     — 

Zusamiiienhang  gebracht  werden  muß.  Es  ist  als  eine  Variation 

des  Urmotivs  (Nr.  8)      ^  /   *  j  ^^     anzusehen. 

Wir  haben  ferner  von  hiesigen  Amseln  noch  Motive  gehört : 


Heimat  o  Hei-(mat,  ich  muß  dicli  verlassen).  Volkslied. 


I^ippe  Detmold  (eine  wunderschöne  Stadt).  Altes  Volkslied. 

Diese  zwei  Liedanfänge  werden  hier  von  unseren  Wander- 
vögeln viel  gesungen.  Da  sie  aber  Tonschritte  aufweisen,  die 
Uligemein  häufig  im  Amselgesang  vorkommen,  braucht  man  nicht 
gleich  eine  Nachahmung  zu  wittern;  immerhin  wäre  sie  möglich. 
Jedenfalls  ist  die  Gleichheit  der  musikalischen  Empfindung  von 
Mensch  und  Amsel  recht  bemerkenswert. 

Es  müßte  sehr  reizvoll  sein,  einer  gelehrigen  Käfig-Amsel 
ein  kurzes  Motiv  in  immer  derselben,  ihr  vielleicht  nicht  ganz 
zusagenden  Tonhöhe  vorzupfeifen,  und  dann  zu  beobachten,  ob 
sie  wirklich  versucht,  das  Liedchen  in  die  ihr  zusagende  Lage 
zu  transponieren.  Wir  glauben  nicht  eher  daran,  bis  wir  es  mit 
eigenen  Ohren  gehört  haben. 

Ludwig  S  c  h  m  u  t  z  1  e  r  (Heilbronn)  erzälüt  in  einer  Plau- 
derei „Über  den  Tonsinn  der  Vögel"  (Neue  Musikzeitung  1916, 
Heft  21),  daß  er  einen  transponierenden  Papagei  besessen  habe. 
Seine  im  gleichen  Aufsatz  vorkonnnenden  Aufschrei])ungen  über 
die  Amselstrophen  sind  aber,  was  ihre  Notierung  anlangt,  so 
w^enig  vertrauenerweckend,  daß  wir  seiner  ersten  Mitteilung 
etwas  skeptisch  gegenüberstehen.  Die  Notierungen  von  Phil. 
George  dagegen,  sowie  die  von  M  e  y  e  r  -  Saarbrücken  (,, Ge- 
fiederte Welt",  30,  Heft  24)  lieweisen,  daß  beide  Verfasser  durch- 
aus gut  beobachtet  haben. 

Das  Amselgesangprol)lem  spukt  seit  langem  in  den  Köpfen 
der  Musiker.  Viele  haben  das  unbestimmte  Gefühl,  daß  mehr 
dahinter  steckt,  als  der  erste  Anschein  zeigt.  Wir  sind  einmal 
auf  den  Gedanken  gekommen  zu  erproben,  ob  sich  Amselmotive 


—     177     — 

nicht  7Ai  einem  musikalischen  Stückchen  zusannnensetzen  ließen. 
Dazu  hat  uns  das  Motiv  veranlaßt,  das  wir  von  einer  Amsel 
am  16.  April  1912  erlauscht  hatten:  der  Anfang  von  „Brüder- 
lein fein": 


Wie  wir  dann  dem  Aufbau  dieses  -Volksliedes  nachsannen, 
war  unsere  Überraschung  groß:  es  besteht  nämlicli  wirklich  nur 
aus  den   zwei  Motiven:  -  - 


und  ist  in  der  Weise  zusammengesetzt,  daß  sich  das  Hauptmotiv 
(1)  im  2.,  4.,  5.,  6.,  10.,  12.,  18.  und  14.  Takt,  das  Nebenmotiv  (II). 
das  im  Takt  3  auftritt,  im  7.,  9.,  11.  und  15.  wiederholt.  Die 
Schlußtakte  8  und  IG  schließen  die  Perioden  in  der  Tonika  al). 

Dieses  Volkslied  könnte  uns  Musikern  ein  Beweis  sein  dafür, 
daß  man  mit  kühler  Berecluiung  eine  ganz  gute  Melodie  zu- 
stande bringen  kann. 

Wer  also  zwei  gute,  brauchbare  Amselmotive  geeignet  mit- 
einander verbindet,  kann  zweifellos  ein  gutklingendes  Liedcheji 
zustande  bringen.  Wir  haben  es  probiert,  und  jedem,  dem  wir 
das  Ding  vorspielten,  hat  es  gefallen,  aber  jeder  war  auch  aufs 
liöchste   erstaunt,   als   er   die   Geschiclite   des  "Liedchens   erfuln-. 

Hier  ist  es*): 

Amselliedchen 

Nach  zwei  Motiven  ein  und  derselben  Amsel  zusammengestellt  von 

Cornelius   Schmitt 


*)  „Gefiederte  Welt"  42,  Heft  34,  1913:  „Musikalisch  interessante  Amsel- 
strophen aus  Lohr  a.  M." 


178 


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Senckenbergisdien  Naturforsdienden 

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(bis  Band  XXXVII) 

2.  Sendienbergiana 

(siehe  letzte  Umschlagseite) 

3.  Bericht  der  Senckenbergisdien 
Naturforsdienden  Gesellschaft 

(bis  49.  Beridit) 


Die  Verfasser  sind  für  den  Inhalt  ihrer  Arbeiten  allein  yerantwortlich 

Für  di«  Redaktion  verantwortlich:  Dr.  Rud.  Richter  in  Frankfurt  am  Main 

Druck  Ton  W«rner  u.  Wimt«r,  G.m.b.H.,  in  Frankfurt  am  Main 


5   WHSE   00794